Ich habe „Flügel aus Asche“ von Kaja Evert recht frisch ausgelesen, und wie so oft, wenn ich einen Roman noch nachklingen lassen will, stöbere ich danach in Rezensionen zu dem Buch. Dabei sind mir zwei Dinge aufgefallen, die mir in letzter Zeit häufiger ins Auge gesprungen sind, wenn es um Fantasygeschichten geht. Kritikpunkte, die – meinem Gefühl nach – mit einem gewissen schmollenden Unterton vorgebracht werden und die ich persönlich nicht unbedingt als nachteilig empfinde.
Auf der einen Seite wird gern angeprangert, dass man mit den Charakteren nicht mitfühlen konnte, dass der Erzählstil für Distanz sorgte und man deshalb auch nichts ins Geschehen abtauchen konnte. Ja, ich lese auch gerne Geschichten, die mich emotional mitnehmen und bei denen ich beim Lesen lache und weine und am Ende gefühlsmäßig ausgelaugt bin. Aber ich brauche diese emotionale Achterbahn nicht bei jedem Buch, das ich lese. Oft genug finde ich es fast noch spannender, wenn ich eher mit dem Verstand als dem Gefühl an eine Handlung herangehen und so andere Details wahrnehmen kann.
Ein weiterer Punkt, der regelmäßig angeprangert wird, ist, dass nicht genug erklärt wurde, dass Magie einfach existiert, ohne dass der Leser über alle Hintergründe aufgeklärt wird, dass die Geschichte einer Welt nicht dargelegt wird, dass … Ganz ehrlich, für mich muss für einen (Fantasy-)Roman kein Weltenbau betrieben werden, der es mit dem eines Tolkien aufnehmen kann. Das kann nämlich auch schnell dazu führen, dass mir vom Autor zu viel über die Welt erzählt wird, denn irgendwie will er ja all die Kleinigkeiten unterbringen, die er sich so mühsam ausgedacht hat. Ich will aber selbst etwas entdecken können und nicht die Handlung zwischen all den tollen Beschreibungen über Warenkreisläufe und das einzigartige Gildensystem suchen müssen.
Manchmal reicht es eben einfach, wenn eine Grundidee interessant ist und keine Widersprüche auftauchen. Ich kann problemlos auch mal Sachen als gegeben hinnehmen und etwas akzeptieren, wenn das Ganze gut geschrieben ist und mir der Autor das Gefühl gibt, dass er sich die Sache gut überlegt hat, statt sie einfach nur in den Raum zu stellen. Wieso erwarten eigentlich so viele Leser, dass die Protagonisten in den Fantasybüchern über alles Bescheid wissen? Wie viele dieser Leser können mir genau erklären, wie das ABS in ihrem Auto funktioniert oder andere physikalische Details unserer Welt detailliert darlegen?
Ich persönlich finde es oft stimmiger, wenn nicht zu viel erklärt wird (und langweile mich auch schon mal, wenn mir zu viele Absätze voller Hintergrundinformationen präsentiert werden) und wenn ich stattdessen eine Welt durch all die Dinge entdecken kann, die für die Protagonisten selbstverständlich sind. Vielleicht liegt es daran, dass ich das Genre für mich entdeckt hatte, als ein ausführlicher Weltenbau noch eine Ausnahme war und Fantasygeschichten in der Regel noch einfacher (und oft märchenhafter) erzählt wurden als heutige Veröffentlichungen. Versteht mich nicht falsch, ich mag eine gut konstruierte Welt und eine komplexe Geschichte, aber auch ohne diese Aspekte kann mich ein Roman überzeugen, wenn er interessante Figuren aufweisen kann, die Grundidee mich fesselt oder ich die Atmosphäre der Geschichte mag.
Wie ist es bei euch? Könnt ihr eine Geschichte genießen, solange sie genügend interessante Aspekte hat, oder müsst ihr unbedingt mit den Charakteren mitfiebern können? Und besteht ihr darauf, dass euch alle möglichen Details genauer erklärt werden oder könnt ihr auch mal mit Auslassungen leben?
Huhu Winterkatze ^^
Ich kann ein Buch genießen, auch ohne dass mir ständig alles vor die Nase gehalten wird. Es sollte jedoch nur stimmig und einigermaßen logisch bzw. nachvollziehbar gestaltet sein. Das Einzige, wo ich gerne etwas kritischer bin, sind die Charkatere. Die sind manchmal von der Idee her wirklich toll, werden aber ein wenig in ihren Eigenschaft vernachlässigt bzw. in ihren nachvollziehbaren Handlungen. Natürlich hat letzten Endes jeder Leser eine andere Art das Gelesene aufzufassen und das ist meiner Meinung nach auch gut so.
Jeder von uns hat seine bestimmten Kontaktpunkte beim Lesen, auf die er oder sie reagiert. Themen über die sich die einen mukieren und die anderen nur schmunzeln. Jeder ist anders. Und jeder liest auch anders. Ich mag manchmal auch blasse Unterhaltslektüre, aber zu blass darf sie mir in manchen Stellen nicht sein. Wie gut, dass ich mir daher abgewöhnt habe meistens überhaupt Klapptexte zu lesen, da ich gehe meistens noch unvoreingenommener an ein Buch heran und habe weder an der Story noch den Charakteren eine gewisse Erwartungshaltung. Denn, seien wir ehrlich, die hat letzten Endes jeder, wenn er eine Beschreibung oder den Klapptext liest. 😉
Liebe Grüße,
Mandy
Ich finde es immer lächerlich, wenn ich Fantasyromanen angeprangert wird, dass Magie etc. nicht richtig erklärt wird. Ganz ehrlich, in normalen Romanen wird auch nicht erklärt, wieso Magie nicht existiert oder wieso sich die Erde um die Sonne dreht und wieso die Erde gerade einen Mond hat. Ganz ehrlich, wer in einer Welt lebt, in der etwas bestimmtes normal ist, naturgegeben, wir die Erdanziehung, der wird das nicht noch extra erklären. In welchen Romanen wird die Evolution erklärt? Die Enstehungsgeschichte mit Stammbaum des Homo Sapiens oder wieso es Tag und Nacht gibt. Das ist immer so lächerlich. Protagonisten wissen nicht über alles Bescheid und wenn dann hinterfragen sie wie normale Menschen nicht alles. Für mich heißt eine "neue Welt" nicht dass mir alles im Vergleich zu unserer Welt erklärt werden muss, weil ich davon ausgehe, dass es in deren Welt nicht auch "unsere Welt" gibt.
Ich bin persönlich auch kein Fan von zu komplexen Fantasyromanen, bei denen ich schon am Anfang komplett überfordert werde. Mir soll nur das erklärt werden was für mich als Leser wichtig ist und bitte erst dann wenn es wichtig wird. ^^
Na ja, das ist so eine Sache.
Es gibt eine eher distanzierte Erzählhaltung (wenn gut gemacht, ist das absolut in Ordnung – ich muss nicht immer bis zum Hals drinstecken in einer Geschichte) und es gibt handwerkliche Schwächen. Dass man mit Figuren nicht mitfühlen kann, hat seine Ursache ja oft darin, dass sie oberflächlich charakterisiert und in sich nicht stimmig sind. Man nimmt sie dann eher als das wahr, was sie sind: Pappfiguren, die mit ein paar Charaktereigenschaften ausgestattet werden, denen aber die Tiefe und das Leben fehlt. Viele nehmen diese Mängel in der Charakterisierung nicht bewusst wahr, sondern es wirkt sich bei ihnen so aus, dass sie nicht mitfühlen können. Denn ehrlich: Wenn eine Figur gut charakterisiert ist, dann ist es fast unmöglich, nicht irgendwie Anteil an ihr zu nehmen. Sympathie ist dann natürlich wieder eine andere Sache.
Und gerade bei "Flügel aus Asche", das ja der Auslöser für deine Frage war, und das gute Ideen und einen interessanten Schreibstil hat, ist die Charakterisierung der Figuren tatsächlich eher schwach. Dass da Leute schreiben, dass sie nicht mitfühlen können, kann ich gut nachvollziehen.
Was die Magie angeht: Ich bin der Meinung Magie braucht Regeln. Sprich: Wenn sich ein Held fröhlich durch die Geschichte zaubert, ohne dass dieser Gabe Begrenzungen gesetzt sind, dann ist das relativ witzlos. Im Prinzip kann der Autor sich mit der Allzweckwaffe Magie dann aus jeder Situation recht unelegant herausschreiben.
Was Weltenbau und Hintergrundinfos angeht, gehe ich nach der Regel: So viel wie nötig und so wenig wie möglich. Und nicht in Form von seitenlangem plumpen Infodumping – das ist dann nämlich das, was langweilt. Sprich: Nein, ich brauche keine seitenlangen Ausführungen über ein Gildensystem, wenn es für den Plot keine Rolle spielt. Was für den Plot oder das Verständnis der Figuren und ihres Charakters, der ja auch von ihrer Umgebung geprägt ist, eine Rolle spielt, sollte aber rein.
Kurzum: Generell bin ich lieber tiefer drin in der Geschichte, aber wenn ein Autor sein Handwerk beherrscht, kann auch eine aus größerer Distanz erzählte Geschichte, die man, wie du sagtest, mehr mit dem Kopf liest, toll sein. Gleiches gilt für das Ausmaß an Beschreibungen. Weniger ist mir lieber, aber wenn jemand einen ansprechenden Weg findet, seine Infos zu verpacken, ist das auch in Ordnung.
@Mandy: Ja, natürlich hat jeder Leser einen anderen Blickwinkel und ich finde es spannend, wie sich unterschiedliche Meinungen zu einem Buch ausdrücken. Ich habe nur oft das Gefühl, dass manche Leser ein ganz bestimmtes Erzählschema erwarten und nicht damit umgehen können, wenn ein Autor eine andere Erzählweise hat.
Das Auslassen von Klappentexten finde ich auch hilfreich! In der Regel lese ich die Verlagsangabe im Programm, wähle danach aus, welches Buch für mich interessant klingt, setze das Buch auf eine Liste und achte dann nicht mehr auf den Klappentext. So kann ich auch relativ unvoreingenommen an einen Roman herangehen, wenn ich nicht gerade einen Titel erwische, der mir direkt ans Herz gelegt oder aktuell auf sehr vielen Blogs besprochen wurde. 🙂
@Lucina: Eine gewisse Grundlogik erwarte ich auch bei Magie, aber mir reicht es als Leser, wenn ich mitbekomme, dass es da Grenzen und Gesetzmäßigkeiten gibt. Die Details benötige ich wirklich nur, wenn sie unbedingt handlungsrelevant sind. 🙂
Gegen komplexe Fantasyromane habe ich grundsätzlich nichts. Ich mag nur keine Komplexität um der Komplexität willen – so etwas muss für die Handlung eine Rolle spielen oder sollte eben einfacher gehalten sein.
@nija: Stimmt, die Charaktere bei "Flügel aus Asche" sind nicht gerade vielschichtig gestaltet worden, aber das hat mich nicht gestört, da ich die Figuren trotzdem interessant fand. Außerdem schien mir Adeen … hm … so ungeübt darin zu sein mit anderen Menschen zu agieren, dass seine Wahrnehmung meinem Empfinden nach nicht tiefer gehen konnte. Aber mir sind diese Kritikpunkte ja nicht nur in Rezensionen zu diesem Buch untergekommen, sondern in letzter Zeit gehäuft zu Fantasytiteln.
Vielleicht liegt es wirklich daran, dass diese Leser – wie du schreibst – nicht in der Lage sind den Finger auf den eigentlichen Schwachpunkt zu legen und deshalb in die "ich konnte nicht mitfühlen"-Argumentation flüchten.
Was die Magie angeht, so bin ich deiner Meinung, dass in diesem Bereich Regeln existieren müssen. Aber ich denke eben nicht, dass diese Regeln unbedingt ausführlich vom Autor beschrieben werden müssen, damit ein Roman funktioniert. Solange es keine übermächtigen Superzauberer gibt und solange in der Handlung keine Widersprüche entstehen, kann so ein Magiesystem für mich auch einfach vorhanden sein, ohne dass ich die Details verstehen muss.
"Was Weltenbau und Hintergrundinfos angeht, gehe ich nach der Regel: So viel wie nötig und so wenig wie möglich."
Grundsätzlich bin ich da vollkommen mit dir einer Meinung! 🙂 Wobei ich manchmal auch den Mut zur Lücke anerkennenswert finde, wenn ich dabei das Gefühl habe, dass der Autor die Lücke füllen könnte, aber darauf verzichtet, um der Fantasie des Lesers mehr Spielraum zu bietet.
Oh, das finde ich jetzt auch sehr, sehr schwierig.
Tatsächlich habe ich schon persönlich ein Problem mit Romanen, bei denen mich die Charaktere nicht emotional mitnehmen. Das ist mir so z. B. bei dem ansonsten ja rauf und runter hochgelobten "Der Name des Windes" so gegangen.
Obwohl ich Weltenbau liebe, ist es die Figur, die mich dazu bewegt, in eine Geschichte richtig abzutauchen, und wenn ich die nicht mag bzw. keinen Zugang zu ihr finde, breche ich oft auch ab.
Die Frage ist aber, ob so eine Figur wirklich "so ist", oder ob man selbst nur keinen Zugang zu ihr gefunden hat.
Danke auf alle Fälle für den Artikel, denn der bewegt mich jetzt dazu, über das Thema nachzudenken.
@Darkstar: Gern geschehen! 🙂 Ich finde es ja spannend auch andere Gedanken zu so einem Thema zu hören. Vor allem, da ich mich gern verrenne, wenn mir erst einmal so etwas aufgefallen ist. Dann scheint mir auf einmal jeder zweite Rezensent genau die gleichen Kritikpunkte und Formulierungen zu verwenden und ich werde grantig und suche Gegenargumente.
Was "Der Name des Windes" angeht: Der Roman sitzt immer noch auf meinem SuB, nachdem ich ihn auch beim zweiten Anlauf nach dem ersten Drittel abgebrochen hat. Irgendwie hat die Geschichte was, aber mir sagt der Protagonist als junger Mann auch nicht so recht zu. Vielleicht sollte ich das Buch jetzt noch einmal rauskramen und es endlich mal auslesen.
Ich finde es sogar eher komisch, wenn mir erklärt wird, warum es in der Buchwelt zB Magie gibt, denn das ist eben so. In unfantastischen Romanen wird ja auch nicht lang und breit erklärt, warum es KEINE Magie gibt.
Wo mir in letzter Zeit eher mal Erklärungen fehlen, ist in Dystopien. Da würde ich manchmal gerne ein paar Hintergrundinfos haben, wie es zu der jeweiligen Gesellschaftssituation kam. Wenn der Autor das nicht macht, sondern doch nur wieder eine Dreiecksliebesgeschichte schreibt, müsste es auch keine Dystopie sein, um es mal ganz hart zu sagen.
@Lesemomente: Oh, mit dem Thema (Dreiecks-)Liebesgeschichte triffst du bei mir auch gerade einen wunden Punkt. Ich bin inzwischen soweit, dass ich einen Fantasy- (oder SF-)Roman schon automatisch etwas besser finde, wenn mal KEINE Liebesgeschichte vorkommt! So langsam bekommt man beim Lesen ja das Gefühl, dass zwei Menschen nicht mehr zusammen etwas unternehmen können, ohne dass gleich die Hormone verrückt spielen. 😉
Das es Grenzen und Gesetzmäßigkeiten geben sollte sehe ich allerdings auch so, die müssen allerdings nicht immer genau erklärt werden. Wenn es mir als Leser hilft, gerne, aber wenn es einfach unnötig ist, brauche ich da auch keine genaue Erläuterung, wieso eine Grenze ist wie sie ist. Ist bei normalen Romanen auch so. Es muss schließlich nicht erklärt werden, wieso Menschen nicht fliegen können oder unsterblich sind. 😀
Aber mich stört es z.B. bei manchen Mangareihen oder Unendlich-Serien wie Heroes oder Dragon Ball, dass die Grenzen der Welt immer wieder auf's neue gebrochen werden müssen. Da werden alle stärker und da muss immer noch ein Superlativ dazukommen, dass finde ich irgendwann lächerlich. ^^
@Lucina: Stimmt, bei Reihen (gerade bei den Manga) wird so etwas gern bis zum letzten End ausgemolken bis man als Leser (oder Zuschauer) die – ursprünglich mal sehr reizvolle und vielleicht auch stimmige Grundidee – nicht mehr wiedererkennt. Spätestens dann wünsche ich mir immer, die Verlage würden einen Punkt setzen und lieber ein befriedigendes Ende erlauben als eine gut gemachte Serie durch schlecht gemachte Fortsetzungen zu entwerten.
Im Grunde kann ich das, was du geschrieben hast nur unterschreiben, weswegen ich jetzt nicht nochmal alles wiederhole 😉
Bezüglich der Dystopien möchte ich Tine voll und ganz zustimmen. Ich mag es auch sehr, wenn der Autor erklären kann, warum es eine neue Welt gibt. Das muss nicht seitenlang und bis ins letzte Detail ausgearbeitet sein, aber eine logische Erklärung mag ich schon haben. Bei anderen Dingen, wie z.B. Zeitreisen, kann ich hingegen gut hinnehmen, wenn nicht erklärt wird, warum eine Figur durch die Zeit reisen kann, häufig sind diese Erklärungen nämlich doof und unglaubwürdig.
Was mich jedoch stört ist, wenn der Autor eigene Wörter erfindet, die etwas darstellen, man als Leser aber nicht die geringste Erklärung erhält, was es ist. Wenn also beispielsweise eine Figur immer sein Blurb benutzt und ich nicht weiß, ob ein Blurb nun ein Roller, ein Auto oder ein Flugzeug oder etwas ganz anderes ist, dann stört mich das. Erklärt der Autor jedoch, dass ein Blurb ein Bett mit Beinen ist, welches einen zur Arbeit trägt, dann kann ich mir etwas darunter vorstellen und es ist ok für mich. Da muss ich dann nicht wissen, ob es 4 oder 6 Beine sind, ob es mit Strom oder Benzin funktioniert u.s.w.
@Jai: Ich persönlich finde ja Dystopien besonders reizvoll, wenn aktuelle Entwicklungen aufgegriffen und auf die Spitze getrieben werden bzw. ging es mir früher so, denn aktuell lese ich ja keine. *g* Da brauchte es dann auch keine ausführlichen Erklärungen, weil man eben die Grundsituation kennt und nur die Entwicklung vom Autor ins Extreme geführt wird.
Bei den Zeitreisen hast du recht! Je mehr Erklärungen man da bekommt, desto unglaubwürdiger wird es in der Regel.
Was den Blurb angeht, so muss mir der Autor so etwas aber in einem stimmigen Rahmen erklären, denn der Protagonist, der jeden Tag seinen Blurb benutzt, wird nicht darüber nachdenken. Etwas anderes wäre es natürlich, wenn es Teil seines Wesens wäre, dass er seinem Nachbarn seinen supermodernen Blurb neidet, weil der eben Rollen aus Titan-veredelten Latexrollen hat und eine von kanadischen Kindern mit Leinenfasern handbestickte Samtdecke.
Eine andere Variante der guten und schlechten Beschreibung gibt es auch regelmäßig bei den Figuren. Jedes Mal, wenn ich zu Beginn eines Romans über eine Protagonistin (und warum sind es so gut wie immer nur Frauen?) stolpere, die vor einem Spiegel steht und sich selber beschreibt, dann möchte ich das Buch an die Wand werfen und schreien. ;D
Was du zu den Dystopien schreibst, klingt interessant. Und aktuelle Situationen gibt es ja immer wieder genügend… Hast du dazu Buchempfehlungen?
Oh ja, diese Frauen vor dem Spiegel mag ich auch nicht mehr lesen. Warum fällt den Autoren da nichts mehr zu ein…
Stimmt, der Rahmen der Erklärung sollte stimmig sein, sonst ist das auch wieder blöd.
@Jai: Blöderweise fallen mir keine Titel mehr ein, dabei habe ich früher so einige Dystopien gelesen – ist aber auch schon verflixt lange her. Eines der typischen Themen, die aktuellere Sachen aufgreifen, in dem Bereich ist die Machtübernahme durch große Konzerne – das bringt auch jeden Fall (wenn es gut gemacht ist) schon mal ein komplexeres System als bei einer simplen (Natur-)Katastrophe. 😉
Stimmt, das mit den Konzernen kann komplex aufgebaut werden. Und vor allem ist es nicht völlig unrealistisch; Stichwort Monsanto.
Ich glaube ich muss mich mal über ältere Dystopien informieren. Ich finde das nämlich durchaus interessant.
Oh, über Saatgut möchte ich lieber gar nicht reden, da könnte ich mich nur aufregen …
Schau mal nach Titeln, die vor 1985 geschrieben wurden. 🙂
Welten müssen für mich auch eine Basis haben. Das muss nicht unbedingt eine logisch nachvollziehbare sein; vielmehr kann es auch bedeuten, dass ihnen keine Struktur innewohnt, weil die Geschichte so surreal ist oder Chaos herrsch. Dieser Aspekt ist dann aber natürlich wieder die "durchgreifende" Basis ;). Ich denke z.B. an die Sandman-Geschichten von Gaiman.
Warum es z.B. Magie in einer Welt gibt, muss ich dann in diesem Zusammenhang nicht zwingend wissen – es mag dort einfach die Natur der Dinge sein, wobei diese "Natur" aber den Gesetzen der Welt unterliegt. Wenn ich mich schon auf Phantastik einlasse, dann bleibt mir kaum etwas anderes übrig, als bestimmte Dinge hinzunehmen, die in meiner Wahrnehmung der Realität nicht vorkommen bzw. die ich als solche nicht "erlebe" oder weiß.
"Klassische" Vampire und Zombies in Urban-Fantasy nehme ich deswegen z.B. hin. Erfrischend kann es sein, wenn mir für deren Existenz ein plausibler "stimmiger" Grund geliefert wird, aber es geht auch ohne.
Bei ScienceFiction ist es anders und doch ähnlich. Wird eine zukünftige Erde beschrieben, erwarte ich, dass bestimmte Dinge respektiert werden. Wenn die Erde auf einmal zwei Sonnen hat, möchte ich z.B. wenigstens wissen, seit wann. 😉 Auch andere "wissenschaftliche" Aspekte wie z.B. Gravitation, Gegebenheiten des Weltalls o.ä. sollten respektiert werden, während die Lebenwesen auf Brochus7 von mir aus intelligente Regenwürmer sein können – solange das Umfeld passt.
Was Nija schreibt – "Soviel wie nötig, sowenig wie möglich" – ist der Idealfall und passt. 🙂
Was das Emotionale angeht: Aus meiner Sicht kann nicht immer oder vollständig der Autor und seine Figurenzeichnung allein verantwortlich dafür gemacht werden, dass ein Leser nicht "mitfühlt". Ich bin jemand, der eher distanziert liest und dafür kann ja dann der Autor nichts (auditiv und visuell ist das bei mir z.B. anders ausgeprägt; bei Hörbüchern, im Theater oder beim Film bin ich eher bei den Charakteren emotional dabei). Dabei ist auch egal, ob es sich um Phantastik oder ein anderes Genre handelt. Ich kann über Humor im Buch lachen oder bei einem Thriller die Spannung empfinden, ohne dass mir die Figuren so nahegehen, dass ich bei einem Schicksalsschlag um sie oder mit ihnen weine. Ich mag Stephen King und finde, dass er sehr, sehr gut, psychologische und emotionale Stimmungen aufgreift und beschreibt – aber ein "Gruselgefühl" z.B. bei Lektüre von "Es" oder in anderer Form bei "Das Mädchen" stellt sich bei mir trotzdem nicht ein.
Natürlich gibt es bei mir auch Ausnahmen, aber im Großen und Ganzen lese ich eher kopflastig. 😉
@Natira: Eine Basis – ja, auf jeden Fall! Aber eben nicht unbedingt eine, die ausführlich dargelegt werden muss. Mir reicht es manchmal, wenn sie einfach vorhanden ist. Denn wie du es so schön ausdrückst: "Wenn ich mich schon auf Phantastik einlasse, dann bleibt mir kaum etwas anderes übrig, als bestimmte Dinge hinzunehmen, die in meiner Wahrnehmung der Realität nicht vorkommen …" 🙂
Ich finde es übrigens faszinierend, wenn du schreibst, dass du bei Hörbüchern oder Filmen emotionaler beteiligt bist. Bei Filmen kann ich das gut verstehen – allein durch eine eventuelle Musikuntermalung geht es mir auch oft so -, während ich bei Hörbüchern aufgrund der Sprecher häufig eine größere Distanz habe als bei einem Buch.
Ansonsten würde ich mal davon ausgehen, dass du – da dir bewusst ist, dass du eher "kopflastig" liest – auch nicht erwartest, dass du bei einer Geschichte unbedingt "mitfühlst" und das Fehlen deshalb nicht so schnell kritisieren würdest. 🙂
Beim Film funktioniert es auch ohne musikalische Begleitung, wenn die Bilder stark genug sind. Und beim Hörbuch/ Hörspiel kann die Darbietung das Erlebnis so stark beeinflussen, dass selbst schwächere Stories "aufleben" ( umgekehrt funktioniert das natürlich auch, eine gute Geschichte kann auch unerträglich werden ;)).
Und ja, meine "emotionale" Erwartungshaltung entspricht meiner Lesegewohnheit. 😉