„Der Fall Jane Eyre“ von Jasper Fforde gehört zu den Romanen, die mir seit Jahren immer wieder ans Herz gelegt werden. Irgendwann habe ich mir das Buch dann zugelegt, aber so recht wollte es nicht vom SuB runterwandern. Zum Glück hatte Mila von den Seitenspinnerinnen dann vor ein paar Wochen eine private Leserunde angeregt, so dass ich den Roman nun doch mal in Angriff genommen habe. Wir hatten uns das Buch in vier Teilen zu neun Kapitel vorgenommen, und so ließ sich die Geschichte recht flüssig lesen.
Für die Inhaltsangabe bemühe ich mal wieder den Klappentext:
„Geheimagentin Thursday Next, Spezialgebiet Literatur, steht vor einer ihrer größten Herausforderungen: Niemand anderes als der Erzschurke Acheron Hades hat Jane Eyre aus dem berühmten Roman von Charlotte Brontë entführt, um Lösegeld zu erpressen. Eine Katastrophe für England …“
Am Anfang fand ich die Welt, in der Thursday Next lebt, sehr spannend. Der Autor wirft den Leser recht unvorbereitet in eine Welt, in der Literatur und Kunst eine sehr große Rolle spielen, wo sich Russen und Briten seit unfassbar langer Zeit im Krim-Krieg befinden und in der Wales nicht zum Britischen Reich gehört, sondern eine eigenständige Republik ist. All diese Unterschiede zu unserer normalen Welt geben einem zu Beginn des Romans wunderbar viele Sachen zu entdecken, auch wenn ich die extremeren Seiten dieser Realität nicht immer sehr glaubwürdig dargestellt fand.
Spannend fand ich das Wechselspiel zwischen Thursdays Welt und den Geschichten innerhalb der Literatur, und natürlich hat der Autor auch bei mir da einen Nerv getroffen. Welcher enthusiastische Leser würde so eine Wertschätzung von Romanenfiguren und Autoren nicht begeistert begrüßen? Und auch der übermächtige Bösewicht Hades gab der Handlung anfangs wunderbar viel Spannung – zumindest solange nur über ihn gesprochen wurde. Denn sobald Hades in eigener Person auftrat, wurde er unglaubwürdig. Hatte Jasper Fforde Hades zu Beginn als unheimliches und skrupelloses Verbrechergenie beschrieben, so gelang es dem Autor nicht, seinen Bösewicht anders darzustellen als eine unglaubwürdige und kindisch agierende Nervensäge – und zwar ohne all die Intelligenz, über die er doch angeblich verfügen soll.
Aber das ist nicht mein einziger Kritikpunkt an diesem Buch. Schon von Beginn an empfand ich die Namensgebung der verschiedenen Figuren als zu offensichtlich und zu belanglos. Wäre Jasper Fforde da etwas subtiler vorgegangen, so hätte man sich als Leser so seine Gedanken zu den Charakteren machen können, statt die Personen gleich in eine Schublade stecken und über die Offensichtlichkeiten den Kopf zu schütteln. Und es fehlt mir auch an Spannung in der Geschichte (und das von jemandem, der sich auch von einem dümpeligen Cozy gut unterhalten fühlt), ich hatte einfach keinen Drang zum Weiterlesen und hätte das Buch vermutlich schnell auf den Stapel mit angefangenen Büchern gepackt, wenn nicht die Leserunde mit Mila gewesen wäre.
Einzelne Szenen und Ideen von Jasper Fforde waren wunderbar, und auch die Kapitelanfänge mit Zitaten aus wissenschaftlichen Werken, Biografien oder ähnlichem aus dieser Parallelwelt waren sehr amüsant zu lesen. Aber mir fehlte einfach der entscheidende Funke, der dafür sorgte, dass meine Neugier auf den weiteren Verlauf der Geschichte angefacht wurde. So konnte mich „Der Fall Jane Eyre“ leider nicht so weit überzeugen, dass ich nun Lust auf weitere Abenteuer von Thursday Next bekommen hätte – und vermutlich wandert mein eigenes Exemplar (für die Leserunde hatte ich mir eins aus der Bibliothek geliehen), sobald ich es wiederfinde, ins „Verkaufsregal“.