Anfang der Woche habe ich „Miss Phryne Fisher Investigated“ von Kelly Greenwood gelesen, nachdem das eBook schon über zwei Jahren relativ unbeachtet auf meinem Reader saß. Entdeckt hatte ich die Reihe, als ich nach Büchern suchte, die so ähnlich wie die „Miss Daisy“-Romane sein sollten. Die Zeit (1920er Jahre) stimmte, dass die Handlung in Melbourne spielt fand ich reizvoll, aber die Schreibweise konnte mich beim ersten Anlesen nicht so recht packen. Inzwischen habe ich zwei Staffeln der Miss-Fisher-Serie mit Essie Davis gesehen, die Mila mir liebenswürdigerweise geliehen hatte, und fand es spannend beim Lesen die Unterschiede zwischen Original und Verfilmung zu beobachten.
In dem Roman ist es so, dass Phryne Fisher den Auftrag bekommt nach Australien zu reisen und das seltsame Verhalten von Lydia Andrews zu untersuchen. Ihre Eltern sind der Meinung, dass es ihrer Tochter bei ihrem Ehemann nicht gut geht. Es steht sogar der Verdacht im Raum, dass der Mann seine Frau zu vergiften versucht. So versucht Miss Fisher Fuß in der Melbourner Society zu fassen, um unauffällig die Bekanntschaft von Judith zu machen und mehr über die Frau und ihre Ehe herauszufinden. Außerdem macht sie die Bekanntschaft von zwei Taxifahrern (Cec und Bert), denen eine todkranke Frau ins Auto gesetzt wird, und die einer jungen Frau (Dot), die ihren ehemaligen Arbeitgeber töten möchte, weil er ihr nachgestellt hat.
Ich muss zugeben, dass ich den Roman auch dieses Mal nicht beendet hätte, wenn ich nicht die Serie (und die Schauspieler und ihre Darstellung der verschiedenen Charaktere) im Hinterkopf gehabt hätte. Kelly Greenwood beschreibt mir zu viel und ich finde die Kriminalfälle relativ langweilig. Auch finde ich die Charaktere in dem Buch nicht stimmig. So ist Dot zwar ein braves und gläubiges Mädchen, das eher zurückhaltend ist, auf der anderen Seite ist da die Einführungsszene, in der sie mit einem Messer bewaffnet auf ihren ehemaligen Arbeitgeber wartet und sich ohne Zögern oder Nachfragen von der ihr fremden Phryne zum Tee einladen lässt. Da finde ich die Figur in der Serie deutlich besser konstruiert und habe es so genossen, wie sie sich im Laufe der Zeit von einem schüchternen jungen Dienstmädchen zu einer selbstbewussten Frau entwickelt.
Auch die Fälle fand ich bei der Serie reizvoller, da komprimierter und stimmiger erzählt. Bei dem Roman hatte ich – zugegeben mit dem Wissen um die Erzählweise der Serie – das Gefühl, dass unnötig viele Nebenfiguren eingeführt wurden. Diese Nebenfiguren haben dafür gesorgt, dass die Handlung so ausfaserte und ich immer wieder überlegen musst, welche Figur wer war. Dazu kommt, dass der eine oder andere Handlungsstrang sehr schnell abgehandelt wird, während andere Schwerpunkte der Geschichte in einem Haufen belangloser Szenen erstickt werden.
Außerdem ist es natürlich für die Filme deutlich einfacher die Umgebung und die Mode der damaligen Zeit darzustellen. Während bei den Romanen Phrynes Outfits lang und breit beschrieben werden müssen – und ich diese Passagen überraschend langweilig formuliert fand – hat der Film den Vorteil, dass man mit einem Blick ihre jeweiligen Kleidungsstücke aufnehmen und würdigen kann. Und die Kostümbildnerin hat im Film wirklich einen tollen Job gemacht – so fantastische Outfits! Auch die Häuser und Räume fand ich in der Serie sehr gut gewählt, wenn auch stellenweise schon etwas kulissenhaft anmutend, aber das störte mich kaum, weil es einfach passte. Ein weitere Pluspunkt für die Serie ist die musikalische Untermalung, die sehr viel zur Atmosphäre beiträgt. Natürlich kann ich dem Buch nicht vorwerfen, dass dieser Punkt fehlt, aber ich habe die Musik so genossen, dass mir die kurze Erwähnung von Wagner und anderen klassischen Komponisten in den Romanen nicht gereicht hat. Schließlich hatte die Zeit musikalisch so viel zu bieten.
Um nicht nur über das Buch zu jammern: Ich fand die Figur der weiblichen Polizistin im Roman toll, auch wenn sie nur zwei Szenen bekam. Schade, dass sie es nicht in die Serie geschafft hat. Auf der anderen Seite hätte man ja dann die Polizeistation von der ersten Folge an mit mehr als zwei Personen besetzen müssen und es wäre schwieriger geworden eine Liebesgeschichte zwischen Dot und einem jungen Polizisten (der im Roman – bislang? – nicht vorkam) einzubauen, wenn dieser nicht ständig bei jedem Einsatz dabei sein müsste.