Nachdem Irina es sich zur Aufgabe gemacht hat, mich von einigen ihrer Lieblingsautorinnen zu überzeugen, wird es hier in den nächsten Wochen vermehrt Texte zu Liebesromanen geben. Den Anfang macht „Roulette des Herzens“ von Lisa Kleypas – und ich muss zugeben, dass ich die Cover der „Historical Gold“-Hefte des Cora-Verlags nicht besonders schön finde. 😉 Aber dafür hat mir die Handlung wirklich gut gefallen und darauf kommt es schließlich an.
Hauptpersonen dieser Geschichte sind die etwas naive aber erfolgreiche Schriftstellerin Sara Rose Fielding und der berüchtigte Derek Craven. Sara ist ein Mädchen vom Land, wurde aber von ihren etwas älteren Eltern zur Unabhängigkeit erzogen. Sie hat ihren ganz eigenen Willen und verdient sich mit dem Schreiben von Romanen etwas dazu. Dabei geht es ihr weniger um das Geld, dass sie für ihre Werke bekommt, auch wenn es ihr und ihren Eltern zu so manch kleiner Annehmlichkeit verhilft, Sara hat einfach das Bedürfnis zu schreiben.
Ungewöhnlichweise beschäftigt sich Sara in ihren Romanen mit Prostitution und anderen Dingen, die eine ehrbare Dame nicht kennen sollte. Für ihr nächstes Projekt ist es erforderlich, dass die Autorin Recherchen in den Spielhöllen Londons betreibt, denn nur wenn sie vor Ort erfahren hat, wie es dort zugeht, kann sie ihre Geschichten auch authentisch anlegen. Doch so behütet wie Sara aufgewachsen ist, kommt ihr nicht in den Sinn, dass sie sich bei all ihren Unternehmungen auch mal in Gefahr bringt – obwohl sie zur Sicherheit eine kleine Pistole mit sich führt.
Und die benutzt sie auch, als sie eines Abends mitbekommt, wie zwei Männer mit Messern in der Hand über einen anderen herfallen. Das Opfer ist Derek Craven, Besitzer eines der bekanntesten und erfolgreichsten Clubs in London, und zum Dank erlaubt er Sara in seiner Spielhölle Nachforschungen anzustellen. Im Laufe der Zeit fühlt sich Derek von Sara immer mehr angezogen, obwohl sie mit einem jungen Mann aus ihre Heimatdorf so gut wie verlobt ist. Deshalb hält sich der berüchtigte Clubbesitzer immer wieder vor Augen, dass er aufgrund seiner Herkunft (Sohn einer Prostituierten aus den Slums) und seines nicht legalen Gewerbes für Sara nicht in Frage kommt – und natürlich kann man eine solche unschuldige und ehrenwerte Frau nicht zu seiner Geliebten machen!
Ich fand Sara und Derek sehr klischeebeladen. Da ist auf der einen Seite eine etwas naive, aber intelligente und warmherzige Frau und auf der anderen Seite ein Mann, der trotz seiner schrecklichen Kindheit und den Verbrechen, die er begangen hat, doch eigentlich ein großzügiger Mensch ist, der sich nach Liebe sehnt. Aber da es Lisa Kleypas gelingt diese beiden Personen – ebenso wie die diversen Nebencharaktere – wirklich schön und stimmig zu beschreiben, konnte ich über all die Klischees und die Vorhersehbarkeit der Handlung hinwegsehen.
Es war lustig mitzuverfolgen, wie Sara Dereks Club auf den Kopf stellt, wie seine Angestellten sie behüten und beschützen – und doch keine Hemmungen haben, sie in für eine ehrenwerte Dame kritische Situationen zu bringen, wenn es Sara bei ihren Recherchen hilft. Das naive Mädchen vom Land findet sich erstaunlich gut zwischen den Prostituierten, den Gaunern und Spielern zurecht und ignoriert alle Unverschämtheiten von Dereks Seite. Denn so unsicher wie er ihr gegenüber ist, verhält er sich eher wie ein trotziger Junge denn wie ein gestandener Geschäftsmann – und dementsprechend reagiert auch Sara auf seine Versuche sie wieder loszuwerden.
Abgesehen von der Vorhersehbarkeit der einzelnen Handlungsstränge habe ich nur einen Kritikpunkt: Die Geschichte ist nicht ausgewogen genug aufgebaut! Es gibt immer wieder Szenen, die ich als unnötig oder zu weitschweifig erzählt fand. Andere Entwicklungen hingegen wurden doch eher rasant abgefertigt, sodass ich mich fragte, warum die Autorin überhaupt diese Wendung in die Handlung eingebaut hat. Aber trotz dieser kleinen Mängel habe ich mich beim Lesen wirklich gut unterhalten gefühlt und mit Sara und Derek eine amüsante Zeit verbracht.