Schlagwort: Liebe und Romantik

Sangu Mandanna: The Very Secret Society of Irregular Witches (Hörbuch)

In der vergangenen Woche habe ich das von Samara MacLaren gelesene Hörbuch „The Very Secret Society of Irregular Witches“ gehört. Die Geschichte ist von Sangu Mandanna (von der ich gerade erst das Jugendbuch „Kiki Kallira Breaks a Kingdom“ gelesen habe) und wird aus der Sicht von Mika Moon erzählt. Von Anfang an steht fest, dass Mika ein recht einsamer Mensch ist. Sie ist eine Waise, die als Baby von Indien nach London gebracht wurde und dort unter der Obhut von ständig wechselnden Kindermädchen und Erziehern aufwuchs. Für ihr finanzielles Wohlergehen und die Anstellung der ganzen Kindermädchen war Primrose verantwortlich, die Mika von klein auf auch all die Regeln eingeprägt hat, die sie als Hexe einzuhalten hat. Primrose ist es auch, die die Gruppe von Hexen leitet, mit der sich Mika alle paar Wochen im Geheimen an den unterschiedlichsten Orten trifft, um sich über Zaubersprüche und Ähnliches auszutauschen. Außerhalb dieser seltenen Treffen gibt es niemanden, mit dem Mika über ihre Magie reden darf, was mit zu ihrer großen Einsamkeit beiträgt.

Mikas einziger Ausweg ist ihr Youtube-Kanal, auf dem sie Videos veröffentlicht, in denen sie „zaubert“ – wobei sie natürlich darauf achtet, dass niemals der Verdacht aufkommen könnte, dass sie echte Magie wirkt. Trotzdem ist es dieser Youtube-Kanal, der dafür sorgt, dass die Bewohner des Nowhere House mit Mika Kontakt aufnehmen, weil sie dringend jemanden benötigen, der drei jungen und unerfahrenen Hexen den Umgang mit ihrer Magie beibringt. Auch wenn sich Mika durchaus der Gefahren bewusst ist, die entstehen, wenn vier Hexen (drei davon auch noch ohne jegliche Beherrschung ihrer Magie) sich an einem Ort versammeln, beschließt sie, den drei Mädchen Magie-Unterricht zu geben. Schnell fühlt sie sich im Nowhere Hause mit all seinen liebenswürdigen Bewohnern wohl und entwickelt sogar intensivere Gefühle für den grumpigen Bibliothekar Jamie. Doch alles, was Mika in ihrem bisherigen Leben gelernt hat, sagt ihr, dass sie nicht riskieren kann, langfristig im Nowhere House zu bleiben, ohne ihr eigenes Wohlergehen und das aller anderen Bewohner in Gefahr zu bringen.

Ich muss gestehen, dass ich „The Very Secret Society of Irregular Witches“ wirklich sehr nett und süß fand, was auch daran lag, dass ich den Teil rund um die „Gefahren“, die den Hexen drohen, wenn ihre Existenz bekannt würde, nicht so recht ernst nehmen konnte. So waren die Magie-Elemente in der Handlung zwar ein hübsches Extra, konnten mich aber nicht davon ablenken, dass Mikas Geschichte vor allem eine niedliche Liebesgeschichte mit einem etwas konstruierten „Problem“ für die Beziehung zwischen der Protagonistin und Jamie war. Es gab zwar kaum überraschende Wendungen und ich würde nicht mit allen Bewohnern des Nowhere House auf einem Grundstück leben wollen, aber es war nett, von den exzentrischen Einfällen dieser Figuren und ihrem liebevollen Miteinander zu lesen, und ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Die drei Mädchen, denen Mika Magie-Unterricht erteilte, waren einfach nur süß, Jamie war der typische „raue Schale, weicher Kern“-Love-Interest, den es so häufig in dieser Art von Liebesgeschichten zu finden gibt, und so war dieses Hörbuch so entspannend und erholsam wie ein heißes Bad am Ende eines anstrengenden Tages. Dabei hat die Sprecherin Samara MacLaren für mich sehr zum Hörvernügen beigetragen, auch wenn ich ihre Betonung manchmal etwas zu flapsig fand, um wirklich zu Mika zu passen, wobei ich zugeben muss, dass das vor allem daran liegen könnte, dass manche britische Dialekte so auf mich wirken. Aber ich fand, dass sie die Männerstimmen überraschend überzeugend betont hat und auch bei den Kindern musste ich mich nie fragen, welches der drei Mädchen gerade redete, weil Samara MacLaren ihnen so viel Individualität verliehen hatte.

Ich glaube nicht, dass ich hier groß über dieses wirklich nette Hörbuch geschrieben hätte, wenn mich nicht zwei Dinge seit dem Hören beschäftigt hätten. Auf der einen Seite gibt es unfassbar viele begeisterte Rezensionen zu „The Very Secret Society of Irregular Witches“, die ich nicht ganz nachvollziehen kann, weil es zwar eine süße Geschichte mit sympathischen Charakteren ist, sich die Handlung aber nicht so groß von anderen „netten“ Liebesromanen unterscheidet. Und auf der anderen Seite ist da eben die Tatsache, dass ich kurz vorher erst „Kiki Kallira Breaks a Kingdom“ gelesen hatte und das Buch mich so viel mehr berührt hatte als Mikas Geschichte, und natürlich habe ich mich gefragt, wieso das der Fall ist. Inzwischen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass mich Kiki und ihre Entwicklung viel mehr mitgerissen haben, weil Sangu Mandanna mich davon überzeugen konnte, wie schwierig Kikis Probleme für sie sind. Obwohl die Handlung zum Großteil in einer fantastischen Welt spielt, die sich Kiki selber ausgedacht hatte, sind ihre psychischen Probleme real und sie beeinflussen Kikis Leben rund um die Uhr. Es gibt für Kiki kein Entkommen vor ihren Ängsten und von den Auswirkungen, die ihre Gedankenspiralen auf sie und ihr Leben haben.

Bei Mika hingegen spielt die Handlung in „unserer Welt“, und obwohl es Sangu Mandanna meinem Gefühl nach gelungen ist, all die kleinen magischen Elemente stimmig in die Geschichte einzuflechten, fühlte es sich für mich nie so an, als ob Mika wirklich in Gefahr schweben würde. Ihr Leben wird vor allem davon bestimmt, dass „früher“ Hexen verfolgt wurden und dass es „früher“ gefährlich war, wenn jemand eine andere Person beschuldigte/in Verdacht hatte, eine Hexe zu sein. Aber jedes Mal, wenn in der Handlung darauf verwiesen wurde, wie wichtig es sei, die Regeln einzuhalten, damit niemand herausfindet, dass Mika und die anderen Hexen sind, stand ich da und dachte, dass es so viele Möglichkeiten gäbe, um damit anders umzugehen. Außerdem habe ich mich ständig gefragt, wieso Mika, wenn sie denn solch eine Sehnsucht nach einem „Zuhause“ hat, nicht größere Anstrengungen unternimmt, um sich ein Zuhause zu suchen. So wie ihr Charakter im Umgang mit den Mädchen und den anderen Bewohnern des Nowhere House dargestellt wurde, fiel es mir schwer zu glauben, dass sie in all den Jahren zuvor keinen Weg gefunden hätte, um sich selbst ein Zuhause zu schaffen. Ich habe mich mit „The Very Secret Society of Irregular Witches“ wirklich gut unterhalten gefühlt, aber es ist für mich definitiv eine Geschichte, bei der ich nicht zu genau über den einen oder anderen Aspekt nachdenken darf.

Megan Bannen: The Undertaking of Hart and Mercy

Laut Klappentext ist „The Undertaking of Hart and Mercy“ von Megan Bannen eine Mischung aus „The Princess Bride“ und „You’ve Got Mail“, und Ursula Vernon hat in ihrem letzten Newsletter über den Roman gesagt: „sort of like if You’ve Got Mail was set in the old west with zombies and dead gods and the protagonists were a bounty hunter and an undertaker. So a fun romance closely centered on corpse disposal!“. Was es ziemlich gut auf den Punkt trifft, auch wenn es sich für mich beim Lesen weniger nach „Old West“ angefühlt hat. Erzählt wird die Handlung auf der einen Seite aus der Perspektive von Mercy Birdsall, die als Bestatterin nach einer Erkrankung ihres Vaters das Familiengeschäft „Birdsall & Son“ am Laufen hält. Auf der anderen Seite geht es um Hart Ralson, einen Marshal, der im Rahmen seiner Arbeit regelmäßig unidentifizierte Leichen zu den verschiedenen Bestattungsinstituten bringen muss.

Mercy und Hart kennen sich seit über vier Jahren und hassen sich seit ihrer ersten Begegnung. Doch als Hart eines Tages vor lauter Einsamkeit einen Brief an einen „Freund“ schreibt, landet dieser Brief bei Mercy, die sich ebenso einsam fühlt wie der unbekannten Schreiber und ihm deshalb antwortet. Die Anonymität, die mit dieser Brieffreundschaft einhergeht, sorgt dafür, dass beide überraschend offen und ehrlich miteinander umgehen, was dazu führt, dass sich sowohl Mercy als auch Hart bald fragen, ob aus dieser Brieffreundschaft vielleicht mehr werden könnte, wenn sie sich nur trauen würden, einander zu treffen. Ich muss gestehen, dass ich die Geschichte nicht so bezaubernd gefunden hätte, wenn nicht die Welt, die sich Megan Bannen für „The Undertaking of Hart and Mercy“ ausgedacht hat, so faszinierend gewesen wäre. Obwohl ich mich während der ersten Seiten ziemlich verloren fühlte, weil die Autorin anfangs wenig zu dieser Welt erklärt, fand ich es doch spannend, mehr über die Insel, auf der Mercy lebte, über die Alten und die Neuen Götter, über die Demigods (zu denen auch Hart gehört) und die zombiehaften Drudges zu erfahren.

Außerdem mochte ich es sehr, wie professionell und liebevoll Mercy ihrem Job nachgeht. Megan Bannen gelingt es, die Arbeit als Bestatterin – mit all den Besonderheiten, die in dieser fantastischen Welt notwendig sind – so zu beschreiben, dass es fast schon heimelig ist, mitzuverfolgen, wie Mercy eine Leiche herrichtet. Und obwohl Mercy von einem Haufen liebevoller Familienmitglieder umgeben ist, wird schnell deutlich, wieso sie sich so einsam fühlt, dass sie eine Brieffreundschaft mit einem vollkommen Fremden beginnt. Bei Hart hingegen ist von Anfang an unübersehbar, dass er einsam ist und dass das ein Zustand ist, an dem er zum Großteil selbst Schuld ist. Umso wunderbarer ist es mitzuverfolgen, wie er im Laufe der Geschichte – auch dank der Briefe, die er mit Mercy austauscht – versucht, wieder mehr auf andere Personen zuzugehen und alte Freundschaften wiederzubeleben. Überhaupt macht es Spaß zu sehen, wie sich die beiden Protagonisten im Laufe der Zeit weiterentwickeln und wie sich das dann auch auf all die anderen Personen in ihrem Umfeld auswirkt.

Ich finde es gerade überraschend schwierig, all die Dinge, die diesen Roman für mich ausgemacht haben, in Worte zu fassen. „The Undertaking of Hart and Mercy“ ist wundervoll romantisch und sehr oft sehr lustig, doch dabei ist das Leben, das die Charaktere führen nicht gerade einfach. Geldsorgen, Krankheit, Todesfälle, Drudges und Geschäftskonkurrenten, die zu unfairen Mitteln greifen, spielen deshalb keine unerheblichen Rollen in der Handlung, aber trotzdem hat Megan Bannen dafür gesorgt, dass ich als Leserin die ganze Zeit die Gewissheit hatte, dass am Ende alles gut ausgehen würde. Was dafür gesorgt hat, dass ich selbst die dramatischeren Szene rundum „genießen“ (und die etwas vorhersehbareren Wendungen verzeihen) konnte. Ich gebe zu, dass ich eine ganz besondere Schwäche für „Cozy Fantasy“ rund um eigentlich nicht so gemütliche Themen habe, weshalb dieser Roman genau in mein Beuteschema fällt, aber ich denke, dass auch Personen, die normalerweise nur romantische oder nur fantastische Geschichten mögen, Spaß mit „The Undertaking of Hart and Mercy“ haben würden.

Lish McBride: A Little Too Familiar (Uncanny Romance 1)

„A Little Too Familiar“ von Lish McBride habe ich schon vor einigen Wochen gelesen, aber da ich in meiner Twitter-Timeline regelmäßig über Empfehlungen des Romans als „Wohlfühlbuch“ stolpere, wollte ich doch noch etwas zu dem Titel schreiben. Die Handlung wird aus der Sicht von Lou und Declan erzählt. Lou (eigentlich Louise) ist ein animal mage und darauf spezialisiert, die Verbindung zwischen Familiar und Menschen zu stärken. Declan hingegen ist ein Werwolf und sucht zu Beginn der Geschichte eine Neuanfang, nachdem sich seine Freundin Sidney und seine kleine Schwester Zoey ineinander verliebt haben. Damit die beiden Frauen ohne schlechtes Gewissen miteinander leben können, beschließt Declan, von Portland nach Seattle in die Wohngemeinschaft von seinem Freund Trick zu ziehen. Tricks WG besteht aus einem bunten Haufen von Personen, zu denen neben Lou auch noch ihre beste Freundin Van(essa) und deren Schwester Juliet mit ihrer kleinen Tochter gehören. Außerdem gibt es einige Freunde wie zum Beispiel den Minotaurus Jim, die eigentlich täglich in der WG vorbeischauen.

Es gibt wirklich sehr, sehr viele Szenen in diesem Roman, die einen wunderbar warmherzigen, aufmerksamen und liebevollen Umgang der verschiedenen WG-Mitbewohner miteinander zeigen. Und auch mit Lous Familie gibt es sehr viele amüsante Szenen, die zeigen, dass diese Personen einander mögen und jederzeit unterstützen, was wunderschön zu lesen ist. Trotzdem habe ich ein Problem damit, „A Little to Familiar“ uneingeschränkt als Wohlfühlbuch zu bezeichnen, da es so einige Elemente in der Geschichte gibt, die alles andere als gemütlich sind. Declan zum Beispiel hat als Kind in einem sektenähnlichem Umfeld gelebt und dort physischen und psychischen Missbrauch erfahren, der bis heute sein Leben prägt. Das führt dazu, dass er, als er zum ersten Mal in der WG auf Lou trifft, eine Panikattacke erleidet. Die Tatsache, dass Lou ein animal mage ist, weckt bei dem Werwolf Ängste, mit denen er kaum fertig werden kann, und das ist wirklich schmerzhaft zu lesen. Auch das familiäre Umfeld von Van und Juliet ist nicht gerade liebevoll und beeinflusst immer wieder das Leben dieser Figuren, außerdem gibt es am Ende des Romans eine ziemlich blutige Schlacht zwischen einer Gruppe, die eine Person aus der WG entführt hat, und den restlichen WG-Mitbewohnern und ihren Freunden und Familienmitgliedern.

Ich persönlich mochte diese Mischung aus „klassischen Urban-Fantasy-Elementen“ und den wunderbar wohltuenden und gemütlichen Szenen rund um die WG-Mitglieder. Ich fand es wirklich süß zu verfolgen, wie Lou und Declan damit umzugehen versuchen, dass sie sich auf der einen Seite zueinander hingezogen fühlen und dass er auf der anderen Seite Panikattacken bekommt, wenn er an ihre Magie denkt. Außerdem gibt es wirklich sehr viele überaus amüsante Szenen in dem Roman, wenn zum Beispiel Declan als Alphawolf dafür sorgt, dass seine WG-Mitglieder gut versorgt sind (was in diesem Fall auch bedeutet, dass er den halben Tag in der Küche steht, damit all seine „Rudel-Mitglieder“ sich gut ernähren) oder die Momente, in denen Lou sich mit Tauben streitet oder mit den Besitzern von Familiars auseinandersetzen muss. Für mich funktionierte dieser Gegensatz aus traumatischer Vergangenheit/aktueller Bedrohung und all den vielen kleinen amüsanten und/oder wohltuenden Szenen sehr gut, und ich freue mich jetzt schon darauf, irgendwann eine Fortsetzung zu lesen, in der vermutlich ein anderes WG-Mitglied im Mittelpunkt stehen wird. Aber ich würde „A Little Too Familiar“ nicht ohne Warnung bezüglich der Passagen, die eben nicht so gemütlich zu lesen sind, weiterempfehlen wollen, weshalb ich wirklich sauer bin, dass dieser Roman ohne weiteren Hinweis als „Wohlfühlbuch“ empfohlen wird.

Kate Stayman-London: One to watch

Von „One to watch“ von Kate Stayman-London hatte ich mir – nachdem ich über mehrere Empfehlungen des Titels gestolpert war – eine amüsante Liebesgeschichte mit einer dicken Protagonistin und einer ungewöhnlichen Grundidee erhofft. Bekommen habe ich stattdessen ein Buch, das ich fast durchgehend gehasst habe und bei dem es mich wirklich wundert, dass ich es bis zur letzten Seite gelesen habe. Ein Teil von mir hatte wohl gehofft, dass ich irgendwann noch auf den „amüsanten“ Teil der Geschichte stoßen würde, aber dazu kam es dann leider doch nicht. Stattdessen hätte ich bei diesem Roman gern vorher eine Warnung bezüglich einiger Elemente gehabt, die zwar für prominente (dicke) Frauen zum Alltag gehören, aber in einer „unterhaltsamen“ Geschichte vielleicht etwas weniger triggernd eingebracht hätten werden können. Bevor ich hier weiter auf Details eingehe, sollte ich aber wohl erst einmal etwas über die Handlung sagen …

Die Geschichte in „One to Watch“ dreht sich um die dreißigjährige Plus-Size-Modebloggerin Bea. Bea lebt in LA, ist ziemlich erfolgreich in ihrem Job und wird kurzfristig ziemlich berühmt, als sie sich in einem Blogpost darüber aufregt, dass die beliebte Show „Main Squeeze“ (so etwas wie „The Bachelor“) immer nur sportliche und dünne Personen zeigt, obwohl der Großteil der Bevölkerung/Zuschauer*innen nicht diesen Kriterien entspricht. Kurz darauf bekommt sie die Chance, selber zur Hauptfigur in „Main Squeeze“ zu werden. Sie sieht darin eine Möglichkeit, nicht nur über ihren eigenen akuten Liebeskummer hinwegzukommen, sondern auch ganz Amerika zu zeigen, dass auch dicke Frauen es verdient haben, eine liebevolle Beziehung zu finden. Dabei ist Bea wild entschlossen, sich selbst nicht zu verlieben, sondern sich nur von dem Mann ablenken zu lassen, den sie seit Jahren hoffnungslos liebt und der sie nach einer einzigen gemeinsamen Nacht kommentarlos verlassen hat, um zu seiner Verlobten zurückzukehren.

Ich muss zugeben, dass ich den Prolog dieses Buches mochte, weil der wunderbar unrealistisch und ein bisschen märchenhaft war und erklärte, wie sich eine Studentin, die voller Minderwertigkeitskomplexe ist, mit etwas Hilfe einer großzügigen Verkäuferin zu einer Mode-Bloggerin entwickeln konnte. Aber während Kate Stayman-London in den folgenden Kapiteln lang und breit erklärt, wie selbstbewusst Bea geworden ist, wie stolz sie auf die Fotos ist, die sie in ihren verschiedenen Outfits zeigen, und wie erfolgreich sie als Mode-Bloggerin mit hundertausenden Followern ist, gelingt es der Autorin nicht, mich das alles auch glauben zu lassen. Stattdessen begegnet mir eine Frau, die fünf Jahre lang darauf wartet, dass der eine Mann in ihrem Leben, der ihr das Gefühl gibt, witzig und begehrenswert zu sein, zu ihr zurückkommt. Dabei betont sie immer wieder, dass er ihr bester Freund sei und es vor fünf Jahren nur einen einzigen Kuss zwischen ihnen gegeben hat – und ich stehe da und frage mich: Wie sehr muss sich eine Figur selbst betrügen, um daraus abzuleiten, dass dieser Mann die Liebe ihres Lebens ist und dass es okay ist, mit ihm ins Bett zu springen, nur weil er nach all der Zeit für eine Nacht in der Stadt ist?! Wenn es Kate Stayman-London darum ging, in mir Mitleid zu wecken, weil ihre Protagonistin nicht richtig geliebt wurde, dann hat sie leider ihr Ziel verfehlt. Mich haben diese ersten Kapitel, die sich alle nur um diesen einen – in meine Augen wirklich fürchterlichen – Typen drehten und in denen sich Bea in Selbstmitleid wälzte, regelrecht wütend gemacht.

Als es dann um Beas Auftreten in „Main Squeeze“ geht, gibt es so einige Passagen, in denen Kate Stayman-London auf body positivity eingeht und darauf, was die gesellschaftlichen Vorurteile gegenüber dicken Frauen bzw. dicken Menschen für den Alltag dieser Personen bedeuteten. Grundsätzlich bin ich sehr dafür, dass häufiger über all diese Dinge geredet wird, denn so wie gender bias unser Leben in allen möglichen Bereichen bis hin zur korrekten medizinischen Versorgung beeinflusst, so spielen natürlich auch die Vorurteile, die es gegenüber dicken Personen gibt, eine große negative Rolle in unserer Gesellschaft. Aber bei „One to Watch“ hatte ich das Gefühl, dass die Protagonistin Bea zwar all die Daten und Fakten zu diesen Themen parat hat, aber dass sie selbst nichts aus all den von ihr erwähnten wissenschaftlichen Studien gelernt hat. Während auf der einen Seite ständig betont wird, dass Bea der Welt zeigen will, dass auch dicke Personen ein Recht auf ein erfülltes Liebesleben hätte, glaubt die Protagonistin selbst nicht, dass sie trotz ihres Körpergewichts begehrt und geliebt werden könnte. Was zu Dutzenden Szenen mit all den verschiedenen Kandidaten führt, die ihr deutlich signalisieren, dass sie an ihr interessiert sind, während Bea selbst jeden einzelnen Satz seziert, jede Geste hinterfragt und auf jedes Kompliment fast panisch reagiert.

Dazu kommt, dass Bea und die diversen potenziellen Partner nicht gerade viel Zeit miteinander verbringen und die gemeinsamen Stunden von Kamerateams begleitet werden, so dass es für mich ziemlich schwierig war zu glauben, dass sich da wirklich so etwas wie Interesse zwischen der Protagonistin und den verschiedenen Männern entwickelt. Ich gebe zu, dass so eine geskriptete Fernsehserie vielleicht nicht gerade die ideale Umgebung ist, wenn ein Charakter die wahre Liebe sucht. Aber Kate Stayman-London hat sich dieses Setting nun einmal ausgesucht. Hätte sie das Ganze so gestaltet, dass es auch gemeinsame Zeit ohne Kameras zwischen den Kandidaten und Bea gegeben hätte, dann hätte ich am Ende vielleicht glauben können, dass die Protagonistin sich in einen der Männer verliebt und deshalb eine gefühlsmäßige Achterbahn erlebt. Überhaupt, die Kandidaten in dieser Sendung … es gibt so viele Männer in diesem Buch, die sich nicht nur grundsätzlich frauenfeindlich benehmen, sondern noch mal eine ganze Ecke unangenehmer werden, wenn es um dicke Frauen geht, und das war definitiv nicht unterhaltsam zu lesen.

Auch wenn es wichtig ist, in einer Geschichte mit einer dicken Protagonistin zu erwähnen, dass sie tagtäglich mehr als nur den üblichen frauenfeindlichen Kram erlebt, so hätte es durchaus gereicht, wenn das allgemeiner eingeflossen wäre. Stattdessen gibt es nicht nur lauter unangenehme Situationen mit dem einen oder anderen Kandidaten, sondern auch vollkommen unzensierte Tweets mit Vergewaltigungsdrohungen gegenüber Bea, die ohne Vorwarnung inmitten anderer Twittergespräche über die „Main Squeeze“-Ausstrahlungen innerhalb der Handlung auftauchen. Nichts daran ist amüsant oder unterhaltsam oder trägt irgendwie zur Geschichte bei, auch wenn es vielleicht weiter begründen soll, wieso die Protagonistin so unsicher ist und nicht glauben kann, dass sie jemand lieben und begehren könnte. Aber ganz ehrlich, als (dicke) Frau gehören viele dieser Dinge zu meinem ganz persönlichen Alltag und ich muss darüber nicht aufgeklärt oder belehrt werden. Außerdem möchte ich definitiv nicht beim Lesen eines „unterhaltsamen“ Romans immer wieder ohne jede Vorwarnung über Elemente stolpern, die einen Haufen unangenehmer Erinnerungen in mir wecken. Vor allem aber hasse ich es, dass Kate Stayman-London zwar ihre Protagonistin ständig betonen lässt, dass es okay ist, dick zu sein und dass auch dicke Frauen schön sein können, aber auf der anderen Seite mit Beas Handeln sämtliche Vorurteile untermauert, die behaupten, dass dicke Frauen nicht glücklich mit sich und ihrem Körper sein können und deshalb selbst schuld sind, wenn es in ihrem Leben nicht rund läuft.

Ich kann Kate Stayman-London zugute halten, dass sie sich Mühe gegeben hat, ein realistisches Bild vom Alltag einer (berühmten) dicken Frau zu zeichnen. Außerdem hat sich die Autorin bemüht, eine relativ diverse Ansammlung von Charakteren (eine lesbische beste Freundin für Bea, Kandidaten mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und ein Kind, das gender fluid ist) in ihre Geschichte einzubauen. Aber ein Roman, der damit beworben wird, dass er eine unterhaltsame und romantische Geschichte erzählt, sollte in mir beim Lesen nicht so viel Frustration und Wut erzeugen. „One to Watch“ ist leider ein besonders deutliches Beispiel dafür, dass „gut gemeint“ noch lange nicht „gut gemacht“ bedeuten muss. Wenn Kate Stayman-London mit ihrer Geschichte gegen all die Vorurteile, die gegenüber dicken Frauen bestehen, ankämpfen wollte, dann hätte sie keine Protagonistin erschaffen dürfen, die all diese Vorurteile gleich mehrfach untermauert. Für mich bleibt am Ende nur das Fazit, dass ich nach diesem Leseerlebnis zu keinem weiteren Roman von Kate Stayman-London greifen würde. Stattdessen würde ich, wenn ich Bedarf an einer romantischen und positiven Geschichte rund um eine dicke Frau hätte, einfach erneut zu den Brown-Schwestern von Talia Hibbert greifen, um Beschreibungen von liebevollen und empowernden Beziehungen zu genießen.

Ein paar Leseeindrücke

Da ich in diesem Monat bislang vor allem zu sehr kurzen Büchern, Comics und Manga und „netten“ Romanen gegriffen habe, komme ich zahlenmäßig in den ersten zwei Februarwochen sogar auf eine ganz befriedigende Anzahl an gelesenen Titeln. (Ich darf nur nicht so genau hinschauen, wenn es um die Seitenzahlen geht. *g*) Allerdings bieten diese Titel nur selten genügend Stoff für eine richtige Rezension, obwohl ich es schade fände, wenn sie keine Erwähnung auf dem Blog bekommen würden. Also gibt es hier nach sehr langer Zeit mal wieder eine Sammlung von Leseeindrücken:

W. R. Gingell: Gothel and the Maiden Prince
Im vergangenen Jahr habe ich von R. W. Gingell schon die „Shards of a Broken Sword“-Trilogie gelesen und war fasziniert davon, wie die Autorin mit klassischen Fantasy-/Märchenthemen umgeht. Ich mochte ihre Figuren und die ungewöhnlichen Wendungen, die ihre Geschichten nahmen, weshalb einige andere Bücher von der Autorin auf dem Merkzettel gelandet sind. „Gothel and the Maiden Prince“ ist eine Rapunzel-Variante, bei der Prinz Lucien (von seinem Vater und seinen Brüdern nur verächtlich Maiden Prince genannt, weil er ihnen nicht „männlich“ genug ist) sich aufmacht, um eine Prinzessin aus dem magischen Turm einer bösen Zauberin zu befreien. Doch da Lucien jemand ist, der Fragen stellt und zuhört, findet er schnell heraus, dass die Zauberin gar nicht so böse ist, und dass die Prinzessin wild entschlossen ist in der Obhut ihrer Entführerin zu bleiben. Die gerade mal 131 Seiten lange Geschichte dreht sich vor allem darum, wie sich Prinz Lucien und die Zauberin Gothel besser kennenlernen, wobei es so einige amüsante Szenen zwischen den beiden, aber auch mit den Bewohnern eines angrenzenden Dorfes gibt. Abgesehen von einigen (sehr vagen) Erwähnungen rund um Kindesmissbrauch (der in der Vergangenheit liegt und dessen Opfer inzwischen in Sicherheit ist) ist „Gothel and the Maiden Prince“ einfach nur eine wunderbar wohltuende Geschichte, die mir sehr viel Spaß gemacht hat.

Lydia M. Hawke: A Gathering of Crones (Crone Wars 2)
„A Gathering of Crones“ ist die Fortsetzung von „Becoming Crone“ das mir im vergangenen Sommer viel Freude bereitet hatte. Während die Protagonistin Claire im ersten Band damit fertig werden muss, dass sie eine Hexe ist, muss sie nun damit umgehen lernen, dass ihre Magie nicht wie erwartet funktioniert und dass ihre Position sie in das Zentrum eines Krieges rückt. Außerdem lernt Claire ihre Kolleginnen kennen und hier mochte ich es sehr, dass all diese Frauen schon älter sind, mitten im Leben stehen und gelernt haben mit Rückschlägen und sich nicht erfüllenden Erwartungen umzugehen. Dieser Band ist weniger ruhig als der erste Teil, da das Leben für Claire inzwischen deutlich gefährlicher ist, aber ich mochte es all die Details zur Magie zu lesen und zu sehen wie die Protagonistin so langsam in ihre Rolle hineinfindet. Auch wenn ihr letzteres nicht gerade einfach gemacht wird, weil ihre Position sehr ungewöhnlich ist und die Personen um sie herum nicht so recht wissen, wie sie mit ihr umgehen sollen. Und weil ich diesen Band so gern gelesen habe und sehr neugierig auf die weiteren Entwicklungen bin, habe ich prompt gleich den dritten Teil vorbestellt, auch wenn er erst im Herbst erscheinen wird.

Farrah Rochon: The Boyfriend Project
Über „The Boyfriend Project“ von Farrah Rochon bin ich gestolpert, weil die Autorin und ihre Romane mit Talia Hibbert verglichen wurden. „The Boyfriend Project“ dreht sich um Samiah, die dank einer Frau, die ihr aktuelles Date auf Twitter live kommentiert, herausfindet, dass ihr Freund Craig sich auch noch mit anderen Frauen trifft. Genau genommen trifft sich Craig auch noch mit Taylor und London (die mit ihren Tweets das Ganze angestoßen hatte). Was mir an der Geschichte gut gefiel, ist, dass Craig danach eigentlich kein Thema mehr ist, wenn man davon absieht, dass die Konfrontationsszene mit ihm im Restaurant auf Youtube viral ging und so Samiah, Taylor und London zu einer kurzzeitigen und ungewollten Berühmtheit verhilft. Stattdessen freunden sich die drei Frauen an und beschließen sich gegenseitig dabei zu helfen, sich in den kommenden Monaten um sich selbst zu kümmern, die Suche nach einem Freund sein zu lassen und dafür Dinge zu tun, die sie bislang immer aufgeschoben haben. Was natürlich bedeutet, dass Samiah kurz darauf einen neuen Arbeitskollegen kennenlernt, der einfach perfekt zu sein scheint … Alles in allem fand ich „The Boyfriend Project“ wirklich nett, ich mochte die Figuren, ich mochte die Grundidee und es gab tolle Szenen zwischen Samiah und ihrem Arbeitskollegen Daniel, in denen sich die beiden besser kennenlernten und langsam aufeinander zugingen. Trotzdem muss ich sagen, dass Farrah Rochon für mich nicht an Talia Hibbert herankommt, denn ich fühlte mich zwar ganz gut unterhalten von ihrem Roman, aber ich war nicht emotional involviert. Ich war nicht wirklich gespannt darauf, wie die Handlung weitergeht, ich habe nicht um die Beziehung von Samiah und Daniel gebangt und ich bin nicht wirklich neugierig darauf, wie es mit Taylor und London in den nächsten Bänden weitergehen wird.

Bali Rai: The Royal Rebel – The Life of Suffragette Princess Sophia Duleep Singh
„The Royal Rebel“ ist ein biografischer Roman für Kinder über das Leben von Prinzessin Sophia Duleep Singh. Sophia Alexandra Duleep Singh war die jüngste Tochter des letzten Sikh-Maharadschas von Punjab und wuchs in Großbritannien auf, wo sie vor allem für ihr Engagement für die Gleichberechtigung von Frauen bekannt wurde. „The Royal Rebel“ erzählt in einfachen und kindgerechten Sätzen die Lebensgeschichte der Prinzessin. Angefangen bei ihrer Kindheit in dem luxuriösen Anwesen Elveden, über die Zeit, in der die Schulden ihres Vaters die Familie außer Landes trieb, über ihre Suche nach ihren Wurzeln in Indien bis zu dem Tag, an dem Großbritannien Frauen das Wahlrecht gewährt. Dabei lässt Bali Rai zwar sehr viele Details über das Leben von Sophia Duleep Singh aus, bietet aber meinem Gefühl nach für junge Leser.innen einen guten und altersgemäßen Einblick in das Leben der Prinzessin, die Folgen, die die britische Herrschaft für Indien hatte, und in die Herausforderungen, die die Frauen, die für ihre Rechte kämpften, zu bewältigen hatten. Ich mochte, wie viele kritische Themen in dem Buch angeschnitten werden, obwohl es für jüngere Kinder geschrieben wurde und nicht sehr umfangreicht ist.

K. O’Neill: The Tea Dragon Society 2 – The Tea Dragon Festival (Comic)
Im Prinzip könnte ich zu „The Tea Dragon Festival“ einfach meine Rezension zum ersten Tea-Dragon-Comic kopieren, denn dieser Band ist genauso bezaubernd, wohltuend und hübsch gezeichnet wie der erste. Die Handlung spielt deutlich vor „The Tea Dragon Society“ und dreht sich um Eriks Nichte Rinn, die gemeinsam mit ihrer Großmutter in einem kleinen Dorf in den Bergen lebt und hofft, dass sie eines Tages eine Ausbildung als Köchin beginnen kann. Die Tea Dragons spielen in dieser Geschichte keine so große Rolle, dafür gibt es eine andere Drachen-Variante und einen Einblick in das Leben von Erik und Hesekiel, als diese noch als Kopfgeldjäger aktiv waren. Hach, ich mag die Tea-Dragon-Geschichten und da es noch eine Weile dauern wird, bis auch der dritte Comic als Taschenbuch erscheint, muss ich mich wohl damit begnügen, dass ich in den nächsten Tagen den ersten Band mal wieder aus dem Regal ziehe.

Stephanie Burgis: Good Neighbors (The Full Collection)

Eigentlich hatte Stephanie Burgis nur vier „Good Neighbors“-Kurzgeschichten geplant, als sie die erste Geschichte rund um Mia Brandt und Leander Fabian schrieb. Aber irgendwie sind die folgenden Titel immer etwas länger geworden als die davor und so kommt die „Full Collection“ (die die Texte „Good Neighbors“, „Deadly Courtesies“, „Fine Deceptions“ und „Fierce Company“ beinhaltet) insgesamt auf 254 Seiten. Ich persönlich bin sehr froh darüber, dass die Autorin so viel Spaß beim Schreiben und so viele fantastische Ideen für ihre „Cozy-Spooky Fantasy Rom-Com“ hatte, denn ich habe mich beim Lesen wunderbar amüsiert. (Und ich hoffe sehr, dass sie wirklich irgendwann ihre Überlegung weitere Geschichten in dieser Welt zu schreiben, in denen dann zwei wirklich wunderbare Nebenfiguren als Protagonistinnen auftreten werden, wahr werden lässt.)

Alle vier Geschichten in „Good Neighbors“ werden aus der Sicht der 24jährigen Mia Brandt erzählt, die gerade erst mit ihrem Vater in ein Cottage im Schatten eines unheimlichen Schlosses vor den Mauern des kleinen Städtchen Hapthorn gezogen ist. Mia ist wild entschlossen ein unauffälliges und (zumindest nach außen) respektables Leben zu führen, nachdem sie ihre frühere Heimatstadt nach einem Vorfall (der einen Fackel-schwingenden Mob, einen verletzten Vater und die Zerstörung ihres Geburtshauses beinhaltete) verlassen musste. Von nun an will sie sich nur noch um sich, ihren Vater und ihre Erfindungen kümmern und vor allem möchte sie sich nicht die Mühe machen müssen mit ihren Nachbarn ein „freundschaftliches“ Verhältnis aufbauen zu müssen. Doch ihr neuer Nachbar, der Nekromant Leander Fabian, sorgt dafür, dass die abweisende Erfinderin sich nicht nur mit seinen untoten Minions beschäftigen, sondern langfristig auch eine (widerwillige) Allianz mit ihm schließen muss.

Ich habe es wirklich genossen zu lesen, wie Mia eigentlich immer nur allein gelassen werden will, damit sie in Ruhe an ihren Erfindungen arbeiten kann, und dann kommt irgendwas dazwischen, dass dafür sorgt, dass sie sich in Sachen wie Lokalpolitik einmischen oder einen Nekromanten-Ball besuchen muss. Dazu kommt, dass ihre Allianz mit ihrem Nachbarn es ihr nicht gerade einfach macht damit umzugehen, dass sie sich von dem – überraschend sympathischen und attraktiven – Leander angezogen fühlt. Neben all den amüsanten Momenten, in denen sich die beiden kabbeln, zieht sich durch alle vier Geschichten die Unsicherheit, die beide Figuren empfinden, wenn es darum geht sich auf eine andere Person einzulassen. Die Ereignisse, die dazu geführt haben, dass Leander von einem sadistischen Nekromanten aufgezogen wurde, und die, die dazu geführt haben, dass Mias Vater verletzt wurde und sie ihre Heimatstadt verlassen musste, haben bei beiden Charakteren Spuren hinterlassen. Und obwohl sich sowohl Mia, als auch Leander im Laufe der Zeit darüber klar werden, dass ihr Gegenüber sie nicht verletzten will, gibt es doch immer wieder Momente, in denen sie sich instinktiv zurückziehen.

Diese Mischung aus Humor, sympathischen und realistischen Charakteren und vielen fantastischen Elementen hat dafür gesorgt, dass es mir ziemlich schwer fiel das Buch aus der Hand zu legen, nachdem ich damit angefangen hatte. Ich mochte es sehr, wie Stephanie Burgis klassische Horror-Elemente aufgriff und daraus so eine wunderbare Wohlfühlgeschichte machte. Dabei unterschlägt die Autorin nicht die hässlichen Seiten, die ein Leben als „unnatürliche“ Person haben kann, denn es gibt es eine Menge Menschen in den Geschichten, die alles bekämpfen, was sie als „anders“ oder „beängstigend“ empfinden. Aber selbst die Momente, in denen es gefährlich für die Protagonistin wird, beinhalten so viel Humor, dass sie überraschend unterhaltsam zu lesen sind. Und am Ende findet Stephanie Burgis einen Weg, damit all die Figuren, die ich im Laufe der Geschichten ins Herz geschlossen hatte, in einer guten Nachbarschaft aufgenommen werden. Ich fand es ziemlich spannend zu verfolgen, was sich alles aus dieser ersten kleinen Kurzgeschichten rund um eine abweisende Erfinderin und einen charmanten Nekromanten entwickelt hat und möchte gern irgendwann noch mehr so wohltuende Geschichten rund um all die „guten Nachbarn“ lesen.

Stephanie Burgis: Scales and Sensibility (Regency Dragons 1)

„It was a truth universally acknowledged that any young lady without a dragon was doomed to social failure.“

Dies ist der erste Satz in „Scales and Sensibility“ von Stephanie Burgis und eigentlich wisst ihr damit über den Ton der Geschichte schon fast alles, was ihr wissen müsst. 😉 Dieser Titel ist die aktuellste Veröffentlichung der Autorin, obwohl sie die erste Version des Manuskripts schon vor vielen Jahren geschrieben hatte. Aber damals hieß es, dass es keinen Markt für fantastische Regency-Romane gäbe, weshalb sich Stephanie Burgis lieber auf andere Ideen konzentrierte. Wenn ich an all die Jahre denke, in denen ich fantastische Regency gesucht habe, frage ich mich, wie irgendein Agent oder Verlag auf die Idee kommen konnte, dass der Markt dafür nicht reif wäre … aber nun gut … „Scales and Sensibility“ wird aus der Perspektive von Elinor Tregarth erzählt, die nach dem Tod ihrer Eltern von ihrer Tante aufgenommen wurde. Elinor sehnt sich nicht nur sehr nach ihren beiden jüngeren Schwestern, die von zwei anderen Verwandten aufgenommen wurden, sondern auch nach einer liebevollen und respektvollen Umgebung. Sowohl ihr Onkel als auch ihre Cousine Penelope lassen Elinor ständig spüren, dass sie nur die arme Verwandte ist und dankbar sein muss, dass sie überhaupt aufgenommen wurde.

Die Tatsache, dass Elinor Penelope bei ihrer ersten Saison helfen soll (obwohl sie selbst bislang kein Debüt hatte) und von ihrer Cousine ebenso schlecht wie die Dienstmädchen behandelt wird, macht es für die junge Frau nicht einfacher. Und dann gibt es da noch den kleinen Drachen Sir Jessamyn, der – wie es sich bei einer Dame der Gesellschaft gehört – dekorativ auf Penelopes Schulter sitzen sollte, aber stattdessen so viel Angst vor seiner Besitzerin hat, dass er regelmäßig seinen Darm auf ihren Kleidern entleert. Als Penelope ihn deswegen beinah verletzt, platzt Elinor der Kragen, was zur Folge hat, dass sie gemeinsam mit Sir Jessamyn das Haus verlässt. Ohne Geld, ohne eine Unterkunft in Aussicht und mit einem (gestohlenen) Drachen auf der Schulter scheint Elinors Schicksal besiegelt, doch dann überrascht Sir Jessamyn die junge Frau mit einer unerwarteten Fähigkeit, und außerdem macht Elinor die Bekanntschaft von Benedict Hawkins, dessen Geldsorgen ihn dazu bringe, dass er die Hand von Penelope gewinnen will. Mit der Hilfe von Sir Jessamyn, und um Benedict bei seinem Vorhaben zu unterstützen, landet Elinor inmitten einer trubeligen Hausparty, bei der sie jederzeit als Hochstaplerin und Diebin eines kostbaren Drachens enttarnt werden könnte. Dazu kommt noch, dass es auch noch andere Gäste bei dieser Gesellschaft gibt, die sich mit ganz eigenen (unlauteren) Motiven dort eingefunden haben.

Mir hat „Scales and Sensibility“ wirklich viel Freude beim Lesen bereitet, auch wenn ich die ganze Zeit sehr mit Elinor mitgelitten habe. Die junge Frau ist eigentlich ein sehr ehrlicher und offenherziger Mensch, und die Scharade, die sie mit allen Anwesenden bei dieser Hausparty spielen muss, gefällt ihr so gar nicht. Aber jedes Mal, wenn sie offen und ehrlich sein will, passiert etwas, das dafür sorgen würde, dass ein anderer Mensch darunter leiden müsste, wenn sie ihre Identität aufdecken würde. Also wird Elinor immer weiter gezwungen, Theater zu spielen und gleichzeitig Wege zu finden, um mit den diversen Erpressungen und Bedrohungen umzugehen und natürlich Benedict bei seinen Bemühungen um Penelopes Hand zu unterstützen. Trotz all dieser unangenehmen Situationen für Elinor ist die Geschichte wirklich lustig und ich habe ständig vor mich hingekichert, während es zu Missverständnissen zwischen den verschiedenen Figuren, etwas zu offenherzigen Aussagen von Elinors Tante und ähnlichen Momenten kam. Doch vor allem mochte ich einige der Charaktere wirklich gern und wollte unbedingt wissen, wie es mit ihnen weitergeht.

Allen voran natürlich Elinor, deren Zuneigung zu ihren Schwestern und Sir Jessamyn wirklich schön zu lesen war, auch wenn sie beides immer wieder in Schwierigkeiten gebracht hat. Ebenso mochte ich Benedict Hawkins sehr gern, der zwar ein Mitgiftjäger ist, aber nicht nur gute Gründe dafür hat, sondern auch ein freundlicher, ehrbarer und hilfsbereiter Mensch ist. Dazu kommen noch Figuren wie Benedicts bester Freund Cornelius Aubrey, dessen geistesabwesende Gelehrsamkeit vielleicht etwas übertrieben ist, aber für wunderbar amüsante Momente sorgt, oder Elinors Tante, die im Laufe der Geschichte entdeckt, wie befreiend es doch sein kann, einfach nur offen die eigene Meinung zu äußern. Ich mochte diesen Roman wirklich gern und ich habe große Lust, mehr von Elinor, ihren beiden Schwestern (die bislang nur durch Elinors Erinnerungen bekannt sind) und natürlich diese ungewöhnlichen kleinen Drachen und ihre überraschenden Fähigkeiten zu lesen. Zum Glück plant Stephanie Burgis zwei weitere Regency-Dragon-Romane, in denen dann Elinors Schwestern die Protagonistinnen sein werden.

Dhonielle Clayton, Nic Stone, Tiffany D. Jackson, Ashley Woodfolk, Angie Thomas und Nicola Yoon: Blackout

Auf „Blackout“ bin ich aufmerksam geworden, als mir ein Beitrag der „This Morning“-Sendung des US-Senders CBS in meine Twitter-Timeline gespült wurde. Dort haben sich die sechs Autorinnen darüber unterhalten, wie sich die gemeinsame Arbeit an dem Buch für sie angefühlt hat. Mir hat es so gut gefallen, wie respektvoll und sich gegenseitig schätzend die sechs Frauen in diesem Gespräch miteinander umgegangen sind und wie sie über ihre jeweiligen Geschichten gesprochen haben, dass ich mir „Blackout“ spontan bestellt habe. Initiiert wurde diese Zusammenarbeit der sechs Autorinnen von Dhonielle Clayton, deren fünfzehnjährige Nichte sie gefragt hatte, wieso Schwarze Mädchen nie eine große Liebesgeschichte haben dürfen und immer nur als „Sidekick“ in Romanen vorkommen. Dazu kam dann noch das Bedürfnis, ein Gegengewicht zu den ganzen Bildern von Polizeigewalt gegen Schwarze Personen und zu all den schrecklichen Nachrichten über die Pandemie im vergangenen Jahr zu setzen – und so kam es zu dem Entschluss, gemeinsam mit fünf anderen Autorinnen ein hoffnungsvolles und wohltuendes (Jugend-)Buch mit Geschichten über Liebe und Freundschaft zu schreiben, in dem Schwarze Protagonist.innen im Zentrum der Handlung stehen.

„Blackout“ besteht aus sechs einzelnen Geschichten, wobei „The Long Walk“ von Tiffany D. Jackson in kleinere Segmenten aufgebrochen wurde, die zwischen den Geschichten der anderen Autorinnen platziert wurden und so einen roten Faden durch das gesamte Buch bilden. Alle Geschichten spielen während eines großen Stromausfalls in New York, und die verschiedenen Protagonisten und Nebenfiguren stehen alle untereinander in irgendeiner Art von Beziehung. So ist Tammi (Protagonistin von „The Long Walk“) zum Beispiel die Tochter des Busfahrers, der in „No Sleep Till Brooklyn“ (Angie Thomas) eine Rolle spielt, und die Schwester von Tremaine, der wiederum in „Mask Off“ (Nic Stone) für den Erzähler JJ sehr wichtig ist. Mit gerade mal 256 Seiten ist „Blackout“ kein besonders umfangreiches Buch, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass eine der Geschichten zu kurz wäre. Jede von ihnen bietet eine wunderbare kleine Auszeit mit sympathischen Figuren, amüsanten Momenten und sehr süßen Liebesgeschichten. Dabei bedeutet die Tatsache, dass diese sechs Autorinnen in diesem Roman „Liebesgeschichten“ erzählen, nicht unbedingt, dass die Handlungen vorhersehbar wären.

All diese Geschichten haben – obwohl sie wirklich gut zueinander passen und sich wunderbar ergänzen – einen sehr individuellen Ton, so dass nicht vorhersagbar ist, ob einen als nächstes eine leise Liebesgeschichte, eine eher dramatischere Handlung oder vor allem sehr amüsante Szenen erwarten. Ebensowenig lassen sich die Figuren in Schubladen pressen und das nicht nur, weil einige von ihnen nicht heterosexuell sind, sondern auch, weil im Fall von „Blackout“ eine Liebegeschichte auch mal bedeuten kann, dass am Ende kein glückliches Paar aus der Handlung hervorgeht, sondern vielleicht „nur“ eine Person, die gelernt hat, sich selbst ein bisschen mehr zu lieben oder etwas ehrlicher mit sich zu sein. Ich mochte diesen Überraschungsfaktor beim Lesen sehr und habe mich darüber ebenso gefreut wie über die vielen kleinen Verknüpfungen zwischen den Geschichten, die dafür sorgten, dass ich die ganze Zeit die Augen offen gehalten habe nach Hinweisen darauf, wie welche Person mit welcher Figur bekannt oder verwandt sein könnte. Außerdem ist „Blackout“ unübersehbar eine Liebeserklärung an das Leben in New York mit all seinen Facetten, von der großen Bibliothek, den Touristenbussen, den alten Ziegelsteinhäusern, dem Kulturangebot, dem Gemeinschaftsgefühl innerhalb eines Viertels bis zu U-Bahn – und ich muss zugeben, dass ich mich in letzterer während eines Stromausfalls nicht aufhalten möchte. 😉

Mir hat das Lesen von „Blackout“ gutgetan, und ich habe mich wunderbar unterhalten gefühlt. Ich muss aber auch zugeben, dass die Kürze der Geschichten dafür sorgt, dass man eben nur einen sehr kleinen Einblick in das Leben der Figuren bekommt, weshalb sie keinen so lang anhaltenden Eindruck bei mir hinterlassen haben. Aber ich hatte viel Spaß mit den Charakteren und habe mir fest vorgenommen, dass ich „Blackout“ im nächsten Sommer wieder aus dem Regal ziehe, um mich von all den verschiedenen Figuren erneut in ein hochsommerliches New York entführen zu lassen, in dem ein umfassender Stromausfall so viele Leben positiv verändert. Oh, und wer Lust auf das Buch bekommen haben sollte, aber nicht auf Englisch lesen mag: Zeitgleich mit der englischen Ausgabe ist bei cbj „Blackout – Liebe leuchtet auch im Dunkeln“ als gebundenes Buch erschienen. Diese Variante ist zwar etwas teurer und das Cover ist nicht ganz so hübsch wie bei der englischsprachigen Ausgabe, aber mal nicht lange auf eine deutsche Übersetzung warten zu müssen, ist doch wirklich großartig.

Zoe Chant: Librarian Bear (Virtue Shifters 2)

„Librarian Bear“ von Zoe Chant (C.E. Murphy) ist der zweite Teil der Virtue-Shifters-Serie, und nachdem ich den ersten Band, „Timber Wolf“, im vergangenen Jahr als so wohltuend und erholsam empfand, hatte ich den zweiten Teil vorbestellt, sobald die Autorin ihn auf Twitter angekündigt hatte. Die Handlung wird abwechselnd aus den Perspektiven von Sarah und Matthew erzählt. Sarah ist die Leiterin der Bibliothek in Virtue und hat für einen Monat einen Archivar finanziert bekommen, der die alten Unterlagen ordnen soll, die in den Tiefen der Bibliothek aufbewahrt werden. Dieser Archivar ist der Bären-Gestaltwandler Matthew, der den Job in Virtue als Überbrückung nutzen will, bis er in wenigen Wochen seinen Traumjob in Chicago antreten wird.

Beide Charaktere fühlen sich von Anfang an zueinander hingezogen und zeigen dies ihrem Gegenüber auch. Dabei wird in jeder Szene deutlich, dass die beiden die Grenzen des anderen respektieren und alles dafür tun, damit sich der andere nicht unwohl mit der gezeigten Aufmerksamkeit fühlt. Ich liebe diesen freundschaftlich-respektvollen Umgang, den die Figuren in den Virtue-Shifter-Romanen miteinander pflegen, und wünschte mir wirklich, dass mehr Autorinnen kapieren, dass Charaktere, die miteinander reden und sich (relativ) langsam aneinander annähern nicht nur romantisch, sondern auch sexy sein können. Das große Hindernis in dieser sich anbahnenden Beziehung besteht in der Tatsache, dass Matthew ja nur für einen Monat in Virtue ist. Was mich als „Problem“ für eine Liebesgeschichte gestört hätte, wenn Matt und Sarah nicht im Laufe der Handlung darüber reden würden, ob sie sich auch eine Fernbeziehung vorstellen könnten.

Außerdem gibt es noch eine Landerschließungsfirma, die in Virtue Fuß fassen und dafür die Ranch von Rachels Freundin enteignen lassen will. Um dieser Firma Einhalt gebieten zu können, muss Sarah eine Abschrift des Gründungsdokuments der Stadt finden (ich hoffe, dass das mehr Sinn ergibt, wenn man sich mit US-Recht auskennt 😉 ), was natürlich den beiden Charakteren viel Zeit gibt, um gemeinsam in Archiven zu wühlen. Dieser Handlungsstrang führt dazu, dass sich Sarah und Matt mit der Geschichte der Stadt und den Besonderheiten einiger Einwohner beschäftigen müssen. So kommt es, dass der Gestaltwandler-Anteil der Reihe in „Librarian Bear“ eine entscheidende Rolle spielt, während er in „Timber Wolf“ nur ein amüsantes, aber definitiv nicht notwendiges Element war. So fühlt es sich an, als ob die Autorin in diesem Band mehr in ihrer Urban-Fantasy-Welt angekommen wäre, was mir gut gefallen hat.

Wenn ich etwas an „Librarian Bear“ kritisieren müsste, dann wäre es die unglaublich umfassende Kompetenz von Sarah. Sie ist nicht nur eine hervorragende Bibliothekarin, die nebenbei eine tägliche Kinderbetreuung in ihrer Bibliothek aufgebaut hat, das örtliche Jugendtheater mit Kostümen versorgt und diverse gemeinnützige Organisationen leitet, sondern sie näht auch all ihre Kleidung perfekt selbst und wartet und repariert ihr altes Auto. Trotzdem hat sie nebenbei noch genügend Zeit, um mit Matt stundenlang alte Papiere zu durchwühlen und die alteingesessenen Familien abzuklappern und auszufragen. Das war alles ein bisschen viel und nur deshalb erträglich, weil diese Protagonistin trotz allem überraschend sympathisch war. Außerdem lese ich solche Romane nicht für ihren Realismus, sondern für ihre wohltuende Wirkung, und so konnte ich über die überperfekte Sarah hinwegsehen und stattdessen den wunderbaren Umgang der beiden Hauptfiguren miteinander und die amüsanten kleinen Szenen zwischen diesen beiden Charakteren und all den Nebenfiguren genießen.

Talia Hibbert: The Brown Sisters 1-3

In den vergangenen Wochen habe ich die drei Romane von Talia Hibbert gelesen, die die Autorin um die Schwestern Cloe, Dani und Eve Brown geschrieben hat. Da alle drei Geschichten sehr ähnliche Elemente haben, dachte ich mir, dass ich mal eine „Sammelrezension“ dazu veröffentlichen könnte. Die Bücher von Talia Hibbert fallen unter „contemporary romance“ (gibt es dafür einen deutschen Begriff?), weshalb es für mich umso überraschender war, dass sie mir so gut gefallen haben, weil ich bei dem Genre doch normalerweise immer was zu kritisieren finde. In jedem der Bände steht eine andere der Brown-Schwestern im Mittelpunkt, und jede dieser Protagonistinnen hat ganz eigene Probleme, die sie – ihrer eigenen Meinung nach – für eine Beziehung ungeeignet machen.

In „Get a Life, Cloe Brown“ (auf Deutsch „Kissing Cloe Brown“) beschließt Cloe, nachdem sie beinahe in einen schrecklichen Autounfall verwickelt worden wäre, dass es Zeit wird, ihr Leben in den Griff zu bekommen. Also zieht sie bei ihren Eltern aus und erstellt eine Liste mit Dingen, die sie erleben will. Aber so richtig kommt sie mit ihrer Liste nicht voran, bis sie den Hausmeister (und Künstler) Redford „Red“ Morgan näher kennenlernt. Ihr Schwester Danika hingegen will sich ganz auf ihrer Universitätskarriere konzentrieren und sucht in „Take a Hint, Dani Brown“ nur einen Mann, mit dem sie ab und an etwas Dampf im Bett ablassen kann. Dummerweise lernt sie mit dem Sicherheitsmann Zafir Ansari einen hoffnungslosen Romantiker kennen, der definitiv mehr als nur Sex von ihr will. Die jüngste Brown-Schwester Eve ist in „Act Your Age, Eve Brown“ auf der Flucht vor ihrem aktuellsten beruflichen Versagen und der damit einhergehenden Enttäuschung ihrer Eltern, als sie aus Versehen den Betreiber eines B&Bs anfährt. Da Jacob Wayne mit seinen Verletzungen nicht in der Lage ist, seine Frühstückspension zu führen, springt Eve ein und lernt so nicht nur ihren neuen Boss besser kennen, sondern auch mehr über ihre eigenen Stärken und Schwächen.

Jeder dieser drei Romane ist wunderbar lustig und auf eine realistische und wohltuende Weise romantisch. Was die Bücher für mich aber zu etwas Besonderem gemacht haben, ist die Tatsache, dass sowohl die Protagonistinnen als auch die Protagonisten diverse Probleme im Leben haben, ohne dass diese Dinge zu einem großen Drama aufgebaut werden. Cloe ist chronisch krank und muss mit ihrer Energie bewusst haushalten, während Red eine toxische Beziehung hinter sich hat, die Spuren hinterließ, die sich nicht so einfach abschütteln lassen. Dani denkt aufgrund früherer Erlebnisse, sie sei beziehungsunfähig, während Zafir durch seine ehemalige Sportkarriere (und die damit verbundene Medienberichterstattung über ihn) traumatisiert wurde. Jacob ist Autist und wurde als Kind von seinen Eltern vernachlässigt und Eve hat nicht nur gravierende Konzentrationsprobleme, sondern auch eine ziemlich gestörte Selbstsicht. All diese Probleme haben zwar immer wieder einen deutlichen Einfluss auf das Leben der Protagonist.innen, sind aber in erster Linie einfach nur ein Teil ihrer Persönlichkeit bzw. ihres Lebens, ebenso wie der Humor, die Fürsorglichkeit, die Leidenschaft für Literatur oder Sport oder andere Elemente, die einen Charakter formen.

Ich mochte auch sehr, wie die Figuren miteinander umgingen. Es gibt so viele wunderbar lustige Szenen, und selbst die „dramatischen“ Elemente wurde von der Autorin so geschrieben, dass man ein bisschen über die jeweilige Person schmunzeln kann. Die Figuren gehen in der Regel respektvoll miteinander um, und wenn es in diesen Geschichten zu Missverständnissen kommt, dann nicht durch irgendein gekünsteltes „nicht miteinander reden“, sondern durch Szenen, die zeigen, dass zwei Menschen sich eben auch mal missverstehen können. Und sobald die verletzten Gefühle etwas gehätschelt wurden und die jeweilige Figur etwas Zeit zum Nachdenken hatte, gehen Talia Hibberts Figuren wieder aufeinander zu und reden miteinander. Ich habe die Dialoge in diesen Romanen so genossen, weil immer wieder deutlich wird, dass es nicht einfach reicht, wenn man sich der Tatsache bewusst wird, dass man da ein Problem oder vielleicht falsch gehandelt hat, sondern dass man sich immer wieder damit auseinandersetzen und an sich arbeiten muss. Genauso wird immer wieder deutlich, dass auch eine funktionierende Beziehung nicht etwas ist, das von ganz alleine entsteht, wenn sich zwei Personen lieben, sondern dass das etwas ist, woran beide Parteien immer wieder arbeiten müssen. Dabei gelingt es der Autorin, dieses „gemeinsame Arbeiten an einer Beziehung“ als etwas sehr Schönes – und für den Leser unterhaltsam zu Lesendes – darzustellen.

Mein einziger Kritikpunkt an allen drei Romanen besteht darin, dass Talia Hibberts Wortwahl, wenn es um die Sexszenen bzw. die Gedanken geht, die die jeweiligen Figuren bezüglich der körperlichen Vorzüge ihrer potenziellen Partner*innen haben, für meinen persönlichen Geschmack etwas zu direkt ist. Wenn ich allerdings an die eine oder andere Sendung denke, die ich in den vergangenen Jahren gesehen habe, scheint diese Wortwahl im alltäglichen britischen Sprachgebrauch nicht so abwegig zu sein. Grundsätzlich hat mich die Sprache auch nicht davon abgehalten, die Geschichten zu genießen, aber da mir dieser Punkt negativ aufgefallen ist, wollte ich ihn hier auch nicht unterschlagen. Insgesamt habe ich alle drei Romane wirklich gern gelesen, ich habe mit den verschiedenen Charakteren mitgelitten, ihren Umgang miteinander genossen und mich großartig über all die lustigen Szenen mit ihnen amüsiert.