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Delilah S. Dawson: The Violence

Ich muss gestehen, dass ich keine Ahnung habe, in welches Genre ich „The Violence“ von Delilah S. Dawson stecken soll. Die Geschichte spielt einige Zeit nach der Corona-Pandemie, als eine weitere – weitaus ungewöhnlichere – Seuche die Welt erschüttert. Diese Seuche wird „The Violence“ genannt und bringt Menschen dazu, dass sie innerhalb von Sekundenbruchteilen vollständig eskalieren und beliebige andere Personen angreifen. Schnell kommt es zu den ersten Todesfällen, die Seuche breitet sich rasant aus und die Behörden raten der Bevölkerung, zuhause zu bleiben und Menschenmassen zu meiden. Während die Welt (erneut) durch eine Seuche aus den Fugen gerät, bietet diese Katastrophe für Chelsea Martin eine überraschende Chance, ihrem manipulativen und gewalttätigen Ehemann zu entkommen. Dabei wird die Handlung aus den Perspektiven von drei Frauen erzählt, als da wären: Chelsea, eine Hausfrau in einer wohlhabenden Gegend in Tempa (Florida), ihre egozentrische Mutter Patricia und ihre siebzehnjährige Tochter Ella.

Während alle drei Frauen versuchen, einen Weg zu finden, in einer Welt zu überleben, die durch The Violence aus den Fugen geraten ist, und dabei zum Teil sehr ungewöhnliche Wege gehen, gibt es immer wieder neue Details zum Leben dieser drei Charaktere zu entdecken. Das sorgt dafür, dass man so etwas wie Verständnis für ihr früheres und aktuelles Handeln entwickelt, selbst wenn alle drei Figuren mit ihrem Verhalten andere Personen verletzt haben. Ich fand es ziemlich spannend zu sehen, welche Wendungen die Geschichte im Laufe der Zeit entwickelt, was für neue Bekanntschaften die drei Protagonistinnen machen und welchen Einfluss diese auf sie und ihr Leben haben. Chelseas Wandel von der rundum polierten Hausfrau zur Underground-Wrestlerin (was schon im Klappentext verraten wird) war dabei überraschenderweise nicht die ungewöhnlichste Entwicklung. Fast noch spannender fand ich, wie sich das Leben für Patricia und für Ella durch die Seuche veränderte und was für Auswirkungen das auf diese Charaktere hatte.

„The Violence“ ist – wie schon erwähnt – ziemlich spannend zu lesen und beinhaltet ein paar wirklich unschöne Szenen, die aber für mich persönlich (von einer Ausnahme abgesehen) nicht „zu viel“ wurden. Delilah S. Dawson gibt im Vorwort an, was für Themen einen in ihrem Roman erwartet und warum sie die Geschichte so geschrieben hat, was ich sehr hilfreich fand. Und jedes Mal, wenn ich befürchtete, dass die Autorin als Nächstes etwas erzählen würde, was ich unerträglich finden würde, gab es eine überraschende Wendung in der Geschichte. Das sorgte häufig dafür, dass aus einem schlimmen Moment eine unerwartete Chance für die jeweilige Figur entstand. Dazu gibt es so einige freundschaftlich-schöne oder amüsante Szenen, die genügend Ausgleich zu den schlimmeren Ereignissen boten, so dass ich die ganze Zeit über neugierig auf den weiteren Verlauf der Handlung war. Ich weiß nicht, wie gut mir die Geschichte bei einem erneuten Lesen gefallen würde, weil dann die überraschenden Wendungen nicht mehr unvorhersehbar wären. Aber ich habe das Buch schon im Mai gelesen und mache mir bis jetzt immer wieder erneut Gedanken über die Charaktere und bestimmte Passagen in der Handlung – und das ist meiner Meinung nach definitiv eine Empfehlung!

Leseeindrücke April bis Juli 2023 (Teil 1)

Es gibt so einige Bücher, die ich in den letzten Wochen gelesen habe, zu denen mir nicht genug für eine Rezension einfällt, die ich aber nicht ganz unerwähnt lassen möchte. Und da doch einiges an Text zusammenkam, als ich mich endlich ans Schreiben dieses Sammelbeitrags machte, habe ich ihn lieber aufgeteilt. 😉

Stella Bixby: Downward Death (Magical Mane Mystery 1)
Stella Bixby: Bowling Blunder (Magical Mane Mystery 2)

Die „Magical Mane Mysterys“ von Stella Bixby gehören eindeutig dazu – nicht, weil diese Cozy-Paranormal-Mystery-Reihe insgesamt so besonders wäre, sondern weil ich die von der Autorin entwickelten Figuren so gerne mochte. Die Grundidee für diese Serie ist ein bisschen absurd. Die Protagonistin Ellie Vanderwick hat von klein auf das Problem, dass ihre Haare auf ihre Gefühle reagieren und so von einer Minute auf die andere die Farbe (und „Lockigkeit“) ändern – was dazu führt, dass sie von allen Personen, die dies bislang gesehen haben, verlassen wurde. Wie gesagt, die Grundidee ist etwas absurd, und dazu kommt, dass auch die Lösungen der Mordfälle relativ offensichtlich sind. Aber die Geschichten sind unterhaltsam und ich finde es wunderbar, wie Stella Bixby die verschiedenen Figuren anlegt und mit dem Kontrast zwischen „so wirkt die Person auf Außenstehende“ und „so ist die Person wirklich“ spielt. Auch hat die Autorin keine Hemmungen, selbst sehr sympathische Charaktere im Laufe ihrer Geschichte zu ermorden, was ich definitiv anerkennen kann.

Eryn Scott: A Crafty Crime (Stoneybrook Mystery 1)

„A Crafty Crime“ von Eryn Scott hat viele typische Cozy-Mystery-Elemente wie zum Beispiel die frisch getrennte/geschiedene Protagonistin, die über eine Leiche stolpert. Der Schauplatz ist ein kleiner, idyllisch wirkender Ort und es gibt viele heimelige Elemente – hier zum Beispiel der Handwerkermarkt und die Tatsache, dass Hadley James ihren Lebensunterhalt mit ihrer selbstgemachten Marmelade bestreitet. Was ich sehr schön fand, ist die Tatsache, dass Hadley nicht in Verdacht gerät, die Täterin zu sein, und deshalb die Ermittlungen aufnimmt. Stattdessen ist ihr Zwillingsbruder der in dem Ort stationierte Deputy Sheriff, und da sein Vorgesetzter die Ermittlungen regelrecht behindert, forschen die Zwillinge gemeinsam mit einer Jugendfreundin inoffiziell nach dem Mörder. Den Teil mochte ich sehr gern, aber da ich einige Facetten der Protagonistin (vor allem von der Autorin „amüsant“ gemeinte „jede Frau denkt doch so“-Gedanken) ziemlich nervig fand, werde ich diese Reihe definitiv nicht weiter verfolgen.

Sarah Addison Allen: Lost Lake
Sarah Addison Allan: Garden Spells (Waverly Sisters 1)
Sarah Addison Allen: First Frost (Waverly Sisters 2)

Sarah Addison Allen schreibt sehr nette und erholsame Romane mit einem Hauch von Magie und zum Teil großartigen Nebenfiguren. Die Geschichten selbst sind ziemlich vorhersehbar, aber das fand ich beim Lesen nicht weiter schlimm, vor allem da ich viele der magischen Elemente in den Büchern ziemlich genossen habe, ebenso wie die diversen „alten Frauen“ und die Dialoge, die es mit ihnen gab. Ich glaube, die Handlung in „Lost Lake“ hat mir bislang am besten gefallen, während ich die magischen Gaben (und das Haus inklusive dem temperamentvollem Apfelbaum) in den Waverly-Sisters-Romanen besonders hübsch fand. Ich werde auf jeden Fall noch weitere Titel der Autorin lesen, wenn ich das Bedürfnis nach „anspruchsloser Wohlfühllektüre mit einem Hauch von Magie“ habe (und sei es nur, weil die eBooks wirklich günstig zu kaufen sind).

Sandra Wickham: Death Coach

Ein Urban-Fantasy-Roman, den ich so sehr gern gelesen habe, dass ich die Augen nach einer Fortsetzung aufhalten werde. Die Protagonistin Amy kann mit Geistern kommunizieren, hat diese Fähigkeit aber nach einer traumatisierenden Erfahrung seit ihren Teenagerjahren nicht mehr eingesetzt. Als nun eine ihrer Klientinnen sich das Leben nimmt und Amy vorgeworfen wird, dass ihr Lifecoaching dafür verantwortlich gewesen sei, muss sie auf ihre ungewöhnliche Gabe zurückgreifen, um mehr über die Verstorbene herauszufinden. Für mich hielt „Death Coach“ einen überraschend interessanten Umgang mit Amys Gabe bereit, außerdem mochte ich die Protagonistin (und die Tatsache, dass ihr in der Regel durchaus klar war, wenn sie Mist gebaut hatte, und dann wie eine vernünftige Person versuchte, das wieder in Ordnung zu bringen). Zusätzlich gibt es noch eine Nebenfigur (Amys Cousine Carme) mit Down Syndrom, die als selbstständige junge Frau mit Stärken und Schwächen dargestellt wurde statt als „niedliche Person mit geistiger Behinderung“ und die auch kein Problem damit hatte, z. B. ableistisches Verhalten von Amy zu benennen und zu kritisieren.

 

Den zweiten Teil gibt es am 26. Juli – und ich verlinke den Text dann hier, wenn er veröffentlicht wurde: TEIL 2

Karuna Riazi: A Bit of Earth (Hörbuch)

„A Bit of Earth“ von Karuna Riazi ist eine moderne Neuerzählung von „Der geheime Garten“ von Frances Hodgson Burnett, wobei sich die Autorin einige (sehr willkommene!) Freiheiten mit dem Original erlaubt. Da die Geschichte zu einem Teil in Versen erzählt wird, habe ich zum Hörbuch gegriffen, weil ich davon ausging, dass mir diese Passagen mit einer professionellen Sprecherin mehr Freude bereiten würden als beim Lesen. Die Handlung wird aus der Sicht von Maria Latif erzählt und beginnt an dem Tag, an dem sich Maria in einem Flughafen in New York wiederfindet, wo sie in die Obhut einer ihr fremden Familie übergeben wird. Von Anfang an steht fest, dass Maria keine einfache Person ist, und das ist ihr durchaus bewusst. Sie ist sogar in gewisser Weise stolz darauf, dass sie so abweisend und stachelig ist und sich nicht unbedingt so verhält, wie es von ihr erwartet wird. Die Tatsache, dass Maria seit dem Tod ihrer Eltern von einer Verwandten zur nächsten abgeschoben wurde, hat nur dafür gesorgt, dass sie umso entschlossener ist, an ihrem widerspenstigen Charakter festzuhalten und sich nicht zu verstellen, nur um besser in ihr jeweiliges „Übergangszuhause“ zu passen.

Schnell findet Maria heraus, dass in der Familie Claybourne einiges im Argen liegt. Lindsay Claybourne, die sich hauptsächlich um Maria kümmert, ist die zweite Ehefrau ihres Mannes und steht im Schatten ihrer verstorbenen Vorgängerin und unter der Fuchtel ihrer konservativen Schwiegermutter. Den Herren des Hauses, der mit ihrem Vater befreundet war, bekommt Maria gar nicht erst zu Gesicht, da er auf Geschäftsreise ist, und Colin, der Sohn der Familie, hält sich zu Beginn der Geschichte in einem Internat auf. Maria selbst kann das alles eigentlich egal sein, sie weiß genau, dass die Claybournes nur eine Station von vielen für sie sind. Und doch beginnt sie sich im Laufe der kommenden Wochen – eher unwillig – für die Personen um sie herum zu interessieren. Dazu kommt noch, dass eines der Mädchen (Mimi) in der Nachbarschaft wild entschlossen zu sein scheint, sich mit Maria anzufreunden, egal, ob diese damit einverstanden ist oder nicht.

Ich mochte die verschiedenen Figuren, die Karuna Riazi für ihre Variante von „Der geheime Garten“ geschaffen hat, sehr. Maria ist sich durchaus bewusst, dass sie eine schwierige Persönlichkeit hat und dass ihr Leben deutlich einfacher wäre, wenn sie liebenswerter wäre, aber gerade dieses Bewusstsein für all die Ecken und Kanten ihres Charakters hat sie für mich so sympathisch gemacht. Colin ist Maria in gewisser Weise ähnlich, was natürlich auf der einen Seite dazu führt, dass die beiden sich aneinander reiben, obwohl sie auf der anderen Seite so gut nachvollziehen können, was den jeweils anderen zu seinem Handeln motiviert. Und dann gibt es da noch Mimi und ihre Familie, die – im Gegensatz zu den Claybournes – alle respekt- und liebevoll miteinander umgehen und mit ihrem Verhalten dafür sorgen, dass Maria, Colin und Lindsay ein bisschen aus ihren eingefahrenen Bahnen ausbrechen und mehr aufeinander zugehen können.

Ein weiterer Aspekt, den ich sehr genossen habe, war Marias pakistanisch-bengalischer Hintergrund, der sich ganz selbstverständlich durch die gesamte Geschichte zieht. Maria ist Muslimin, sie trägt jeden Tag ihre Dupatta, sie betet ganz selbstverständlich und sie sehnt sich nach all den vertrauten Gerichten, die sie bei ihren Eltern und den verschiedenen Verwandten genossen hat. Überhaupt sind Gerüche und Essen zwei wichtige Elemente in der Geschichte. Die Erinnerungen und Gefühle, die Düfte und Speisen auslösen können, spielen eine nicht zu übersehende Rolle in Marias Leben. So ist es auch kein Wunder, dass gerade diese Dinge Kindheitserinnerungen bei Maria auslösen und so dafür sorgen, dass auch die Zuhörer*innen ein Gefühl für Marias Vergangenheit bekommen. Ich fand es auch ausgesprochen stimmig, wie die Autorin die zwiespältigen Gefühle, die Maria gegenüber ihren verstorbenen Eltern und ihrer Verwandtschaft empfindet, darstellte und wie die Arbeit im Garten dem Mädchen hilft, mit all seiner Trauer, seiner Frustration und seiner Sehnsucht fertig zu werden.

Die Sprecherin Subhadra Newton hat für mich noch zusätzlich dazu beigetragen, dass ich diese an sich schon sehr schöne Geschichte noch mehr genossen habe. Sie hat nicht nur den verschiedenen Figuren eine überzeugende Individualität verliehen, sondern auch dafür gesorgt, dass sich all die nicht ganz so vertrauten Begriffe, die Maria verwendet, für mich stimmig anfühlten. Es hat mir wirklich viel Freude bereitet, Subhadra Newton zuzuhören, was dazu geführt hat, dass ich meine Hörbuchzeit deutlich verlängert habe, um nur noch ein bisschen mehr von der Geschichte mitzubekommen. Ich hoffe sehr, dass ich von Karuna Riazi (und Subhadra Newton) in Zukunft noch mehr lesen bzw. hören werde.

Jenn Reese: A Game of Fox & Squirrels

Der Roman „A Game of Fox & Squirrels“ von Jenn Reese ist mir im vergangenen Jahr immer wieder bei Twitter vor die Nase gekommen, wenn die diversen englischsprachigen Autor*innen sich gegenseitig das Buch empfohlen haben. Also habe ich im Dezember meiner Neugierde nachgegeben und den Titel gekauft und am vergangenen Wochenende auch endlich gelesen. Ich muss zugeben, dass ich nicht ganz nachvollziehen kann, wieso gerade diese Geschichte so große Begeisterung geweckt hat, obwohl ich den Roman gut fand und – trotz eines nicht ganz einfachen Themas – wirklich gern gelesen habe. Erzählt wird die Handlung aus der Sicht der elfjährigen Samantha (Sam), die am Tag nach ihrem Geburtstag zusammen mit ihrer älteren Schwester Caitlin bei einer Tante einzieht, von deren Existenz sie bislang nichts wusste.

Von Anfang an steht fest, dass etwas in Sams Elternhaus nicht in Ordnung ist und dass das Jugendamt dafür verantwortlich ist, dass die beiden Mädchen bei ihrer Tante Vicky und deren Ehefrau Hannah unterkommen. Während Caitlin sich schnell in ihrem neuen Zuhause einlebt, sehnt sich Sam nach ihrem vertrauten Umfeld, nach ihrer Freundin BriAnn und nach all den schönen Dingen, die sie mit ihren Eltern erlebt hat. Den einzigen Trost bietet ihr das Kartenspiel „Fox & Squirrels“, das Tante Vicky ihr geschenkt hat. Die liebevoll gestalteten Karten bieten Sam viele Anregungen für ihre Fantasie. So ist es für sie auch wenig überraschend, als auf einmal der Fuchs Ashander vor ihr steht und ihr verspricht, dass ihr größter Wunsch in Erfüllung geht, wenn sie drei seiner Aufgaben bewältigen kann. Erst nach und nach begreift Samantha, dass sich hinter der charismatischen Fassade des Fuches ein gefährliches Temperament versteckt und dass die drei bezaubernden Eichhörnchen, die Ashanders Gefolgsleute sind, ihr nur in begrenztem Rahmen helfen können.

Für mich als erwachsene Leserin waren die Parallelen zwischen Ashander und seinen Gefolgsleuten und Samanthas Familie von Anfang an deutlich zu sehen, aber das hat mich nicht davon abgehalten, diese Szenen zu genießen. Ashander ist mächtig und verspricht, Sams größten Wunsch zu erfüllen, und die drei Eichhörnchen, die sein Gefolge sind, sind einfach nur sehr niedlich und anrührend. Aber vor allem habe ich es genossen, wie es Samantha immer wieder gelingt, Ashanders Aufgaben so zu erfüllen, dass sie nicht den größtmöglichen Schaden für ihre eigene Zukunft anrichtet. Ihr ist bewusst, dass es nicht in Ordnung ist, wenn andere Personen dafür leiden müssen, damit es ihr irgendwann besser geht, und ihr ist bewusst, dass ihre Tante Vicky sich alle Mühe gibt, damit sich Sam und Caitlin bei ihr wohl und sicher fühlen. So fand ich es auch sehr schön und stimmig, dass es zwischen den fantastischeren Szenen mit Ashander auch immer wieder sehr alltägliche Momenten mit den Tanten, ihren Hühnern oder Vickys Kollegen gab.

Nicht ganz so gelungen fand ich es, dass Jenn Reese die gesamte Handlung in gut drei Tagen spielen lässt. Obwohl es ständig kleine Szenen gibt, die Sam zeigen, dass das Zusammenleben mit Tante Vicky deutlich weniger aufreibend ist als ihr Elternhaus, finde ich es nicht so überzeugend, dass ihr in so kurzer Zeit aufgehen soll, dass das Verhalten ihrer Eltern problematisch war, und dass nicht sie die Ursache für all die Bestrafungen und Vorfälle war, sondern dass ihre Eltern sich niemals so hätten verhalten dürfen. Hätten sich all die kleinen Momente mit den beiden Tanten, mit Sams neuem Freund Lucas und natürlich auch die Aufgaben von Ashander über einen etwas längeren Zeitraum gestreckt, hätte ich es überzeugender gefunden. Aber auch so habe ich „A Game of Fox & Squirrels“ sehr gern gelesen und es spannend gefunden, wie Jenn Reese all die kleinen Hinweise auf Sams Vergangenheit in den fantastischen Begegnungen mit Ashander und den Eichhörnchen versteckt. Außerdem habe ich es genossen, wie die Autorin die Charaktere von Vicky und Hannah angelegt hat, so dass die beiden auf realistische Weise unperfekt (und von ihrer eigenen Vergangenheit geprägt) und trotzdem liebevolle und aufmerksame Tanten sein durften.

Tessa Bailey: Window Shopping

Den Titel „Window Shopping“ von Tessa Bailey habe ich irgendwann im Januar auf einer Liste mit „cozy christmas“-Geschichten gefunden und fürs Jahresende auf meinen eReader gepackt. Als ich also in den letzten Tagen nach einer gemütlichen Liebesgeschichte mit Weihnachtselementen suchte, habe ich den Roman gelesen – und nun bin ich etwas zwiegespalten. Ich muss dazu sagen, dass ich von Tessa Bailey vorher nichts gehört hatte und erst nach dem Lesen von „Window Shopping“ nach anderen Büchern der Autorin geschaut habe. Hätte ich mich vorher umgeguckt, wäre mir vermutlich aufgefallen, dass ihre Geschichten in der Regel als „sexy“ und „spicy“ belabelt werden, so hingegen war ich doch ziemlich überrascht von dem Kontrast zwischen der wirklich süßen Liebesgeschichte und den „spicy“ Sexszenen.

Die Handlung wird zum einen aus der Sicht von Stella erzählt, die gerade erst vier Jahre im Gefängnis hinter sich gebracht hat und nun herauszufinden versucht, was für ein Mensch sie in Zukunft eigentlich sein will, und zum anderen aus der Perspektive von Aiden, der als Geschäftsführer eines großen Traditionskaufhauses arbeitet und Stella als Schaufensterdekorateurin engagiert. Ich mochte es sehr, dass Aiden so ein offener und freundlicher Mensch ist, der sich durch nichts aus der Ruhe zu bringen lassen scheint und über einen endlosen Vorrat an skurrilen Geschichten über seine Tante Edna verfügt. Stella hingegen ist unsicher, abweisend und wortkarg, wobei sie immer versucht, ehrlich zu sein, wenn sie mit jemandem redet – so war es auch ihre offen vorgetragene Meinung zur vorhandenen Schaufensterdekoration, die ihr überhaupt ihren neuen Job eingebracht hat. Es war schön zu verfolgen, wie sich Stella und Aiden in den wenigen Wochen vor Weihnachten immer besser kennenlernten und füreinander da waren. Diesen Teil der Geschichte fand ich einfach nur unglaublich wohltuend und süß zu lesen.

Beide Charaktere versuchen auf die verletzlichen Seiten ihres Gegenübers Rücksicht zu nehmen, füreinander da zu sein und eine Lösung dafür zu finden, dass Stella nun einmal Aidens Angestellte ist, was für ein deutliches Ungleichgewicht in einer eventuellen Beziehung sorgen würde. Neben dieser wirklich hübsch geschriebenen Romanze gibt es noch so einige amüsante Szenen mit den diversen Nebenfiguren, die im Kaufhaus arbeiten. Ich mag lustige Dialoge und ich genieße es sehr, wenn die Charaktere in einer solchen Geschichte sich wirklich Mühe geben, einander kennenzulernen, und wenn sie eine gute Balance finden zwischen „für den anderen da sein“ und „die andere Person ihre eigenen Kämpfe ausfechten lassen“. Wenn „Window Shopping“ also nur aus diesen Elementen bestanden hätte, würde ich den Roman hemmungslos jeder Person empfehlen, die auf der Suche nach einer weihnachtlichen und süßen Liebesgeschichte mit sympathischen Protagonisten ist.

Allerdings gibt es so einige Sexszenen in dem Roman, die für mich nicht richtig in diese Art von Geschichte passten. Ich habe kein Problem damit, wenn in einer Geschichte ein Charakter im Alltag durch und durch freundlich und sanft ist und trotzdem härteren Sex bevorzugt. Aber wenn ich eine süße Liebesgeschichte lese, dann möchte ich in der Regel keine explizit geschriebenen detaillierten Sexszenen, dafür würde ich einfach gleich zu einem Erotikroman greifen. Für mich persönlich fühlte sich das beim Lesen unausgewogen an und ich habe mich nach den ersten zwei Sexszenen dabei ertappt, dass ich die folgenden nur noch so weit überflogen habe, dass ich mitbekam, wenn sich darin dann doch mal eine handlungsentscheidende Wendung verbarg. Mich hat es einfach nicht interessiert, wenn die beiden Figuren übereinander herfielen, während ich doch nur miterleben wollte, wie sich ihre Beziehung weiterentwickelt und wie sie ihre diversen Probleme gelöst bekommen. Wenn ich allerdings sehe, wie viele begeisterte Rezensionen zu „Window Shopping“ online zu finden sind, dann gibt es wohl nicht viele Leser*innen, die meine Meinung teilen. Außerdem muss ich tatsächlich denjenigen zustimmen, die betonen, dass dieser Roman eine wirklich wunderbare und sehr süße Liebesgeschichte erzählt – ich wollte aber den Aspekt, der mir persönlich nicht so zugesagt hat, in dieser Rezension auch nicht unterschlagen.

Leslye Penelope: The Monsters We Defy

Ich muss zugeben, dass es vor allem das Cover war, das ursprünglich meine Aufmerksamkeit auf diesen Roman gezogen hatte. Aber der Klappentext von „The Monsters We Defy“ mit seinem Versprechen von einer „magical heist“-Handlung reizte mich dann ebenso sehr, weshalb ich den Roman unbedingt vorbestellen musste. Bevor ich auf die Geschichte eingehe, möchte ich noch erwähnen, dass sich Leslye Penelope für ihre Protagonistin von einem Zeitungsartikel über Clara „Carrie“ Minor Johnson inspirieren ließ. Carrie wurde aufgrund eines Vorfalles während des Summer Riot im Jahr 1919 in Washington, D.C. wegen der Tötung eines weißen Polizisten verurteilt, um dann zwei Jahre später überraschenderweise bei einem erneuten Verfahren freigesprochen zu werden. Auch bei den Nebenfiguren (wie zum Beispeil Carlas Mitbewohnerin Zelda) hat die Autorinnen Informationen einfließen lassen, über die sie während ihrer Recherchen gestolpert ist, außerdem sorgt die Erwähnung diverser historischer Persönlichkeiten und Ereignisse dafür, dass sich die Geschichte – trotz aller fantastischen Elemente – überraschend real anfühlt.

Wie „Carrie“ Johnson hat auch die Protagonstin Clara Johnson, aus deren Perspektive wir den größten Teil der Handlung in „The Monsters We Defy“ verfolgen, zwei Jahre im Gefängnis verbracht, was dazu gesorgt hat, dass sie eine Art zweifelhafte Berühmtheit innerhalb der Schwarzen Bevölkerung von Washington erlangt hat. Dazu kommt, dass Clara mit einer besonderen Gabe geboren wurde und von klein auf mit Geistern und anderen übernatürlichen Wesen wie zum Beispiel den „Enigmas“ kommunizieren kann. Diese Gabe nutzt sie, um für verzweifelte Personen mit den Enigmas in Kontakt zu treten und ihnen bei ihren Verhandlungen mit diesen Wesenheiten beizustehen. So ist es auch die Enigma, die Clara unter dem Namen „The Empress“ kennt, die sie anruft, um herauszufinden, was mit all den Schwarzen Personen passiert ist, die in den letzten Wochen verschwunden sind – und die ihr im Gegenzug den Auftrag gibt, einen verfluchten Ring von der Hand der mächtigsten Schwarzen Frau der Stadt zu stehlen. Um diesen Diebstahl durchführen zu können, benötigt Clara allerdings die Hilfe von anderen Personen, die – ebenso wie sie selbst – von einem Enigma mit einem Charm (und dem dazugehörigen Fluch) belegt wurden.

Es gibt eine Menge, was ich an „The Monsters We Defy“ mochte, wobei ich auch zugeben  muss, dass mich die Geschichte nicht so sehr packte, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen wollte. Ich habe stattdessen die verschiedenen Lesepausen genutzt, um über die diversen Handlungselemente und all die Informationen zum Leben Schwarzer Personen in den 1920er Jahren in Washington nachzudenken. Leslye Penelope zeichnet mit ihrem Roman ein sich realistisch anfühlendes Bild von dieser Zeit, in der für viele Schwarze Personen die Sklaverei gerade mal eine bis zwei Generationen her ist. Der Erste Weltkrieg hat seine Spuren hinterlassen und die Prohibition beeinflusst selbst den Alltag derjenigen, die kein Geld für Alkohol haben. Dabei wird in dem Roman immer wieder deutlich, dass es auch innerhalb der Schwarzen Bevölkerung so einiges an Unterdrückung und Aufstiege auf Kosten Schwächerer gibt, während gleichzeitig alle tagtäglich Rassismus erfahren und auf der Hut sein müssen vor dem wieder aufblühenden Ku-Klux-Klan.

Neben diesem spannenden Einblick in die 1920er Jahre gibt es noch sehr viele unterschiedliche fantastische (amerikanisch-)afrikanische Elemente, die von der Erwähnung von Hoodoo bis zur Geschichte von Königin Makeda und König Salomo reichen. Ich mochte dabei vor allem, wie präsent Geister und die anderen übernatürlichen Wesenheiten im Leben von Clara sind und wie sehr ihr besonderes Talent sie geprägt hat. All dies erklärt auch sehr gut die Stärken und Schwächen, die dieser Charakter aufweist. Ich habe Claras Perspektive gern verfolgt und es ausnahmsweise sogar gern gelesen, wenn sie sich selbst das Leben schwer machte, weil das von Leslye Penelope wirklich stimmig beschrieben wurde. Gerade weil Claras Persönlichkeit so eine widersprüchlich wirkende Mischung aus Hilfsbereitschaft und Misstrauen aufweist, ist es schön zu verfolgen, wie sie im Laufe der Geschichte lernt, den anderen Personen zu vertrauen, die sie für die Durchführung des Diebstahls benötigt.

Ich mochte es auch sehr, wie die Autorin immer wieder Claras Perspektive verließ, um einem die anderen Figuren und ihre Geschichten vorzustellen. Das sind die einzigen Momente, in denen ich als Leserin mehr über die gesamte Situation wusste als die Protagonistin, während alles rund um den Diebstahl aus Claras Sicht erzählt wird, was dafür sorgte, dass ich beim Lesen immer wieder überrascht wurde. Selbst für eine Wendung am Ende der Geschichte, die aufgrund eines besonderen Talents eines von Claras Komplizen relativ vorhersehbar war, wurde von Leslye Penelope so gut eingebaut, dass ich mich davon gut unterhalten gefühlt habe, statt darüber irritiert zu sein, dass dieses Element die einzige Lösung für ein Gelingen der ganzen Aktion darstellte. Insgesamt habe ich das Lesen von „The Monsters We Defy“ sehr genossen und bin nun neugierig auf die anderen Romane der Autorin. Allerdings gehören die bisher erschienenen Bücher von Leslye Penelope nicht ebenfalls in den Bereich der „Historical Fantasy“, sondern es sind High-Fantasy-Geschichten, und das Genre lese ich eigentlich kaum noch. Aber ich denke, ich werde mir zumindest die Leseprobe von „Song of Blood & Stone“ anschauen, um zu prüfen, ob mir da die Erzählweise von L. Penelope ebenso zusagt.

Ashia Monet: The Black Veins (Dead Magic 1)

Ich weiß nicht mehr, wo ich über „The Black Veins“ von Ashia Monet gestolpert bin, aber ich bin mir sicher, dass es der Beginn des Klappentextes („In a world where magic thrives in secret city corners, a group of magicians embark on a road trip – and it’s the „no-love-interest“, found family adventure you’ve been searching for.“) war, der mich dazu brachte, den Roman auf meinen Wunschzettel zu setzen. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht der sechzehnjährigen Blythe, die den Großteil ihrer Kindheit damit verbracht hat, mit ihrer Familie von einem Ort zum nächsten zu ziehen. Erst vor einigen Jahren haben sich ihre Eltern niedergelassen und ein Café eröffnet, in dem Blythe neben der Schule und in den Ferien arbeitet. Sie liebt ihren Job als Barista, weil er so normal und alltäglich ist und sie davon ablenkt, dass sie zu den magischen Guardians gehört.

Die Guardians sind sieben Personen, denen als kleine Kinder einen Teil der sieben Quellen der Magie übertragen wurden. Dies macht die Guardians – wenn sie denn ihren Zugriff auf diese Magie meistern können – zu den mächtigsten Magiern ihrer Welt, aber auch zu einem politischen Spielball zwischen der aktuellen Regierung (the Black Veins) und der Rebellenregierung (Trident Republic), die diese stürzen will. Das ist jetzt eine sehr vereinfachte Darstellung der Rolle der Guardians und der politischen Situation in dieser – vor normalen Menschen verborgenen – magischen Parallelgesellschaft. Im Roman klingt das alles etwas weniger abwegig, auch wenn ich immer noch nicht davon überzeugt bin, dass es eine gute Idee sein soll, einem Haufen Kleinkinder so viel Macht zu übertragen, damit diese Magiemenge nicht länger ausschließlich in der Hand der sieben Personen liegt, die seit Jahrhunderten regieren. Als ihre Familie von den Rebellen entführt und die einzige Person, mit der Blythe befreundet ist, dabei schwer verletzt wird, macht sich das Mädchen auf den Weg, um die anderen Guardians zu suchen und dazu zu überreden, ihr bei der Rettung ihrer Lieben zu helfen. Was natürlich nicht so einfach ist, denn auf der einen Seite weiß Blythe so gut wie nichts über die anderen Guardians, und auf der anderen Seite gerät sie dabei mitten in den Krieg zwischen den Black Veins und der Trident Republic.

Bevor ich über all die Dinge rede, die mir wirklich gut an Ashia Monets Geschichte gefallen haben, muss ich zwei Sachen erwähnen, die mich gestört haben. Erst einmal las sich der Roman, als ob es kein abschließendes Lektorat gegeben hätte. Es gab keine groben Tippfehler, über die ich gestolpert wäre, aber regelmäßig fehlte ein Wort oder es stand an der falschen Stelle im Satz – oder ein Satz ergab keinen Sinn, bis ich in meinem Kopf ein Wort gegen eins mit ähnlichen Buchstaben ausgetauscht hatte (z.B. „time“ gegen „team“). Das sind alles Dinge, die bei einer automatischen Rechtschreibprüfung nicht gemeldet werden, die aber bei einem gründlichen Lektorat hätten auffallen müssen. Ich muss aber auch zugeben, dass ich die erste Auflage von „The Black Veins“ habe, und es gibt inzwischen eine „Anniversary Edition“ des Buchs, die später erscheinen ist und ein anderes Cover hat, bei der diese Fehler hoffentlich beseitigt wurden. Außerdem gibt es eine Phase in der Geschichte, in der Blythe – obwohl sie mit dem Wissen über den magischen Teil ihrer Welt aufgewachsen ist – noch einmal all die wichtigsten Informationen von einer anderen, erwachsenen Person erzählt bekommt. Auch wenn das den Leser*innen das notwendige Grundlagenwissen über diese magische Welt vermittelt, so fühlte es sich für mich doch vollkommen falsch an, dass Blythe da so belehrt wurde, obwohl sie doch den Großteil dieser Informationen schon haben sollte.

Nachdem ich nun alles losgeworden bin, was mich beim Lesen gestört hat, muss ich noch einmal betonen, dass ich trotzdem viel Spaß mit „The Black Veins“ hatte, weil ich all die verschiedenen Charaktere so mochte und es toll fand, wie Ashia Monet die allmählich wachsende Freundschaft zwischen Blythe und den anderen Guardians darstellte. Die Handlung in diesem Roman wird überraschend langsam erzählt, wenn ich bedenke, dass es ständig Auseinandersetzungen mit den Rebellen und anderen Widersachern gibt, aber das liegt daran, dass der Schwerpunkt eben auf den Figuren, ihrer Entwicklung und ihren Beziehungen zueinander liegt. Jeder der Guardians hat seine eigenen Stärken und Schwächen, jeder von ihnen hat seine eigenen Motive, um mit Blythe zu reisen, und es steht von Anfang an fest, dass es für sie nicht einfach wird, diese unerschiedlichen Personen auf ihre Seite zu ziehen und für ihr Anliegen zu gewinnen. Da die Charaktere so verschieden sind, fühlte es sich auch nicht langweilig an, dass ein großer Teil der Handlung daraus besteht, dass Blythe von einem Ort zum nächsten reist, dort den nächsten Guardian aufsucht, etwas besser kennenlernt und zum Mitreisen überredet. Es war eher so, dass dies mir das gleiche Gefühl vermittelte wie frühe RPGs und somit einen vertrauten Rahmen bildete für die Weiterentwicklung der Figuren.

Außerdem habe ich mich sehr gut über all das Geplänkel zwischen Blythe und den anderen Teenagern amüsiert. Da so unterschiedliche Charaktere in der Geschichte aufeinandertreffen, gibt es natürlich viele Reibungspunkt zwischen ihnen, die für unterhaltsame Szenen sorgen. Dazu gibt es immer wieder überraschend berührende Momente, in denen die sieben Personen füreinander da sind, sich gegenseitig unterstützen oder auch mal etwas zurechtstutzen, wenn jemand zu sehr über die Stränge schlägt. Ich mochte das Verhältnis dieser sieben Figuren zueinander sehr, ich fand es interessant zu sehen, wie sich die verschiedenen Magieformen darstellten, und ich fand es sehr schön, wie divers die Charaktere in diesem Roman sind und wie viel Mühe sie sich – trotz aller Reibereien – geben, um respektvoll miteinander umzugehen. Da ich Blythe und die anderen so sehr beim Lesen ins Herz geschlossen habe und so viel Spaß mit „The Black Veins“ hatte, hätte ich mir gern nach dem Beenden des Romans den nächsten Band besorgt. Doch obwohl das Buch als erster Teil der „Dead Magic“-Reihe bezeichnet wird und schon vor über drei Jahren erschienen ist, gibt es leider keinen Hinweis auf eine geplante Veröffentlichung des zweiten Bands. Für mich kann dieser erste Teil aber auch ganz gut für sich stehen, obwohl die Geschichte rund um den Kampf zwischen den beiden Regierungen nicht zu Ende erzählt wurde und die Guardians auf der letzten Seite zu einem weiteren Abenteuer aufbrechen.

Auralee Wallace: In the Company of Witches (Evenfall Witches B&B 1)

Ich weiß nicht mehr genau, wo ich über „In the Company of Witches“ gestolpert bin, aber da das Buch als „herbstlich“, „cozy“ und „wohltuend“ beworben wurde, habe ich es mir als Herbstlektüre besorgt. Am vergangenen Montag dachte ich, dass das der passende Titel wäre, um mich von einem ziemlich frustrierenden Tag zu erholen, und ich fürchte, dass ich damit nicht ganz richtig lag. Das lag aber eher an meinen Erwartungen an den Roman als an der Geschichte, die ich vermutlich mehr genossen hätte, wenn ich nicht so sehr im Hinterkopf gehabt hätte, dass sie „heimelig“ und „wohltuend“ sei, um dann über Elemente zu stolpern, die ich persönlich definitiv nicht in diese Kategorien stecken würde.

Erzählt wird die Handlung aus der Perspektive von Brynn Warren, die gemeinsam mit ihren beiden Tanten Nora und Izzy das Bed & Breadfast „Ivywood Hollow“ führt, in dem auch ihr Onkel Gideon lebt. Brynn ist 31 Jahre alt und seit dem überraschenden Tod ihres Mannes Adam vor über einem Jahr verwitwet. Außerdem ist sie – ebenso wie der Rest der Familie – eine Hexe und sorgt wie schon ihrer Vorfahren dafür, dass es den Anwohnern des kleinen Ortes, in dem sie leben, gut geht, auch wenn natürlich niemand wissen darf, dass die Warrens Hexen sind. Dummerweise wird dann Constance Graves, die wegen einer Renovierung ihres eigenen Hauses im B&B wohnt, ermordet, und bei all den Gerüchten rund um den Mord fällt der Verdacht nicht nur auf Brynns Tante Nora, sondern es gibt natürlich auch die eine oder andere Person, die zu einer Hexenjagd aufruft. Klingt wirklich gemütlich, nicht wahr? 😉

Lustigerweise gibt es wirklich viele schöne und heimelige Elemente in „In the Company of Witches“. Ich mochte es sehr, wie die Magie der Warrens beschrieben wurde, ich habe gern von Brynns Zuneigung zu ihrer Familie und von ihrer Liebe zu ihrem verstorbenen Mann gelesen, und ich habe mich amüsiert über all die Geplänkel zwischen Nora und … ach, eigentlich dem gesamten Rest der Welt. Sehr vieles daran hat mich an den Film „Practical Magic“ erinnert, aber auch bei dem würde ich halt nicht sagen, dass er rundum wohltuend und heimelig ist, denn schließlich gibt es da all die unverarbeitete Trauer von Sally und einen Geist, der ausgetrieben werden muss. So ist es im Prinzip auch bei „In the Company of Witches“, wo Brynns Trauer um ihren Mann der Grund dafür ist, dass sie ihr Leben (und ihre Magie) fast vollständig aufgegeben hat, während die Ermordung von Constance dafür sorgt, dass Brynn nicht nur ihre Beziehung zu ihrer Familie – vor allem zu ihren sich ständig einmischenden Tanten – aufarbeiten, sondern sich auch noch mit Constances vollkommen miteinander verfeindeten Geschwistern beschäftigen muss.

So ist dieser Roman zwar definitiv von einer herbstlichen Atmosphäre geprägt und es gibt viele schöne Momente rund um Brynns Familie und ihre Magie, die ich sehr genossen habe, aber die Geschichte war für mich definitiv nicht „fluffy“ oder „gemütlich“ zu lesen. Dafür gibt es zu viele Szenen, die von Trauer, von Wut oder der kleinlichen Rache von Familienmitgliedern geprägt sind, es gibt zu viele verletzte Gefühle und zu viele Geheimnisse. Natürlich mischen sich darunter auch einige lustige und wohltuende Momente, außerdem habe ich Brynns Familie sehr gemocht, und das, obwohl ihre Tanten in ihrer Zuneigung für Brynn stellenweise wirklich fürchterlich übergriffig handeln. Insgesamt denke ich sogar, dass ich dem zweiten Band der Reihe eine Chance geben werde, nachdem ich nun weiß, dass es weniger „cozy“ sein wird, als ich ursprünglich gedacht hatte. Es waren wirklich vor allem meine Erwartungen an das Buch, die mir den Spaß daran etwas verdorben haben. Wenn ich gewusst hätte, was für Themen in der Geschichte dominieren, hätte ich nicht an einem Tag dazu gegriffen, an dem ich etwas Tröstendes lesen wollte. Wer also kein Problem damit hat, in „In the Company of Witches“ von unverarbeiteter Trauer und von einander hassenden Familienmitgliedern eines Mordopfers zu lesen, wird mit dieser Cozy-Mystery-Variante von „Practical Magic“ bestimmt viel Spaß haben

Mur Lafferty: The Shambling Guide to New York City (The Shambling Guide 1)

In den letzten Wochen habe ich so einige „nette“ Romane gelesen, die noch auf meinem eReader schlummerten (oder von mir spontan heruntergeladen wurden 😉 ). „The Shambling Guide to New York City“ von Mur Lafferty gehört definitiv in die Kategorie „nette Romane“ und hat mich gut unterhalten. Die Protagonistin Zoë Jennifer Norris sucht zu Beginn der Geschichte dringend einen neuen Job, nachdem sie ihren letzte Arbeitgeber wegen persönlicher Differenzen (vor allem mit der Ehefrau ihres Vorgesetzten) verlassen musste. Da Zoë sich als Autorin und Redakteurin auf Reiseführer für Städtereisen spezialisiert hat, ist sie hingerissen, als sie bei einem Ausflug in New York in einer seltsamen kleinen Buchhandlung über einen Aushang stolpert, in dem ein neu gegründeter Reisebuch-Verlag jemanden mit ihren Erfahrungen sucht. Doch obwohl Zoë sich sicher ist, dass sie ein Glücksfall für Underground Publishing sein müsste, will der Verlagsinhaber Phillip Rand ihre Bewerbung nicht einmal annehmen. Erst als deutlich wird, dass Zoë nicht so schnell aufgeben wird, kommt es zu einem Vorstellungsgespräch, bei dem sie herausfindet, dass der Verlag von Monstern Cotterie geführt wird.

Nachdem sie den ersten Schock darüber überwunden hat, dass es Vampire, Zombies, Todes-Göttinnen und ähnliche übernatürlich Wesen (allgemein als Cotterie bezeichnet) wirklich gibt, beschließt Zoë, dass die Arbeit für Underground Publishing eine Herausforderung darstellt, die sie wirklich reizt. Allerdings ist es nicht ganz einfach für sie, in einer solchen Umgebung Fuß zu fassen, vor allem, da es unter den Kolleg*innen nicht wenige gibt, die sich von Menschen ernähren. Ich fand es sehr unterhaltsam zu lesen, wie Zoë mehr über diese – ihr bislang vollkommen unbekannte – Parallelgesellschaft der Cotterie erfährt und wie sie sich bei jeder Begegnung mit einer neuen Spezies Gedanken um Etikette macht. Auch war es nett zu verfolgen, wie sie sich mit zwei Kolleginnen anfreundet, während andere Mitarbeiter sie vor größere Herausforderungen gestellt haben. Allerdings muss ich zugeben, dass ich mich nach ca. 100 Seiten fragte, worauf die Autorin mit ihrer Geschichte eigentlich hinauswill, weil ich das Gefühl hatte, dass so langsam etwas passieren müsste. Ein Kapitel später war es dann auch so weit und Zoë begegnet ihrem neuen Kollegen Wesley, der nicht nur ein Konstrukt (in diesem Fall ein aus Leichenteilen zusammengesetztes Wesen) ist, sondern der auch eine Verbindung zu Zoës Vergangenheit hat. Ab diesem Moment nimmt die Handlung etwas mehr Fahrt auf, auch wenn ich sie insgesamt immer noch recht gemütlich zu lesen fand.

Vor allem lebt die Geschichte von „The Shambling Guide to New York City“ von all den größeren und kleineren Begegnungen, die Zoë mit den verschiedenen Cotterie-Varianten hat. Häufig überschätzt die Frau ihr angelesenes Wissen über die verschiedenen Kreaturen, was zu amüsanten Momenten führt, dann wieder trifft sie auf Cotterie, von denen sie vorher noch nie etwas gehört hat und bei denen die Protagonistin sich unsicher ist, wie sie sich verhalten muss, um heil aus der Situation herauszukommen. Dazu kommen all die verschiedenen Nebencharaktere, die mir wirklich viel Spaß gemacht haben, wie Zoës Kolleg*innen oder die alte Granny Good Mae, die Zoë in Selbstverteidigung unterrichtet. Mur Lafferty hat wirklich viele ungewöhnliche Ideen in ihren Roman gepackt, so dass ich immer wieder über überraschende neue Elemente in ihrer Version von New York stolpern konnte. Dazu kommen dann noch all die kleinen Einträge aus dem Reiseführer, an dem Zoë die ganze Zeit arbeitet, die noch weitere Details zu dieser Urban-Fantasy-Welt zufügen. Ich fand es nett, von den alltäglichen Problemen der Cotterie zu lesen, wenn es um die Nahrungsbeschaffung oder Übernachtungsoptionen auf Reisen geht, muss aber auch zugeben, dass all diese Elemente eben auch dazu geführt haben, dass der Roman stellenweise etwas zu gemächlich dahinplätscherte. Wer also eine eher gemütliche Urban-Fantasy-Geschichte mit amüsanten Städteführer-Auszügen sucht, hat mit „The Shambling Guide to New York City“ den passenden Roman gefunden. Wer lieber etwas mit mehr Action liest, sollte definitiv zu einem anderen Buch greifen.

Lisa Shearin: The Grendel Affair (SPI Files 1)

Ich muss zugeben, dass ich „The Grendel Affair“ von Lisa Shearin vor allem rezensiere, um bei der Masse der „netten“ Urban-Fantasy-Romane, die ich so lese, den Überblick zu behalten. „The Grendel Affair“ ist der erste Band einer (aktuell) achtteiligen Reihe, deren Handlung aus der Sicht von Makenna (Mac) Fraser erzählt wird. In „The Grendel Affair“ arbeitet Mac seit gerade mal einigen Wochen für das SPI (Supernatural Protection & Investigations), wobei sie bei ihrer Arbeit ihre angeborenen Fähigkeiten als Seherin einsetzt – was bedeutet, dass sie in der Lage ist, jegliche magische Tarnung zu durchschauen und die wahre Gestalt einer Kreatur zu sehen. Die Handlung in dem Auftaktband der Reihe beginnt kurz vor Silvester, als Mac sich nach der Arbeit aufmacht, um ihrem Freund Ollie einen Gefallen zu tun. Eigentlich ist Ollie eher ihr Informant als ein Freund, denn der Kuriositätenhändler bekommt von seinen nichtmenschlichen Kunden so einige Details mit. Doch an diesem Abend geht es Mac darum, einen Bavarian Nachtgnome zu fangen, der sich in Ollies Laden eingenistet hat. Als Seherin gehört sie zwar nicht zu den aktiven Kampfeinheiten des SPI, aber sie ist sich sicher, dass sie mit einem Nachtgnome schon fertig wird – zumindest ist sie das, bis sie über die Leiche eines unbekannten Mannes stolpert.

Der Tote wurde eindeutig nicht von einem Menschen getötet, sondern von einem Monster, das stark genug war, um der Leiche Gliedmaßen auszureißen. Es hat zudem eine Kralle am Tatort zurückgelassen, die den Verdacht nahelegt, dass es wirklich riesig ist. Im Laufe der Ermittlungen findet das SPI heraus, dass eine Gruppe von übernatürlichen Wesen vorhat, während des Silvester-Countdowns am Times Square einen Angriff durchzuführen, der die Existenz übernatürlicher Wesen enthüllen und die Menschheit einschüchtern soll. Mehr zur Handlung muss ich hier eigentlich nicht schreiben, denn so komplex ist sie nicht, dass mehr Details notwendig wären. Was mir bei „The Grendel Affair“ gut gefallen hat, war, dass sich die Geschichte leicht und fluffig lesen ließ. Es gibt immer wieder humorvolle Momente – gerade in den Gefahrensituationen – ohne dass ich das als zu Slapstick-haft oder abwegig empfunden hätte. Mac ist zwar mit dem Wissen aufgewachsen, dass es übernatürliche Wesen gibt, und ihre Polizistenfamilie übernimmt in ihrer kleinen Stadt im Prinzip ähnliche Aufgaben wie das SPI, aber sie selbst ist – wie sie schnell genug feststellen muss – keine Kämpferin.

So gern ich Kick-Ass-Heldinnen lese, so mochte ich es doch besonders, dass Mac eben alles andere als eine erfahrene Kämpferin ist (auch wenn sie ihre Fähigkeiten mit einer Schusswaffe anfangs noch höher einschätzt, als sie sind). Sie ist eine Frau, deren Stärken ihre Recherche- und Seherinnen-Fähigkeiten sind, und das führt dazu, dass Mac in all den Kampf- und Gefahrensituationen vor allem versucht, nicht im Zentrum des Geschehens zu landen, um dort den erfahrenen Kämpfern nicht im Weg zu stehen. Natürlich kann es in solch einem Urban-Fantasy-Roman nicht sein, dass die Protagonistin keinerlei Gefahren erlebt, aber oft genug übersteht Mac diese nur, weil sie entweder durch ihr eigenes Ungeschick oder durch das Eingreifen ihrer Kollegen gerettet wird. Wobei die Momente, in denen Mac tollpatschig ist, meiner Meinung nach von Lisa Shearin so geschrieben wurden, dass sie sich überraschend realistisch lesen, statt mir das Gefühl zu vermitteln, dass die Autorin verzweifelt eine Lösung für eine Situation gesucht hätte oder noch irgendwie humorvoll hätte sein wollen. Insgesamt fand ich es zur Abwechslung wirklich angenehm, dass Mac in vielen Bereichen eine so untypische Protagonistin für einen Urban-Fantasy-Roman war. Außerdem mochte ich die lockere Erzählweise und die humorvollen Szenen, die mich zwar selten überrascht haben, aber dafür sorgten, dass ich mich wirklich gut unterhalten gefühlt habe. Ich werde die Serie auf jeden Fall im Hinterkopf behalten für den Tag, an dem ich mal wieder Lust auf etwas leichtere Urban-Fantasy-Romane habe.