Schlagwort: Urban Fantasy

Aislinn O’Loughlin: Big Bad Me

Ich muss zugeben, dass „Big Bad Me“ von Aislinn O’Loughlin mir deutlich mehr Spaß gemacht hat, als ich erwartet hatte, so dass ich den Großteil des Buchs an einem Tag verschlungen habe. Gekauft habe ich den Roman, weil es in meiner englischsprachigen Timeline so einige Stimmen gab, die die Beziehung der beiden Schwestern, aus deren Sicht die Handlung erzählt wird, positiv erwähnt hatten, und ich muss zustimmen, dass das einer der größte Pluspunkte einer insgesamt unterhaltsamen Geschichte ist. Zu Beginn des Romans wird die (fast) sechzehnjährige Evie von einem unheimlichen Stalker nach Hause verfolgt. Während dieser Stalker ihr noch einreden will, dass ihre Familie sie seit Jahren belügt und als Versuchskaninchen missbraucht, wird Evie von ihrer älteren Schwester Kate gerettet.

Gemeinsam fliehen die beiden aus dem Haus und machen sich auf die Suche nach ihrer Mutter, die vor Wochen aus beruflichen Gründen verreist ist – das ist es zumindest, was Evie gesagt wurde. Wenig später findet Evie heraus, dass der unheimliche Stalker damit recht hatte, dass ihre Familie ihr ein großes Geheimnis vorenthalten hat, denn Evie ist nicht – wie sie ihr Leben lang dachte – an einer sehr seltenen Form von Diabetes erkrankt, sondern sie ist eine Werwölfin. Gemeinsam mit Kate findet Evie Zuflucht in einem Gästehaus in dem kleinen Ort Brightside, wo ihre Mutter zuletzt gesehen wurde. Während Kate alles versucht, um Evie zu beschützen und ihre Mutter zu finden, muss Evie lernen, mit ihrer übernatürlichen Seite umzugehen. Dann ist da noch die Tatsache, dass in Brightside in den letzten Monaten sehr viele Jugendliche getötet oder entführt wurden, und dass der – ziemlich junge – Manager des Gästehauses überraschend viel über Werwölfe zu wissen scheint.

Wie schon erwähnt wird die Handlung abwechselnd aus Evies und Kates Perspektive erzählt, und das sorgt – zusammen mit dem Prolog – dafür, dass wir von Anfang an wissen, was mit Evie los ist, ebenso dass ihre Mutter verschwunden ist und dass in Brightside irgendwas Unheimliches vor sich geht. Aber dass es kaum überraschende Wendungen gibt, macht die Geschichte nicht weniger packend. Die Spannung wird eher dadurch erzeugt, dass man sich beim Lesen fragt, wie die Charaktere mit den heranziehenden Problemen umgehen werden. Wobei ich es wirklich besonders schön fand zu lesen, wie Evie und Kate miteinander umgehen und wie wichtig es ihnen ist, einander zu beschützen. Dabei gehen die beiden auch immer wieder zu weit, wenn sie zum Beispiel Details voreinander verheimlichen, weil sie fürchten, dass sie die andere verletzten oder zu unüberlegten Handlungen verleiten würden. Aber selbst diese Momente waren schön zu lesen, weil so viel Fürsorge und Zuneigung dahintersteckt, und wenn dann doch mal ein Geheimnis auffliegt, sorgt das nicht für ein Zerbrechen der schwesterlichen Beziehung, sondern für ein offenes Gespräch.

Dieses Grundvertrauen der beiden Schwestern zueinander fand ich wirklich wohltuend und mal eine angenehme Abwechslung zu all den schwierigen Geschwisterverhältnissen in den diversen Jugendbüchern. Ich muss aber auch zugeben, dass die anderen Charaktere neben Evie und Kate ein bisschen verblassen, auch wenn die beiden Schwestern im Laufe der Geschichte neue Freundschaften (und mehr) finden. Aber neben den unheimlichen Ereignissen, mit denen Evie und Kate zu kämpfen haben, und den übernatürlichen Elementen, die sie neu kennenlernen, ist das auch kein Wunder. Insgesamt ist der Roman eine gute Mischung aus temporeichen und heimeligen Szenen, und es gibt darin so einige Elemente, die an „Buffy“ erinnern – und das nicht nur, weil immer wieder Bezug auf die Serie genommen wird. Mir hat es Spaß gemacht mitzuerleben, wie Evie und Kate sich im Laufe der Geschichte verändern und wie sie trotz allem, was sie durchmachen, die ganze Zeit füreinander da sind und sich gegenseitig beschützen wollen. Ich glaube, das war das erste Mal, dass ich einen fantastischen YA-Roman gelesen habe, bei dem der Schwerpunkt nicht auf einer romantischen Beziehung (die es allerdings auch gibt) lag, sondern auf dem Verhältnis zweier Schwestern zueinander, aber ich habe genau das sehr genossen.

Angela Slatter: Vigil (Verity Fassbinder 1)

Um die Verity-Fassbinder-Trilogie von Angela Slatter bin ich schon länger herumgeschlichen, und nachdem ich vor kurzem große Lust auf Urban Fantasy hatte, habe ich zu „Vigil“ gegriffen. Die Geschichte wird aus der Perspektive von Verity Fassbinder erzählt, einer Frau, die zur Hälfte „Normal“ und zur Hälfte „Weyrd“ ist – genau genommen war ihr Vater Grigor ein sogenannter „Kinderfresser“, und auch wenn sie keine seiner Verwandlungsfähigkeiten geerbt hat, so ist Verity doch ganz besonders stark. Außerdem hat sie das Gefühl, sie müsse die Verbrechen ihres Vaters wieder gutmachen, da dieser nicht nur (normale) Kinder tötete, sondern sich auch noch dabei erwischen ließ und somit die Existenz der Weyrd in Gefahr brachte. So arbeitet Verity als eine Art private Ermittlerin für die Weyrd, wobei ihr Hauptauftraggeber der Rat ist, der dafür sorgt, dass all die verschiedenen übernatürlichen Wesen sich zumindest an ein paar Grundregeln halten.

Ich muss zugeben, dass ich – obwohl mir „Vigil“ grundsätzlich sehr gut gefallen hat – ein paar Probleme mit dem Roman hatte. Zum einen jongliert Verity von Anfang an mit einem ganzen Haufen Fälle. Sie muss ermitteln, wer illegalen Wein anbietet, der aus den Tränen von (dabei getöteten) Kindern hergestellt wurde, sie muss einen (oder mehrere) Mörder finden, der Sirenen vernichtet, sie bekommt den Auftrag, einen verschwundenen jungen Mann zu suchen, und dann gibt es da noch eine unheimliche Wesenheit, der mehrere Personen in den Straßen von Brisbane zum Opfer fallen. All diese vielen verschiedenen Fälle laufen parallel, und dazu gibt es noch so einige Altlasten, mit denen Verity fertigwerden muss, wie zum Beispiel eine Verletzung, die sie sich bei ihrem letzten Auftrag zugezogen hat. Das alles ist ganz schön viel auf einmal, vor allem, da nebenbei noch von der Autorin die Urban-Fantasy-Welt vorgestellt wird, in der Verity lebt, sowie Veritys eigene Vergangenheit und welchen Einfluss ihr Vater (und seine Verbrechen) auf ihr heutiges Leben haben.

Trotz dieser Masse an Handlungselementen und vieler wirklich eindrucksvoll und atmosphärisch geschriebener Passagen hatte ich aber immer wieder das Gefühl, dass die Spannung nachlassen und sich die Geschichte stellenweise sogar etwas dahinschleppen würde. Erst nach Beenden des Romans fiel mir auf, dass es sich angefühlt hat, als ob die Autorin an einige Handlungsstränge herangegangen wäre, als ob es sich dabei um Kurzgeschichten handeln würde. Dazu sollte ich vielleicht erwähnen, dass Angela Slatter ihre Karriere mit ziemlich erfolgreichen Kurzgeschichten begonnen hat und „Vigil“ der erste Roman ist, den sie allein geschrieben hat. Diese „Kurzgeschichten“ innerhalb des Romans fand ich sehr überzeugend erzählt, und sie waren voller Elemente, die ich nachts mit in meine Träume genommen habe, aber zwischen diesen wirklich coolen Passagen gab es eben auch immer wieder Übergänge, die mich nicht so überzeugen konnten und die ein bisschen „zusammengebastelt“ wirkten. Vor allem in der ersten Hälfte des Romans fand ich das wirklich auffällig, während ich das letzte Drittel – vielleicht auch weil sich dort die diversen Handlungsstränge endlich zusammenfügten – deutlich besser lesbar fand.

Von diesen etwas zähen Übergängen abgesehen hatte ich aber viel Spaß mit „Vigil“. Angela Slatters Urban-Fantasy-Geschichte spielt nicht nur in einer (für mich) ungewöhnlichen Stadt, was dazu führte, dass ich all die Details rund um Brisbane sehr genossen habe, sondern die Autorin verwendet auch wirklich viele fantastische Wesen auf eine erfrischend andere Art und Weise. Ich mochte die drei Nornen (und ihr Café), ich fand die Details rund um die Sirenen spannend zu lesen, und ich habe große Lust, noch mehr Zeit in Veritys fantastischer Variante von Brisbane zu verbringen. Angela Slatter hat sich für ihre übernatürlichen Wesen eindeutig von den düstereren Seiten der diversen Märchen und Mythologien inspirieren lassen und schafft es trotzdem (oder gerade deshalb?) hervorragend, all diese Figuren in unsere moderne Welt zu transportieren und dort ihre ganz eigenen Nischen finden zu lassen. Dazu kommt, dass Verity die Art von Kick-Ass-Heldin ist, von der ich gerne lesen, und dass der „romantische Anteil“ der Geschichte so gar nicht „sexy“ oder romantisch ist, sondern daraus besteht, dass die Protagonistin einen wirklich netten Mann kennenlernt, mit dem sie sich stundenlang unterhalten kann. Dass es in dieser sich anbahnenden Beziehung – trotz all der Probleme, die Veritys Leben mit sich bringt – so gar kein Drama gibt, fand ich wunderbar erholsam und wirklich schön zu lesen. Insgesamt fühlte ich mich mit diesem Auftaktband der Reihe gut genug unterhalten, dass ich mir direkt im Anschluss die Fortsetzung „Corpselight“ besorgt habe (weshalb ich sagen kann, dass sich dieser Teil dann auch von Anfang an flüssiger lesen lässt).

Mur Lafferty: The Shambling Guide to New York City (The Shambling Guide 1)

In den letzten Wochen habe ich so einige „nette“ Romane gelesen, die noch auf meinem eReader schlummerten (oder von mir spontan heruntergeladen wurden 😉 ). „The Shambling Guide to New York City“ von Mur Lafferty gehört definitiv in die Kategorie „nette Romane“ und hat mich gut unterhalten. Die Protagonistin Zoë Jennifer Norris sucht zu Beginn der Geschichte dringend einen neuen Job, nachdem sie ihren letzte Arbeitgeber wegen persönlicher Differenzen (vor allem mit der Ehefrau ihres Vorgesetzten) verlassen musste. Da Zoë sich als Autorin und Redakteurin auf Reiseführer für Städtereisen spezialisiert hat, ist sie hingerissen, als sie bei einem Ausflug in New York in einer seltsamen kleinen Buchhandlung über einen Aushang stolpert, in dem ein neu gegründeter Reisebuch-Verlag jemanden mit ihren Erfahrungen sucht. Doch obwohl Zoë sich sicher ist, dass sie ein Glücksfall für Underground Publishing sein müsste, will der Verlagsinhaber Phillip Rand ihre Bewerbung nicht einmal annehmen. Erst als deutlich wird, dass Zoë nicht so schnell aufgeben wird, kommt es zu einem Vorstellungsgespräch, bei dem sie herausfindet, dass der Verlag von Monstern Cotterie geführt wird.

Nachdem sie den ersten Schock darüber überwunden hat, dass es Vampire, Zombies, Todes-Göttinnen und ähnliche übernatürlich Wesen (allgemein als Cotterie bezeichnet) wirklich gibt, beschließt Zoë, dass die Arbeit für Underground Publishing eine Herausforderung darstellt, die sie wirklich reizt. Allerdings ist es nicht ganz einfach für sie, in einer solchen Umgebung Fuß zu fassen, vor allem, da es unter den Kolleg*innen nicht wenige gibt, die sich von Menschen ernähren. Ich fand es sehr unterhaltsam zu lesen, wie Zoë mehr über diese – ihr bislang vollkommen unbekannte – Parallelgesellschaft der Cotterie erfährt und wie sie sich bei jeder Begegnung mit einer neuen Spezies Gedanken um Etikette macht. Auch war es nett zu verfolgen, wie sie sich mit zwei Kolleginnen anfreundet, während andere Mitarbeiter sie vor größere Herausforderungen gestellt haben. Allerdings muss ich zugeben, dass ich mich nach ca. 100 Seiten fragte, worauf die Autorin mit ihrer Geschichte eigentlich hinauswill, weil ich das Gefühl hatte, dass so langsam etwas passieren müsste. Ein Kapitel später war es dann auch so weit und Zoë begegnet ihrem neuen Kollegen Wesley, der nicht nur ein Konstrukt (in diesem Fall ein aus Leichenteilen zusammengesetztes Wesen) ist, sondern der auch eine Verbindung zu Zoës Vergangenheit hat. Ab diesem Moment nimmt die Handlung etwas mehr Fahrt auf, auch wenn ich sie insgesamt immer noch recht gemütlich zu lesen fand.

Vor allem lebt die Geschichte von „The Shambling Guide to New York City“ von all den größeren und kleineren Begegnungen, die Zoë mit den verschiedenen Cotterie-Varianten hat. Häufig überschätzt die Frau ihr angelesenes Wissen über die verschiedenen Kreaturen, was zu amüsanten Momenten führt, dann wieder trifft sie auf Cotterie, von denen sie vorher noch nie etwas gehört hat und bei denen die Protagonistin sich unsicher ist, wie sie sich verhalten muss, um heil aus der Situation herauszukommen. Dazu kommen all die verschiedenen Nebencharaktere, die mir wirklich viel Spaß gemacht haben, wie Zoës Kolleg*innen oder die alte Granny Good Mae, die Zoë in Selbstverteidigung unterrichtet. Mur Lafferty hat wirklich viele ungewöhnliche Ideen in ihren Roman gepackt, so dass ich immer wieder über überraschende neue Elemente in ihrer Version von New York stolpern konnte. Dazu kommen dann noch all die kleinen Einträge aus dem Reiseführer, an dem Zoë die ganze Zeit arbeitet, die noch weitere Details zu dieser Urban-Fantasy-Welt zufügen. Ich fand es nett, von den alltäglichen Problemen der Cotterie zu lesen, wenn es um die Nahrungsbeschaffung oder Übernachtungsoptionen auf Reisen geht, muss aber auch zugeben, dass all diese Elemente eben auch dazu geführt haben, dass der Roman stellenweise etwas zu gemächlich dahinplätscherte. Wer also eine eher gemütliche Urban-Fantasy-Geschichte mit amüsanten Städteführer-Auszügen sucht, hat mit „The Shambling Guide to New York City“ den passenden Roman gefunden. Wer lieber etwas mit mehr Action liest, sollte definitiv zu einem anderen Buch greifen.

Lisa Shearin: The Grendel Affair (SPI Files 1)

Ich muss zugeben, dass ich „The Grendel Affair“ von Lisa Shearin vor allem rezensiere, um bei der Masse der „netten“ Urban-Fantasy-Romane, die ich so lese, den Überblick zu behalten. „The Grendel Affair“ ist der erste Band einer (aktuell) achtteiligen Reihe, deren Handlung aus der Sicht von Makenna (Mac) Fraser erzählt wird. In „The Grendel Affair“ arbeitet Mac seit gerade mal einigen Wochen für das SPI (Supernatural Protection & Investigations), wobei sie bei ihrer Arbeit ihre angeborenen Fähigkeiten als Seherin einsetzt – was bedeutet, dass sie in der Lage ist, jegliche magische Tarnung zu durchschauen und die wahre Gestalt einer Kreatur zu sehen. Die Handlung in dem Auftaktband der Reihe beginnt kurz vor Silvester, als Mac sich nach der Arbeit aufmacht, um ihrem Freund Ollie einen Gefallen zu tun. Eigentlich ist Ollie eher ihr Informant als ein Freund, denn der Kuriositätenhändler bekommt von seinen nichtmenschlichen Kunden so einige Details mit. Doch an diesem Abend geht es Mac darum, einen Bavarian Nachtgnome zu fangen, der sich in Ollies Laden eingenistet hat. Als Seherin gehört sie zwar nicht zu den aktiven Kampfeinheiten des SPI, aber sie ist sich sicher, dass sie mit einem Nachtgnome schon fertig wird – zumindest ist sie das, bis sie über die Leiche eines unbekannten Mannes stolpert.

Der Tote wurde eindeutig nicht von einem Menschen getötet, sondern von einem Monster, das stark genug war, um der Leiche Gliedmaßen auszureißen. Es hat zudem eine Kralle am Tatort zurückgelassen, die den Verdacht nahelegt, dass es wirklich riesig ist. Im Laufe der Ermittlungen findet das SPI heraus, dass eine Gruppe von übernatürlichen Wesen vorhat, während des Silvester-Countdowns am Times Square einen Angriff durchzuführen, der die Existenz übernatürlicher Wesen enthüllen und die Menschheit einschüchtern soll. Mehr zur Handlung muss ich hier eigentlich nicht schreiben, denn so komplex ist sie nicht, dass mehr Details notwendig wären. Was mir bei „The Grendel Affair“ gut gefallen hat, war, dass sich die Geschichte leicht und fluffig lesen ließ. Es gibt immer wieder humorvolle Momente – gerade in den Gefahrensituationen – ohne dass ich das als zu Slapstick-haft oder abwegig empfunden hätte. Mac ist zwar mit dem Wissen aufgewachsen, dass es übernatürliche Wesen gibt, und ihre Polizistenfamilie übernimmt in ihrer kleinen Stadt im Prinzip ähnliche Aufgaben wie das SPI, aber sie selbst ist – wie sie schnell genug feststellen muss – keine Kämpferin.

So gern ich Kick-Ass-Heldinnen lese, so mochte ich es doch besonders, dass Mac eben alles andere als eine erfahrene Kämpferin ist (auch wenn sie ihre Fähigkeiten mit einer Schusswaffe anfangs noch höher einschätzt, als sie sind). Sie ist eine Frau, deren Stärken ihre Recherche- und Seherinnen-Fähigkeiten sind, und das führt dazu, dass Mac in all den Kampf- und Gefahrensituationen vor allem versucht, nicht im Zentrum des Geschehens zu landen, um dort den erfahrenen Kämpfern nicht im Weg zu stehen. Natürlich kann es in solch einem Urban-Fantasy-Roman nicht sein, dass die Protagonistin keinerlei Gefahren erlebt, aber oft genug übersteht Mac diese nur, weil sie entweder durch ihr eigenes Ungeschick oder durch das Eingreifen ihrer Kollegen gerettet wird. Wobei die Momente, in denen Mac tollpatschig ist, meiner Meinung nach von Lisa Shearin so geschrieben wurden, dass sie sich überraschend realistisch lesen, statt mir das Gefühl zu vermitteln, dass die Autorin verzweifelt eine Lösung für eine Situation gesucht hätte oder noch irgendwie humorvoll hätte sein wollen. Insgesamt fand ich es zur Abwechslung wirklich angenehm, dass Mac in vielen Bereichen eine so untypische Protagonistin für einen Urban-Fantasy-Roman war. Außerdem mochte ich die lockere Erzählweise und die humorvollen Szenen, die mich zwar selten überrascht haben, aber dafür sorgten, dass ich mich wirklich gut unterhalten gefühlt habe. Ich werde die Serie auf jeden Fall im Hinterkopf behalten für den Tag, an dem ich mal wieder Lust auf etwas leichtere Urban-Fantasy-Romane habe.

Lish McBride: A Little Too Familiar (Uncanny Romance 1)

„A Little Too Familiar“ von Lish McBride habe ich schon vor einigen Wochen gelesen, aber da ich in meiner Twitter-Timeline regelmäßig über Empfehlungen des Romans als „Wohlfühlbuch“ stolpere, wollte ich doch noch etwas zu dem Titel schreiben. Die Handlung wird aus der Sicht von Lou und Declan erzählt. Lou (eigentlich Louise) ist ein animal mage und darauf spezialisiert, die Verbindung zwischen Familiar und Menschen zu stärken. Declan hingegen ist ein Werwolf und sucht zu Beginn der Geschichte eine Neuanfang, nachdem sich seine Freundin Sidney und seine kleine Schwester Zoey ineinander verliebt haben. Damit die beiden Frauen ohne schlechtes Gewissen miteinander leben können, beschließt Declan, von Portland nach Seattle in die Wohngemeinschaft von seinem Freund Trick zu ziehen. Tricks WG besteht aus einem bunten Haufen von Personen, zu denen neben Lou auch noch ihre beste Freundin Van(essa) und deren Schwester Juliet mit ihrer kleinen Tochter gehören. Außerdem gibt es einige Freunde wie zum Beispiel den Minotaurus Jim, die eigentlich täglich in der WG vorbeischauen.

Es gibt wirklich sehr, sehr viele Szenen in diesem Roman, die einen wunderbar warmherzigen, aufmerksamen und liebevollen Umgang der verschiedenen WG-Mitbewohner miteinander zeigen. Und auch mit Lous Familie gibt es sehr viele amüsante Szenen, die zeigen, dass diese Personen einander mögen und jederzeit unterstützen, was wunderschön zu lesen ist. Trotzdem habe ich ein Problem damit, „A Little to Familiar“ uneingeschränkt als Wohlfühlbuch zu bezeichnen, da es so einige Elemente in der Geschichte gibt, die alles andere als gemütlich sind. Declan zum Beispiel hat als Kind in einem sektenähnlichem Umfeld gelebt und dort physischen und psychischen Missbrauch erfahren, der bis heute sein Leben prägt. Das führt dazu, dass er, als er zum ersten Mal in der WG auf Lou trifft, eine Panikattacke erleidet. Die Tatsache, dass Lou ein animal mage ist, weckt bei dem Werwolf Ängste, mit denen er kaum fertig werden kann, und das ist wirklich schmerzhaft zu lesen. Auch das familiäre Umfeld von Van und Juliet ist nicht gerade liebevoll und beeinflusst immer wieder das Leben dieser Figuren, außerdem gibt es am Ende des Romans eine ziemlich blutige Schlacht zwischen einer Gruppe, die eine Person aus der WG entführt hat, und den restlichen WG-Mitbewohnern und ihren Freunden und Familienmitgliedern.

Ich persönlich mochte diese Mischung aus „klassischen Urban-Fantasy-Elementen“ und den wunderbar wohltuenden und gemütlichen Szenen rund um die WG-Mitglieder. Ich fand es wirklich süß zu verfolgen, wie Lou und Declan damit umzugehen versuchen, dass sie sich auf der einen Seite zueinander hingezogen fühlen und dass er auf der anderen Seite Panikattacken bekommt, wenn er an ihre Magie denkt. Außerdem gibt es wirklich sehr viele überaus amüsante Szenen in dem Roman, wenn zum Beispiel Declan als Alphawolf dafür sorgt, dass seine WG-Mitglieder gut versorgt sind (was in diesem Fall auch bedeutet, dass er den halben Tag in der Küche steht, damit all seine „Rudel-Mitglieder“ sich gut ernähren) oder die Momente, in denen Lou sich mit Tauben streitet oder mit den Besitzern von Familiars auseinandersetzen muss. Für mich funktionierte dieser Gegensatz aus traumatischer Vergangenheit/aktueller Bedrohung und all den vielen kleinen amüsanten und/oder wohltuenden Szenen sehr gut, und ich freue mich jetzt schon darauf, irgendwann eine Fortsetzung zu lesen, in der vermutlich ein anderes WG-Mitglied im Mittelpunkt stehen wird. Aber ich würde „A Little Too Familiar“ nicht ohne Warnung bezüglich der Passagen, die eben nicht so gemütlich zu lesen sind, weiterempfehlen wollen, weshalb ich wirklich sauer bin, dass dieser Roman ohne weiteren Hinweis als „Wohlfühlbuch“ empfohlen wird.

Skyla Dawn Cameron: Livi Talbot 1-3

Nachdem ich in letzter Zeit so viele fantastische Kinder- und Jugendbücher gelesen habe, hatte ich in den vergangen Tagen spontan Lust auf Urban Fantasy. Aber so richtig konnten mich meine schon gelesenen Reihen nicht reizen, und bei den ungelesenen Titeln auf meinem eReader ging es mir ähnlich, bis ich bei „Solomon’s Seal“, dem ersten Livi-Talbot-Roman von Skyla Dawn Cameron, landete. In der Zwischenzeit habe ich nicht nur den zweiten und dritten Band der Reihe („Odin’s Spear“ und „The Emperor’s Tomb“) gelesen, die beide ebenfalls schon auf meinem eReader schlummerten, sondern mir auch den Band 2.5 („Ashford’s Ghost“) gekauft, damit ich den am chronologisch passenden Punkt der Reihe lesen konnte. Die Geschichten drehen sich um Olivia „Livi“ Talbot, die mit 17 von ihrem (einfluss)reichen Vater aus dem Haus geworfen wurde, nachdem sie schwanger geworden war. Ein paar Jahre hat sie sich und ihre Tochter mit Jobs als Kellnerin durchgebracht, bis ihr Bruder Martin – ein anerkannter Archäologe – sie engagierte, um Zutritt zu dem Haus einer ehemaligen Schulkameradin von Livi zu bekommen, wo er ein ungewöhnliches archäologisches Fundstück vermutete.

Dies war Livis erste Berührung mit magischen Artefakten, die aktiviert wurden, als es vor einigen Jahren einen weltweiten „Pulse“ gab. Seitdem verdient sie ihren Lebensunterhalt als Schatzjägerin, die aus den entlegensten Regionen der Welt (oder auch dem einen oder anderem nicht so entlegenem Museum) Artefakte für ihre Auftraggeber besorgt. Die Arbeit ist gefährlich und wenig vorhersehbar, und genau das gefällt Livi, die von sich behauptet, ein Adrenalin-Junkie zu sein. Möglich sind diese Jobs, weil sich während ihre Abwesenheit ihre Mitbewohnerin Pru um Livis Tochter kümmert, während Livis Bruder Martin einer der größten Gefahrenpunkte für ihr Leben geworden ist, weil er keine Hemmungen hat, sie bei ihren Aufträgen mit radikalen Mitteln aufzuhalten oder gar ihre Beute an sich zu bringen. Ein weiteres Problem sind häufig Livis Auftraggeber, die nicht gerade zu den vertrauenswürdigsten Personen gehören – ein Punkt, mit dem sie sich im Laufe der Zeit immer wieder auseinandersetzen muss und der auch für einige Weiterentwicklungen ihres Charakters sorgt.

Ich mochte beim Lesen diese Schatzjäger-Lara-Croft-Elemente sehr, vor allem da es Skyla Dawn Cameron gelingt, die körperlichen Herausforderungen, die zum Beispiel das Erkunden oder Ertauchen von Höhlen, das Bergsteigen auf verschneiten Gipfeln und dergleichen mit sich bringen, sehr realistisch zu beschreiben. So gibt es immer wieder Passagen, in denen Livi ihre Ausrüstung überprüft, in denen erklärt wird, worauf zu achten ist, wenn eine Person längere Zeit in tiefer Dunkelheit unterwegs ist und welche Orientierungslosigkeit das mit sich bringen kann. Dazu kommen noch all die fantastischen Elemente, die in der allgemeinen Welt, in der Livi lebt, gar keine so große Rolle spielen, die aber bei ihren Aufträgen einen großen Einfluss auf ihr Überleben haben können. So begegnet sie ungewöhnlichen (oder als verstorben geltenden) Tieren ebenso wie zum Beispiel Gestaltwandlern oder einem Dschinn, und ich muss zugeben, dass mich die Autorin hier immer wieder überraschend konnte, was beim Lesen viel Spaß gemacht hat.

Noch ein Punkt, der mir wirklich viel Freude bereitet hat, war, dass Skyla Dawn Cameron bei Livis Abenteuern nicht nur das Erreichen das Ziels, sondern auch immer den Rückweg im Auge hatte. Das ist etwas, was ich bei „Abenteuerfilmen“ oft schrecklich nervig finde, wenn die Charaktere Dutzende Hinternisse überwinden müssen, um ihren „Schatz“ zu finden, der Heimweg aber am Ende gar kein Thema ist, obwohl die Figuren auf ihrem Hinweg alles in Schutt und Asche gelegt haben. Bei den Livi-Talbot-Romanen hingegen steht von Anfang an fest, dass jede eingestürzte Höhle, jede aktivierte Falle, jedes fantastische Wesen, an dem sie sich mit Mühe und Not vorbeischleichen konnte, auf dem Rückweg ein Problem darstellt, das bewältigt werden muss. Es reicht nicht, ein gesuchtes Artefakt in die Hände zu bekommen, sie muss es auch schaffen, heil mit ihrem Schatz wieder nach Hause zu kommen – und das ist manchmal der richtig herausfordernde Teil ihres Jobs.

Der einzige Grund, warum ich mir noch nicht die restlichen drei bislang erschienenen Romane der Reihe angeschafft habe, ist, dass in den Klappentexten zu den kommenden Bänden Punkte erwähnt werden, die ich nicht so gerne lese. (Ganz ehrlich, sag mir, dass die Protagonistin betrogen/verraten wird oder einen großen Verlust erleidet und schon habe ich keine Lust mehr auf die Geschichte …) Auf der anderen Seite hat Skyla Dawn Cameron in den bislang von mir gelesenen Teilen jedes Mal nach ca. einem Drittel der Handlung etwas eingebaut, das mich zumindest bei den ersten beiden Bänden fast dazu gebracht hätte, die Lektüre abzubrechen, was sie dann aber so gedreht hat, dass mir die Geschichte am Ende wirklich Spaß gemacht hat. Außerdem mag ich die Figuren rund um Livi und ihre Hintergründe (ich muss nur ignorieren, dass Zeit in diesen Büchern etwas flexibler gehandhabt wird, was es z.B. Livi ermöglich hat, sich in gerade mal vier Jahren von einer misshandelten Kellnerin in eine weltberühmte Schatzjägerin und Höhlenexpertin zu verwandeln 😉 ) und ich wüsste gern, wie es für die Charaktere in Zukunft weitergeht.

Lana Harper: Payback’s a Witch (The Witches of Thistle Grove 1)

Anfang des Jahres war „Payback’s a Witch“ von Lana Harper meine „in kleinen Häppchen lesbare und sehr nette Wohlfühlgeschichte“, zu der ich gegriffen habe, wenn ich weder Zeit noch Konzentration genug für eines meiner anderen Bücher hatte. Dabei dachte ich, als ich den Roman anfing, dass eine (amüsante) Rache-Geschichte mich gewiss genügend fesseln würde, um mal etwas länger bei einem Buch zu bleiben. Doch obwohl die Ausgangssituation in „Payback’s a Witch“ ist, dass die drei Hexen Emmy Harlow, Linden Thorn und Talia Avramov sich an dem Mann rächen wollen, der sie alle drei verletzt hat, geht es weniger um dieses Thema als um Freundschaft, Familie und die Suche nach einem eigenen Platz im Leben. Dazu kommt, dass Lana Harper sich sehr viel Zeit lässt, um Emmys Situation und ihr Verhältnis zu den verschiedenen Charakteren zu erklären, so dass der Roman – gerade im Mittelteil – ein bisschen vor sich hinplätschert.

Emmy, Linden und Talia sind – ebenso wie Gareth Blackmoore – Angehörige der Gründungsfamilien von Thistle Grove, einem kleinen Ort voller Magie, der vor über dreihundert Jahren als Zuflucht für Hexen gegründet wurde. Während die Familie Blackmoore für ihren beeindruckenden (und furchterregenden) Umgang mit den Elementen bekannt ist, die Familie Thorn sich auf den Umgang mit Pflanzen und Tieren spezialisiert hat und die Avramovs Geister beschwören, sind die Harlows so etwas wie … Stadtschreiber, Archivare und diejenigen, die aufpassen, dass die Regeln eingehalten werden. Was bedeutet, dass sie über keine nennenswerte Magie verfügen, was Emmy ihr gesamtes Leben lang Minderwertigkeitskomplexe eingeflößt hat. Diese Minderwertigkeitskomplexe haben zusammen mit dem schrecklichen Ende ihrer Beziehung zu Gareth Blackmoore dazu geführt, dass sie nach dem Abschluss der High School den Ort verlassen hat und – bis zu Beginn der Geschichte – nicht wieder zurückgekehrt ist. Dabei verliert eine Hexe, die Thistle Grove für längere Zeit den Rücken kehrt, die Fähigkeit, Magie zu wirken.

Doch nun ist es Zeit für den alle hundert Jahre stattfindenden Wettbewerb, in dem die Blackmoores, Thorns und Avramovs darum streiten, welche der Familien für die kommenden hundert Jahren den Ton im Ort angeben wird, und in dem die Erbin der Harlows als Schiedsrichterin anwesen sein muss. Da Emmy als Schiedsrichterin bei diesem Wettbewerb fungiert, ist es natürlich besonders brisant, dass sie bereit ist, sich mit Linden, die auch nach all den Jahren in unterschiedlichen Städten immer noch ihre beste Freundin ist, und Talia, die Emmy schon in der High School sehr attraktiv fand, zusammenzutun, um sich an Gareth zu rächen. Aber da Lana Harper die Magie in Thistle Grove dafür sorgen lässt, dass Emmy ihre Position getreu ausüben muss, und sämtliche Regelbeugungen nur die Tatsache ausnutzen, dass sich zuvor keine Familien zusammengetan haben, um gegen einen gemeinsamen Gegner anzutreten, konnte ich gut damit leben. Diese Art von „magischer Kontrollinstanz“, ebenso wie einige andere „übernatürliche Elemente“ kamen mir zwar nicht gerade ausreichend durchdacht vor, aber die kleinen Ungereimtheiten in diesem Teil der Geschichte haben mich nicht gestört, weil ich einfach all die vielen netten Szenen, in denen die Charaktere miteinander interagierten so sehr genossen habe.

Denn – wie schon gesagt – es geht in „Payback’s a Witch“ weniger um Magie und Rache als darum, dass Emmy sich mit den Dingen auseinandersetzen muss, vor denen sie durch ihr Verlassen der Stadt geflohen ist. Sie ist alt genug, um ihr Leben nicht mehr von einem schrecklichen Ex-Freund bestimmen zu lassen, sondern all die Gefühle aufzuarbeiten, die das Ende ihrer Beziehung mit Gareth in ihr ausgelöst haben. Und sie ist erwachsen genug, um sich einzugestehen, dass sie mit ihren Handlungen ihre Familie und ihre Freunde nicht weniger verletzt hat, als Gareth es damals mit ihr getan hat. Ich mochte es sehr, dass es Emmy zwar nicht gefällt, sich mit ihren Gefühlen, ihrer Vergangenheit und ihrem Verhalten auseinanderzusetzen, aber dass sie trotzdem nicht davor zurückscheut. Es gibt in dieser Geschichte keinen Moment, in dem sie wütend davonstürmt, wenn ihr jemand sagt, dass ihr Verhalten nicht in Ordnung war. Im „schlimmsten“ Fall benötigt sie etwas Zeit und eine Person, die ihr hilft, eine andere Perspektive einzunehmen – und wenn das passiert ist, dann geht Emmy los und versucht, die Angelegenheit (so weit es geht) wieder in Ordnung zu bringen.

Auch ihre – sich sehr langsam entwickelnde – Beziehung zu Talia läuft nach diesem Schema ab. Beide Frauen kennen sich seit ihrer Kindheit und müssen doch feststellen, dass sie eigentlich nur eine Vorstellung von der andere Person haben, statt sie wirklich zu kennen. So gibt es einige Szenen, in denen sich Emmy und Talia Zeit lassen, um herauszufinden, was ihrem Gegenüber durch den Kopf geht und welche Wünsche und Bedürfnisse die andere Frau hat. Und natürlich steht die Frage im Raum, wie eine Beziehung zwischen ihnen funktionieren könnte, obwohl Emmy wild entschlossen ist, nach dem Wettbewerb Thistle Grove wieder zu verlassen, während Talia sich nicht vorstellen kann, je ihre Familie hinter sich zu lassen. Ich mochte dabei sehr, dass es bei dieser Beziehung – trotz einer vorhandenen körperlichen Anziehung zwischen diesen beiden Charakteren – vor allem um den Aufbau einer Freundschaft ging. Die Autorin sagt im Nachwort, dass das Schreiben dieser Geschichte für sie eine Zuflucht, ein sicherer Hafen in einem schrecklichen und schwierigen Jahr war, und ich muss zugeben, dass der Roman dieselbe Funktion für mich erfüllt hat – zumindest nachdem ich verstanden hatte, dass die „Rache-Geschichte“ nur ein Aufhänger für all die anderen wohltuenden Elemente in der Handlung war.

Lydia M. Hawke: Becoming Crone (Crone Wars 1)

Ich bin gerade wirklich mäkelig, wenn es ums Lesen geht, aber „Becoming Crone“ von Lydia M. Hawke hat mich in der letzten Woche überraschend gut unterhalten. Die Geschichte beginnt mit dem sechzigsten Geburtstag von Claire Emerson und fühlt sich anfangs nach einem dieser Frauenromane an, bei denen die Protagonistin (normalerweise mit Anfang 40) vor den Scherben ihres durchgeplanten und – bislang irgendwie – erfolgreichen Lebens wiederfindet. Claire ist vor sechs Monaten geschieden worden, ihr Sohn hat schon vor einigen Jahren eine eigene Familie gegründet, und ihr geht so langsam auf, dass sie immer ihre eigenen Bedürfnisse für andere zurückgesteckt hat. Sie ist frustriert und gelangweilt und sehnt sich nach einer erfüllenden Aufgabe, hat aber keine Ahnung, wie solche eine Aufgabe aussehen könnte.

Wenn das alles gewesen wäre, hätte mich die Autorin nicht dazu gebracht, nach der Leseprobe spontan das Buch zu kaufen. Aber da von Anfang an feststeht, dass Claires Leben mit einem kräftigen Schuss Magie in Aufruhr gebracht wird, habe ich gespannt und amüsiert verfolgt, wie die Protagonistin mit der Tatsache fertigwerden muss, dass sie eine Hexe ist. Genau genommen ist sie eine „Crone“, was bedeutet, dass sie eine führende Position im Kampf gegen eine Gruppe von Magiern einnehmen sollte. Und eigentlich hätte sie in den vergangenen Jahrzehnten genügend Wissen und Können rund um ihre Magie sammeln sollen, um ihre neue Rolle angemessen ausfüllen zu können. So aber sieht sich Claire mit ihren sechzig Jahren gezwungen, nicht nur damit fertigzuwerden, dass es Magie wirklich gibt und sie eine Menge dazu zu lernen hat, sondern auch damit, dass einige Magier und ihre Monster es auf sie (und ihre Familie) abgesehen haben.

Die Handlung ist nicht gerade komplex (was bei gerade mal 200 Seiten kein Wunder ist), aber es gab so viele Elemente, die ich an der Geschichte mochte, dass mich das definitiv nicht gestört hat. Ich finde es großartig, dass die Protagonistin eine sechzigjährige Frau mit all den dementsprechenden Wehwechen ist und dass sie z.B. das Grimoire, das ihr mehr über Magie und die Geschichte der Crone beibringen soll, nicht entziffern kann, wenn sie keine Lesebrille bei der Hand hat. Ich mochte es, dass Claire nicht alles nur schwarz oder weiß sieht und dass sie sich Stück für Stück an die Magie gewöhnt, statt diese anfangs vollkommen abzulehnen und dann hundertprozentig von ihrer Existenz überzeugt zu sein. Auch gefiel es mir, dass natürlich in der Geschichte so einiges schiefläuft, weil eine Hexe ohne jegliche Übung nun einmal nicht erfahren genug ist, um mit der Macht der Crone umzugehen, die Claire an ihrem Geburtstag verliehen wurde.

Dazu kommen noch all die wunderbaren Nebencharaktere wie Claires beste Freundin Edie, die Gargoyle-Dame Keven, Claires Gestaltwandler-Beschützer Lucan oder die Polizistin Kate. Ich habe die Interaktionen der verschiedenen Figuren mit Claire sehr genossen, weil in den Gesprächen häufig gegenseitiges Verständnis und Respekt mitschwingen, selbst wenn Claire regelmäßig unglücklich mit dem Ausgang dieser Unterhaltungen ist. Außerdem gibt es immer wieder amüsante kleine Elemente in der Handlung, die mich zum Schmunzeln gebracht haben, wie Edies Versuche, Claire zum Fluchen zu bewegen, oder die Reaktionen von Passanten, wenn Claire mit einem Wolf an der Leine durch die Stadt geht. All das führt dazu, dass „Becoming Crone“ sich – trotz der Bedrohung durch die Magier, die Kämpfe und der im Laufe der Geschichte getöteten Charaktere – nicht sehr düster und mehr nach „Wohlfühllektüre“ anfühlt. Ich finde es auf jeden Fall schön, dass dies erst der erste Band rund um Claire war und in einem halben Jahr der nächste Teil („The Gathering of Crones“) veröffentlicht wird.

C. Gockel: Wolves (I Bring the Fire 1)

Ich hatte im März die Anthologie „Once Upon A Curse“ gelesen und mochte die Kurzgeschichte „Magic After Midnight“, die C. Gockel in der Anthologie veröffentlicht hatte, unglaublich gern. Also habe ich nach weiteren Titeln der Autorin gesucht und festgestellt, dass die Sammelausgabe von „I Bring the Fire“ (Band 1-3 plus 3.5) schon seit einiger Zeit in der riesigen ungelesenen Datensammlung meines eReaders ruhte. Ich gestehe, dass meine Erwartungen nach dieser einen Kurzgeschichte hoch waren und dass sie von „Wolves“ … nicht so ganz erfüllt wurden. Genau genommen bin ich nach dem Lesen des letzten Satzes dieses kurzen Romans (252 Seiten) in schallendes Gelächter ausgebrochen, weil die Geschichte so absurd endet – oder besser gesagt „nicht endet“, da man diesen ersten Teil definitiv nicht so für sich stehen lassen kann. Da ich mir aber noch nicht sicher bin, ob ich die anderen Teile noch lesen mag, und gern meine Gedanken ein wenig (öffentlich) ordnen will, gibt es hier also eine Rezension zum ersten Band. Ich kann ja ein Postscriptum an den Beitrag anhängen, wenn ich noch mehr lesen sollte.

Die Handlung wird auf der einen Seite aus Sicht der Veterinärmedizin-Studentin Amy Lewis erzählt, die gemeinsam mit ihrem kleinen Hund Fenrir zu Beginn der Ferien mit dem Auto von der Universität zu ihrer Großmutter Beatrice nach Chicago fährt. Dort will sie den Sommer über genügend Geld verdienen, um das kommende Semester zu finanzieren. Auf der langen Strecke bekommt sie ein Problem mit ihrem Auto, und statt Glück zu haben und von einem anderen Fahrer Hilfe zu bekommen, wird sie von einem Serienmörder gefunden. Doch bevor etwas Schlimmes passieren kann, kommt Amy ein unbekannter Mann zur Hilfe, der sich als Thor Odinson vorstellt. Womit wir zur zweiten Perspektive in dieser Geschichte kommen, der von Thor Loki. Loki ist nach einem Vorfall, bei dem Odin Lokis Söhne wegen Verrats in die Leere (ich vermute, dass damit Ginnungagap gemeint sein sollte) werfen lassen wollte, durch einen irrgeleiteten Zweig des Weltenbaums auf der Erde gelandet. Dank glücklicher Umstände kann Loki so Amy vor dem Serienmörder retten und bekommt damit eine Begleiterin, die sich nicht nur in der aktuellen Welt auskennt, sondern auch bereit ist, ihm immer wieder bei allen möglichen Dingen zu helfen. Denn Loki muss nicht nur eine Zeitlang auf der Erde überleben, sondern er versucht natürlich auch, seine Söhne doch noch zu retten oder – wenn sein Rettungsversuch zu spät sein sollte – Rache an Odin zu nehmen.

Das ist die Ausgangssituation, und viel mehr passiert in der aktuellen Handlung eigentlich nicht, bis es zum „mehr als offenen“ Ende kommt. Amy und Loki fahren zu Amys Großmutter, unternehmen gemeinsam mit dieser einen Ausflug zu den Elfen und … das ist es irgendwie. Wobei ich zugeben muss, dass es so einige amüsante Momente mit Loki gab, der sich mit moderner Technologie herumschlägt, denn das letzte Mal war er während des ersten Weltkriegs auf der Erde. Amy selbst ist etwas farblos gestaltet, aber ich fand Amys Reaktion auf Magie und all die anderen Dinge, die für Loki selbstverständlich sind, unterhaltsam zu lesen. Außerdem ist Amys Großmutter Beatrice eine wunderbare Figur, von der ich gern noch mehr gesehen hätte, auch wenn ihre Szenen nicht so viel zum Voranschreiten der Handlung beigetragen haben. Was Loki angeht, so gibt es immer wieder Passagen, in denen er sich an Ereignisse in der Vergangenheit erinnert, und diese waren wirklich gut zu lesen. Die Autorin beweist hier eine ungewöhnliche Sicht auf bekannte nordische Mythen, bei denen die vertraute Basis durch Lokis Perspektive und all die anderen Dinge, die er über die beteiligten Personen zu sagen hat, einen ganz neuen Dreh bekommt. Diese „Neuerzählungen“ mochte ich wirklich gern, und ich glaube ehrlich gesagt, dass C. Gockel mit der „I bring the Fire“-Serie eigentlich auch nur einen Weg suchte, um ihre Loki-Geschichten in einen (verkaufbaren?) Urban-Fantasy-Roman einzuflechten, ohne dass sie sich wirklich eine Handlung für den UF-Teil des Ganzen ausgedacht hatte.

Außerdem fühlt sich „Wolves“ definitiv nicht nach einem abgeschlossener Roman an, auch wenn er als erster Band der Serie vermarktet und verkauft wird. Die Geschichte liest sich eher wie ein sehr langer (und stellenweise sogar wirklich unterhaltsamer) Prolog, und kaum hat die Autorin die Grundvoraussetzungen ihrer Welt und die aktuelle Position ihrer Figuren dem Leser dargelegt, endet das Buch, ohne dass man das Gefühl hat, es sei wirklich etwas passiert. Ich vermute vielmehr, dass man die ersten drei Bände am Stück lesen muss, um einen „abgeschlossenen ersten Teil“ gelesen zu haben, aber ich muss gestehen, dass mich nur die Tatsache, dass ich eh schon die beiden nächsten Teile (plus die anschließende Novella) habe, überhaupt darüber nachdenken lässt, weiterzulesen. Wenn ich mir den zweiten Band dafür kaufen müsste, würde ich einfach mit den Schultern zucken und zu einem anderen Buch weiterwandern, weil es mir diese Geschichte definitiv nicht wert wäre, dafür extra Geld auszugeben. So hingegen habe ich ja die Fortsetzungen schon, und auch wenn ich erschreckenderweise so gar nicht neugierig auf den weiteren Verlauf der Handlung bin, so argumentiert ein Teil von mir mit „aber es war ja schon irgendwie nett und stellenweise amüsant“ fürs Weiterlesen.

Rachel Caine: Working Stiff (Revivalist 1)

Bislang habe ich mich eigentlich mit allen Romanen, die ich von Rachel Caine gelesen habe, gut unterhalten gefühlt, aber „Working Stiff“ konnte mich nicht so recht überzeugen. Die Handlung dreht sich um Bryn Davis, die nach einigen Jahren in der US-Armee ihren ersten zivilen Job in einem Bestattungsinstitut antritt. Nach all der Zeit, in der sie mit Kriegsopfern zu tun hatte, weiß sie, dass sie mit Leichen ebensowenig wie mit Trauer ein Problem hat. Außerdem geht sie davon aus, dass die Beschäftigung in einem Bestattungsinstitut ihr einen ruhigen und langfristigen Arbeitsplatz sichern wird. Doch bedauerlicherweise betreibt ihr neuer Arbeitgeber Mr. Fairview ein kleines illegales Nebengeschäft, das dafür sorgt, dass Bryn gleich an ihrem ersten Arbeitstag getötet wird.

Grundsätzlich habe ich ja kein Problem mit toten Protagonistinnen, davon gibt es ja so einige in den diversen Urban-Fantasy-Romanen, aber hier ist nicht Magie die Ursache für Bryns weitere Existenz, sondern eine Chemikalie mit dem Namen „Returné“, die ihren Körper weiterhin „normal“ funktionieren lässt, solange sie einmal am Tag damit versorgt wird. Doch um weiterhin Zugang zu Returné zu haben, muss Bryn für die herstellende Pharmafirma herausfinden, wer Mr. Fairview illegal mit der Chemikalie versorgt und welche seiner Kunden der Bestattungsunternehmer damit behandelt hat. Dieser Auftrag ist natürlich nicht so einfach zu erfüllen, und so muss sich Bryn nicht nur mit dem Alltag des Bestattungsgeschäfts herumschlagen, sondern auch mit skrupellosen Wissenschaftlern, paranoiden Ex-FBI-Angestellten und einer neugierigen kleinen Schwester.

Ich muss zugeben, dass „Working Stiff“ in meinen Augen gleich mehrere Probleme mit sich bringt. So fand ich die Handlung über weite Strecken nicht besonders spannend, weil es recht lange dauerte, bis die Grundsituation aufgebaut und alle wichtigen Charaktere vorgestellt waren. Aber eine eher langsam voranschreitende Geschichte stört mich normalerwiese nicht, wenn ich die Figuren sympathisch finde und genügend unterhaltsame Szenen geboten bekomme, um dabei zu bleiben. Ich mochte, dass Rachel Caine die Protagonistin (zumindest zu Beginn) mit glaubwürdigen Stärken und Schwächen versehen hat, und das hat mich über den eher zähen Einstieg hinweggetröstet. So ist Bryn zwar eine Kriegsveteranin, aber sie ist nicht immer und jederzeit kampfbereit, sondern eben ein ganz normaler Mensch, der auch mal von einem Angriff aus heiterem Himmel überrascht wird. Ebenso ist sie in unvertrauten Situationen – wie sie zum Beispiel ihr erster Arbeitstag in größeren Mengen bietet – unsicher, während sie auf der anderen Seite kein Problem damit hat, aggressiven oder übergriffigen Personen ihre Grenzen aufzuzeigen, weil das eben etwas ist, womit sie Erfahrung hat.

Trotzdem bin ich mit Bryn bis zum Schluss nicht so recht warm geworden, und ich fürchte, dass das an der Ausweglosigkeit ihrer Situation lag. Bryn stirbt relativ früh in der Geschichte, und auch wenn Returné sie wie einen lebendigen Menschen funktionieren lässt, so steht von Anfang an fest, dass es keine Heilung oder Besserung für sie gibt. Sie wird für ihre restliche Existenz darauf angewiesen sein, dass ihr einmal am Tag Returné verabreicht wird, und wenn diese Chemikalien für ein paar Tage ausbleibt, wird sie bei vollen Bewusstsein verrotten. Außerdem gibt es eine Nebenwirkung von Returné, die dafür sorgt, dass Bryn jederzeit ihren eigenen Willen verlieren kann, wenn ihr nicht einmal wöchentlich ein Gegenmittel verabreicht wird. Mit dieser Grundvoraussetzung war es für mich als Leserin erschreckend egal, dass Bryn theoretisch ein gutes Leben führen könnte – also wenn es die diversen Personen und Institutionen, die sie manipulieren und kontrollieren wollen, nicht gäbe. Dazu kommt noch, dass ihr untoter Zustand dafür sorgt, dass Bryn so gut wie unzerstörbar ist. Sie kann zwar Schmerzen spüren und das Bewusstsein verlieren, aber genügend Zeit und eine ausreichende Versorgung mit Returné führen dazu, dass ihr Körper selbst noch so schwere Verletzungen wieder reparieren kann.

Ich brauche, wenn ich solche Bücher lese, einen kleinen Funken Hoffnung, dass es für die Protagonistin am Ende noch irgendwie „besser“ werden könnte und dass es ihr gelingt, die „Bösewichte“ in der Geschichte (zumindest temporär) zu besiegen. Außerdem möchte ich zu den Charakteren eine Verbindung aufbauen, die dafür sorgt, dass ich mir Gedanken um ihr Wohlergehen mache und mich frage, wie sie wohl aus den diversen Schwierigkeiten wieder herauskommen. Bei „Working Stiff“ habe ich diese Hoffnung und dieses Mitbangen leider vermissen müssen, und das sorgte dafür, dass ich mich nicht weiter mit Bryns Schicksal auseinandersetzen mochte. Mir fehlte ein Ausgleich für all die unschönen Szenen, die die Brutalität und Skrupellosigkeit der diversen Nebenfiguren mit sich brachten, und je weiter ich las, desto weniger neugierig war ich auf das Schicksal von Bryn und ihren Freunden. Wenn ich ehrlich bin, dann habe ich das Buch wohl nur beendet, weil ich hoffte, dass Rachel Caine am Ende doch noch etwas aus dieser Geschichte machen würde.