Schlagwort: Liebesroman

Tessa Bailey: Window Shopping

Den Titel „Window Shopping“ von Tessa Bailey habe ich irgendwann im Januar auf einer Liste mit „cozy christmas“-Geschichten gefunden und fürs Jahresende auf meinen eReader gepackt. Als ich also in den letzten Tagen nach einer gemütlichen Liebesgeschichte mit Weihnachtselementen suchte, habe ich den Roman gelesen – und nun bin ich etwas zwiegespalten. Ich muss dazu sagen, dass ich von Tessa Bailey vorher nichts gehört hatte und erst nach dem Lesen von „Window Shopping“ nach anderen Büchern der Autorin geschaut habe. Hätte ich mich vorher umgeguckt, wäre mir vermutlich aufgefallen, dass ihre Geschichten in der Regel als „sexy“ und „spicy“ belabelt werden, so hingegen war ich doch ziemlich überrascht von dem Kontrast zwischen der wirklich süßen Liebesgeschichte und den „spicy“ Sexszenen.

Die Handlung wird zum einen aus der Sicht von Stella erzählt, die gerade erst vier Jahre im Gefängnis hinter sich gebracht hat und nun herauszufinden versucht, was für ein Mensch sie in Zukunft eigentlich sein will, und zum anderen aus der Perspektive von Aiden, der als Geschäftsführer eines großen Traditionskaufhauses arbeitet und Stella als Schaufensterdekorateurin engagiert. Ich mochte es sehr, dass Aiden so ein offener und freundlicher Mensch ist, der sich durch nichts aus der Ruhe zu bringen lassen scheint und über einen endlosen Vorrat an skurrilen Geschichten über seine Tante Edna verfügt. Stella hingegen ist unsicher, abweisend und wortkarg, wobei sie immer versucht, ehrlich zu sein, wenn sie mit jemandem redet – so war es auch ihre offen vorgetragene Meinung zur vorhandenen Schaufensterdekoration, die ihr überhaupt ihren neuen Job eingebracht hat. Es war schön zu verfolgen, wie sich Stella und Aiden in den wenigen Wochen vor Weihnachten immer besser kennenlernten und füreinander da waren. Diesen Teil der Geschichte fand ich einfach nur unglaublich wohltuend und süß zu lesen.

Beide Charaktere versuchen auf die verletzlichen Seiten ihres Gegenübers Rücksicht zu nehmen, füreinander da zu sein und eine Lösung dafür zu finden, dass Stella nun einmal Aidens Angestellte ist, was für ein deutliches Ungleichgewicht in einer eventuellen Beziehung sorgen würde. Neben dieser wirklich hübsch geschriebenen Romanze gibt es noch so einige amüsante Szenen mit den diversen Nebenfiguren, die im Kaufhaus arbeiten. Ich mag lustige Dialoge und ich genieße es sehr, wenn die Charaktere in einer solchen Geschichte sich wirklich Mühe geben, einander kennenzulernen, und wenn sie eine gute Balance finden zwischen „für den anderen da sein“ und „die andere Person ihre eigenen Kämpfe ausfechten lassen“. Wenn „Window Shopping“ also nur aus diesen Elementen bestanden hätte, würde ich den Roman hemmungslos jeder Person empfehlen, die auf der Suche nach einer weihnachtlichen und süßen Liebesgeschichte mit sympathischen Protagonisten ist.

Allerdings gibt es so einige Sexszenen in dem Roman, die für mich nicht richtig in diese Art von Geschichte passten. Ich habe kein Problem damit, wenn in einer Geschichte ein Charakter im Alltag durch und durch freundlich und sanft ist und trotzdem härteren Sex bevorzugt. Aber wenn ich eine süße Liebesgeschichte lese, dann möchte ich in der Regel keine explizit geschriebenen detaillierten Sexszenen, dafür würde ich einfach gleich zu einem Erotikroman greifen. Für mich persönlich fühlte sich das beim Lesen unausgewogen an und ich habe mich nach den ersten zwei Sexszenen dabei ertappt, dass ich die folgenden nur noch so weit überflogen habe, dass ich mitbekam, wenn sich darin dann doch mal eine handlungsentscheidende Wendung verbarg. Mich hat es einfach nicht interessiert, wenn die beiden Figuren übereinander herfielen, während ich doch nur miterleben wollte, wie sich ihre Beziehung weiterentwickelt und wie sie ihre diversen Probleme gelöst bekommen. Wenn ich allerdings sehe, wie viele begeisterte Rezensionen zu „Window Shopping“ online zu finden sind, dann gibt es wohl nicht viele Leser*innen, die meine Meinung teilen. Außerdem muss ich tatsächlich denjenigen zustimmen, die betonen, dass dieser Roman eine wirklich wunderbare und sehr süße Liebesgeschichte erzählt – ich wollte aber den Aspekt, der mir persönlich nicht so zugesagt hat, in dieser Rezension auch nicht unterschlagen.

India Holton: The Wisteria Society of Lady Scoundrels (Dangerous Damsels 1)

Ich muss gestehen, dass als erstes das Cover von „The Wisteria Society of Lady Scoundrels“ meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat – aber dann wurde ich von dem Klappentext etwas abgeschreckt. Die Idee von Piratinnen, die in fliegenden Häusern unterwegs sind, klang zwar reizvoll, aber ich war mir nicht sicher, ob ich eine Kombination aus dieser Idee und den typischen Historical-Elementen lesen wollen würde. Aber so ganz hat mir der Roman von India Holton keine Ruhe gelassen, weshalb ich den Titel zum Jahresende auf meine Wunschliste gesetzt (und prompt geschenkt bekommen) habe. Da ich weiterhin nicht sicher war, was mich da erwartet, habe ich das Buch dann relativ zügig aus dem SuB befreit und trotz eines erschreckenden Mangels an Lesezeit habe ich die ersten Kapitel auch ziemlich schnell durchgelesen.

Es gab so viele absurde Ideen in dem Roman, die ich wirklich mochte, wie die Entstehungsgeschichte der Wisteria-Society, oder die Selbstverständlichkeit, mit der all diese Damen über ihre Diebstähle redeten oder Morde planten. Auf der anderen Seite gab es aber immer wieder Dinge, die mich irritierten oder mir das Gefühl gaben, dass die Autorin ein Element eingebaut und sich dabei die ganze Zeit gedacht hat, dass die Leser.innen darüber ganz bestimmt lachen werden, obwohl es meiner Meinung nach da vollkommen unangebracht oder eben nicht amüsant war. Humor ist immer eine schwierige Gradwanderung, aber ich möchte beim Lesen spontan vor mich hinkichern und nicht nach einer Passage dastehen und denken „das sollte wohl lustig sein“. Dazu kamen so einige Szenen, die bei mir den Eindruck hinterließen, dass sich India Holton auf die diversen Vorurteile bezüglich historischer Kleidung/viktorianischem Benehmen usw. gestürzt hat, ohne zu recherchieren, wie es wirklich war (und dabei gibt es im englischsprachigen Raum so vielen aktuelle Veröffentlichungen, die zum Beispiel darüber aufklären, dass das Korsett kein Folterinstrument war, das den Frauen vom Patriachart aufgezwungen wurde).

Außerdem hat die Autorin sehr viele Anspielungen auf die Brontës (vor allem „Wuthering Heights“, das die Protagonistin die ganze Zeit mit sich rumschleppt, weil sie illegitim von Branwell Brontë abstammt und die Liebesgeschichte ihrer Eltern an die Protagonisten von „Wuthering Heights“ erinnert) eingebaut, und ich muss zugeben, dass ich zwar brav (fast alle*) meine Klassiker gelesen habe, aber mit den Brontës nie viel anfangen kann. So viel unnötiges Drama und so viele … überbordende Emotionen … nichts davon ist für mich romantisch, und beim Lesen habe ich immer nur das Bedürfnis, alle Beteiligten zu schütteln. 😉 Äh, ja, so viel zu meinem Verhältnis zu den Brontës – wobei ich schon regelmäßig darauf neugierig bin, wie andere Autoren die von Charlotte und Emily verwendeten Elemente und Figuren aufgreifen und in ihre eigenen Geschichten einweben. Aber hier hat das für mich nicht funktioniert, weil diese Dinge weder gut aufgenommen wurden noch für mich in das Piraten-Society-Thema passten.

Das alles führte dazu, dass ich mit dem Buch immer ungeduldiger würde und immer nörgeliger auf Kleinigkeiten reagierte, über die ich wohl sonst einfach hinweggelesen hätte. Und als ich mich dann dabei ertappte, dass ich meine Lesezeit lieber damit verbrachte, Putzvideos auf Youtube zu gucken oder zuzuschauen, wie mein Mann bei seinem aktuellen Videospiel einen LKW durch Schneelandschaften lenkt (und glaubt mir, das ist als Zuschauerin nicht gerade spannend zu verfolgen *g*), habe ich beschlossen, dass ich „The Wisteria Society of Lady Scoundrels“ von India Holton lieber abbrechen und aussortieren werde. Ich wollte diesen Roman so gern mögen, aber es hat einfach nicht mit mir und dieser Geschichte gepasst …

(* Mir fehlt immer noch Anne Brontë, aber nachdem Helma vor Kurzem „Agnes Grey“ rezensiert hat, glaube ich nicht, dass das der passende Roman für mich wäre. Vielleicht versuche ich mein Glück mal mit „The Tenant of Wildfell Hall“ oder ich gebe die fiktiven Werke der Familie Brontë einfach auf und lese stattdessen lieber Biografien, die sich mit ihnen beschäftigen. Letztere fand ich als Teenager sehr spannend! *g*)

Lana Harper: Payback’s a Witch (The Witches of Thistle Grove 1)

Anfang des Jahres war „Payback’s a Witch“ von Lana Harper meine „in kleinen Häppchen lesbare und sehr nette Wohlfühlgeschichte“, zu der ich gegriffen habe, wenn ich weder Zeit noch Konzentration genug für eines meiner anderen Bücher hatte. Dabei dachte ich, als ich den Roman anfing, dass eine (amüsante) Rache-Geschichte mich gewiss genügend fesseln würde, um mal etwas länger bei einem Buch zu bleiben. Doch obwohl die Ausgangssituation in „Payback’s a Witch“ ist, dass die drei Hexen Emmy Harlow, Linden Thorn und Talia Avramov sich an dem Mann rächen wollen, der sie alle drei verletzt hat, geht es weniger um dieses Thema als um Freundschaft, Familie und die Suche nach einem eigenen Platz im Leben. Dazu kommt, dass Lana Harper sich sehr viel Zeit lässt, um Emmys Situation und ihr Verhältnis zu den verschiedenen Charakteren zu erklären, so dass der Roman – gerade im Mittelteil – ein bisschen vor sich hinplätschert.

Emmy, Linden und Talia sind – ebenso wie Gareth Blackmoore – Angehörige der Gründungsfamilien von Thistle Grove, einem kleinen Ort voller Magie, der vor über dreihundert Jahren als Zuflucht für Hexen gegründet wurde. Während die Familie Blackmoore für ihren beeindruckenden (und furchterregenden) Umgang mit den Elementen bekannt ist, die Familie Thorn sich auf den Umgang mit Pflanzen und Tieren spezialisiert hat und die Avramovs Geister beschwören, sind die Harlows so etwas wie … Stadtschreiber, Archivare und diejenigen, die aufpassen, dass die Regeln eingehalten werden. Was bedeutet, dass sie über keine nennenswerte Magie verfügen, was Emmy ihr gesamtes Leben lang Minderwertigkeitskomplexe eingeflößt hat. Diese Minderwertigkeitskomplexe haben zusammen mit dem schrecklichen Ende ihrer Beziehung zu Gareth Blackmoore dazu geführt, dass sie nach dem Abschluss der High School den Ort verlassen hat und – bis zu Beginn der Geschichte – nicht wieder zurückgekehrt ist. Dabei verliert eine Hexe, die Thistle Grove für längere Zeit den Rücken kehrt, die Fähigkeit, Magie zu wirken.

Doch nun ist es Zeit für den alle hundert Jahre stattfindenden Wettbewerb, in dem die Blackmoores, Thorns und Avramovs darum streiten, welche der Familien für die kommenden hundert Jahren den Ton im Ort angeben wird, und in dem die Erbin der Harlows als Schiedsrichterin anwesen sein muss. Da Emmy als Schiedsrichterin bei diesem Wettbewerb fungiert, ist es natürlich besonders brisant, dass sie bereit ist, sich mit Linden, die auch nach all den Jahren in unterschiedlichen Städten immer noch ihre beste Freundin ist, und Talia, die Emmy schon in der High School sehr attraktiv fand, zusammenzutun, um sich an Gareth zu rächen. Aber da Lana Harper die Magie in Thistle Grove dafür sorgen lässt, dass Emmy ihre Position getreu ausüben muss, und sämtliche Regelbeugungen nur die Tatsache ausnutzen, dass sich zuvor keine Familien zusammengetan haben, um gegen einen gemeinsamen Gegner anzutreten, konnte ich gut damit leben. Diese Art von „magischer Kontrollinstanz“, ebenso wie einige andere „übernatürliche Elemente“ kamen mir zwar nicht gerade ausreichend durchdacht vor, aber die kleinen Ungereimtheiten in diesem Teil der Geschichte haben mich nicht gestört, weil ich einfach all die vielen netten Szenen, in denen die Charaktere miteinander interagierten so sehr genossen habe.

Denn – wie schon gesagt – es geht in „Payback’s a Witch“ weniger um Magie und Rache als darum, dass Emmy sich mit den Dingen auseinandersetzen muss, vor denen sie durch ihr Verlassen der Stadt geflohen ist. Sie ist alt genug, um ihr Leben nicht mehr von einem schrecklichen Ex-Freund bestimmen zu lassen, sondern all die Gefühle aufzuarbeiten, die das Ende ihrer Beziehung mit Gareth in ihr ausgelöst haben. Und sie ist erwachsen genug, um sich einzugestehen, dass sie mit ihren Handlungen ihre Familie und ihre Freunde nicht weniger verletzt hat, als Gareth es damals mit ihr getan hat. Ich mochte es sehr, dass es Emmy zwar nicht gefällt, sich mit ihren Gefühlen, ihrer Vergangenheit und ihrem Verhalten auseinanderzusetzen, aber dass sie trotzdem nicht davor zurückscheut. Es gibt in dieser Geschichte keinen Moment, in dem sie wütend davonstürmt, wenn ihr jemand sagt, dass ihr Verhalten nicht in Ordnung war. Im „schlimmsten“ Fall benötigt sie etwas Zeit und eine Person, die ihr hilft, eine andere Perspektive einzunehmen – und wenn das passiert ist, dann geht Emmy los und versucht, die Angelegenheit (so weit es geht) wieder in Ordnung zu bringen.

Auch ihre – sich sehr langsam entwickelnde – Beziehung zu Talia läuft nach diesem Schema ab. Beide Frauen kennen sich seit ihrer Kindheit und müssen doch feststellen, dass sie eigentlich nur eine Vorstellung von der andere Person haben, statt sie wirklich zu kennen. So gibt es einige Szenen, in denen sich Emmy und Talia Zeit lassen, um herauszufinden, was ihrem Gegenüber durch den Kopf geht und welche Wünsche und Bedürfnisse die andere Frau hat. Und natürlich steht die Frage im Raum, wie eine Beziehung zwischen ihnen funktionieren könnte, obwohl Emmy wild entschlossen ist, nach dem Wettbewerb Thistle Grove wieder zu verlassen, während Talia sich nicht vorstellen kann, je ihre Familie hinter sich zu lassen. Ich mochte dabei sehr, dass es bei dieser Beziehung – trotz einer vorhandenen körperlichen Anziehung zwischen diesen beiden Charakteren – vor allem um den Aufbau einer Freundschaft ging. Die Autorin sagt im Nachwort, dass das Schreiben dieser Geschichte für sie eine Zuflucht, ein sicherer Hafen in einem schrecklichen und schwierigen Jahr war, und ich muss zugeben, dass der Roman dieselbe Funktion für mich erfüllt hat – zumindest nachdem ich verstanden hatte, dass die „Rache-Geschichte“ nur ein Aufhänger für all die anderen wohltuenden Elemente in der Handlung war.

Loretta Chase: Lord of Scoundrels (The Scoundrels Series 3)

Vor ein paar Wochen habe ich einen Artikel gelesen, der sich damit beschäftigt hat, wie man einen „Bad Boy“ als glaubwürdigen Protagonisten eines Liebesromans darstellt. Da ich den Artikel über einen Link bei Twitter gefunden habe, finde ich nicht mehr heraus, wo es den gab oder wer den geschrieben hat. Auf jeden Fall waren in diesem Artikel auch sehr viele Bücher erwähnt worden, die als gute Beispiele herhalten mussten. Eines dieser Bücher war „Lord of Scoundrels“ von Loretta Chase und die Beschreibung hatte mich neugierig genug gemacht, um mir den Roman auszuleihen und zu lesen. (Nachtrag 10.04.2016: HIER ist der von mir erwähnte Artikel zu finden.) 

Die Autorin beginnt mit der Geschichte von Lord Dains Eltern, um zu verdeutlichen, welche Ereignisse dazu geführt haben, dass sich der Protagonist zu einem egozentrischen, rücksichtslosen, rumhurenden Mistkerl entwickelt hat. So kann man ihn als erwachsenen Menschen zwar nicht sympathisch finden, versteht aber wieso aus dem vernachlässigten und misshandelten kleinen Jungen so ein Mann geworden ist. Die Protagonistin, Jessica Trent, hingegen wurde davon beeinflusst, dass sie in einer Familie aufgewachsen ist, in der vor allem Jungen zur Welt gebracht wurden, so dass sie sich nicht nur ihr Leben lang gegen gleichaltrige oder ältere Brüder und Cousins durchsetzen musste, sondern auch als Tante (und unbezahltes Kindermädchen) viel Erfahrungen mit der Erziehung kleiner Jungen sammeln konnte. Auf der anderen Seite wurde sie nach dem Tod ihrer Eltern von ihrer Großmutter aufgezogen, die schon mehrere Ehemänner (und Geliebte) überlebt hat und ihr diesbezügliches Wissen großzügig mit ihrer Enkelin geteilt hat.

Jessicas größter Wunsch ist es eines Tages unabhängig von ihrer Familie zu sein und so arbeitet sie seit Jahren darauf hin, einen Antiquitätenladen für die gehobene Gesellschaft zu eröffnen. Ihr ist bewusst, dass sie so ein Geschäft nur führen kann, wenn sie über einen einwandfreien Ruf verfügt und keinen Ehemann hat, der ihr diesen Plan verbieten könnte. Da sie bislang jeden Heiratsantrag (und davon gab es nicht wenige, da sie sehr hübsch ist und aus guter Familie kommt) abgelehnt hat, sieht sie sich mit 27 Jahren kurz vor der Verwirklichung ihres Traums. Doch dann wird sie nach Paris gerufen, um ihren Bruder Bertie aus dem Einfluss von Lord Dain zu befreien. Bei Versucht mit dem skrupellosen Wüstling mitzuhalten, hat Bertie in den letzten Monaten nicht nur seine Gesundheit ruiniert, sondern auch einen viel zu großen Teil seines Vermögens verschleudert.

Die folgende Geschichte ist eigentlich recht vorhersehbar. Obwohl sich die beiden Protagonisten schnell zueinander hingezogen fühlen, machen sie sich gegenseitig erst einmal das Leben schwer. Während Dain sich auf der einen Seite nichts von einer Frau sagen lassen mag und sich andererseits von Jessica in eine Falle gelockt fühlt, könnte Jessica ganz gut damit leben, dass sie den Wüstling begehrt, wenn er nicht ihren Bruder in den Ruin treiben würde. Auch wenn sich diese Inhaltsbeschreibung kaum von denen anderer Historicals unterscheidet, mochte ich es doch wie Loretta Chase die beiden Protagonisten beschrieben hat. Beide sind selbstbewusst, intelligent und dickköpfig, was zu wunderbaren Dialogen führt. Auch gefiel es mir sehr, dass es zwar immer wieder zu Missverständnisse kommt (weil Dain grundsätzlich das Schlimmste annimmt, während sie anfangs keine Ahnung davon hat, wie gestört er ist), dass auf diesen Missverständnissen aber nicht endlos rumgeritten wird. Entweder kommen die beiden – wie vernünftige erwachsene Menschen – von selber zu dem Schluss, dass sie sich geirrt und etwas falsch verstanden haben, oder sie reden darüber was passiert ist und klären so die Sache. Das ist eine so angenehme Art und Weise mit diesem Handlungselement umzugehen, dass ich es immer wieder bedauerlich finde, dass andere Historical-Autorinnen nicht auf die Idee kommen.

So entsteht nach und nach aus der anfangs vorhandenen Lust zwischen den beiden Protagonisten eine wirklich süße Liebesgeschichte, bei der sich die beiden Beteiligten immer besser kennenlernen und weiterentwickeln. Naja, vor allem er entwickelt sich weiter, den sie ist von Anfang an so perfekt, dass da nicht mehr viel Entwicklung nötig ist. Was langweilig wäre, wenn sie dadurch nicht so einen hübschen Gegenpart zu ihm bieten würde, und wenn es da nicht die Momente gäbe, in denen sie auf ihn schießt oder mit Porzellan durch die Gegend wirft. Außerdem war der Roman ja als Beispiel für einen gelungenen „Bad Boy“-Protagonisten genannt worden und nicht als Beispiel für eine überzeugende Protagonistin. 😉 Alles in allem hat mir das Lesen wirklich Spaß gemacht – und nun bin ich neugierig, ob die anderen Bücher der Autorin auch so unterhaltsam sind.

J. L. Campbell: The Vet’s Christmas Pet

In den letzten Tagen ist es mir schwer gefallen, mich auf meine Bücher zu konzentrieren, und doch hatte ich ein großes Bedürfnis danach, mich mit Lesen abzulenken. Also habe ich zu einem bewährten Mittel gegriffen und mich auf billige Liebesromane gestürzt. Wobei das „billig“ im doppelten Sinn gemeint ist, die Geschichten waren günstig (ein Bundle mit 16 Liebesgeschichten – mit Schwerpunkt Tiere und Weihnachten – für 99 Cent) und die bislang gelesenen Sachen waren auch so simpel gestrickt, wie ich es erwartet hatte. Da war es egal, wenn ich mit meinen Gedanken woanders war und mich nicht erinnern konnte, ob die Protagonistin nun Debbie oder Noelle hieß und welchen Namen vielleicht ihr Vogel/Hund/Frettchen hatte, ich konnte der Handlung ausreichend folgen, hier und da gab es etwas zum Schmunzeln oder sogar ein Tränchen zu verdrücken und ich habe mich angenehm ablenken lassen.

Nur eine Geschichte aus „Christmas Pets and Kisses“ hat mich geärgert, nachdem ich bislang ungefähr die Hälfte der Texte gelesen habe: „The Vet’s Christmas Pet“ von J. L. Campbell. Die Handlung spielt auf Jamaika, wobei der einzige für mich erkennbare Hinweis auf den Handlungsort das eine oder andere Getränk war, das ich in einem europäischen oder amerikanischen Kühlschrank nicht als selbstverständlich ansehen würde. Aber wer weiß, vielleicht ist das Leben auf Jamaika abgesehen von der Getränkewahl total amerikanisch und die Geschichte fühlte sich deshalb zu Recht so gewöhnlich an. (Allerdings muss ich zugeben, dass verschiedene Rezensionen zeigen, dass englische Muttersprachler anhand der Sprache erkennen können, dass das Ganze auf Jamaika spielt – mir fehlt da definitiv das Gefühl für eventuelle sprachlichen Besonderheiten.)

Außerdem hatte ich ein Problem mit der Erzählweise. Dass die Perspektive von Kapitel zu Kapitel wechselt und man die Handlung sowohl aus der Sicht des männlichen Protagonisten als auch aus Sicht der weiblichen Hauptfigur erzählt bekommt, ist eigentlich normal. Dass das Ganze aber jeweils in der Ich-Perspektive passiert, fand ich allerdings irritierend. Überhaupt hatte ich ein Problem mit den drei Protagonisten: Matthias, der Tierarzt, Toni, die geschiedene Mutter, und Jade, ihre zuckersüße fünfjährige Tochter, die angeblich so unter der – vor über zwei Jahren erfolgten – Trennung der Eltern gelitten hat. Toni und Matthias waren vor achtzehn Jahren auf der gleichen Schule und hatten ein Date, bei dem es zu einem unglücklichen Missverständnis kam. Als er sie nun wiedersieht, weil sie mit einem streunenden Welpen, von dem ihre Tochter befürchtet, dass Toni ihn angefahren hat, in seine Tierarztpraxis kommt, beschließt er, dass er alles dafür tun will, damit er sie nicht aus den Augen verliert.

Also drückt er dieser Frau, die definitiv keinen Hund möchte, keine Hundeerfahrung hat und die sich bis zum Schluss der Geschichte nicht mal von ihrer Tochter umarmen lassen mag, nachdem diese mit dem Hund gespielt hat, weil sie ja Hundehaare auf ihre Kleidung bekommen könnte, das Tier in den Arm und lügt sie kurz darauf noch an, als sie wissen will, ob sich jemand gemeldet hat, der den Welpen vermisst. Seine einzigen Entschuldigungen sind: 1. Er will schließlich Toni wiedersehen und das geht nur, wenn er weiterhin ihren Hund versorgen darf, und 2. Jade hat sich ja schon so in den Welpen verliebt. Natürlich verliebt sich eine Fünfjährige in einen Welpen, aber wenn die Mutter nicht bereit ist, sich mit dem Tier abzugeben und ein so junger Hund den ganzen Tag allein auf der Veranda leben muss, dann sollte ein Tierarzt ernsthaft darüber nachdenken, ob er da richtig handelt.

Erschreckenderweise ist Matthias trotzdem noch der sympathischere Teil des potenziellen Pärchens, denn Toni will sich nach ihrer Scheidung (von der mir die Autorin nicht klarmachen konnte, warum die so schrecklich war, abgesehen davon, dass der Ex-Mann sich seit dem Ende der Ehe für nichts mehr verantwortlich fühlt) auf keinen Mann mehr einlassen, Toni hat angeblich ganz schreckliche finanzielle Sorgen (auch in der Beziehung kann ich ihre Handlung nicht nachvollziehen, denn ein Teil der Sorgen resultiert daraus, dass sie unbedingt das gemeinsame Haus behalten will und nun alleine Schwierigkeiten bei der Abzahlung des Kredits hat, obwohl sie einen gut bezahlten Job hat). Und obwohl ihre Tochter ihr angeblich über alles geht, macht sie sich meiner Meinung nach zu viele Gedanken über Äußerlichkeiten und Erziehungsprinzipien und weniger um das Wohlergehen des Mädchens. Jade selber ist hingegen erwartbar süß, süß und niedlich und sooo weise für ihr Alter – und unterscheidet sich somit nicht sehr von vielen anderen Kindern in solchen Liebesromanen.

Am Ende der Geschichte gibt es noch einen (keineswegs überraschenden) dramatischen Moment, als Toni herausfindet, dass Matthias sie belogen hat. Dummerweise verweigert die Autorin dem Leser die auf den Streit folgende Entschuldigungs- und Erklärungsszene, und so bekommt man nur das „ich muss mit dir reden“-Telefonat des Tierarztes und ihre „nach einem ernsthaften Gespräch hängen wir nun knutschend auf dem Sofa“-Gedanken mit. Abgesehen davon, dass ich diesen Handlungsansatz eh bescheuert fand, hätte ich dann doch gern noch eine anständige Auflösung gehabt anstelle dieses Sprungs in der Handlung zum Happy End.

Vielleicht kommt nun bei dem einen oder anderen Leser die Frage auf, warum ich „The Vet’s Christmas Pet“ überhaupt beendet habe, aber da die Geschichte gerade mal 70 Seiten hatte und auch das Aufregen über eine bescheuerte Handlung und ebenso bescheuerte Figuren ablenkend sein kann, habe ich eben einfach weitergelesen und die Gelegenheit genutzt, mal wieder einen Verriss für den Blog schreiben zu können.