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Tessa Bailey: Window Shopping

Den Titel „Window Shopping“ von Tessa Bailey habe ich irgendwann im Januar auf einer Liste mit „cozy christmas“-Geschichten gefunden und fürs Jahresende auf meinen eReader gepackt. Als ich also in den letzten Tagen nach einer gemütlichen Liebesgeschichte mit Weihnachtselementen suchte, habe ich den Roman gelesen – und nun bin ich etwas zwiegespalten. Ich muss dazu sagen, dass ich von Tessa Bailey vorher nichts gehört hatte und erst nach dem Lesen von „Window Shopping“ nach anderen Büchern der Autorin geschaut habe. Hätte ich mich vorher umgeguckt, wäre mir vermutlich aufgefallen, dass ihre Geschichten in der Regel als „sexy“ und „spicy“ belabelt werden, so hingegen war ich doch ziemlich überrascht von dem Kontrast zwischen der wirklich süßen Liebesgeschichte und den „spicy“ Sexszenen.

Die Handlung wird zum einen aus der Sicht von Stella erzählt, die gerade erst vier Jahre im Gefängnis hinter sich gebracht hat und nun herauszufinden versucht, was für ein Mensch sie in Zukunft eigentlich sein will, und zum anderen aus der Perspektive von Aiden, der als Geschäftsführer eines großen Traditionskaufhauses arbeitet und Stella als Schaufensterdekorateurin engagiert. Ich mochte es sehr, dass Aiden so ein offener und freundlicher Mensch ist, der sich durch nichts aus der Ruhe zu bringen lassen scheint und über einen endlosen Vorrat an skurrilen Geschichten über seine Tante Edna verfügt. Stella hingegen ist unsicher, abweisend und wortkarg, wobei sie immer versucht, ehrlich zu sein, wenn sie mit jemandem redet – so war es auch ihre offen vorgetragene Meinung zur vorhandenen Schaufensterdekoration, die ihr überhaupt ihren neuen Job eingebracht hat. Es war schön zu verfolgen, wie sich Stella und Aiden in den wenigen Wochen vor Weihnachten immer besser kennenlernten und füreinander da waren. Diesen Teil der Geschichte fand ich einfach nur unglaublich wohltuend und süß zu lesen.

Beide Charaktere versuchen auf die verletzlichen Seiten ihres Gegenübers Rücksicht zu nehmen, füreinander da zu sein und eine Lösung dafür zu finden, dass Stella nun einmal Aidens Angestellte ist, was für ein deutliches Ungleichgewicht in einer eventuellen Beziehung sorgen würde. Neben dieser wirklich hübsch geschriebenen Romanze gibt es noch so einige amüsante Szenen mit den diversen Nebenfiguren, die im Kaufhaus arbeiten. Ich mag lustige Dialoge und ich genieße es sehr, wenn die Charaktere in einer solchen Geschichte sich wirklich Mühe geben, einander kennenzulernen, und wenn sie eine gute Balance finden zwischen „für den anderen da sein“ und „die andere Person ihre eigenen Kämpfe ausfechten lassen“. Wenn „Window Shopping“ also nur aus diesen Elementen bestanden hätte, würde ich den Roman hemmungslos jeder Person empfehlen, die auf der Suche nach einer weihnachtlichen und süßen Liebesgeschichte mit sympathischen Protagonisten ist.

Allerdings gibt es so einige Sexszenen in dem Roman, die für mich nicht richtig in diese Art von Geschichte passten. Ich habe kein Problem damit, wenn in einer Geschichte ein Charakter im Alltag durch und durch freundlich und sanft ist und trotzdem härteren Sex bevorzugt. Aber wenn ich eine süße Liebesgeschichte lese, dann möchte ich in der Regel keine explizit geschriebenen detaillierten Sexszenen, dafür würde ich einfach gleich zu einem Erotikroman greifen. Für mich persönlich fühlte sich das beim Lesen unausgewogen an und ich habe mich nach den ersten zwei Sexszenen dabei ertappt, dass ich die folgenden nur noch so weit überflogen habe, dass ich mitbekam, wenn sich darin dann doch mal eine handlungsentscheidende Wendung verbarg. Mich hat es einfach nicht interessiert, wenn die beiden Figuren übereinander herfielen, während ich doch nur miterleben wollte, wie sich ihre Beziehung weiterentwickelt und wie sie ihre diversen Probleme gelöst bekommen. Wenn ich allerdings sehe, wie viele begeisterte Rezensionen zu „Window Shopping“ online zu finden sind, dann gibt es wohl nicht viele Leser*innen, die meine Meinung teilen. Außerdem muss ich tatsächlich denjenigen zustimmen, die betonen, dass dieser Roman eine wirklich wunderbare und sehr süße Liebesgeschichte erzählt – ich wollte aber den Aspekt, der mir persönlich nicht so zugesagt hat, in dieser Rezension auch nicht unterschlagen.