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India Holton: The Wisteria Society of Lady Scoundrels (Dangerous Damsels 1)

Ich muss gestehen, dass als erstes das Cover von „The Wisteria Society of Lady Scoundrels“ meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat – aber dann wurde ich von dem Klappentext etwas abgeschreckt. Die Idee von Piratinnen, die in fliegenden Häusern unterwegs sind, klang zwar reizvoll, aber ich war mir nicht sicher, ob ich eine Kombination aus dieser Idee und den typischen Historical-Elementen lesen wollen würde. Aber so ganz hat mir der Roman von India Holton keine Ruhe gelassen, weshalb ich den Titel zum Jahresende auf meine Wunschliste gesetzt (und prompt geschenkt bekommen) habe. Da ich weiterhin nicht sicher war, was mich da erwartet, habe ich das Buch dann relativ zügig aus dem SuB befreit und trotz eines erschreckenden Mangels an Lesezeit habe ich die ersten Kapitel auch ziemlich schnell durchgelesen.

Es gab so viele absurde Ideen in dem Roman, die ich wirklich mochte, wie die Entstehungsgeschichte der Wisteria-Society, oder die Selbstverständlichkeit, mit der all diese Damen über ihre Diebstähle redeten oder Morde planten. Auf der anderen Seite gab es aber immer wieder Dinge, die mich irritierten oder mir das Gefühl gaben, dass die Autorin ein Element eingebaut und sich dabei die ganze Zeit gedacht hat, dass die Leser.innen darüber ganz bestimmt lachen werden, obwohl es meiner Meinung nach da vollkommen unangebracht oder eben nicht amüsant war. Humor ist immer eine schwierige Gradwanderung, aber ich möchte beim Lesen spontan vor mich hinkichern und nicht nach einer Passage dastehen und denken „das sollte wohl lustig sein“. Dazu kamen so einige Szenen, die bei mir den Eindruck hinterließen, dass sich India Holton auf die diversen Vorurteile bezüglich historischer Kleidung/viktorianischem Benehmen usw. gestürzt hat, ohne zu recherchieren, wie es wirklich war (und dabei gibt es im englischsprachigen Raum so vielen aktuelle Veröffentlichungen, die zum Beispiel darüber aufklären, dass das Korsett kein Folterinstrument war, das den Frauen vom Patriachart aufgezwungen wurde).

Außerdem hat die Autorin sehr viele Anspielungen auf die Brontës (vor allem „Wuthering Heights“, das die Protagonistin die ganze Zeit mit sich rumschleppt, weil sie illegitim von Branwell Brontë abstammt und die Liebesgeschichte ihrer Eltern an die Protagonisten von „Wuthering Heights“ erinnert) eingebaut, und ich muss zugeben, dass ich zwar brav (fast alle*) meine Klassiker gelesen habe, aber mit den Brontës nie viel anfangen kann. So viel unnötiges Drama und so viele … überbordende Emotionen … nichts davon ist für mich romantisch, und beim Lesen habe ich immer nur das Bedürfnis, alle Beteiligten zu schütteln. 😉 Äh, ja, so viel zu meinem Verhältnis zu den Brontës – wobei ich schon regelmäßig darauf neugierig bin, wie andere Autoren die von Charlotte und Emily verwendeten Elemente und Figuren aufgreifen und in ihre eigenen Geschichten einweben. Aber hier hat das für mich nicht funktioniert, weil diese Dinge weder gut aufgenommen wurden noch für mich in das Piraten-Society-Thema passten.

Das alles führte dazu, dass ich mit dem Buch immer ungeduldiger würde und immer nörgeliger auf Kleinigkeiten reagierte, über die ich wohl sonst einfach hinweggelesen hätte. Und als ich mich dann dabei ertappte, dass ich meine Lesezeit lieber damit verbrachte, Putzvideos auf Youtube zu gucken oder zuzuschauen, wie mein Mann bei seinem aktuellen Videospiel einen LKW durch Schneelandschaften lenkt (und glaubt mir, das ist als Zuschauerin nicht gerade spannend zu verfolgen *g*), habe ich beschlossen, dass ich „The Wisteria Society of Lady Scoundrels“ von India Holton lieber abbrechen und aussortieren werde. Ich wollte diesen Roman so gern mögen, aber es hat einfach nicht mit mir und dieser Geschichte gepasst …

(* Mir fehlt immer noch Anne Brontë, aber nachdem Helma vor Kurzem „Agnes Grey“ rezensiert hat, glaube ich nicht, dass das der passende Roman für mich wäre. Vielleicht versuche ich mein Glück mal mit „The Tenant of Wildfell Hall“ oder ich gebe die fiktiven Werke der Familie Brontë einfach auf und lese stattdessen lieber Biografien, die sich mit ihnen beschäftigen. Letztere fand ich als Teenager sehr spannend! *g*)