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Zoe Chant: Librarian Bear (Virtue Shifters 2)

„Librarian Bear“ von Zoe Chant (C.E. Murphy) ist der zweite Teil der Virtue-Shifters-Serie, und nachdem ich den ersten Band, „Timber Wolf“, im vergangenen Jahr als so wohltuend und erholsam empfand, hatte ich den zweiten Teil vorbestellt, sobald die Autorin ihn auf Twitter angekündigt hatte. Die Handlung wird abwechselnd aus den Perspektiven von Sarah und Matthew erzählt. Sarah ist die Leiterin der Bibliothek in Virtue und hat für einen Monat einen Archivar finanziert bekommen, der die alten Unterlagen ordnen soll, die in den Tiefen der Bibliothek aufbewahrt werden. Dieser Archivar ist der Bären-Gestaltwandler Matthew, der den Job in Virtue als Überbrückung nutzen will, bis er in wenigen Wochen seinen Traumjob in Chicago antreten wird.

Beide Charaktere fühlen sich von Anfang an zueinander hingezogen und zeigen dies ihrem Gegenüber auch. Dabei wird in jeder Szene deutlich, dass die beiden die Grenzen des anderen respektieren und alles dafür tun, damit sich der andere nicht unwohl mit der gezeigten Aufmerksamkeit fühlt. Ich liebe diesen freundschaftlich-respektvollen Umgang, den die Figuren in den Virtue-Shifter-Romanen miteinander pflegen, und wünschte mir wirklich, dass mehr Autorinnen kapieren, dass Charaktere, die miteinander reden und sich (relativ) langsam aneinander annähern nicht nur romantisch, sondern auch sexy sein können. Das große Hindernis in dieser sich anbahnenden Beziehung besteht in der Tatsache, dass Matthew ja nur für einen Monat in Virtue ist. Was mich als „Problem“ für eine Liebesgeschichte gestört hätte, wenn Matt und Sarah nicht im Laufe der Handlung darüber reden würden, ob sie sich auch eine Fernbeziehung vorstellen könnten.

Außerdem gibt es noch eine Landerschließungsfirma, die in Virtue Fuß fassen und dafür die Ranch von Rachels Freundin enteignen lassen will. Um dieser Firma Einhalt gebieten zu können, muss Sarah eine Abschrift des Gründungsdokuments der Stadt finden (ich hoffe, dass das mehr Sinn ergibt, wenn man sich mit US-Recht auskennt 😉 ), was natürlich den beiden Charakteren viel Zeit gibt, um gemeinsam in Archiven zu wühlen. Dieser Handlungsstrang führt dazu, dass sich Sarah und Matt mit der Geschichte der Stadt und den Besonderheiten einiger Einwohner beschäftigen müssen. So kommt es, dass der Gestaltwandler-Anteil der Reihe in „Librarian Bear“ eine entscheidende Rolle spielt, während er in „Timber Wolf“ nur ein amüsantes, aber definitiv nicht notwendiges Element war. So fühlt es sich an, als ob die Autorin in diesem Band mehr in ihrer Urban-Fantasy-Welt angekommen wäre, was mir gut gefallen hat.

Wenn ich etwas an „Librarian Bear“ kritisieren müsste, dann wäre es die unglaublich umfassende Kompetenz von Sarah. Sie ist nicht nur eine hervorragende Bibliothekarin, die nebenbei eine tägliche Kinderbetreuung in ihrer Bibliothek aufgebaut hat, das örtliche Jugendtheater mit Kostümen versorgt und diverse gemeinnützige Organisationen leitet, sondern sie näht auch all ihre Kleidung perfekt selbst und wartet und repariert ihr altes Auto. Trotzdem hat sie nebenbei noch genügend Zeit, um mit Matt stundenlang alte Papiere zu durchwühlen und die alteingesessenen Familien abzuklappern und auszufragen. Das war alles ein bisschen viel und nur deshalb erträglich, weil diese Protagonistin trotz allem überraschend sympathisch war. Außerdem lese ich solche Romane nicht für ihren Realismus, sondern für ihre wohltuende Wirkung, und so konnte ich über die überperfekte Sarah hinwegsehen und stattdessen den wunderbaren Umgang der beiden Hauptfiguren miteinander und die amüsanten kleinen Szenen zwischen diesen beiden Charakteren und all den Nebenfiguren genießen.

Zoe Chant: Timber Wolf (Virtue Shifters 1)

„Timber Wolf“ von Zoe Chant (das ist ein Gruppen-Pseudonym – in diesem Fall ist die Autorin C.E. Murphy) ist der erste Band einer neuen Reihe, die sich um mehrere Gestaltwandler in der kleinen Stadt Virtue dreht. Ich muss zugeben, dass ich momentan anscheinend eine Schwäche für Bücher habe, in denen nicht viel passiert (wie schon in „A Magical Inheritance“). Denn wenn man die Handlung in „Timber Wolf“ zusammenfassen will, reicht es zu sagen, dass sich die Geschichte um Mab Brannigan dreht, die gemeinsam mit ihrem vierjährigen Sohn in ein geerbtes Farmhaus gezogen ist, um dann festzustellen, dass das Gebäude dringend restauriert werden muss, um bewohnbar zu sein. Bevor sie jedoch die dringendsten Dinge in Angriff nehmen kann, verschwindet der engagierte Handwerker mit ihren wenigen Ersparnissen. Zum Glück kehrt zu diesem Zeitpunkt der Gestaltwandler Jake Rowly nach Virtue zurück, wo er aufgewachsen ist. Jake ist nicht nur Tischler, sondern auch auf der Suche nach einer Unterkunft, so dass er und Mab sich darauf einigen, dass er ihre Scheune bewohnen kann, während er ihr hilft, das Haus wieder in Ordnung zu bringen.

Das ist im Prinzip die gesamte Handlung. Jake wohnt in der Scheune und renoviert das Haus, Mab arbeitet in ihrem Job, kümmert sich um ihren Sohn Noah und hilft in ihrer „freien“ Zeit Jake mit den Handwerksarbeiten. Das Ganze erstreckt sich über mehr als fünf Monate, und in diesen fünf Monaten lernen sich die beiden sehr gut kennen und lieben. Natürlich gibt es noch ein kleines bisschen Ärger mit einem örtlichen Makler, der Mabs Grundstück kaufen will, und auch ihr Ex-Freund, der der Vater von Noah ist, taucht kurz noch einmal auf, aber das ist eigentlich gar nicht relevant. Die Autorin konzentriert sich auf die sehr langsam ablaufende Liebesgeschichte zwischen Mab und Jake, die sich zwar auf den ersten Blick anziehend finden, aber beide gute Gründe haben, es erst einmal bei einer Freundschaft zu belassen. Das führt zu einigen sehr niedlichen und amüsanten Szenen und zu sehr vielen Momenten, in denen Jake zeigen kann, dass er kein Problem damit hat, wenn eine Frau für sich selbst einsteht, Entscheidungen trifft und eben keine Hilfe von einem großen, männlichen Typen haben will, nur weil der zur Verfügung steht.

Abgesehen von ein paar winzigen Szenen, in denen Jake in Wolfsform agiert, und diversen (unterhaltsamen) Dialogen zwischen Jake und seinem Wolf spielt es eigentlich auch keine Rolle, dass Jake ein Gestaltwandler ist. Ich fand es wunderbar erholsam, dass die Tatsache, dass Jake sich in einen Wolf verwandeln kann, überhaupt kein Drama hervorruft und so gut wie kein Thema in der Geschichte ist. Diese Fähigkeit ist angeboren und hindert ihn in keiner Weise daran, ein ganz normales Leben zu führen, seinem Handwerk nachzugehen, Liebeskummer zu haben oder einen gemütlichen Abend mit Kochen zu verbringen. Auch Mab fand ich als Figur sehr sympathisch. Sie zeigt zwar regelmäßig Unsicherheiten (dank einer früheren toxischen Beziehung, die ihr einiges an Selbstbewusstsein genommen hat), aber sie steht trotzdem auf eigenen Beinen, kümmert sich allein um all ihre Probleme und scheut auch vor Auseinandersetzungen nicht zurück. Dabei passiert es schon mal, dass sie eine falsche Entscheidung trifft, aber auch das ist kein Drama in diesem Roman, sondern eben etwas, das halt passiert und mit dem man dann umgehen muss.

Wenn ich einen Kritikpunkt an „Timber Wolf“ suchen müsste, dann ist es die Tatsache, dass die beiden Protagonisten ein bisschen sehr oft in Gedanken an den (nicht nur körperlichen!) Vorzügen des anderen hängen. Da die Handlung aber nun über mehrere Monate geht und es sehr lange dauert, bis die beiden sich näherkommen, gibt es eben auch viel Raum für solche Passagen. Aber grundsätzlich hat mich das nicht gestört, weil ich diese dramafreie Geschichte, den respektvollen Umgang zwischen Mab und Jake und all die hübschen kleinen Szenen mit den verschiedenen (Neben-)Charakteren so nett, unterhaltsam und erholsam fand. Erholsam ist, glaube ich, wirklich das passendste Wort für diesen Roman. Ich freue mich jetzt schon darüber, dass davon eine ganze Reihe angekündigt wurde, die in Virtue spielen wird, weil ich mir sicher bin, dass ich auch in Zukunft immer wieder Bedarf an erholsamen und wohltuenden Lesestunden haben werde. Und wenn ich dann mehr über die bislang kennengelernten Nebencharaktere in dieser Geschichte erfahren werde, ist das umso schöner.