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Livia Day: Dyed and Buried (Fashionably Late 1)

„Dyed and Buried“ von Livia Day (Tansy Rayner Roberts) ist der Auftaktband einer Cozy-Reihe, die in der tasmanischen Hauptstadt Hobart spielt. Ich muss gestehen, dass ich an der ersten Reihe von Cozy-Romanen der Autorin nach den ersten zwei Bänden etwas das Interesse verloren hatte. Aber da ich grundsätzlich gute Erfahrungen mit Tansy Rayner Roberts gemacht habe, die Inhaltsangabe verlockend fand und große Lust auf entspannte Lektüre hatte, hatte ich „Dyed and Buried“ nicht nur schon länger vorbestellt, sondern auch direkt nach Veröffentlichung gelesen. Wobei der Roman mit gerade mal 158 Seiten auch nicht besonders viel Lesezeit beansprucht hat … Das Buch dreht sich um Samantha „Sam“ Sullivan, die vor Kurzem einen neuen Job bei der Boutique „Fashionably Late“ angefangen hat und zu Beginn der Geschichte von ihrer ehemaligen Schulkameradin Jeena fünfzehn Hochzeitskleider kauft, damit diese für das Geschäft upgecycled werden können.

Dummerweise stellt sich wenig später heraus, dass Jeena die Kleider gar nicht hätte verkaufen dürfen – und so müssen Sam und ihre Chefin nicht nur gegenüber einem der berühmtesten Fashion-Magazine erklären, wieso ein Teil der neuen Hochzeitskleid-Kollektion des berühmten Designers Chameleon grün gefärbt wurde, sondern auch herausfinden, wohin Hochzeitskleid Nr. 16 verschwunden ist. Wobei ich betonen muss, dass es überraschend wenig Drama für Sam rund um diesen Vorfall mit den Hochzeitskleidern gibt. Ihre Chefin hatte einen Vertrag mit Jeena, Sam selbst hat nur auf Anweisung gehandelt, und so gibt es keine ernsthaften Drohungen gegenüber „Fashionably Late“. Auf der anderen Seite ist Sam die ganze Angelegenheit sehr unangenehm und natürlich würde sie gern wissen, wieso Jeenas verstorbener Ehemann Ethan diese fünfzehn Hochzeitskleider in seinem Besitz hatte, wer der mysteriöse Designer Chameleon ist und nicht zuletzt wohin das fehlende Hochzeitskleid verschwunden ist.

Dabei mag ich es, dass Sam zwar neugierig ist und die ganze Zeit über Informationen sammelt, aber nicht die treibende Kraft hinter diesen privaten Ermittlungen ist. Ihr wäre es sogar lieber, sie könnte sich aus der ganzen Angelegenheit raushalten, denn sie hat keine Lust, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, nachdem der Skandal über ihren (in mehrfacher Hinsicht) betrügerischen Ex-Mann gerade erst abgeklungen war. Aber da sie sich nicht ganz raushalten kann, nutzt sie alle sich ergebenden Gelegenheiten, um mehr über den verstorbenen Ethan und all die anderen Beteiligten herauszufinden. Dabei muss ich der Autorin zu Gute halten, dass einige Elemente der Geschichte zwar vorhersehbar waren, aber am Ende genügend weitere Wendungen und Enthüllungen zum Vorschein kamen, dass ich die ganze Zeit über an der weiteren Entwicklung der Handlung interessiert blieb. Auch mochte ich den Großteil der Charaktere wirklich sehr, angefangen bei Sam, die wirklich viel Freude an ihrem neuen Job hat, bis zu den Personen, mit denen sie arbeitet, ihrer Schwester und sogar dem ermittelnden Polizisten.

Was mich auf einen Punkt bringt, auf den ich in Cozys ja oft etwas kritisch reagiere, nämlich das Verhältnis zwischen Protagonistin und Polizei. Auch hier ist es so, dass Sam relativ wenig Vertrauen in die Polizei hat, da sie wegen ihres Ex-Mannes gerade erst ein Gerichtsverfahren hinter sich bringen musste, in dem sie angeklagt wurde, an seinen Machenschaften beteiligt gewesen zu sein. Aber statt dass sie die Polizei an sich als Feind betrachtet, nimmt sie zähneknirschend hin, dass sie schon wieder mit Polizisten zu tun hat, und arbeitet so gut sie kann mit ihnen zusammen. Es gibt kein Vorenthalten von Informationen, keine „das kann ich besser als die Profis“-Gedanken, sondern ein vorsichtiges Miteinander, das ich wirklich nett zu lesen fand. Oh, und es gab weder ein Flirten mit dem Polizisten noch seltsam feindseliges Verhalten von Sams Seite oder vonseiten der Ermittler, was ebenfalls sehr erholsam war.

Ich muss gestehen, dass ich Livia Days/Tansy Rayner Roberts‘ fantastische Romane amüsanter finde als ihre Cozys, aber „Dyed and Buried“ hat mir ein paar wirklich entspannte und unterhaltsame Stunden verschafft. Es gab so viele sympathische und sich realistisch anfühlende Charaktere, sehr viele Beschreibungen rund um das Leben in Hobart (und Tasmanien dient ja nun nicht gerade häufig als Kulisse für Romane) und so viele Details rund um Stoffe und Kleidung. Nicht so viele, dass sich jemand, der sich nicht für Mode, Stoffverarbeitung oder Färben interessiert, meiner Meinung nach langweilen würde, aber definitiv genug, um jemanden zu befriedigen, der sehr viel Spaß an solchen Dingen hat. Für 2022 ist schon eine Fortsetzung mit dem Titel „Drop Dead in Red“ angekündigt, und ich bin schon neugierig darauf, wie Sam dann in einen Mordfall rund um eine vor vierzehn Jahren verschollene Filmemacherin und ein rotes Abendkleid verwickelt wird.