Schlagwort: Raymond Chandler

Dies und Das (6): Die Winterkatze und Raymond Chandler

Manchmal gönne ich mir den Luxus und arbeite mich intensiv in einen Themenbereich ein. Momentan haben mich zwei komplett gegensätzliche Krimiautoren und die Lust, mehr über sie herauszufinden, gepackt. Angefangen hat es mit Raymond Chandler, dessen Romane ich schon seit vielen Jahren kenne und liebe (und dessen Biografie schon eine Weile auf meinem Sachbuch-SuB liegt). Lustigerweise habe ich die Bücher bislang immer nur aus der Bibliothek ausgeliehen – und dort habe ich mir auch einen Stapel Hintergrundinformationen über ihn geholt. Unter anderen war das Buch „Die simple Kunst des Mordes“ darunter, welches eine thematisch geordnete Sammlung von Chandlers Briefen (bzw. Briefausschnitten) beinhaltet – oh, und welches ich sehr empfehlen kann, wenn man die Person Chandler kennenlernen möchte.

Ich liebe es, mich kopfüber in so ein Thema zu stürzen, Informationen zu sammeln, zu vergleichen und zu verarbeiten. Nach einer Pause lese ich dann die Romane des Autors noch einmal mit ganz neuen Augen, weil ich inzwischen ein konkreteres Bild von der Person hinter der Geschichte habe und mich immer mal wieder frage, welche Lebenserfahrungen und welche Beobachtungen wohl in das Buch eingeflossen sind. Aber momentan bin ich an dem Punkt angelangt, an dem mir der Kopf schwirrt vor lauter Raymond-Chandler-Zitaten und an dem ich das Gefühl habe, ich brauche dringend ein Kontrastprogramm. Dabei habe ich gerade solche Lust auf Krimis – vor allem auf Krimis, die man (so wie Chandlers Romane) zu den „hardboiled novels“ zählen kann …

Auf der anderen Seite hat mich eine Bemerkung von Chandler über die Bücher von Agatha Christie wieder auf diese Autorin gebracht. Naja, dank ihres 120sten Geburtstags, der am 15. September gewesen wäre, kommt man zur Zeit sowieso nicht an ihr vorbei. Also wanderte bei einem der letzten Bibliotheksbesuche ein Stapel Christie-Biografien mit mir nach Hause. Einige davon kenne ich schon und habe sie auch in meinem Besitz – allerdings in einer Umzugskiste, an die ich nur herankäme, wenn ich gefühlte 60 andere Kisten versetzen würde, was gerade nicht drin ist.

Und nun schleiche ich um diesen Stapel mit Biografien herum, habe Lust auf dieses Kontrastprogramm und fürchte doch, dass mein Kopf zur Zeit nicht noch mehr Informationen verarbeiten kann. Auch weiß ich nicht, was mein Mann dazu sagen wird, wenn er in den nächsten Wochen wieder jeden Abend ungefragt mit Daten, Fakten und Gedanken zu einem Autor gefüttert wird. Eigentlich hätte er nach der Arbeit doch manchmal ganz gern seine Ruhe. 😉 Trotzdem reizt es mich, mich mit Chandlers Aussagen im Hinterkopf auf Agatha Christies Leben und Werk zu stürzen und herauszufinden, wie weit Raymond Chandlers Sicht auf sie vielleicht meine Wahrnehmung beeinflusst hat.