Um „Moonchild – Voyage of the Lost and Found“ von Aisha Bushby bin ich ziemlich lange drumherumgeschlichen. Auf der einen Seite gefiel mir der Klappentext, auf der anderen Seite wurde die Geschichte regelmäßig mit den Aru-Sha-Titeln von Roshani Chokshi verglichen, und da mich der erste Teil dieser Reihe nicht so ganz überzeugen konnte, fürchtete ich, dass es mir mit „Moonchild“ ähnlich gehen würde. Am Ende muss ich gestehen, dass sich meine Befürchtungen bewahrheitet haben, obwohl es in „Moonchild“ wirklich sehr viele Elemente gab, die ich mochte. Die Geschichte dreht sich um die zwölfjährige Amira und ihren katzenartigen Jiinni Namur. Die beiden wissen seit Jahren, dass sie zusammen in einer Auster geboren wurden, die dann von zwei Seehexen aus dem Meer gefischt wurde. Diese beiden Seehexen, Dunya und Jamila, haben sich von diesem Tag an um Amira gekümmert und sie als ihre Tochter aufgezogen. Gemeinsam wohnen die drei auf einer Dau und leben von dem, was das Meer ihnen zur Verfügunge stellt, und was sie an selbstgemachten Dingen auf den verschiedenen Insel-Basaren verkaufen können.
Zu Beginn des Romans beschädigt ein Sturm das Schiff der kleinen Familie, und so müssen sie für Reparaturen im Hafen der Insel Failaka anlegen. Da Amira inzwischen alt genug ist, darf sie zum ersten Mal mit Dunya auf den Basar gehen und ihre Waren verkaufen. Dabei muss sie schnell lernen, dass die meisten Menschen – im Gegensatz zu ihrer Familie – nicht über Magie verfügen und Magie sogar etwas ist, das man eher geheim halten sollte. Als dann auch noch ein Sturmvogel auftaucht und die Insel bedroht, wird die Stimmung auf Failaka noch unangenehmer für das Mädchen. Denn Amiras Magie (und ihre Verbindung zu ihrem Jiinni Namur) ermöglicht es ihr, die Gefühle anderer Menschen zu spüren. Was auch dazu führt, dass sie genau weiß, dass ihre beiden Mütter ihr etwas Wichtiges verschweigen …
Ich habe die zweite Hälfte von „Moonchild – Voyage of the Lost and Found“ wirklich sehr genossen, aber der Weg dahin war ziemlich steinig für mich. Nach den ersten Kapiteln hatte ich sogar überlegt, ob ich das Buch nicht unbeendet in den Öffentlichen Bücherschrank stellen sollte. Dabei gab es von Anfang an so viele schöne und fantastischen Elemente in der Geschichte, die ich wirklich sehr gemocht habe. So fand ich Amiras Mütter und ihr Verhältnis zueinander sehr sympathisch, ebenso gefielen mir die Beschreibungen des Lebens auf der Dau (inklusive der dickköpfigen Ziege und der abendlichen Geschichtenerzähl-Runde) und die magischen Wesen, die es in dieser Welt gibt, haben mir mit ihren Eigenheiten viel Freude bereitet. Auch fand ich Leo, mit dem sich Amira auf Failaka anfreundet, auf Anhieb sehr nett und hatte Lust, mehr über den nervösen Jungen und sein Leben zu erfahren.
Ich hatte allerdings zwei Probleme beim Lesen des Buches. Das kleiner Problem ist die namenlose Erzählerin, die die Geschichte immer wieder an den spannendsten Stellen unterbricht, um den Leser direkt anzusprechen. Das soll natürlich an die Stilmittel traditioneller Geschichtenerzähler erinnern, kam mir aber hier so übertrieben und unrund vor, dass es mich etwas geärgert hat. Vor allem mochte ich hier nicht, dass mich diese Unterbrechungen genau an dem Punkt immer aus der Handlung gerissen haben, wenn ich endlich mal ein bisschen in der Geschichte versunken war. Und damit sind wir beim zweiten Problem: Mich in die Geschichte fallen zu lassen fiel mir nämlich wirklich schwer, weil ich Amiras Perspektive so ungern geteilt habe. Sie war ständig wütend – was wichtig für die Handlung war, aber eben auch dafür sorgte, dass sie weder mit ihren Müttern noch mit ihrem neugefundenen Freund Leo ein anständiges Gespräch führen konnte. Ich fand es wirklich anstrengend, dass ich mich die ganze Zeit beim Lesen mit ihren Gefühlen beschäftigen musste, obwohl ich immer nur denken konnte, dass ein paar ruhige klärende Worte alle Beziehungsprobleme zwischen den Figuren sofort beseitigt hätten.
Ich fand es auch nicht so toll, dass Amiras Mütter Geheimnisse vor ihr hatten, vor allem, da von Anfang an absehbar war, dass dieses Verschweigen von Wissen nur dazu führt, dass Amira in größere Schwierigkeiten als notwendig gerät. Erst als dieser Punkt aus dem Weg geräumt war und alle Charaktere zusammengearbeitet haben, um gegen die Gefahr vorzugehen, die von dem Sturmvogel ausging, zog die Handlung so weit an, dass ich all die märchenhaften Elemente wirklich genießen konnte. Vorher hat mich Amiras Verhalten so sehr gestört, dass ich ständig das Buch aus der Hand gelegt und nach einer Leseunterbrechung lieber zu einem anderen Roman mit einer weniger anstrengenden Protagonistin gegriffen habe. Ich muss zugeben, dass ich nicht weiß, ob ich weitere Veröffentlichungen von Aisha Bushby lesen werde. Ich habe die ganzen kleinen Geschichten in der größeren Geschichte genossen, ich mochte die märchenhaften und „orientalischen“ Elemente in „Moonchild – Voyage of the Lost and Found“, aber insgesamt habe ich mich einfach zu sehr über die Figuren geärgert.