Amber Kizer: Meridian – Dunkle Umarmung

Da es schon genügend Rezensionen gibt, die detailliert auf den Inhalt von „Meridian“ eingehen, gibt es hier von mir nur den Klappentext (sonst wird diese Rezi eindeutig zu lang zum Lesen! 😉 ).

„Mein Name ist Meridian. Ich gehöre leider nicht zu den Menschen, die man gerne zu Geburtstagsfeiern einlädt – denn obwohl ich es ganz sicher nicht will, muss ich mein Leben mit dem Tod teilen. Ich bin eine Fenestra: Durch mich gelangen die Seelen der Verstorbenen in den Himmel. Aber davon wusste ich nichts, bis ich sechzehn Jahre alt wurde – und plötzlich in großer Gefahr schwebte.“

Wie schon mal erwähnt, hatte ich bei der Beschreibung im Verlagskatalog das Gefühl, dass „Meridian“ eher keine Geschichte für mich ist. Ich bin so langsam ein wenig übersättigt, wenn es um solche Jugendromane geht. Dann habe ich dann so viele positive Rezensionen gelesen und Details erfahren, dass ich neugierig auf den Roman wurde. Letztendlich hinterlässt mich das Buch zwiegespalten, was wohl auch an meiner Art zu Lesen liegt.

Wenn ich lese, dann nehme ich eine Geschichte auf der einen Seite mit dem Verstand und auf der anderen Seite mit dem Gefühl war – und lese ich ganz privat für mich, dann erlaube ich meinem Gefühl gern die Oberhand zu übernehmen. Häufig ist ein Roman für mich dann richtig „gut“, wenn ich die Handlung miterleben kann. Da ist es mir dann auch egal, ob die Ausdrucksweise nicht ganz stimmig ist oder ob kleine Widersprüchlichkeiten vorhanden sind – und erst mit ein paar Tagen Abstand bin ich dann in der Lage ein objektives Urteil über das Buch abzugeben.

Bei „Meridian“ hatte ich ein paar Momente, wo das Gefühl über den Verstand siegte, aber dies hielt nie sehr lange an, da es einfach zu viele Unstimmigkeiten in der Geschichte gibt. Mich reizt die Grundidee sehr! Die Idee von einer Fenestra, die den Seelen nach dem Tod den Übergang ermöglicht, und viele andere Details haben mich wirklich angesprochen. Sehr schön fand ich auch die ganzen Szenen in der Küche und die Atmosphäre im Haus der Tante. Bei den ganzen Patchworkdecken zuckte es in meinen Fingern endlich wieder mit dem Nähen anzufangen, und dass die Tante ihre „Seelenreste“ über das Handarbeiten verarbeitet, gefiel mir auch. Aber ich muss zugeben, dass man mich mit gut geschriebenen Küchen- und/oder Handarbeitsszenen eh schnell auf seine Seite ziehen kann.

Was mich allerdings im Laufe des Romans immer wieder ärgerte, waren die ganzen „Issos“. Das sind die Dinge, bei denen eine Autor einfach sagt „Das ist eben so!“ ohne einen Hintergrund oder eine Erklärung zu bieten. Viele Dinge, die Amber Kizer vielleicht hatte erzählen wollen, musste ich mir selber zusammenreimen – doch selbst hier durfte man nicht zu genau hinschauen, da einen dann wieder die Unstimmigkeiten ansprangen.

Dabei hätte man all diese Dinge so leicht umgehen oder erklären können! Anfangs empfand ich Meridians Kindheit als einen guten Auftakt für diese Geschichte. Und mit ihr zusammen war ich als Leser ganz verwirrt auf dem Weg zu Meridians Tante, hoffte auf Aufklärung und war neugierig darauf, was mir die Geschichte zu bieten hat. Doch dann kam der Brief von Meridian Mutter, in der sie „erklärt“, warum sie ihre Tochter so abrupt wegschicken müsse. Allein dieser Brief hat mich schon unzufrieden zurückgelassen … Auf der einen Seite meint die Mutter, dass sie ihre Tochter liebt, sie so lange wie möglich hätte bei sich behalten wollen, dass es ihr leid täte, dass sie eine anständige Ausbildung durch die Tante verhindert hätte – und dass es sie immer gewundert hätte, dass Meridian nie gefragt hätte, warum ständig Tiere in ihrer Nähe sterben.

Um jetzt mal wohlwollend damit umzugehen, kann ich nun behaupten, dass die Mutter, die Fähigkeiten der Tochter ignoriert hätte, um die Tatsache zu verdrängen, dass sie Meridian an ihrem sechzehnte Geburtstag wegschicken müsse. Doch wenn dem so ist, dann frage ich mich, warum das Mädchen von den Eltern nie liebevoll behandelt wurde. Denn laut Meridian hat nur ihr kleiner Bruder sie manchmal umarmt und wie einen normalen Menschen behandelt.

Dann lese ich, dass eine Fenestra 106 Jahre alt wird, wenn sie nicht vorher eines unnatürlichen Todes stirbt. Unter diesen Umständen hätte ich spätestens beim 104 Geburtstag der Tante darauf bestanden, dass Meridian ausgebildet wird. Denn das die Zeit nicht reichen würde, wenn man den sechzehnten Geburtstag von Meridian (und 106sten der Tante!) abwartet, sollte wohl für alle Beteiligten erkennbar gewesen sein. Die Frage, warum eine Fenestra nicht älter wird, wird übrigens nicht beantwortet. Was mich dann doch wieder zu einem gequälten „Warum?“ veranlasst!

Und allein die Dummheit der Tante, die (wenn man sich mal das Tagebuch anguckt) jeden Unfall, jeden ungeklärten Todesfall einer Fenestra auf die bösen Aternocti schiebt, aber nicht in der Lage ist eine Verbindung zwischen diesen Bösewichten und dem unheimlichen Reverend der örtlichen Gemeinde zu ziehen, treibt mich die Wände hoch. Ich meine, wie viele Hinweise braucht man denn noch, wenn man schon zusehen muss, wie der Ort sich verändert, wie die Alteingesessenen vertrieben werden, wie die Tante quasi ein Berufsverbot auferlegt bekommt – und wie der Reverend anscheinend für den Tod eines Kindes, brennende Häuser und ähnliche wunderbare Entwicklungen verantwortlich ist?

Lustigerweise hat mir das Buch trotz des Ärgers über die Unstimmigkeiten irgendwie doch gefallen. Ich werde es bestimmt irgendwann noch einmal lesen, auch wenn mir dabei wohl durchgehend Gedanken durch den Kopf schießen werden, die sich darum drehen, wie man diese Geschichte stimmig erzählen könnte. Und einer Fortsetzung stehe ich auch nicht so abgeneigt gegenüber, werde diese dann aber wohl eher aus der Bibliothek ausleihen …

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