(Gesammelte) Leseeindrücke

„Die raunende Maske“ von Jonathan Stroud ist der dritte „Lockwood & Co.“-Band und obwohl ich die Reihe eigentlich sehr gern mag und unterhaltsam finde, war ich mit diesem Teil nicht ganz so zufrieden wie mit den anderen beiden Romanen. Beim ersten Band mochte ich, dass man die Welt (geplagt von Geistern, die nur von Kindern mit der richtigen Gabe bekämpft werden können) und die Figuren kennenlernen konnte und bei der Fortsetzung fand ich es interessant, wie sich die Zusammenarbeit zwischen Lucy, Lockwood und George entwickelt und wie sich die Agentur so nach und nach doch einen Ruf erwirbt. Aber in dem aktuellen Teil fand ich den Einstieg überraschend zäh und Lucys Auseinandersetzungen mit dem neuem Teammitglied nahmen zu viel Raum in der Geschichte ein. So richtig gepackt hat mich die Handlung erst, als Lockwood & Co. endlich in die Aktionen rund um die großen Geistererscheinungen in Chelsea involviert waren, die die gesamte Stadt seit Monaten beschäftigen. Wobei ich es da auch nicht hilfreich fand, dass die Inhaltsbeschreibung schon sämtliche relevante Daten vorweg nimmt und es so kaum noch Überraschungsmomente für den Leser gibt. Insgesamt hätte es dem Roman gut getan, wenn es weniger um Lucys Gefühlsleben und mehr um die Erscheinungen in Chelsea oder gar um die konkurrierenden Agenturen mitsamt ihren Besonderheiten gegangen wäre.

(gelesen im November 2015)

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„Emily Feather and the Enchanted Door“ von Holly Webb ist der erste Band um die zehnjährige Emily Feather, die herausfindet, dass es in ihrem Zuhause eine magische Tür gibt. Wobei diese Entdeckung für Emily relativ spät in der Geschichte kommt und von einer noch größeren Überraschung eingeleitet wird. Die vierteilige Reihe rund um Emily Feather ist für Kinder ab acht Jahren und das macht sich in der Erzählweise (, dem Seitenumfang und der Schriftgröße) natürlich bemerkbar. Aber ich habe mich mit Emily und ihrer Familie sehr wohlgefühlt und hatte viel Spaß die Eigenheiten der verschiedenen Familienmitglieder kennenzulernen, die Beschreibungen von Emilys Zuhause zu verfolgen und mit ihr einen kleinen Blick in eine für sie neue Welt zu werfen. Sehr niedlich, sehr erholsam und voller schöner kleiner Details! Ich freu mich jetzt schon auf die Fortsetzungen.

(gelesen im Januar 2016)

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„Charles Bewitched“ von Marissa Doyle ist ein 90 Seiten langes eBook, in der der Bruder der Leland-Schwestern noch einen Auftritt (und in gewisser Weise auch seine Liebesgeschichte) bekommt. Ich mochte die Grundidee (der 16jährige Charles kommt von Eton im Sommer nach Hause und ärgert sich, weil er in seinen Ferien Geschichte lernen muss – am Ende ist aber genau dieses Geschichtswissen überlebenswichtig für ihn und seine Schwester Persy) und ich mochte es, dass die Autorin ihr viktorianisches England um die Feenwelt erweitert hat. Allerdings hat die Geschichte deutlich darunter gelitten, dass sie so kurz war. So gab es weder glaubwürdige Charakterentwicklungen, noch konnten die diversen Wendungen in der Handlung wirklich befriedigend erklärt werden. Ich habe mich beim Lesen zwar wohlgefühlt, aber im Nachhinein gibt es ein paar Punkte, die mich ärgern. So ist Persy hier viel zu passiv (irgendwie scheint Marissa Doyle nicht in der Lage zu sein zwei aktive Protagonisten zu beschreiben), was mir auch nicht ausreichend mit „Magie“ erklärt werden konnte, es gibt definitiv ein Happy End zu viel, während ich bei Persys Dienstmädchen das Gefühl hatte, sie würde am Ende „entsorgt“, weil ja irgendeine Lösung für das Feenproblem gefunden werden musste. Außerdem stört mich der „das wurde aus allen Beteiligten“-Anhang, in dem aufgezählt wird, wie viele Kinder welches Paar im Laufe der Zeit noch bekommt. Bei so vielen Kritikpunkten habe ich das Gefühl, ich müsste noch einmal betonen, dass mir das Lesen wirklich Spaß gemacht hat – nur im Nachhinein hätte ich mir bei einigen Punkten eine andere Lösung oder eine Weglassung gewünscht!

(gelesen im Februar 2016)

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„Cobra“ von Deon Meyer ist ein weiterer Roman rund um den südafrikanischen Polizisten Bennie Griessel. Ich finde es lustig, dass ich die Kriminalromane von Deon Meyer zwar unheimlich toll finde, mir die Bücher aber nicht kaufe und immer nur Leseeindrücke dazu schreibe. Beim Lesen habe ich dieses Mal sehr darüber nachgedacht, warum mir Bennie Griessel trotz der Tatsache, dass er (trockener) Alkoholiker ist, so viel sympathischer ist als die diversen skandinavischen Ermittler mit Alkoholproblemen – und ich glaube, es liegt daran, dass Bennie deutlich aktiver ist. Er ist nur selten melancholisch und viel häufiger erlebt man bei ihm einfach eine zähe Grundhaltung, die dafür sorgt, dass er seinen Alltag durchhält und sein Bestes gibt. Aber es gibt auch hoffnungsvolle Momente und viele Dinge in seinem Leben, die er genießt, die ihm wichtig sind und die ihn immer wieder widerstehen lassen, wenn das Bedürfnis nach Alkohol zu groß wird. Dazu gibt es noch all die spannenden Details zum Leben in Südafrika, zu den verschiedenen Bevölkerungsgruppen und den Veränderungen, die immer wieder durch die jeweils aktuelle politische Situation entstehen. Auch für die Kriminalfälle beweist der Autor ein gutes Händchen, wobei die dargestellte Brutalität (die meinem Gefühl nach für einen Kriminalroman nicht übertrieben verwendet wird) zum Land und zur gesellschaftlichen Situation gut zu passen scheint. In „Cobra“ geht es auf den ersten Blick „nur“ um die Entführung eines wohlhabenden Engländers und die Ermordung seiner beiden Leibwächter, was für Bennie schon herausfordernd genug wäre, denn Fälle, in die Ausländer verwickelt sind, haben immer ihre eigene Brisanz. Dieses Mal kommen aber noch einige weitere erschwerende Faktoren hinzu, was die Sache doch deutlich komplizierter macht. Umso schöner fand ich es, dass Bennie Griessel sich eigentlich nur auf seinen Fall konzentriert und versucht alles andere so weit wie möglich zu ignorieren – und so letztendlich seinen eigenen Weg findet, um die Morde aufzuklären und der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen.

(gelesen im Februar 2016)

6 Kommentare

  1. Ich mochte "Die raunende Maske" zwar deutlich lieber als du und mich haben die von dir erwähnten Dinge (bis auf die wenigen Überraschungseffekte) auch nicht gestört, aber ich kann deine Kritikpunkte sehr gut nachvollziehen. Und trotzdem war auch dieses Buch einfach unglaublich nette Unterhaltung, fand ich.

  2. Ich habe die Reihe auch noch nicht aufgegeben, dafür fand ich die ersten beiden Teile zu nett. Aber ich habe mich beim Lesen doch überraschend häufig geärgert, weil der Autor für mich eindeutig die falschen Schwerpunkte gesetzt hat.

  3. "Die raunende Maske" habe ich auch noch vor mir, und die von dir genannten Punkte werden mich wahrscheinlich auch stören. So besonders interessant finde ich die Charaktere sowieso nicht; ich würde lieber mehr über den Hintergrund erfahren. Und obwohl ich Geistergeschichten ja wirklich mag, muß ich zugeben, daß ich mit der Bartimäus-Reihe insgesamt mehr Spaß hatte als mit Lockwood & Co.

  4. @Kiya: Bartimäus habe ich ja immer noch nicht gelesen, da habe ich also keinen Vergleich. Aber ich würde auch gern mehr über die Hintergründe lesen und weniger "Verliebtheit" – immerhin hat mir das Ende Hoffnung auf einen besseren vierten Band gemacht.

  5. Das ist immer ärgerlich, wenn ein Klappentext schon alle wichtigen Handlungspunkte vorwegnimmt.
    Ich habe von Jonathan Stroud bisher noch gar nichts gelesen. In "Bartimäus" habe ich mal reingelesen, aber da hat mir der Schreibstil nicht zugesagt, deshalb habe ich den Autor damals von meiner Liste gestrichen. Möglicherweise war es aber auch nur der falsch Zeitpunkt oder mir würde der Stil in anderen Werken von ihm besser gefallen.

  6. @Neyasha: Von "Bartimäus" kenne ich nur die ersten Seiten, aber der Schreibstil ist schon anders (wenn ich mich recht erinnere). Über Klappentexte ärgere ich mich seit Jahren immer wieder. Das schlimmste Beispiel ist immer noch der Krimi, bei dem der Klappentext den Mörder verriet, der aber innerhalb der Geschichte nur ganz am Anfang und ganz am Ende winzigkleine Auftritte hatte. Ohne die Erwähnung im Klappentext wäre das wirklich mal eine überraschende (und trotzdem stimmige!) Lösung gewesen … *seufz*

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