Hayley Long: Sophie Soundso

Über das Buch „Sophie Soundso“ von Hayley Long bin ich bei den Nominierungen für Dezember für „Das Jahr der Königskinder“ bei Anja gestolpert. Es gab zwar keine überzeugenden Argumente oder gar inhaltliche Aussagen zu dem Roman in dem Beitrag zu lesen, aber der Titel allein hat mich neugierig genug gemacht. Kurz vor Weihnachten konnte ich das Buch dann in der Bibliothek ausleihen, habe einen ersten Blick hineingeworfen und war erst einmal irritiert. Und fasziniert. Und verwirrt. Und nahm mir dann vor, dass ich mir mehr Zeit und etwas mehr Ruhe für Sophies ungewöhnliche Erzählweise nehmen würde. Denn Sophie ersetzt die gesamte Geschichte hindurch Substantive durch Wörter, die eine vollkommen andere Bedeutung haben, was mich beim Lesen immer wieder stutzen ließ und dafür sorgte, dass ich stellenweise ein paar Seiten brauchte, um herauszufinden, welches richtige Wort da eigentlich in den Satz gehört. Das hat mich in überraschend hohem Grad beim Lesen gestört, obwohl man Sophies „Ersatzwörter“ in der Regel schnell auf die Reihe bekommt, ihre Geschichte problemlos verstehen kann und wirklich nur wenige Wörter für mich nicht gleich erschließbar waren. Vor allem hat mich aber irritiert, dass ich keinen Grund für diese Erzählweise fand, bis am Ende des Romans in einem Gespräch deutlich wird, weshalb sie ihre Geschichte auf diese Weise aufgeschrieben hat.

Grundsätzlich ist diese ungewöhnliche Erzählweise zwar ein netter Kniff der Autorin, aber auch ohne dieses Element hätte die Geschichte rund um Sophie für mich gut funktioniert. Die gesamte Handlung hindurch ist Sophie auf der Suche nach ihrer eigenen Identität, was für einen Teenager – Sophie ist 14 Jahre alt, als sie die Geschichte erzählt, – nicht ungewöhnlich ist, aber bei ihr besondere Gründe hat. Sophie lebt zusammen mit ihren Eltern und ihrem siebenjährigen Bruder Hercule in einem Mehrfamilienhaus in Brüssel. In der ruhigen Straße, die schon bessere Zeiten gesehen hat, scheinen sich all ihre Erinnerungen zu sammeln, und doch gibt es immer wieder Momente, bei denen sie sich fragen muss, ob eine Szene aus ihrer Vergangenheit stammt oder etwas ist, das sie mal im Fernsehen gesehen hat. Wenn sie ihre Eltern nach solchen Erinnerungen fragt oder nach all den anderen Dinge, die in ihrem Leben anders zu sein scheinen als im Leben ihrer Klassenkameraden, dann bekommst sie ausweichende oder verwirrende Antworten. Und je mehr sich diese seltsamen Momente häufen, desto mehr fragt sich Sophie, welches Geheimnis ihre Eltern verbergen und wer sie selbst eigentlich ist.

Dabei werden die Ereignisse von Sophie nicht chronologisch erzählt, so dass man den Teil der Geheimnisse, an den sich das Mädchen teilweise sogar erinnern kann, schon zu Beginn des Romans erfährt. Diese Vorgeschichte macht einen als Leser aber nur neugieriger auf die Hintergründe rund um die ungewöhnliche Ankunft von Sophie und ihrer Mutter in Belgien. So wird die Handlung von Hayley Long in fünf Teile aufgeteilt, die Sophies Suche nach der Wahrheit und ihr Verarbeiten der ganzen Informationen darstellen. Die Betitelung der verschiedenen Teile – „Sophie im Schockstress“, „Sophie Nirgendwer“, „Sophie Sherlock“, „Sophie Pratt“ und „Sophie Soundso“ fassen Sophies Weg auf der Suche nach den Ereignissen in der Vergangenheit und dem Grund für die Lügen ihrer Eltern schön zusammen. Ich mochte Sophie wirklich gern und ich habe sie gern auf ihrem Weg begleitet. Auch gefiel es mir, wie die Autorin Sophies Verhältnis zu ihrer Familie oder zu ihrer besten Freundin Comet dargestellt hat. Denn gerade weil Sophie eigentlich so behütet aufgewachsen ist, fällt es ihr so schwer, mit den Geheimnissen in ihrem Umfeld umzugehen. Und als Sophie anfängt nachzuforschen und Antworten auf all die vielen Fragen findet, die sie beschäftigen, da hat sie zwar Angst vor dem, was sie enthüllt, lässt sich davon aber nicht abhalten und ist sogar reif genug, um Unterstützung, die ihr angeboten wird, auch anzunehmen.

Ich muss gestehen, dass ich es schwierig finde, mehr zu dem Buch zu schreiben, weil ich Angst habe, dass ich zu viel zur Handlung verrate. Denn das Besondere an „Sophie Soundso“ ist eben nicht nur die ungewöhnliche Erzählweise, sondern auch all die kleinen Szenen, in denen man Sophie, ihre Familie und ihre Freunde (und Nachbarn) kennenlernt und die Momenten, in denen sie nicht weiß, wie sie damit umgehen soll, dass ihre Eltern auch nur Menschen mit Schwächen und Fehlern sind. Würde ich hier erzählen, was mich an diesen Passagen so berührt, amüsiert oder bedrückt hat, müsstet ihr den Roman nicht mehr lesen, was wirklich schade wäre, denn ich habe wirklich schöne Stunden mit Sophie und ihrer Suche nach ihrer Identität verbracht und mir am Ende aus mehr als einem Grund ein Tränchen verdrücken müssen.

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