Nachdem ich bislang in diesem Jahr keine Hörbücher gehört hatte, habe ich gerade einen richtigen Lauf und bin schon beim vierten Hörbuch in diesem Monat. „King City“ von Lee Goldberg wird nicht jedem Hörer gefallen, denn die Handlung ist unrealistisch, simpel gestrickt und voller amerikanischer Ideale. Wer aber kein Problem mit Geschichten hat, in denen ein guter, aufrechter Polizist gegen eine durch und durch korrupte Stadt antritt, in der sich die Gangster und die Politiker nichts nehmen, der bekommt mit „King City“ ein gut eingelesenes und unterhaltsames Hörbuch. Ich muss gestehen, dass ich mir beim Zuhören immer wieder Clint Eastwood als den Protagonisten Tom Wade vorgestellt habe (und zwar weniger wegen der „Dirty Harry“-Filme als wegen seiner Rolle in „Gran Torino“).
Zu Beginn von „King City“ bekommt man mit, wie der Polizist Tom Wade seine Kollegen wegen Korruption verpfeift und deshalb fast zwei Jahre vom Dienst freigestellt wird. Nachdem der Prozess abgeschlossen ist, gibt es keinen Grund mehr, ihn nicht wieder in den aktiven Dienst zu stellen – doch niemand möchte mit jemandem zusammenarbeiten, der seine eigenen Kollegen an die Justizbehörde meldet. Um Tom Wade auf die eine oder andere Art loszuwerden, bekommt er die neu eingerichtete Polizeistelle in „Darwin Gardens“ (einer Gegend, in der nur die Stärksten überleben) zugeteilt. Gemeinsam mit zwei Kollegen, die gerade erst ihre Ausbildung beendet haben, soll er in dem schlimmsten Viertel der Stadt wieder für Recht und Ordnung sorgen. Dass man mit gerade mal drei Personen keinen Stadtteil abdecken kann, ist dabei sowohl Tom als auch seinen Vorgesetzten bewusst, aber um den viel zu aufrechten Polizisten loszuwerden, ist dem Polizeichef jedes Mittel recht.
Ich gebe zu, ich finde es ab und an sehr erholsam, einer Figur zuzuhören, die voller Ideale und Überzeugungen ist und die zu nicht immer gesetzeskonformen Mitteln greift, um für das Gute zu streiten. Bei „King City“ sind die in der Stadt herrschenden Regeln wirklich extrem. So wird die Südstadt inzwischen nicht mehr auf Stadtplänen ausgewiesen und es gibt auch keine Streifenbeamten oder sonstige Rechtsvertreter, die in diesem Teil der Stadt für Ordnung sorgen. Stattdessen ist es üblich, die Obdachlosen, Verwirrten oder lästige Kriminelle dieser und umliegender Städte in „Darwin Gardens“ abzuladen und darauf zu hoffen, dass sich die mit diesen Personen verbundenen Probleme so von selbst lösen. So kämpft Tom Wade in den ersten Tagen auf seiner neuen Wache vor allem darum, den wenigen alteingesessenen Anwohnern zu zeigen, dass die Polizei wieder präsent ist und von nun an dafür sorgen wird, dass Recht und Ordnung ins Viertel zurückkehren werden. Dass er sich dabei mit dem örtlichen Gangsterboss ebenso wie mit seinen Vorgesetzten anlegt, versteht sich dabei von selbst.
Für etwas Auflockerung in dieser Geschichte sorgt das Verhältnis von Tom Wade zu seinen beiden jungen Kollegen. Der häufig naiv wirkende Billy nimmt anscheinend alles auf die leichte Schulter und findet es eher cool, wenn die Gefahr besteht, dass er angeschossen wird. Die deutlich ernsthaftere Charlotte hingegen ist anfangs überaus empört darüber, dass man sie in diesen Stadtteil abgeschoben hat, obwohl sie die besten Noten auf der Polizeischule hatte. Vor allem ist sie wütend darüber, da ihr nur zu bewusst ist, dass sie diesen Posten der Tatsache zu verdanken hat, dass sie sowohl farbig als auch eine Frau ist. Für sie sind Tom Wades Regelbrüche – selbst wenn sie nachvollziehen kann, warum er sie begeht – nur schwer erträglich. Auf der anderen Seite ist sie gewillt, gegen all die Ungerechtigkeiten, die sie Tag für Tag in „Darwin Gardens“ sieht, vorzugehen. Ich mochte das Verhältnis dieser drei Figuren zueinander und die unterschiedlichen Sichtweisen dieser Charaktere auf die diversen Vorfälle.
Gesprochen wird das Hörbuch von Klaus-Dieter Klebsch, dessen dunkle raue Stimme gut zur Atmosphäre in „King City“ passt. Seine ruhige Erzählweise betont die lakonische Art von Tom Wade, es gelingt dem Sprecher aber auch, den ausführlichen Gedanken, die sich der Protagonist zum Verfall von „Darwin Gardens“ oder zu den Verhaltensweisen der verschiedenen Personen macht, gerecht zu werden. Obwohl es mit einer so tiefen Stimme für einen Sprecher eher schwierig ist, eine Frau darzustellen, hatte ich nie das Gefühl, dass das leichte Anheben der Stimme, das Klaus-Dieter Klebsch in diesen Passagen verwendete, gekünstelt oder unangenehm klingen würde. Insgesamt habe ich mich mit „King City“ wirklich gut unterhalten gefühlt und wenn ich mal wieder Lust auf diese spezielle Art von Geschichte habe, werde ich schauen, ob ich weitere Hörbücher von Lee Goldberg (und mit etwas Glück gesprochen von Klaus-Dieter Klebsch) finde.
Guten Morgen Winterkatze,
gut gesprochen ist so ein Hörbuch manchmal schon ein Genuß und du beschreibst es wieder einmal sehr sehr gut.
Aber ob ich mir das von dir besprochene Hörbuch beim bügel "antun" würde, keine Ahnung.
Amerika und Polizisten ich habe schon soviel davon gelesen. :-))
Hab einen schönen Tag.
Lieben Gruß Eva
Diese Art von Geschichten ist wirklich nicht für jeden etwas und da man sie schon so oft gehört/gesehen/gelesen hat, muss ich auch in der richtigen Stimmung dafür sein. Aber da die Stimmung in den letzten Tagen gepasst hat, fand ich es sehr unterhaltsam.
Ich wünsche dir auch einen schönen Tag! 🙂