Simon Brett: Ein Toter kommt selten allein

Ich hatte vor ein paar Jahren die Romane „Mord im Museum“ und „Der Tote im Hotel“ von Simon Brett aus der Bibliothek ausgeliehen – und mich von den Büchern gut unterhalten gefühlt. Seitdem halte ich die Augen auf nach weiteren Titel dieses Autoren und war froh, als ich „Ein Toter kommt selten allein“ in die Hände bekam. Allerdings ist „Ein Toter kommt selten allein“ oder genauer gesagt die Krimi-Serie mit Carole Seddon und Jude Nichols mal wieder ein schönes Beispiel für eine seltsame Veröffentlichungspolitik. Denn wie ich inzwischen herausfand, ist der zuletzt veröffentlichte Titel der erste Teil der Reihe, während die beiden zuerst erschienenen Romane Band 4 und 5 sind.

„Ein Toter kommt selten allein“ lebt von den beiden gegensätzlichen Hauptfiguren. Carole Seddon ist eine frühpensionierte Beamtin, überkorrekt, sehr konservativ und nicht gerade die Herzlichkeit in Person. Sie weiß immer, was sich gehört – und versucht natürlich auch dementsprechend zu handeln. So ist es für sie auch selbstverständlich, dass sie die Polizei ruft, als sie beim morgendlichen Strandspaziergang eine Leiche findet. Was die Polizisten allerdings nicht so ganz verstehen können, ist, dass Carole vor dem Anruf noch ihren Hund baden musste, weil er sonst ihr Häuschen verdreckt hätte. So ist es vielleicht auch nicht verwunderlich, dass die Beamten (da sie keine Leiche am Strand finden konnten) Carole eher für eine hysterische Frau halten, die etwas Aufmerksamkeit sucht, statt wirklich nach einem Toten Ausschau zu halten.

Einzig Jude nimmt sie ernst, dabei ist die neue Nachbarin Carole so ungemein suspekt. Sie ist viel zu locker, verrät nicht, womit sie ihr Geld verdient, stellt sich nur mit Vornamen vor und ist überhaupt alles andere als eine respektable Person! Aber sie glaubt Carole und gemeinsam beginnen die beiden Frauen ihre Nase in die Angelegenheiten der Nachbarn zu stecken, um mehr darüber herauszufinden, wer der Tote gewesen sein könnte – und wer ihn ermordet hat! Und da in Fethering, dem kleinen Küstenort, in dem Carole und Jude leben, eine ganz eigene Gesellschaft haust, gibt es so einiges für die beiden Hobbydetektivinnen zu entdecken.

„Ein Toter kommt selten allein“ fällt bei mir in die Kategorie „nett und unterhaltsam, aber nicht besonders spannend“. Carole und Jude sind etwas überzogen, aber sehr liebevoll dargestellt, und durch ihre unterschiedliche Wesensart gibt es immer wieder amüsante Momente zu erleben. Auch der Ort Fethering ist eine Sache für sich – voller arroganter Personen, deren renovierte (Haus-)Fassaden doch nur ein marodes Familienlebern vertuschen soll, und vor allem voller ungeschriebener Regeln, die mir ein – zum Teil fassungsloses – Grinsen beschert haben.

Oft liegt bei diesen eher gemütlichen britischen Krimis ein Vergleich mit Agatha-Christie-Romanen nahe. So gehören auch die Bewohner von Fethering zu einer eher geschlossenen Gemeinschaft, in der jeder die Schwächen des anderen kennt, und wo es vor sehr individuellen Figuren wimmelt. Es gab sogar in der Vergangenheit des Ortes Bemühungen weitere Zuzüge zu verhindern, damit man schön „unter sich“ bleiben kann! Insgesamt fand ich die Auflösung des Mordes und die Hintergründe der Geschichte recht vorhersehbar, was aber nichts am Unterhaltungswert des Romans ändert. Denn unterhaltsam ist die Handlung und ich konnte wunderbar über all die kleinen Szenen schmunzeln, in denen die Spießbürgerlichkeit von Carole und ihren Nachbarn gezeigt wird – und wie sehr Jude mit ihren unkonventionellen Art diese Leute irritiert. Wer also einen anspruchslosen, aber wirklich netten englischen Kriminalroman sucht, wird mit „Ein Toter kommt selten allein“ gut bedient.

5 Kommentare

  1. Mir ging gerade durch den Kopf, daß in der Amelia-Peabody-Reihe die Autorin auch später Romane schrieb, die zeitlich zwischen den bereits erschienenen einzuordnen sind… Könnte das auch hier vorgekommen sein?

  2. @Natira: Leider nicht, das wäre ja eine Erklärung. 😉 Aber wenn ich nach den englischen Veröffentlichungsdaten gehe, dann hat der Autor die schön der Reihe nach geschrieben und das Original von "Ein Toter kommt selten allein" wurde als erstes veröffentlicht …

  3. Hm … klingt ja eigentlich ganz nett, aber andererseits nicht nach nem Buch, das mir liegen würde. (Irgendwie bin ich in Sachen Krimi echt schwierig geworden!)

    Hast du eigentlich mal die Lady-Bedfort-Hörspiele gehört, Winterkatze?

  4. @Irina: Bei "netten" Krimis bin ich immer noch sehr offen für unterhaltsame Geschichten, nur bei "ernsthaften" Krimis bin ich entsetzlich nörgelig. Ich hasse es, wenn ich spätestens nach einem Drittel des Buches den Täter kenne und sich der Rest nur nach "ich muss es noch etwas kompliziert machen" anfühlt. 😉

    Nein, die Lady-Bedfort-Hörspiele kenne ich nicht – kannst du die empfehlen?

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