Über „Murder at the Brightwell“ von Ashley Weaver bin ich über Twitter gestolpert und da das Buch als „Wohlfühlroman“ und amüsanter Krimi bezeichnet wurde, habe ich mir spontan das eBook runtergeladen und gelesen. Die Handlung spielt im Jahr 1932 und die Geschichte wird aus der Perspektive von Amory Ames erzählt, einer noch relativ jungen Dame der Gesellschaft, die seit fünf Jahren mit Milo Ames verheiratet ist. Dass es mit ihrer Ehe nicht zum Besten steht, erfährt man schon auf den ersten Seiten. Milo ist ein Lebemann, der die vergangenen Monate ohne seine Frau an der Riviera verbracht und sich dort – wenn man den Gesellschaftsseiten der Zeitungen glauben darf – gut amüsiert hat. Trotz dieser Entfremdung zwischen Milo und Amory wird deutlich, dass es doch immer noch zwischen den beiden funkt, auch wenn sie anscheinend nicht wissen, wie sie ihre Ehe retten sollen.
So ganz sicher ist sich Amory auch nicht, ob sie ihre Ehe noch retten will, und so hat sie keine Hemmungen, gemeinsam mit ihrem ehemaligen Verlobten Gil Trent in ein Hotel an der See zu fahren, als dieser sie darum bittet. Dabei hat Gil nichts Romantisches im Sinn, sondern das Wohl seiner kleinen Schwester Emmeline, die sich gerade erst mit Rupert Howe verlobt hat. Gil ist sich sicher, dass Rupert Emmeline nicht liebt und definitiv nicht der richtige Mann für seine kleine Schwester sein wird. So hofft er, dass Amory, die früher einen gewissen Einfluss auf Emmeline hatte, seine Schwester davon überzeugen kann, dass Rupert nicht gut genug für sie ist. Doch bevor Amory überhaupt die Gelegenheit hat, den in dem Hotel am See versammelten Freundeskreis von Gil, Emmeline und Rupert besser kennenzulernen, wird Rupert ermordet und Gil als vermeintlicher Mörder verhaftet. Nun geht es für Amory nicht mehr darum, Emmeline vor dem gleichen Fehler zu bewahren, den sie selbst vor Jahren begangen hat, sondern zu beweisen, dass Gil nicht der Täter ist.
Ein Punkt, den ich an „Murder at the Brightwell“ sehr mochte, ist, dass Amory und der ermittelnde Inspector Jones sehr respektvoll miteinander umgehen. Man hat bei beiden das Gefühl, dass sie anerkennen, dass ihr Gegenüber intelligent ist und dass es ihnen beiden darum geht, dass der Mörder überführt wird. Das ändert natürlich nichts daran, dass Inspector Jones fest davon überzeugt zu sein scheint, dass Gil der Mörder ist, während Amory ebenso fest davon überzeugt ist, dass ihr ehemaliger Verlobter einer solchen Tat nicht fähig wäre. So kommt es, dass Amory gemeinsam mit Milo, der überraschend im Hotel auftaucht, anfängt zu ermitteln. Ich mochte das Zusammenspiel zwischen Amory und Milo sehr, gerade weil die beiden sich die ganze Zeit nicht sicher waren, was der andere empfindet, während es gleichzeitig für den Leser offensichtlich ist, dass die beiden noch Gefühle füreinander haben, sich aber nicht trauen, diese dem anderen einzugestehen, weil sie Ablehnung fürchten.
Der Kriminalfall selbst ist sehr klassisch aufgebaut. Es gibt eine überschaubare Gruppe, die mit dem Opfer bekannt war, und auf den ersten Blick gibt es keinen offensichtlichen Grund dafür, dass jemand Rupert ermorden wollen würde. Gemeinsam mit Amory, die als Außenseiterin dazukommt, lernt man als Leser die verschiedenen Personen und ihre Beziehungen zueinander kennen, was wirklich nett zu lesen ist – wobei ich hier anmerken muss, dass ich die Nebencharaktere nicht so prägnant fand, dass ich auf Anhieb die verschiedenen Personen problemlos zuordnen konnte. Trotzdem habe ich mich gut unterhalten gefühlt und eifrig mitgeraten, wer denn welchen Grund gehabt haben könnte, um zum Mörder zu werden. Ab dem zweiten Mord wurden die Hintergründe zwar dann offensichtlicher, aber insgesamt hat Ashley Weaver einen soliden Kriminalfall konstruiert.
Mir hat „Murder at the Blightwell“ gut gefallen, denn auch wenn die Probleme von Amory und Milo mit einem anständigen Gespräch hätten geklärt werden können, konnte ich die Beziehung der beiden angesichts der Persönlichkeiten der beiden Figuren und der Zeit, in der die Geschichte spielt, so akzeptieren. Ein bisschen haben mich die beiden an Nick und Nora Charles („Der dünne Mann“) erinnert, nur dass Amory nicht über das gleiche Selbstbewusstsein wie Nora verfügt und somit Probleme mit der Lebensweise ihres Mannes hat, statt mit ihm mitzuhalten und ihn regelmäßig herauszufordern. Ich hätte aber auch nichts dagegen, wenn sich Amory im Laufe der folgenden Bände noch weiter entwickeln und langfristig selbstbewusster mit Milos Verhalten umgehen würde. Alles in allem habe ich mich mit diesem Cozy gut amüsiert und habe schon mal den zweiten Teil der Reihe auf den Merkzettel gesetzt.