Nachdem ich „The Making of Home“ von Judith Flanders beendet hatte (bei dem sich das letzte Kapitel doch sehr mit dem Thema Küche beschäftigt hat), lag es nah nicht zu meinen angefangenen Sachbüchern („What Jane Austen ate and Charles Dickens know“ – thematisch immerhin teilweise passend – und „Geschichte Afrikas“) zu greifen, sondern „Am Beispiel der Gabel – Eine Geschichte der Koch- und Esswerkzeuge“ von Bee Wilson aus dem Leihstapel von Natira zu ziehen. Das hatte auch den Vorteil, dass ich mich nicht mit einer unangenehmen Schrift(größe) herumschlagen musste, was in den letzten Wochen regelmäßig dazugeführt hat, dass ich mit meinen Sachbüchern nicht besonders gut vorangekommen bin.
Bee Wilson beschäftigt sich in „Am Beispiel der Gabel“ mit folgenden „großen“ Themen: „Töpfe und Pfannen“, „Messer“, „Feuer“, „Messen“, „Zerkleinern“, „Essen“ , „Eis“ und „Küche“. Dabei geht sie auf die Geschichte der jeweiligen Küchenutensilien ein, auf die (vermutliche) Entstehung, auf die Art der Verwendung, auf die Weiterentwicklung und welche Folgen diese Weiterentwicklung für die Zubereitung von Essen und die Esskultur im Allgemeinen hatte. Dabei beschränkt sich Bee Wilson nicht auf eine bestimmte Region, sondern vermittelt jedes interessante Detail, das ihr zu dem Thema untergekommen ist. So wird zum Beispiel in dem Kapitel über „Messer“ eine Studie zum Thema „Gebissentwicklung“ erläutert, die ich sehr spannend fand.
Überhaupt haben mich vor allem diese kleinen Abschweifungen gefesselt, weil dort überraschende und interessante Details erwähnt wurde, über die ich vorher noch nicht gestolpert war. Während ich in den Passagen zu den jeweiligen Kücheuntensilien vieles gefunden habe, was mir schon vertraut war. Trotzdem habe ich auch diese schon bekannten Details mit Vergnügen gelesen, weil Bee Wilson locker, unterhaltsam und mit einem persönlichen Touch darüber schreibt. Es ist einfach ein Unterschied, wenn ein Autor einfach schreibt, dass das Kochen früher anstrengend war, oder wenn einen Bee Wilson dazu auffordert sich vorzustellen, dass man für einen Kuchen erst einmal stundenlang Eiweiß mit einem Zweigbündel zu Eischnee schlagen muss, bevor man überhaupt den Teig anrühren kann. Ich mochte auch die diversen Zitate aus alten Rezepten, die einem so schön deutlich vor Augen führten, wie viel sich allein in den letzten Jahrzehnten in der Küche verändert hat.
Außerdem kann ich nach dem Lesen dieses Sachbuchs genau verstehen, warum Natira unter anderem so fasziniert von dem Abschnitt über Löffel war. Wobei ich nach dem Lesen meine Löffel nicht mit neuem Blick betrachte, sondern mich eher während des Lesens an die diversen Löffel erinnert habe, mit denen ich schon gegessen oder meinen Tee umgerührt habe. So hat meine Mutter zum Beispiel Teelöffel, die Rosen nachempfunden sind. Die Laffen sind blattförmig mit gezackten Rändern, die Stiele erinnern an verschlungene Rosenstöcke und am Ende eines jeden Stiels befindet sich natürlich eine Rosenblüte. So hübsch die Löffel sind, so wenig nutzbar finde ich sie. Sie liegen schlecht in der Hand, wenn man Zucker in den Tee geben oder umrühren will und schrecklich klein sind sie auch – und so haben sie mich an einige der im Buch beschriebenen Löffel erinnert. 😉
Amüsant fand ich auch die Passagen über die 1926 von Margarete Schütte-Lihotzky entworfene „Frankfurter Küche“. Während Bee Wilson von der Zweckmäßigkeit und der durchdachten Anordnung der Möbelstücke hingerissen zu sein scheint, hatte ich nach dem Lesen von Judith Flanders Meinung vor allem Kritik in Erinnerung. Schließlich war die Küche so entworfen worden, dass sie nur mit elektrischen Geräten funktionierte – und wurde anscheinend auch in Wohnungen eingebaut, die noch nicht über elektrische Anschlüsse verfügten. Außerdem hat die schlauchförmige Form der Küche dafür gesorgt, dass wirklich nur noch eine Frau darin hantieren konnte, was bedeutete, dass Zusammenarbeit von mehreren Personen oder gar der Aufenthalt der Kinder in der Küche während die Mutter kochte unmöglich wurden. Ich kann sowohl die Begeisterung, als auch die Kritik verstehen, finde es aber lustig welchen Schwerpunkt welche Autorin setze.
Insgesamt hat mir das Lesen von „Am Beispiel der Gabel“ viel Spaß gemacht. Nicht alle Informationen waren neu für mich, aber trotzdem fand ich die verschiedenen Abschnitte informativ und unterhaltsam. Und nach der Lektüre von „The Making of Home“ fand ich es auch sehr angenehm, dass ich mich beim Lesen etwas mehr entspannen konnte, weil die Informationen nicht ganz so dichtgedrängt und mit – häufig amüsanten – bildhaften Beschreibungen vermittelt wurden.