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Charlotte Lyne: Alles über Shakespeare

Ich habe bislang noch nichts von Charlotte Lyne gelesen, wenn man nicht die ersten Seiten von „Das Mädchen aus Bernau“ mitzählt. Diese ersten Seiten konnten mich damals beim Anlesen nicht packen, weshalb der Roman ungelesen zurück in die Bibliothek wanderte. „Alles über Shakespeare“ hingegen fand ich sehr angenehm geschrieben, interessant und unterhaltsam und bin froh, dass ich über Natiras Rezension zur Sachbuch-Challenge 2014 auf das Buch aufmerksam wurde (und dass sie es mir geliehen hat 😉 ).

Als Abiturientin begleiteten mich lange Zeit auf dem Weg zur Schule die Bände einer dicken (und verflixt schweren) Shakespeare-Ausgabe, und so habe ich die täglichen Fahrten mit Bus und Bahn inklusive Wartezeit zum Lesen seiner Stücke genutzt. Auch wenn das lange her ist, so habe ich doch einiges von Shakespeare gelesen und kann die meisten Stücke und Figuren – spätestens nach etwas Bedenkzeit – recht gut zuordnen. Was ich über Shakespeare weiß, ist hingegen gering und stammt zum Großteil aus (britischen) Kriminalromanen. Gerade die Theaterliebhaberin Ngaio Marsh hat einige Krimis geschrieben, die sich auch um Shakespeare und seine Werke drehen, aber auch sonst gibt es eine Menge Romane, die entweder rund um Stratford-upon-Avon spielen und allein deshalb schon immer wieder zu Verweisen auf den Dichter einladen, oder die auf seine Stücke – entweder durch Zitate oder durch das Aufgreifen des Grundmotivs – anspielen.

Mit so wenig Hintergrundwissen fand ich es sehr angenehm, die wenigen Fakten, die man über Shakespeare weiß, und die viele Aspekte, die vermutet oder unterstellt werden, eingebettet in einen – natürlich nur groben, aber vollkommen ausreichenden – Einblick in die Zeit und ihre politischen und sozialen Hintergründe, präsentiert zu bekommen. Charlotte Lyne sagt dabei ganz offen, wie wenig Wissen wirklich belegt ist und wie viel nur angenommen werden kann. Trotzdem gelingt es der Autorin, dem Leser ein angenehmes Gefühl von Stimmigkeit zu vermitteln, wenn sie die Fakten mit ihren Rückschlüssen aufgrund von Zeitgeschehen und wiederkehrenden Aussagen aus den verschiedenen Shakespeare-Stücken kombiniert.

Natürlich kann auch sie nicht die Frage klären, ob all diese Stücke tatsächlich aus einer Feder stammten und wie das Leben von William Shakespeare wirklich aussah, und ganz objektiv ist die Autorin in ihrer Begeisterung für den Dichter gewiss auch nicht, aber Charlotte Lyne gibt einem eine gute Vorstellung davon, wie das Leben in der elisabethanischen Zeit für einen Theaterautor war und welche Umstände sein Leben und sein Werk beeinflusst haben (könnten). Und all das wird so unterhaltsam und interessant präsentiert, dass ich in meinen Arbeitspausen gern zu dem Buch gegriffen habe, um wieder ein kleines Stückchen zu lesen und mir Gedanken über Shakespeare und seine Stücke zu machen.