Über „Verwüstung – Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges“ von Peter Englund bin ich durch Birthes begeisterte Rezension zu dem Titel gestolpert. Es hat dann gut ein Jahr gedauert, bis ich das Buch in der Bibliothek ausleihen und lesen konnte, aber das Warten hat sich definitiv gelohnt. Der Dreißigjährige Krieg war in meinem Geschichtsunterricht nicht viel mehr als eine Randnotiz, die mit dem Prager Fenstersturz eingeleitet und wenige Sätze später mit dem Westfälischen Frieden beendet wurde. Hätte ich nicht als Jugendliche „In dreihundert Jahren vielleicht“ von Tilman Röhrig gelesen, hätte ich wohl in den vergangenen Jahren Schwierigkeiten gehabt, diesen Krieg auch nur grob zeitlich einzuordnen. Jahreszahlen in geschichtlichen Zusammenhängen liegen mir wirklich nicht.
Mit so wenig Vorwissen fand ich es sehr spannend, diesen dicken Schinken (848 Seiten inklusive Anhänge) zu lesen und mehr über den Dreißigjährigen Krieg zu lernen. Dabei macht Peter Englund es dem Leser recht leicht, indem er nicht nur über den Krieg (bzw. diese vielen Kriege, die rückblickend als Dreißigjähriger Krieg bezeichnet wurden) – natürlich mit schwedischen Schwerpunkt – schreibt, sondern auch immer wieder vom Leben und dem Glauben (sowohl im religiösen als auch im „wissenschaftlichen“ Sinn) der Menschen erzählt und skurrile, spannende oder faszinierende Begebenheiten aus dieser Zeit in den Text einflicht. Einen roten Faden in diesem Buch bildet das Leben des Erik Jönsson, dessen Tagebücher und Skizzen auch immer wieder vom (militärischen) Alltag zu dieser Zeit zeugen.
Trotz des großen Umfangs und all dieser Informationen, die das Buch beinhaltet, lässt es sich wirklich gut lesen. Peter Englunds Sprache hat mir persönlich sehr zugesagt und ich mochte die – manchmal vielleicht etwas flapsig formulierten – knackigen Beschreibungen der verschiedenen Charaktere. Obwohl wirklich viele Parteien und Personen in diesem Krieg eine Rolle spielen, hatte ich keine Probleme, die verschiedenen Gruppen und Personen auseinanderzuhalten und mich an frühere Erwähnungen zu erinnern. Auch die ausführlichen Schlachtbeschreibungen, die Birthe nicht so gefallen haben, fand ich spannend, weil man wirklich gut verfolgen konnte, welche Aspekte den Ausgang einer Schlacht beeinflussten, welche politischen Einflüsse dazukamen und wie sich die Art und Weise, in der eine Schlacht geführt wurde, im Laufe der Zeit (oder je nach Befehlshaber) verändert hat. Allerdings fand ich die kleine Schrift und die relativ wenigen Absätze sehr anstrengend, und sobald ich etwas müde wurde, hatte ich das Gefühl, dass meine Augen keinen Halt in der Textmasse mehr finden.
Was mich bei diesem Buch – ebenso wie beim Lesen von Mary Roberts Rinehards „Kings, Queens and Pawns – An American Woman at the Front“ (das ich auch endlich mal beenden sollte) – wieder sehr beschäftigt hat, ist, wie wenig sich die Menschheit doch in all der Zeit verändert hat. Bei Mary Roberts Rinehard sind es immer wieder die in der Rückschau sehr naiv anmutenden Aussagen der Autorin, dass die Welt doch aus den Ereignissen des Ersten Weltkriegs lernen muss, wie sinnlos und wie menschenverachtend Krieg doch sei, während mich bei „Verwüstung“ vor allem die Passagen rund um die Beweggründe der diversen Parteien beschäftigt haben. Es gab so viele Momente in diesen drei Jahrzehnten, zu denen man den Krieg hätte beenden können, aber eben auch so viele Parteien, die mit einem Gewinn daraus hervorgehen wollten, dass keine den ersten Schritt machen oder gar einen Verlust erleiden wollte. Das alles ist leider heute immer noch erschreckend aktuell, obwohl die vergangenen Jahrhunderte doch gezeigt haben, dass eine solche Haltung weder für die Menschen noch für Wirtschaft und Politik langfristig von Nutzen ist.