So gern mein Mann und ich asiatische Filme mögen, so wenig haben wir uns in den letzten paar Jahren darüber auf dem Laufenden gehalten. Umso neugieriger waren wir auf „Red Cliff“, als der Film vor ein paar Tagen im Fernsehen lief. Allerdings waren wir auch ziemlich skeptisch, da wir wussten, dass die europäische Fassung deutlich gekürzt wurde. In China kam „Red Cliff“ ursprünglich als Zweiteiler in die Kinos, wobei jeder einzelne Film über zwei Stunden dauerte, während die deutsche Fernsehausstrahlung insgesamt nur gut zwei Stunden dauerte.
Nachdem uns die ersten Szenen gut gefallen hatten, während die deutsche Synchronisation nicht ganz unseren Vorstellungen entsprach, haben wir kurzentschlossen die britische Special-Edition bestellt, die zu dem Zeitpunkt bei Amazon knapp sechs Euro kostete und die nur wenige Minuten kürzer ist als die chinesische Originalfassung. So haben wir am vergangenen Wochenende die Nachmittage genutzt, um die beiden Filme zu gucken – und uns großartig damit unterhalten gefühlt. Ach ja, der Ton auf der DVD ist in Chinesisch und die Untertitel sind in einem stimmigen und gut verständlichen Englisch gehalten.
In „Red Cliff“ erzählt Regisseur John Woo eine bekannte chinesische Geschichte, die zur Zeit der drei Reiche spielt. Dabei hält sich der Film (wie auch die Romanvorlage aus dem 14. Jahrhundert) nur grob an die historischen Ereignisse, gibt aber einen guten Eindruck von der politischen Situation in dieser Epoche. Da sich die Handlung nicht so einfach zusammenfassen lässt, gibt es von mir nur eine ganz kleine Übersicht – wer mehr Details erfahren will, der kann sich zum Beispiel bei wikipedia genauer informieren.
Cao Cao, Premierminister des nördlichen Reichs, bringt seinen Kaiser (der nicht mehr als eine Marionette des machtgierigen Mannes ist) dazu, den südlichen Reichen Wu und Shu den Krieg zu erklären. Mit einer überwältigenden Streitmacht zieht der Premierminister los, um die „Rebellen“ im Süden zu vernichten und ihre Länder dem Kaiserreich einzuverleiben. Dieser drohende Angriff führt zu einer zerbrechlichen Allianz zwischen Liu Bei (König von Shu) und Sun Quan (König von Wu), wobei vor allem die beiden Strategen Zhuge Liang und Zhou Yu für Erfolg oder Scheitern in diesem Krieg verantwortlich sind.
Ich muss gestehen, dass all die vielen chinesischen Namen etwas verwirrend sein könnten, aber während des Guckens hatte ich nie das Gefühl, ich wüsste nicht, von wem gerade die Rede ist. Auf jeder Seite – vor allem auf der der südlichen Reiche – kommen viele verschiedene Figuren zum Tragen, so dass man im Laufe des Film diverse Schicksale verfolgen kann. Dabei empfand ich die Mischung aus ruhigen Szenen, die die sich langsam entwickelnde Freundschaft von Zhuge Liang und Zhou Yu oder Zhou Yus Verhältnis zu seiner schönen Frau Xiao Qiao zeigten, dem Planen von Strategien und den Kriegsszenen sehr reizvoll und überraschend ausgewogen.
John Woo gelingt es, viele unterschiedliche Charaktere mit all ihren Stärken und Schwächen liebevoll darzustellen, ohne dass es mir zu viele Figuren gewesen wären oder der Film überfrachtet gewirkt hätte. Die Schauspieler waren fantastisch, vor allem, wenn es um die kleinen Facetten eines Charakters ging. Oft sagte eine kleine Geste, ein Blick oder ein Schweigen so viel mehr, als man es mit einem Dialog hätte hinbekommen können – wirklich hinreißend! Auch hat es mich beeindruckt, dass der Krieg erbarmungslos schmutzig dargestellt wurde. Am Ende eines jeden Films kommt eine große Schlacht, und so mitreißend es im ersten Moment ist, wenn man sieht, dass die Strategie des Südens funktionieren könnte, so bitter fühlt man sich, wenn man mitansieht, wie erbarmungslos die Gegner aus relativ sicherer Position abgeschlachtet werden. Ebenso furchtbar sind die Szenen, bei denen man mitverfolgen kann, wie eine Seuche, die in dem einen Lager ausbricht, als Waffe gegen die Gegner eingesetzt wird.
Vielleicht kommen da wieder meine Vorurteile gegen amerikanische Filme zum Vorschein, aber ich habe das Gefühl, dass in amerikanischen Kriegsfilmen selten die Verluste auf der „eigenen“ Seite in solcher Klarheit gezeigt werden. Bei „Red Cliff“ bleibt einem nichts anderes übrig, als fassungslos auf all die Gefallenen auf beiden Seiten zu sehen – in dem Bewusstsein, dass selbst ein Sieg eine Niederlage sein wird, weil er so viele Menschenleben gekostet hat. Zum Ausgleich gibt es allerdings auch einige amüsante Szenen, so dass ich versprechen kann, dass man nicht zwei Stunden am Stück nur Drama geboten bekommt.
Ich habe an diesem Wochenende während des Filmguckens herzhaft gelacht, war gerührt, habe geschmunzelt oder mich aufgeregt und immer wieder musste ich mir Tränen aus dem Gesicht wischen, weil ich so bewegt oder geschockt war. Wenn ihr also Lust auf einen mitreißenden historischen Film und tolle Schauspieler habt und euch auf eine erstaunlich ruhige, aber umso intensivere Erzählweise einlassen könnt, dann würde ich euch die Special-Edition (und zwar wirklich nur die! 😉 ) von „Red Cliff“ wirklich ans Herz legen.