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Effie Calvin: The Queen of Ieflaria (Tales of Inthya Book 1)

Aus irgendeinem unerfindlichen Grund dachte ich in den vergangenen Monaten, dass „Queen of Coin and Whispers“ von Helen Corcoran und „The Queen of Ieflaria“ von Effie Calvin dasselbe Buch seien. Deshalb glaubte ich auch lange, dass es zu „Queen of Coin and Whispers“ eine Fortsetzung geben müsste, was nicht der Fall ist. Nachdem ich also den Roman von Helen Corcoran gelesen hatte, hatte ich also das Gefühl, ich sollte auch noch „The Queen of Ieflaria“ lesen, um die beiden Geschichten entgültig in getrennte Schubladen in meinem Kopf zu stecken. Jetzt kann ich also sagen, dass die beiden Romane nicht viel miteinander zu tun haben (abgesehen davon, dass bei die Protagonistinnen ungefähr gleich alt sind und es Fantasybücher sind, die sich rund um das Thema „Königin sein“ drehen). 😉

Die Handlung wird bei „The Queen of Ieflaria“ auf der einen Seite aus der Sicht der ca. 19-jährigen Esofi erzählt, die nach einer monatelangen Reise am Hof von Ieflaria eintrifft, wo nun statt einer Hochzeit die Trauerzeit um ihren Verlobten auf sie wartet. Ich mochte es sehr, dass Esofi den Tod des Thronerben Albion wirklich betrauerte. Denn obwohl sie ihren Verlobten noch nie getroffen hatte, so hat sie mit ihm in den vergangenen Jahren doch viele Briefe ausgetauscht und ihn so überraschend gut kennengelernt. Aber trotz aller Trauer ist Esofi sich auch der Tatsache bewusst, dass sie nun eine neue Verbindung zum Ieflarianischen Hof finden muss, wenn sie irgendwann die Königin des Landes werden will. Dabei geht es Esofi weniger um die Macht, die mit der Position einhergeht, als um die Magie, die sie dort wieder etablieren will, und um all die anderen Dinge, die sie für das Land und seine Bevölkerung tun kann.

Die zweite Perspektive, aus der die Geschichte erzählt wird, ist die der siebzehnjährigen Adale. Adale ist die jüngere Schwester des verstorbenen Albion und diejenige in der Familie, die bislang keinerlei Verantwortung übernehmen musste. Adale liebt es, zu jagen und zu reiten, sie zieht nachts mit ihren Freunden durch die Kneipen der Stadt und scheint das Leben rundum zu genießen. Als Adale nun aufgefordert wird, sich mit Esofi zu verloben und so dafür zu sorgen, dass Esofis Fähigkeiten und Wissen Ieflaria im Kampf gegen die angreifenden Drachen zur Verfügung stehen, gerät sie in Panik. Sie fühlt sich nicht in der Lage, so viel Verantwortung zu übernehmen. Adale kann sich nicht gut ausdrücken, sie hat nie den Vergleich mit Albion bestehen können, und sie hat Angst davor, Fehler zu machen, die gravierende Folgen haben könnten. Auf der anderen Seite fühlt sie sich schnell zu Esofi hingezogen und möchte nicht, dass diese eine andere Person heiraten muss, die sie respektlos oder gar grausam behandeln würde.

„The Queen of Ieflaria“ ist meinem Gefühl nach in erster Linie eine Liebesgeschichte, auch wenn die fantastischen Elemente, die Effie Calvin für ihren Roman geschaffen hat, zahlreich und wichtig sind. Ieflaria sieht sich seit Jahren immer heftiger werdenden Angriffen von Drachen ausgesetzt, das Göttersystem ist vielfältig, die Götter können einen direkten Einfluss auf das Leben der Menschen nehmen, und Magie ist allgegenwärtig, aber trotzdem nicht selbstverständlich. Aber vor allem dreht sich die Handlung darum, wie Esofi und Adale mit der Situation fertig werden, die durch Albions überraschenden Tod hervorgerufen wurde. Esofi ist überaus pragmatisch und pflichtbewusst und wurde ihr Leben lang auf die Rolle der Königin von Ieflaria vorbereitet. Trotzdem zeigt sie immer wieder überraschende Unsicherheiten, die sie sehr sympathisch wirken lassen, und eine Sehnsucht nach Romantik, die bei einer Frau, deren ganzes Streben auf politische und religiöse Elemente ausgerichtet zu sein scheint, wirklich berührend zu lesen ist.

Adale hingegen wirkt anfangs einfach nur wie ein verwöhntes und verantwortungsloses Wesen, bis man sie als Leser besser kennenlernt und versteht, wie sehr sie sich davor fürchtet, Fehler zu machen. Sie war nie so gut wie ihr Bruder Albion, sie ist unsicher und ihr ist nur allzu gut bewusst, welche Folgen ihre Fehler auf die Menschen in ihrem Reich hätten. Dass ihre Nähe zum „normalen Volk“ ein Pluspunkt sein könnte, ist ihr ebensowenig klar wie die Tatsache, dass man als Thronerbin nicht perfekt sein muss. Ich habe es sehr genossen, die beiden Protagonistinnen immer besser kennenzulernen und mehr über sie herauszufinden – gerade weil von Anfang an deutlich wurde, dass die beiden Frauen sich wunderbar ergänzen würden, wenn sie bereit wären, aufeinander zuzugehen und miteinander zu arbeiten. Ich fand es auch spannend, dass in Effie Calvins Welt das Geschlecht einer Person keine so wichtige Rolle spielte und dass es (mindestens?) drei Geschlechter gab. Allerdings ist es schon ein Thema, dass es bei einer Ehe zwischen Esofi und Adale Probleme mit dem Nachwuchs geben könnte, wenn nicht eine von beiden in der Lage wäre, für eine gewisse Zeit auf magische Weise ihr Geschlecht zu ändern.

Es gibt relativ wenig Drama in der Handlung, auch wenn die Situation zwischen den beiden Frauen natürlich zum einen oder andere Missverständnis führt. Stattdessen sorgt die Autorin dafür, dass ich mich über die Gedanken der jeweiligen Erzählerin amüsiert und voller Vorfreude auf die Auflösung dieser Missverständnisse gewartet habe. „The Queen of Ieflaria“ ist – trotz der politischen und religiösen Elemente und der Gefahr durch die Drachen – eine überraschend entspannte und heitere Lektüre gewesen. Ich habe beim Lesen viel vor mich hingekichert. Außerdem mochte ich Esofi und Adale wirklich gern und fand es schön, die beiden bei ihrem Kennenlernen zu begleiten. Es wäre großartig, wenn irgendwann auch noch jede einzelne Hofdame der beiden Protagonistinnen ihren eigenen Roman bekäme, weil selbst diese (nicht so wichtigen) Nebenfiguren mir so viel Spaß beim Lesen gemacht haben. Genau genommen habe ich diesen Band so unterhaltsam gefunden, dass ich mir gleich nach dem Beenden den zweiten Teil der „Tales of Inthya“-Reihe, „Daughter of the Sun“, besorgt habe.