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Frank Bresching: Der Teufel von Grimaud

Im Rahmen meiner SuB-trahierung habe ich auch „Der Teufel von Grimaud“ von Frank Bresching aus dem Regal gezogen. Und nach dem Lesen lässt mich das Buch etwas zwiespältig zurück. Auf der einen Seite ist es ein spannender Roman, auf der anderen Seite herrscht in der Geschichte so eine schrecklich bedrückende Atmosphäre. Alles so düster und hoffnungslos und nur ein wirklich sympathischer Charakter – dem natürlich auch noch etwas Schlimmes zustößt.

Die Geschichte beginnt mit einem Prolog, der von zwei Mädchen (Oceane und Camille) erzählt, die einen Tag am Strand verbracht haben, sich dann aber auf dem Rückweg trennen – was dazu führt, dass eines der Mädchen missbraucht und ermordet wird. Das Dorf Grimaud wird durch diese grausame Tat aufgeschreckt: Einer von ihnen ist höchstwahrscheinlich der Täter, obwohl doch alle glauben, dass sie ihre Nachbarn so gut kennen. Die Ermittlungen werden von Kommissar Leo Balleroy übernommen, der erst einmal ein Gefühl für die verschiedenen Einwohner von Grimaud und die Verbindungen der verschiedenen Personen zueinander bekommen muss.

Erzählt wird die Handlung auf verschiedenen Perspektiven: So verfolgt man die Geschehnisse aus der Sicht des Polizisten, aus der von Camille, von Clement und natürlich dem Mörder. Während der Polizist systematisch alle Spuren verfolgt, herauszufinden versucht wer wann an welchem Ort war und ob es schon früher zu verdächtigen Vorfällen im Ort gekommen ist, schwankt Camille zwischen Trauer und Verzweiflung. Sie ist gerade erst nach Grimaud gezogen, fühlt sich einsam und verlassen (vor allem, da ihre Mutter vor allem mit ihrem Verlobten beschäftigt ist) und die ermordete Oceane war ihre einzige Freundin. Ein wenig Trost findet das Mädchen bei dem alten Clement der vor Jahren seine Frau verloren hat, als diese an Krebs starb, und dessen Sohn sich seit Jahrzehnten nicht mehr bei seinen Eltern hat blicken lassen. Der einsame Mann und sein Hund bieten Camille einen Zufluchtsort und ein offenes Ohr für ihre Gedanken und ihren Kummer.

Wie gesagt, wirklich sympathisch fand ich eigentlich nur eine Figur, trotzdem fand ich es sehr reizvoll die verschiedenen Perspektiven zu lesen, mir ein Bild von dem Leben in Grimaud zu machen und die Machtverhältnisse in diesem Ort kennenzulernen. Auch die Passagen, in denen die Gedanken des Mörders niedergeschrieben wurden, waren ausnahmsweise nicht uninteressant. Ihm ist schon seit langem bewusst, dass er eine unnatürliche Neigung zu jungen Mädchen hat und hat (fast) immer erfolgreich dagegen angekämpft, doch mit dem Zusammentreffen mit Oceane und ihrer Ermordung hat er eine Grenze überschritten, die ihm selber Angst macht. Doch das hat mir in gewisser Weise gefallen – vor allem war es eine angenehme Abwechslung zu den Mördern mit Machtfantasien und „meine Opfer sind selber Schuld“-Gedanken, die sonst gern von Krimiautoren kreiert werden.

Allerdings muss ich zugeben, dass mir eine Art „Happy End“ fehlt. Natürlich hüpft keiner nach Auflösung eines solchen Mordfalles am Ende heiter und unbeschwert über die Wiese. Aber ich möchte trotzdem das Gefühl haben, dass sich am Schluss etwas bewegt hat, dass zumindest irgendjemand eine Zukunft vor sich hat, die nicht durch und durch belastet ist. Stattdessen geben mir die letzten Seiten von „Der Teufel von Grimaud“ das Gefühl, dass die wenigen guten und hilfsbereiten Menschen verdammt sind, weil sie mit skrupellosen und bösen Personen eine Welt teilen müssen.