„Etiquette and Espionage“ ist der Auftakt einer weiteren Reihe von Gail Carriger, deren „Parasol Protectorate“-Titel mir schon so gut gefallen hatte. Dieses Mal ist die Protagonistin deutlich jünger – ebenso wie die Zielgruppe -, ansonsten spielt die Handlung in der gleichen Welt wie „Soulless“ und die anderen Bände rund um Alexia Tarabotti. Die neue Protagonistin ist die vierzehnjährige Sophronia Angelina Temminnick, die ihre Mutter mit ihrem unberechenbaren Benehmen regelmäßig zur Verzweiflung bringt. Während all ihre Schwestern sich angemessen verhalten, klettert Sophronia auf Bäume, treibt sich mit den Stalljungen rum und nimmt ständig die neuen technischen Errungenschaften, die ins Haus einziehen, auseinander. In der Hoffnung, dass ein Aufenthalt in einem Mädcheninternat aus ihr eine Dame machen würde, schickt ihre Mutter sie auf „Mademoiselle Geraldine’s Finishing Academy for Young Ladies of Quality“.
Schlagwort: Gail Carringer
Gail Carriger: Soulless
„Soulless“ ist der erste Band der „Parasol Protectorate“-Reihe von Gail Carriger – und ich versuche seit über einen Jahr, den Roman zu lesen. 😉 Angefangen hatte ich schon ein paar Mal, war aber dann nicht in der Stimmung, um mich auf das Englisch einzulassen. Nachdem ich aber in den letzten Wochen die „Cecelia and Kate“-Romane gelesen hatte, schien „Soulless“ das perfekte Buch für den März zu sein. Ich habe zwar beim Lesen ungewohnt viele Wörter nachgucken müssen – wobei ich mich frage, ob das daran liegt, dass ich eher amerikanisches Englisch lese, oder ob es mit der speziellen Ausdrucksweise der Autorin zusammenhängt -, aber insgesamt hatte ich viel Spaß beim Lesen.
Die Hauptfigur Alexia Tarabotti lebt in modernen Zeiten, und doch scheint es in der viktorianischen Gesellschaft keinen passenden Platz für sie zu geben. Alexia ist mit ihren 26 Jahren nicht nur eine alte Jungfer, sondern sie ist auch ein entsetzlicher Blaustrumpf. Dazu kommen noch eine üppige Figur, die auch von ihrer Vorliebe für gutes Essen zeugt, und ein hitziges Temperament, welches sie angeblich von ihrem (schon verstorbenen) italenischen Vater geerbt hat. So ist es kein Wunder, dass sich Alexia bei einer – nicht ganz so gelungenen – Gesellschaft lieber in die Bibliothek zurückzieht, als am Rande der Tanzfläche zu stehen. Nur blöd, dass in dieser Zuflucht ein Vampir über sie herfällt, bevor sie noch ein Stückchen Kuchen kosten konnte.
Aufgrund einer Verkettung unglückseliger Umstände tötet Alexia unbeabsichtigt den Vampir und muss sich deshalb kurz darauf mit Lord Maccon vom BUR auseinandersetzen. Der Werwolf ist für alle Verbrechen innerhalb Londons zuständig, bei denen es eine – wie auch immer geartete – Beteiligung von übernatürlichen Wesen gab. Zwar gibt es feste Regeln für das Zusammenleben von Menschen, Werwölfen, Vampiren und Geistern, aber das bedeutet natürlich nicht, dass es keine (tödlichen) Zwischenfälle gibt. Für Alexia ist dies nicht die erste Begegnung mit dem BUR, denn als eine der überaus seltenen Personen ohne Seele steht sie seit ihrer Kindheit unter Beobachtung dieser Behörde. Seelenlose sind die wenigen Menschen, die die besonderen Kräfte von Vampiren und Werwölfen neutralisieren können. Vor langer Zeit wurden sie deshalb als Jäger auf die übernatürlichen Kreaturen eingesetzt.
Ich fand es sehr angenehm, mal Urban Fantasy zu lesen, bei der die Geschichte in der viktorianischen Zeit angesiedelt war. Auch beschreibt Gail Carriger angenehm stimmig die von ihr geschaffene Welt. Vampire und Werwölfe gehören inzwischen zum alltäglichen Leben, spielen eine wichtige Rolle in der Gesellschaft und werden doch von vielen Menschen misstrauisch beäugt. Dabei geht Alexia recht normal mit ihren übernatürlichen Bekanntschaften um, aber bei ihrer restlichen Familie sind die vorhandenen Vorurteile nur zu deutlich zu spüren. Aber ihre Familie ist sowieso ein Thema für sich, da wundervoll klischeehaft gestaltet mit einer manchmal etwas peinlichen und nicht gerade liebevollen Mutter, zwei wunderhübschen, egozentrischen blonden Halbschwestern und einem eher gleichgütligen Stiefvater, der sich von seiner Frau und seinen beiden Töchtern gängeln lässt.
Obwohl die Geschichte in „Soulless“ eher gemächlich verläuft, hat mir diese Mischung aus Rätsel (was hat es mit dem Vampir und den anderen seltsamen Vorfällen auf sich?), fantastischen Elementen, Romanze und natürlich dem viktorianischen Zeitalter (mitsamt der Faszination für Wissenschaft und Technik, den gesellschaftlichen Ansichten und dem durch die Industrie hervorgerufenen Strukturwandel) so gut gefallen, dass ich das Buch an zwei Nachmittagen durchgelesen hatte. Mir gefällt der Humor von Gail Carringer, auch wenn mich ihre Ausdrucksweise hier und da an meine Grenzen gebracht hat, und ich bin neugierig darauf, wie es mit Alexia und ihrer neuen Beschäftigung in den kommenden Romanen weitergeht. Ganz sicher war das nicht der letzte Band der „Parasol Protectorate“-Reihe für mich – vor allem, da ich neugierig bin, wie es mit Alexia weitergeht, wenn sie demnächst eine neue Herausforderung meistern muss.