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Gregor Weber: Feindberührung (Grewe 1)

Nachdem ich im Januar bei Irina so eine positive Meinung zu „Feindberührung“ von Gregor Weber gelesen habe, bin ich neugierig geworden und habe bei Irinas Leihangebot sofort zugegriffen. Tja, und dann habe ich den Roman in einem Arztwartezimmer angefangen und bin prompt bei einer Vergewaltigungsszene unterbrochen worden. Danach hat es eine Weile gedauert, bis ich wieder zu dem Buch gegriffen habe. Dabei muss ich für diejenigen, die solche Szenen nicht gut verkraften können, betonen, dass ich wirklich im schlimmsten Moment unterbrochen wurde und die Szene am Ende so „gut“ ausgeht wie nur möglich.

Ich muss gestehen, dass mir Gregor Weber vorher weder als Autor, noch als Schauspieler ein Begriff war, und abgesehen davon, dass ich es etwas peinlich finde, dass seine Hauptfigur Grewe (GREgor WEber *hüstel*) heißt, hat mir der Roman sehr gut gefallen. Die Handlung dreht sich um einen ehemaligen Soldaten, der bei einem Bombenanschlag in Afghanistan beide Beine verloren hatte. Dieser Verlust und die Tatsache, dass er dadurch berufsunfähig wird, führten dazu, dass der Mann abstürzte. Er fühlte sich nicht mehr in der Lage mit seiner Familie (Frau und kleiner Sohn) zusammenzuleben, lebte in einer Sozialwohnung, trankt zu viel und dealte für eine örtliche Rockerbande mit Drogen. So ist es kein Wunder, dass bei seiner Ermordung seine Drogengeschäfte und seine Verbindung zu dem „Motorradclub“ im Mittelpunkt der Ermittlungen stehen.

Geleitet werden die Ermittlungen von Kurt Grewe und Therese Svoboda, denen ein nicht so kleines Team unterstellt ist. Dabei hatte ich – trotz der längeren Pause beim Lesen – nie das Gefühl, ich wüsste nicht, wer wer ist und welche Funktion die Person im Team hat, da die Charaktere angenehm individuell beschrieben wurden. Und zwar nicht durch das Einführen irgendwelcher ungewöhnliche Macken, sondern einfach nur durch kleine und ganz gewöhnliche Eigenheiten, die die Figuren realistisch werden lassen. Bei Grewe kommt das besonders zu tragen, denn ihn lernt man besonders gut kennen. Ich mochte es, dass er so normal war, dass er seine Frau auch nach vielen Jahren Ehe noch liebt und sein Familienleben zwar manchmal chaotisch, aber insgesamt harmonisch verläuft.

Auch die Ermittlungen lesen sich angenehm realistisch. Da wird viel recherchiert, da werden Vermutungen aufgestellt und überprüft, man versucht für alle Möglichkeiten offen zu bleiben, obwohl die Spur zur Rockerbande die stimmigste Lösung zu sein scheint. Unterbrochen werden die Beschreibungen der Polizeiarbeit von Rückblicken, die von den Ereignissen in Afghanistan erzählen, und von einem Soldaten, der nach seinen Erlebnissen dort nicht so recht im Alltag Fuß fassen kann. Durch diese Einschübe wird dem Leser schnell klar, dass hinter dem Mord mehr stecken muss, als eine Auseinandersetzung um Drogen. Aber dieses Wissen mindert die Spannung und die Unterhaltsamkeit dieser Geschichte nicht.

Ganz ehrlich, trotz Irinas positiver Meinung, war ich wirklich überrascht, dass mir „Feindberührung“ so gut gefallen hat. Ich mag den Realismus und die Normalität bei den Charakteren und in der Geschichte – und freu mich schon auf den zweiten Teil der Reihe.