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James Nicol: The Spell Tailors

Nachdem mir die Apprentice-Witch-Titel von James Nicol so gut gefallen hatten, musste ich natürlich auch den neusten Roman des Autors lesen. „The Spell Tailors“ dreht sich um die Familie Danelli, die als Schneider von magischen Kleidungsstücken seit mehreren hundert Jahren Zaubersprüche in die von ihnen gefertigten Waren einsticken. Diese magischen Stiche versehen die Kleidungsstücke mit besonderen Eigenschaften, was für Sommerkleidung sorgt, die kühlt, oder Reisekleidung, die den Träger vor diversen Unannehmlichkeiten beschützen kann. Doch in den vergangenen Monaten lief das Geschäft nicht gerade rund. Es gab Gerüchte, dass magische Kleidung ihre Träger krank machen kann, und dann ist da noch die wachsende Popularität der Kleiderfabrik von Tiberius Pepper, der günstigere verzauberte Massenware anbietet. So muss sich der zwölfjährige Hen(ryton) nicht nur Sorgen um den Laden machen, den seine Nana führt, sondern auch mitansehen, wie ein Schneidergeschäft nach dem anderen in der kleinen Stadt Sparrow Down schließt. Noch ernsthafter wird die Situation, als sein Onkel Bertrand mitsamt dessen Frau Lucia und Tochter Connie bei Hen und Nana einzieht. Onkel Bertie ist wild entschlossen, das Familiengeschäft am Leben zu halten, und er hat auch ganz genaue Vorstellungen davon, wie er das erreicht. Hen hingegen setzt seine Hoffnungen auf all die Dinge, die er von seiner Nana gelernt hat, und auf den neuen Erinnerungszauber, den er gerade erst entdeckt hat.

So sehr ich die Grundidee der Geschichte mochte, so muss ich doch gestehen, dass ich beim Lesen der ersten Hälfte von „The Spell Tailors“ (gemeinsam mit Hen) unglaublich frustriert war. Es hat mich regelrecht fertiggemacht, dass Hen und seine – noch recht unerprobten – magischen Fähigkeiten als Sündenbock für alles herhalten mussten, was in dem Geschäft der Danellis schlief läuft, während gleichzeitig sein Onkel Bertie in all seiner Besorgtheit und seinem Übereifer die Situation kontinuierlich verschlimmert. Einzig die langsam wachsende Freundschaft zwischen Hen und seiner Cousine Connie hat diesen Teil für mich erträglich gemacht.

Die zweite Hälfte der Geschichte konnte ich hingegen deutlich mehr genießen, da James Nicol dort trotz aller erschütternden Entdeckungen, die Hen und Connie machen, und all der Gefahren, die sie durchstehen müssen, eine für mich besser funktionierende Balance zwischen schrecklichen Ereignissen und humorvollen und gemütlichen Momenten gefunden hat. Insgesamt mochte ich die Idee mit den verzauberten Kleidungsstücken und ihrer Auswirkung auf die Person, die sie trägt, sehr. Auch Hen und seine Nana habe ich von Anfang an ins Herz geschlossen, weil beide so unglaublich liebenswert und so sorgfältig und aufmerksam bei ihrer Arbeit sind. Die Tatsache, dass Hens Leben mit Nana zwar nicht perfekt, aber grundsätzlich sehr schön war, hat es mir vermutlich auch so schwer gemacht zuzusehen, wie Onkel Bertie mit seiner besserwisserischen Art einfach über alles hinweggeht, was Nana in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hat.

Insgesamt muss ich zugeben, dass mir „The Apprentice Witch“ etwas besser gefallen hat als „The Spell Tailors“, weil da für mich die Balance zwischen schönen und schrecklichen Elementen besser passte. Aber ich denke auch, dass ich ein zweites Lesen von „The Spell Tailors“ mehr genießen werde als dieses erste Mal, weil ich mich dann weniger auf die Handlung (und Onkel Berties Verbohrtheit) und mehr auf all die hübschen kleinen Details rund um die magischen Stiche und die verschiedenen liebenswerten Figuren konzentrieren kann. Es war halt nicht gerade einfach, all diese bezaubernden Einfälle des Autors zu würdigen, während ich nur endlich miterleben wollte, dass es für Hen wieder aufwärts geht. Immerhin kann ich sagen, dass James Nicol es am Ende sogar geschafft hat, mich mit Onkel Bertie auszusöhnen und davon zu überzeugen, dass Hen einfach alles flicken kann – sogar seine Familie.

James Nicol: The Apprentice Witch

Ich mag Geschichten mit Hexen, ich mag Geschichten, die mir etwas zum Schmunzeln geben, und ich mag Geschichten, die mich beim Lesen an andere Geschichten denken lassen, die mir früher schon gefallen haben. „The Apprentice Witch“ von James Nicol erfüllt all diese Punkte, und beim Lesen musste ich an „Kikis kleiner Lieferservice“, „The Worst Witch“, „Little Witch Academia“ und viele andere Geschichten denken, die ich gerne mag. Trotz all der Szenen, die mich an andere Dinge erinnert haben, ist „The Apprentice Witch“ ein ganz eigener wunderbarer Roman, den ich sehr genossen habe. Die Handlung dreht sich um Arianwyn Gribble, die zu Beginn des Buches kurz vor ihrer Abschlussprüfung zur Hexe ist. Dabei müssen die Hexen in dieser „modernen“ Welt (es gibt Züge, Autos, Telefone und diverse technische Elemente rund um die Magie – es fühlt sich insgesamt nach der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts an) sich einer Messung durch den „evaluation gauge“ unterziehen. Als die fünfzehnjährige Arianwyn an der Reihe ist, gibt es Probleme mit dem Gerät, und so wird ihr der Aufstieg zu einer Hexe mit abgeschlossener Ausbildung verweigert.

Trotzdem bekommt sie einen ersten Posten als „Apprentice Witch“ in dem kleinen Städtchen Lull am Rande des Landes Hylund, direkt neben dem Großen Wald, der – Legenden zufolge – voller magischer Kreaturen sein soll. Da das Städchen sehr klein ist und es in den vergangenen Jahrzehnten ganz ohne eigene Hexe ausgekommen ist, geht man davon aus, dass Arianwyn dort nicht über Probleme stolpern wird, die sie nicht bewältigen kann. Doch natürlich trifft die junge Hexe noch vor ihrer Ankunft in Lull auf eine Herausforderung, mit der sie kaum fertig wird. Das ist natürlich nur der Anfang einer ganzen Reihe von Vorfällen, die sie immer wieder an die Grenzen ihres Wissens und Könnens bringen und dafür sorgen, dass der Bürgermeister Mayor Belcher die neue Hexe in der Stadt von Anfang an misstrauisch im Auge behält.

Ich mochte vor allem die kleinen Szenen, die beschreiben, wie Arianwyn in Lull ankommt, das Spellorium (ihren Zauberladen) in Besitz nimmt und sich mit Salle, der Nichte der Wirtsleute in Lull, anfreundet. Aber auch die kleinen Auseinandersetzung mit magischen Wesen (die sich zum Beispiel in menschlichen Häusern eingenistet haben und dort Unfug anrichten) habe ich gern verfolgt – vor allem, da Arianwyn regelmäßig denkt, sie hätte eine Situation im Griff, und dann passiert irgendeine Kleinigkeit, die zu absolutem Chaos führt. Das bietet nicht nur viele amüsante Momente für den Leser, sondern Arianwyn die Möglichkeit, zu wachsen und sich weiterzuentwickeln. Denn so einfach ist es für Arianwyn nicht, zum ersten Mal auf eigenen Füßen zu stehen und die Verantwortung für die magische Versorgung einer ganzen Stadt zu übernehmen (auch wenn sie sich jederzeit an ihre Vorgesetzte Miss Delafield wenden kann).

Bei all der Magie und den größeren und kleineren Herausforderungen für Arianwyn ist „The Apprentice Witch“ doch vor allem eine wunderbar liebevoll erzählte Geschichte über das Erwachsenwerden einer jungen Hexe, die sich mit ihren Stärken und Schwächen auseinandersetzen muss, die Freunde findet und Verantwortung übernimmt. Ich mochte Arianwyn sehr, ebenso wie ihre Freundin Salle und Miss Delafield. Ich habe mich wunderbar über die ganzen Vorfälle rund um Arianwyns Job amüsiert und mit ihr mitgefiebert, wenn es darum ging, ihren Nachbarn bei ihren kleinen und größeren Problemen zu helfen. Und auch wenn ich die eine oder andere Frage zum Weltenbau habe, so gefiel mir Hylund mit seiner Mischung aus Magie und Technik. „The Apprentice Witch“ ist für mich ganz eindeutig ein Wohlfühlbuch und am Ende wollte ich das Städtchen Lull, Arianwyn und all ihre Nachbarn gar nicht mehr verlassen (und habe mir direkt nach dem Zuklappen des Buches gleich den zweiten Band bestellt).