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Jay Asher: Tote Mädchen lügen nicht

Auch auf dieses Buch bin ich durch (mindestens) eine Blogrezension aufmerksam geworden – und mir hat es so gut gefallen, dass ich es an einem Nachmittag ausgelesen habe. 🙂 Wer sich für die Empfehlung verantwortlich fühlt, kann mir gern einen Kommentar hinterlassen, denn ich verliere so langsam den Überblick wer Auslöser dafür war, dass ich vor einigen Wochen ein Buch in der Bibliothek vorgemerkt habe.

In „Tote Mädchen lügen nicht“ bekommt Clay Jensen zwei Wochen nach dem Selbstmord von Hannah Baker ein überraschendes Päckchen. Inhalt dieser Sendung sind sieben Kassetten, auf Hannah in dreizehn Episoden erzählt, was sie zu ihrer Tat getrieben hat. Von vornherein stellt ein Anschreiben klar, dass das Mädchen die dreizehn erwähnten Personen dafür verantwortlich macht, dass sie Selbstmord begehen wird. Während Clay sich verzweifelt den Kopf zerbricht, was er getan haben könnte, um auf Hannahs Liste der Verantwortlichen gelandet zu sein, lauscht er eine Nacht lang wie besessen der Stimme der inzwischen toten Mitschülerin.

Von Anfang an steht fest, dass Clay in Hannah verliebt war, dass er sie lange Zeit beobachtet hat und nicht den Mut fand, ihr seine Zuneigung zu gestehen. Umso schlimmer ist es für ihn von all den kleinen und großen Begebenheiten zu hören, die das Leben für Hannah so schrecklich gemacht haben, dass sie Selbstmord beging. Dabei fängt eigentlich alles ganz harmlos an, es beginnt mit einer belanglosen – und vielleicht sogar lustig gemeinten – Liste, auf der Hannah zu dem Mädchen mit dem „geilsten Arsch“ der ersten Jahrgangsstufe gewählt wurde. Doch diese Liste löste viele kleine Vorfälle aus, die dazu führten, dass Gerüchte an der Schule kursierten gegen die Hannah nicht ankam.

Die Geschichte hat mich sehr schnell gefesselt. Zwar war ich anfangs etwas ungeduldig mit Hannah und habe aus meiner erwachsenen Sicht immer wieder gedacht, dass das alles doch kein Grund für Selbstmord sei. Aber trotz dieser Verständnislosigkeit in Bezug auf Hannahs Handeln, ist es einfach fesselnd ihre Aussagen auf den Kassetten – und Clays dazu parallel laufenden Gedanken – zu lesen. Während der Junge sich immer wieder Vorwürfe macht, weil er sich bei den diversen Begebenheiten nichts gedacht hat oder bestimmte Alarmsignale nicht verstanden hat, obwohl er Hannah so aufmerksam beobachtete, steht man als Leser da und verfolgt fassungslos, wie sich aus kleinen Dingen eine immer hässlichere Lawine entwickelt.

Auch wenn ich die eine oder andere Wendung etwas unrealistisch fand, so gelingt es Jay Asher doch die einzelnen Elemente der Geschichte so zu präsentieren, dass ich am Ende mit Tränen in den Augen dasaß und nicht fassen konnte wie sich das Ganze entwickelte. Es ist ganz faszinierend, wenn man ein Buch so zweigeteilt wahrnimmt. Auf der einen Seite war ich recht schnell emotional beteiligt und hatte zusammen mit Clay Angst davor, was er getan haben könnte, um Hannah zu verletzen, und litt mit dem Mädchen mit, das an all den kleinen und großen Kränkungen zerbrochen ist.

Auf der anderen Seite war da meine „erwachsene“ und rationale Seite, die mit einigen Details nicht so gut zurechtkam. Hannah hat sich zum Teil erstaunlich intelligent und wehrhaft verhalten, so dass mich ihre Passivität bei anderen Gelegenheiten richtig wütend gemacht hat. Versöhnt hat mich beim Lesen dann die Figur des Clay, der ebenso fassungslos vor Hannahs Bericht sitzt und zwar auch wütend über die Dinge ist, die dem Mädchen angetan wurde, aber auch wütend darüber ist, dass sie sich so verrannt hat, dass sie keine Hilfe gesucht hat und nicht auf die Menschen zugehen konnte, die sich etwas aus ihr gemacht haben.

Letztendlich hat mich „Tote Mädchen lügen nicht“ etwas zwiegespalten zurückgelassen. Emotional fand ich das Buch sehr berührend und es gibt auch den einen oder andere Anstoß,  um noch mal über das eigene Verhalten gegenüber anderen nachzudenken, aber auf der rationalen Ebene gibt es zu viele Punkte, die mich gestört haben, um den  Roman durchweg empfehlen zu können.