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Lydia Adamson: Eine Katze kommt selten allein (Alice Nestleton 1)

„Eine Katze kommt selten allein“ von Lydia Adamson ist der erste Band der Alice-Nestleton-Reihe, von der ich gerade mal sieben (von im englischsprachigen Original zweiundzwanzig) Bänden im Regal stehen habe. Meine Ausgabe dieses Romans ist 1995 bei Aufbau Verlag erschienen, eine (eBook-)Neuauflage der Bücher gab es im vergangenen Jahr. Lustigerweise finde ich das Cover meiner Ausgabe nirgendwo online, sondern nur eins, das nicht zu den weiteren Fortsetzungen passt, die damals erschienen sind – da wüsste ich schon gern mehr über die verschiedenen Veröffentlichungen. Auf jeden Fall hatte ich die Romane immer in guter Erinnerung behalten und wollte jetzt beim Regaleinräumen sicherstellen, dass ich die Krimis wirklich weiterhin behalten möchte.

Schon beim ersten Lesen fand ich es etwas seltsam, dass die Protagonistin Alice Nestleton ständig mit ihren Katzen von einem Ort zum nächsten wandert, um dort als Haus- und/oder Catsitterin zu wohnen. Wobei das immerhin erklärt, wie sie es sich als nicht gerade erfolgreiche Schauspielerin mit einer Schwäche für Avantgarde-Theater eine Wohnung in New York leisten kann. Ihre Katzen scheinen diesen ständigen Ortswechsel erstaunlich gut mitzumachen, obwohl der eine Kater superängstlich sein soll – alle meine Katzen (abgesehen von Baltimore in seinen jüngeren Jahren) hätten so viel Unruhe nicht besonders gut aufgenommen. Aber nun gut, irgendwie muss die Autorin ihre Figur ja von einer „Ermittlungssituation“ in den Romanen zur nächsten bringen. In „Eine Katze kommt selten allein“ soll Alice einen jedes Jahr wiederkehrenden Catsitterjob übernehmen und auf dem Hof des älteren Ehepaars Jo und Harry Starobin ihre acht Himalaya-Katzen für zwei Wochen versorgen. Doch als Alice am Bahnhof ankommt, gibt es von Harry keine Spur – stattdessen findet sie ihn wenig später ermordet in dem Cottage, in dem sie auf dem Hof wohnen sollte.

Während die Polizei davon ausgeht, dass die Mörder es eigentlich auf Wertsachen abgesehen haben mussten, da das gesamte Haus verwüstet wurde, beteuert Jo, dass weder sie noch ihr Mann jemals Wertsachen besessen hätten. Um dahinterzukommen, warum Harry so grausam ermordet wurde, bittet sie Alice, mit ihr zusammen Harrys Unterlagen durchzusehen. Alice hingegen findet das Verhalten des Stallmädchens verdächtig, ebenso wie fast alle anderen Personen, denen sie in den kommenden Wochen begegnet. Dabei schwankt das Verhalten der Protagonistin von spontaner Abneigung über ebenso spontanen Hass bis zu dem recht sachlichen Eingeständnis, dass sie mit einem der Beteiligten gern ins Bett gehen würde (vor allem, weil der letzte Sex schon so lange her ist). Ich muss gestehen, dass ich nicht weiß, wie ich früher die Eigenarten von Alice einfach so hinnehmen konnte. Eine gewisse Exzentrik und Konzentration auf ihr Aussehen und ihre Wirkung auf andere kann ich bei einer Schauspielerin hinnehmen, aber ihre Stimmungswechsel hat Lydia Adamson für mich nicht nachvollziehbar dargestellt und ihre schnellen Urteile über andere Menschen fand ich auch eher anstrengend zu lesen.

Ebenso ist der Fallaufbau – inklusive der absurden Auflösung bezüglich des Täters – nicht gerade überzeugend. Dick Francis hätte aus der Idee vielleicht einen spannenden Kriminalroman gemacht, aber hier war ich am Ende eher frustriert. Es ist schade, dass ich mit einer Reihe, die ich doch in guter Erinnerung hatte, heute anscheinend überhaupt nichts mehr anfangen kann. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich inzwischen kritischer geworden bin, bestimmte Eigenarten bei Personen, aus deren Perspektive ich die Handlung erzählt bekomme, nicht mehr leiden kann oder einfach inzwischen so viele bessere Cozies gelesen habe, aber von „Eine Katze kommt selten allein“ war ich beim erneuten Lesen wirklich enttäuscht. Bleibt mir nur ein tröstlicher Gedanke, um über dieses Leseerlebnis hinwegzukommen: Ich habe nach dem Aussortieren dieser sieben Romane wieder ein bisschen mehr Platz im Regal für Bücher, die ich auch nach all den Jahren (mindestens) ebenso genießen kann wie beim ersten Lesen.