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Nicholas Drayson: Kleine Tierkunde Ostafrikas

Die „Kleine Tierkunde Ostafrikas“ geschrieben von Nicholas Drayson ist der zweite Roman rund um den indischstämmigen Mr. Malik aus Nairobi. Seit den Ereignissen in „Kleine Vogelkunde Ostafrikas“ sind vier Jahre vergangen und obwohl Mr. Malik am Ende des ersten Teils seinen ganzen Mut zusammennahm, um beim jährlichen Ball mit Rose (in die er schon lange heimlich verliebt war) zu tanzen, hat sich ihre Beziehung keinen Deut weiterentwickelt. Stattdessen verbrachte Rose die letzten vier Jahre bei ihrem Vater in Schottland, während Mr. Malik weiterhin sein unauffälliges Ruheständlerleben führte, die Abende in seinem Club verbrachte und einmal die Woche eine brisante Kolumne über Politik für die Zeitung verfasste. Immerhin hatte er in all den Jahren auch Ruhe vor seinem Rivalen Harry Khan, da dieser wieder zurück ins Ausland reiste.

Sein Interesse für Vögel hat Mr. Malik in all der Zeit nicht verloren und auch sonst hängt sein Herz an der Natur Afrikas und so ist es kein Wunder, dass er den jährlichen Campigausflug seines Clubs organisiert. Dabei hängt sein Herz in diesem Jahr besonders an diesem traditionellen Vergnügen, da seine Tochter mit ihrem Verlobten daran teilnehmen wird. Die Hochzeitsvorbereitungen beschäftigen ihn schon einige Monate und so kann er es kaum erwarten, dass dieses Großereignis endlich über die Bühne geht. Währenddessen kehrt Rose nach dem Tod ihres Vaters zurück und auch ihr Sohn findet nach Jahren, die er in der Schweiz gearbeitet hat, eine Arbeit in Nairobi. Doch auch Harry Khan verschlägt es prompt zu dieser Zeit nach Afrika, immer auf der Suche nach lohnenden Investmentprojekten.

Drehte sich in „Kleine Vogelkunde Ostafrikas“ alles um den Wettbewerb der beiden Männer, so konzentriert sich Nicholas Drayson in diesem Roman eher darauf die Korruption der Politiker anzuprangern. Mr. Maliks Klub droht seinen angestammten Platz zu verlieren, die Zeitung, für die er seine Kolumne schreibt, soll ihre Zulassung verlieren und es werden hinter vorgehaltener Hand Absprachen getroffen, um Grundstücke für ein Einkaufscenter nach amerikanischen Vorbild „freizustellen“. Trotz dieses „größeren Themas“ hat man das Gefühl, dass diese Passagen eher im Hintergrund ablaufen, während Mr. Malik mit seinen Freunden Tiere beobachtet, sich Gedanken um die Hochzeitsvorbereitungen macht und immer wieder auf einen Mordfall angesprochen wird, der vor langer Zeit in Nairobi geschah und dessen Täter man nie zweifelsfrei identifizieren konnte.

Dabei stehen auch dieses Mal vor allem die verschiedenen Charaktere im Vordergrund. Mr. Malik hatte ich ja auf Anhieb ins Herz geschlossen und auch dieses Mal habe ich seine liebenswerte, freundliche und doch sehr engagierte Art wieder sehr genossen. Ich mag seinen Einfallsreichtum ebenso wie seinen Gerechtigkeitssinn, seine Neugier und den Respekt, den er anderen Menschen erweist. Es gibt immer wieder Dinge, die er nicht verstehen kann – zum Beispiel das Verhalten seiner Tochter -, aber das hindert ihn nicht daran Zuneigung zu empfinden und die Leute einfach ihren Weg gehen zu lassen. Auf der anderen Seite kämpft er mit seinen Mitteln gegen Korruption und Ungerechtigkeit und setzt dabei auch schon mal grenzwertige Mittel ein.

Ich fühle mich in Mr. Maliks Ostafrika sehr wohl. Es ist ein Land voller Gefahren, Armut und Gauner, aber das alles wird auf eine Weise geschildert, die einen nicht hoffnungslos macht. Dafür gibt es einfach zu viele Figuren, die mit Witz und Verstand gegen diese Missstände vorgehen, die trotz aller Widrigkeiten die grundlegende Überzeugung hegen, dass man irgendwie doch etwas bewegen kann. Dass alles wird liebevoll in kleine Anekdoten, scheinbar belanglose Szenen und amüsante Momente verpackt, so dass ich das Buch von der ersten bis zur letzten Seite einfach genießen konnte. Ein wenig hatte ich ja Angst, dass Mr. Malik beim zweiten Band seinen Zauber nicht wieder so entfalten könne wie beim ersten Mal, doch auch wenn die Geschichte einen ganz anderen Unterton hat, so habe ich „Kleine Tierkunde Ostafrikas“ genauso genossen wie mein erstes Zusammentreffen mit diesem charmanten alten Herren.

Nicholas Drayson: Kleine Vogelkunde Ostafrikas

Nachdem ich Natiras Meinung zu „Kleine Vogelkunde Ostafrikas“ gelesen hatte, wollte ich den Roman unbedingt lesen. Also war Natira so lieb und hat mir das Buch geliehen – und dann lag es endlos lange in meiner Leihschublade. So nett die Inhaltsangabe klang, so hübsch der Umschlag war, ich hatte immer das Gefühl, ich sei nicht in der rechten Stimmung für diese Geschichte – bis ich dann doch mal zu dem Buch griff und bis in die Nacht las, weil ich wissen wollte wie es mit Mr. Malik weitergeht.

Mr. Malik wirkt auf den ersten Blick etwas betulich. Er scheint zwar liebenswert, aber etwas langweilig zu sein, und so ist der Einstieg in die Geschichte zwar nett geschrieben, aber nicht gerade mitreißend. Doch je näher ich Mr. Malik kennenlernte, je mehr unerwartete Seiten er zeigte, desto mehr wuchs mir der kleine indischstämmige Mann ans Herz. Schon zu Beginn des Romans erfährt der Leser, dass der 61-Jährige Mr. Malik seit drei Jahren auf seine stille und zurückhaltende Art bis über beide Ohren in Rose Mbikwa verliebt ist. Diese Dame leitet jeden Dienstagvormittag eine Tour der Ostafrikanischen Ornithologischen Gesellschaft, deren Mitglied Mr. Malik ist, seitdem ihm ein Arzt geraten hat, sich ein entspannendes Hobby – wie Vogelbeobachten – zuzulegen.

In diesem Jahr hat sich Mr. Malik fest vorgenommen, Rose – übrigens eine Britin, die sich als junge Frau in einen Kenianer verliebte und in Nairobi blieb – zu einem jährlich stattfindenden Ball einzuladen. Doch bevor der ältere Herr aktiv werden kann, findet er heraus, dass Harry Khan, sein alter Rivale aus Internatszeiten, ebenfalls ein Auge auf Rose geworfen hat und sie zum Ball einladen will. Harry Khan ist das komplette Gegenteil von Mr. Malik. Er ist kein erfolgreicher Geschäftsmann, aber dafür ein charismatischer, attraktiver und selbstsicherer Mann, der das Leben mit einer anziehenden Leichtigkeit genießt. Mit einem solchen Rivalen vor Augen entwickelt der zurückhaltende Mr. Malik auf einmal Kampfgeist, und so kommt es dazu, dass er sich – angespornt von den wettbegeisterten Mitgliedern seines Herrenclubs – auf eine ungewöhnliche Vereinbarung einlässt.

Mr. Malik und Harry Khan sollen eine Woche lang einen Wettstreit austragen und der Sieger darf am Ende Rose zum Ball einladen (wobei natürlich nicht sicher ist, dass die Dame auch zusagen wird). Dabei dreht sich der Wettstreit angesichts der Tatsache, dass dies Roses großes Interesse ist, natürlich um das Vogelbeobachten. Wer die meisten ostafrikanischen Vögel sichtet, die beobachteten Vögel täglich bis zu einer bestimmten Uhrzeit im Asadi Club vor Zeugen bekannt gibt und in dieser Woche keinen Kontakt zu Rose hat, der wird zum Gewinner gekürt. So ziehen die beiden Männer Tag für Tag los, um die heimische Vogelwelt zu dokumentieren. Und während sich Mr. Malik vor allem auf Nairobi konzentriert, gewinnt Harry (nicht ganz regelgerecht) zwei Ökotouristen als Verbündete und reist auf der Suche nach Vögeln im Schnellverfahren quer durch das Land.

Ich fand es einfach unglaublich, was den beiden auf ihren Vogelbeobachtungstouren so zustieß und welche Hindernisse sich aus manchmal alltäglichen Begebenheiten ergaben. Doch vor allem haben mich die verschiedenen Charaktere in ihren Bann gezogen. Mr. Malik ist ein wirklich liebenswerter und überraschend engagierter Mann, der ein Gespür für Gerechtigkeit hat, sich um seine Mitmenschen kümmert und auf seine Art versucht, etwas in seinem Land zu bewegen. Und auch Harry, der anfangs sehr oberflächlich wirkt, entpuppt sich als netter Kerl, während die vielen Nebenfiguren die Geschichte auf fantastische Weise abrunden.

Obwohl Nicholas Drayson auch viele kritische/ernste Themen wie den Umgang mit Aids, kenianische Politik, Kriminalität und Korruption anschneidet, habe ich mich wunderbar mit dieser bezaubernden Geschichte amüsiert. Ich habe gekichert und laut aufgelacht, ich war gerührt, habe um Mr. Malik gebangt, einiges Neues über Kenia gelernt und einfach eine gute Zeit mit diesem Buch gehabt. Der Roman ist kein spannungsgeladener Pageturner, aber dafür eine liebevolle und detailliert erzählte Geschichte mit so vielen Facetten, dass ich am Ende das Buch aus der Hand legte und ausnahmsweise einmal vollkommen zufrieden und glücklich mit dem gerade Gelesenen war.