Mit „Trautes Heim“ wurden vom Diogenes Verlag vier Kurzgeschichten von Patrica Highsmith in einem Hörbuch veröffentlicht. Gesprochen werden die Geschichten alle von Franziska Pigulla, die ihre Arbeit insgesamt sehr gut macht. Die Titelgeschichte „Trautes Heim“ handelt von Olivia Amory, die ihrem Mann versprochen hat, dass sie ihrer Ehe noch eine Chance geben will und deshalb ihren Geliebten drei Monate nicht kontaktieren wird. Doch die Trennung scheint ihr so sehr aufs Gemüt zu schlagen, dass sie seitdem zu Unfällen neigt – zumindest gewinnt ihr Mann diesen Eindruck.
„Die Schildkröte“ wird aus der Perspektive des elfjährigen Victors erzählt, dessen recht dominante Mutter als Illustratorin ihr Geld verdient. Sehr glücklich ist der Junge mit seiner Mutter nicht, scheint sie doch vollkommen zu ignorieren, dass er älter wird und nicht mehr wie ein Kleinkind behandelt werden sollte – und sei es nur, damit ihn die gleichaltrigen Nachbarsjungen nicht immer hänseln.
Clive, die Hauptfigur aus „Woodrow Wilsons Krawatte“, würde sich hingegen definitiv nicht hänseln lassen. Der junge Mann verdient sein Geld als Lieferbote für einen Händler, trifft sich abends mit seinen Kumpels in der Kneipe und besucht in seiner Freizeit mit großem Vergnügen die Verbrecherabteilung des örtlichen Wachsfigurenkabinett. Dort findet er auch Inspiration für eine Tat, die ihn eigentlich berühmt machen sollte.
In „Ein seltsamer Selbstmord“ ergibt es sich, dass Dr. Steven McCullough nach langer Zeit Roger Rane wiedersieht. Roger ist der Mann, der vor 15 Jahren Stevens große Liebe geheiratet hatte, nachdem er die Frau anlog und behauptete Steven würde sie betrügen. Dieses Verhalten hat ihm der Arzt bis heute nicht verziehen und so denkt er auf der Fahrt zu Rogers Wohnort darüber nach, wie man wohl vorgehen müsste, um einen Mord zu begehen, bei dem man nicht überführt werden kann.
Jede einzelne dieser vier Geschichten ist wunderbar bitterböse von Patricia Highsmith konzipiert worden und ich habe mich sehr gut mit den verschiedenen Figuren und den jeweiligen Mordfällen unterhalten. Allerdings muss ich auch zugeben – und das ist meinem Gefühl nach der Tatsache geschuldet, dass ich die Kurzgeschichten gehört habe und da nicht ganz so intensiv dabei war wie beim Lesen -, dass ich nach ein paar Tagen schon gut überlegen musste, welche Geschichten bei diesem Hörbuch dabei waren und welche Figuren aus welchen Gründen wie handelten. Dabei sind die jeweiligen Inhalte und Charaktere vollkommen verschieden und eigentlich nicht zu verwechseln.
Auch die Sprecherin unterstreicht die Unterschiedlichkeit der Kurzgeschichten und verleiht jeder der unterschiedlichen Personen einen angenehm individuellen Ton. Einzig bei den Schweizer Polizisten, die in der letzen Geschichte vorkommen, kann mich Franziska Pigulla nicht ganz überzeugen. Der Akzent ist nicht ausgeprägt genug, um die beiden Herren auf Anhieb als Schweizer zu identifizierend, aber doch so weit vorhanden, dass ich ob der seltsamen Betonung und langsamen Sprechweise irritiert war.
Der einzige weitere Punkt, der mich gestört hat, war, dass die Übergänge zwischen den einzelnen Geschichten zu abrupt waren. So brauchte ich manchmal einen Moment, um zu kapieren, dass die eine Episode zu Ende war und mir gerade schon der Titel der nächsten Geschichte vorgelesen wurde. Da hätte man von Seiten der Produktion ruhig etwas Mut zur Pause beweisen dürfen, um den ansonsten sehr atmosphärisch vorgetragenen Geschichten auch den nötigen Raum zum Ausklingen zugeben. Ach ja, insgesamt hatte das Hörbuch eine Gesamtdauer von 2 Stunden 16, was eine schöne Länge ist, um zwischendurch zur Abwechslung mal eine etwas andere Art Geschichte zu hören.