Als Melina an ihrem ersten Schultag nach einem Umzug in eine neue Stadt von ihrer Mitschülerin Lisa im Keller der Schule eingesperrt wird, öffnet sich vor ihr urplötzlich ein Fenster in eine fantastische Welt. Und so landet das Mädchen durch ein Versehen des Zauberlehrling Tann in Lamunee. Doch Menschen sind in diesem Land nicht erlaubt und so muss der Tann schnell einen Weg finden, um Melina wieder nach Hause zu bringen.
In der Hoffnung, dass die mächtigen Eiszauberer (zu denen auch Tanns Meister Salius gehört) eine Lösung wüssten, machen sich die beiden auf zum Schloss des Königs. Dort findet nämlich gerade eine geheimnisvolle Konferenz statt, zu der der Herrscher alle Eiszauberer des Landes gerufen hat. Doch noch bevor Melina und Tann ihr Ziel erreichen, finden sie eindeutige Hinweise darauf, dass die Feuerzauberer nach Lamunee zurückgekehrt sind und nun eine Bedrohung für alle Bewohner des Landes darstellen. Aber nicht nur Melinas Perspektive kann man miterleben, sondern auch die der jungen Lianna, die als Lehrling – bzw. Dienstmädchen – bei der Zauberin Morzena angestellt ist.
Wirklich neu ist die Grundidee hinter dieser Geschichte nicht, aber da ich eine Menge wirklich netter Bücher kenne, bei denen Kinder aus unserer Welt in ein fantastisches Land gelangen, stört mich das wirklich nicht. Der Roman von Susanne Mittag strotzt vor lauter niedlichen Elementen, die der Leser gemeinsam mit Melina während ihrer Reise entdecken kann. Man lernt mehr über den Bogan Tann, die Magie im Land und die vielfältigen Geschöpfe, die Lamunee bevölkern. Die Vielfalt der Gestalten, die mit ihnen verbundenen kleinen Sagen und Geschichten sowie die Landschaftsbeschreibungen haben mir wirklich gut gefallen. Selbst die Dinge, die einem vertraut vorkommen, werden von Susanne Mittag mit einem eigenen Touch versehen und erscheinen so individuell.
Mir haben auch die verschiedenen Figuren gefallen. Melina versucht, das Beste aus ihrer Situation zu machen, der Zauberlehrling Tann muss sich einigen unangenehmen Wahrheiten stellen, lernt dafür aber viel über seine eigenen Fähigkeiten, der Musiker Erel (der sich mit Melina und Tann anfreundet) wird zu einem hilfreichen Begleiter und Lianna macht ebenfalls eine schöne Entwicklung durch. Doch trotz all dem hat mich das Schicksal dieser Figuren nicht wirklich berührt. Entweder hat die Autorin den Dreh nicht raus, wie man einen Handlungsstrang so spinnt, dass einem die Geschehnisse so nahe gehen, dass der Leser mit den Charakteren mitfiebert – oder es liegt an der „ab zehn Jahre“-Vorgabe. Auf jeden Fall war ich ständig enttäuscht darüber, was in diesem Buch aus den verschiedenen Situationen gemacht wurde.
Ich verstehe, dass in einem Fantasy-Buch für Kinder viele Situationen mit Magie gelöst werden, aber ich hätte mir gewünscht, dass die Figuren trotzdem mal in ernsthafter Gefahr geschwebt hätten. Doch kaum kommt ein Hauch von Spannung auf, da verpufft sie schon wieder, weil das drohende Problem mit einem Fingerschnippen, dem richtigen Wort oder eben dem Griff in den Magiebeutel gelöst wird. Besonders Melinas besondere Fähigkeit, die in Lamunee zum Vorschein kommt, sorgt dafür, dass die Geschichte viel zu glatt läuft. Und am Ende bleiben dann noch Fragen offen, die leicht hätten gelöst werden können und vielleicht zu einem befriedigteren Gefühl am Schluss hätte führen können. So entwickelt Lianna zum Besipiel im Laufe der Geschichte Angst um ihre Eltern – was aber wirklich mit ihnen passiert ist, erfährt der Leser nicht. Ich glaube, ich wäre nicht so enttäuscht von „Melina und die verlorene Magie“ gewesen, wenn die Autorin nicht so viele tolle Ansätze gehabt und atmosphärische Beschreibungen verwendet hätte. So fühlte ich mich beim Lesen, als würde man mir ständig Versprechungen machen, die dann aber nicht eingehalten werden …