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Vaseem Khan: Ein Elefant für Inspector Chopra (Inspector Chopra 1)

„Ein Elefant für Inspector Chopra“ von Vaseem Khan ist ein wunderbar kurzweiliger Kriminalroman, dessen Geschichte den Leser mitten ins trubelige Mumbai führt. Die Handlung beginnt an dem Tag, an dem Inspector Ashwin Chopra aus gesundheitlichen Gründen aus dem Dienst scheiden muss. Der Inspector hat sein gesamtes bisheriges Leben der Arbeit bei der Polizei gewidmet und gemeinsam mit seinen ergebenen Untergebenen große Erfolge gefeiert. Doch seit einem Herzinfakt vor einigen Monaten steht fest, dass es der Fünfzigjährige ruhiger angehen lassen muss. Während seine geliebte Frau Poppy sich schon sehr darauf freut, endlich mehr Zeit mit ihrem Mann verbringen zu können, trauert Inspector Chopra schon an seinem letzten Arbeitstag seiner Tätigkeit als Polizist hinterher. Der Abschied wird ihm durch die Klage einer Frau erschwert, die auf dem Revier auftaucht und behauptet, dass Chopras Untergebene dem überraschenden Tod ihres Sohnes nicht die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt haben.

Der Fall des „ertrunkenen“ jungen Mannes, dessen Tod von allen Behörden verdächtig schnell als Unfall abgetan wird, lässt den pensionierten Inspector auch in den kommenden Tagen nicht los, und so beginnt er auf eigene Faust zu recherchieren. Erschwert wird seine Tätigkeit dadurch, dass er sich nicht traut, Poppy in seine neue Freizeitbeschäftigung einzuweihen, weil diese ganz gewiss nicht glücklich wäre, wenn er sich weiterhin in Gefahr brächte. Außerdem gibt es zusätzlich eine Menge Trubel rund um den jungen Elefanten, der Chopra überraschenderweise von seinem Onkel geschickt wurde. Schwierig ist dabei nicht nur, dass das arme Tier eindeutig depressiv zu sein scheint, sondern auch, dass in dem Wohnkomplex, in dem Inspector Chopra mit seiner Frau und Schwiegermutter lebt, keinerlei Haustiere erlaubt sind – vom Halten von Elefanten ganz zu schweigen.

Vaseem Khan ist (laut seinem Wikipedia-Eintrag) in Großbritannien geboren und aufgewachsen, hat aber ungefähr zehn Jahre seines bisherigen Berufslebens in Indien bzw. Mumbai verbracht, und so gehe ich davon aus, dass seine liebevollen Beschreibungen dieser lauten, überfüllten, dreckigen, korrupten und doch liebenswerten Stadt auf eigenen Beobachtungen basieren – und so etwas mag ich bei einem Roman sehr. Die Hintergründe rund um den ermordeten jungen Mann, der Inspector Chopra so gar keine Ruhe lässt, sind erschreckend und düster, während die Elemente rund um den Elefanten Ganesha von dem Autor liebevoll überzogen und witzig erzählt werden. Doch vor allem lebt „Ein Elefant für Inspector Chopra“ von den vielen verschiedenen Charakteren und der großartigen Kulisse Mumbais, die Vaseem Khan auch wunderbar nutzt, um sowohl auf die verschiedenen Probleme Indiens als auch auf all die Kreativität, die Vielfalt, die Geschichte und die rasanten Entwicklungen der vergangenen Jahre einzugehen.

Dabei dient Inspector Chopra als leuchtendes Beispiel für die Ehrhaftigkeit und Unbestechlichkeit, indem er unerschütterlich inmitten all der korrupten Behördenmitarbeiter und verbrecherischen Geschäftsleute seinen Weg geht. Was vielleicht anstrengend zu lesen wäre, wenn er nicht auf der einen Seite von einer Handvoll gleichgesinnter Mitarbeiter und Freunde unterstützt wurde und auf der anderen Seite so viele liebenswerte Eigenarten hätte, dass man ihn schnell ins Herz schließt. Doch vor allem mochte ich all die kleinen Beschreibungen rund um das Leben in Mumbai. Inspector Chopra wird von seinen Ermittlungen nicht nur in die Armenviertel geführt, wo die Menschen in selbstgebauten Hütten vor allem dank ihrer unermütlichen Arbeit und ihres Einfallsreichtums überleben, sondern auch in Villengegenden, wo reiche Geschäftsmänner sich mit erfolgreichen Bollywoodstars mischen. So wie Vaseem Khan auf die verschiedenen gesellschaftlichen eingeht, so geht er in den verschiedenen kleinen Szenen auch immer wieder auf die religiösen Konflikte in diesem Land ein. Dabei erlebt man all diese Elemente durch Inspector Chopras Augen, der vor der Gewalt, die bei den religiös begründeten Auseinandersetzungen nicht verschließen kann, der aber auch genügend Menschen unterschiedlichen Glaubens kennt, die nicht nur Hand in Hand zusammenarbeiten, sondern auch tiefe Freundschaften schließen.

Ich mochte diese Ausgewogenheit bei der Darstellung Indiens ebenso wie den Kriminalfall, der all diese atmosphärischen Beschreibungen wie ein roter Faden verbindet. Doch vor allem sind mir beim Lesen die vielen verschiedenen Charaktere (allen voran der Inspector) ans Herz gewachsen, und ich habe mich wunderbar über all die absurden Szenen rund um Chopra und Ganesha amüsiert. „Ein Elefant für Inspector Chopra“ hat mir entspannte Lesestunden beschert, die ich sehr genossen habe. Trotz all dieser lobenden Worte muss ich aber auch zugeben, dass mir das eine oder andere Element an dieser Geschichte etwas zu abwegig war (vor allem, wenn es um Ganesha und seine besonderen Fähigkeiten ging) und ich den Kriminalfall gern noch etwas komplexer gehabt hätte. So werde ich zwar bestimmt den zweiten Band der Krimis rund um den Inspector und seinen Elefanten mitnehmen, wenn ich mal wieder leichte und unterhaltsame Lektüre suche. Ich bin aber nicht so hingerissen von diesem Buch, dass ich gezielt nach weiteren Teilen suchen oder mir die Romane gar anschaffen würde.