Schlagwort: Indien

Sangu Mandanna: Kiki Kallira Breaks a Kingdom (Kiki Kallira 1)

Auf „Kiki Kallira Breaks a Kingdom“ von Sangu Mandanna hatte ich mich gefreut, seitdem ich die erste Ankündung für das Buch gesehen hatte – und dann gab es in den Wochen nach der Veröffentlichung des Romans so viele begeisterte Stimmen, dass ich erst einmal etwas Abstand brauchte, bevor ich die Geschichte anfangen mochte. Bei einem ersten Anlesen in diesem Sommer war ich aber schon sehr angetan vom Erzählton und von der dreizehnjährigen Kiki, die alles versucht, um irgendwie mit ihren eigenen – irrationalen – Ängsten fertig zu werden. Kiki ist sich durchaus bewusst darüber, dass es eigentlich vollkommen unmöglich ist, dass sich ein Hai im Schulschwimmbecken aufhalten könnte, und trotzdem gibt es Tage, an denen sie nicht aufhören kann, daran zu denken, wie gefährlich das wäre. Um sich von all ihren Gedankenspiralen abzulenken, hat Kiki in den letzten Monaten zu ihrem Skizzenbuch und ihren Zeichenstiften gegriffen und eine fiktive Version der indischen Stadt Mysore (auf Deutsch Mysuru) geschaffen, in der Asura unter der Führung von Mahishasura die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt, während die „Crow“ – eine Gruppe von Kindern – gegen diese Dämonen kämpfen. Angeführt werden die Crow von Ashwini, einem Mädchen, das Kiki nach dem Vorbild ihrer verstorbenen Ur-Großtante (die das schwarze Schaf der Familie war) gestaltet hat.

Als Kiki eines Tages herausfindet, dass ihre fantastische Version von Mysore ebenso wie all die Charaktere, die sie sich ausgedacht hat, von Mahishasura zum Leben erweckt wurden, sieht sie sich gezwungen, mit Hilfe der Crow gegen den Dämonen zu kämpfen. Doch natürlich ist es nicht so einfach für ein Mädchen, das kaum in der Lage ist, seine eigenen Ängste im Zaum zu halten, mal eben einen Dämonen zu besiegen. Dazu kommt, dass einige der Crow nicht gerade glücklich darüber sind, welches Leben sich Kiki für sie ausgedacht hatte. So muss Kiki nicht nur das Vertrauen ihrer Mitstreiter erringen, sondern auch einen Weg finden, mit ihren eigenen Problemen fertig zu werden, um überhaupt eine Chance gegen Mahishasura zu haben. Ich mochte es sehr, Kikis Perspektive zu verfolgen, und fand es stimmig, wie ihr auf der einen Seite bewusst ist, dass ihre Ängste nicht „normal“ sind, und wie ihr Leben auf der anderen Seite trotzdem von diesen Ängsten beherrscht wird. So ist es natürlich auch nicht verwunderlich, dass ihre psychischen Probleme auch ihre größte Schwachstelle beim Kampf gegen Mahishasura sind. Umso schöner war es deshalb auch zu verfolgen, wie Kiki im Laufe ihres Abenteuers herausfindet, dass ihre Ängste nicht ihr ganzes Leben beherrschen müssen und dass sie Stärken hat, die ihr helfen können, mit all ihren Problemen (inklusive Dämonen 😉 ) fertig zu werden.

Ich mochte auch Sangu Mandannas Erzählweise sehr gern, denn der Autorin gelingt es, eine gute Mischung aus amüsanten, berührenden und absurden Szenen zu einer wundervoll unterhaltsamen Geschichte zu verweben. Mir gefiel es auch, dass ich eigentlich immer das Gefühl hatte, ich könnte die Beweggründe der verschiedenen Figuren nachvollziehen, selbst wenn ich ihr Handeln selbst nicht gutheißen konnte. Neben Kiki und den Crow mit all ihren wunderbaren Begabungen gibt es so einige Charaktere, die – selbst wenn sie nur ein paar Zeilen lang im Buch vorkommen – einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen haben, weil sie so wichtig dafür waren, dass die fantastische Version von Mysore sich real anfühlte. Überhaupt ist Kikis fiktive Stadt mit ihrer Mischung aus realer indischer Kultur, Steampunk-Elementen und Magie einfach eine großartige Kulisse für ein solches Abenteuer, und ich hätte gern noch viel mehr Zeit dort verbracht. Weshalb ich mir noch während des Lesens von „Kiki Kallira Breaks a Kingdom“ die Fortsetzung, „Kiki Kallira Conquers a Curse“, bestellt habe – allerdings in der zu meinem Buch passenden Taschenbuch-Ausgabe, weshalb ich leider noch bis zum kommenden Mai warten muss, bis ich gemeinsam mit Kiki weitere Ecken von Mysore erkunden kann.

 

Erika Fatland: Hoch oben – Eine Reise durch den Himalaya

Mein erstes Sachbuch des Jahres war „Hoch oben – Eine Reise durch den Himalaya“ von Erika Fatland. Was ich an der Autorin wirklich mag, ist, dass sie nicht nur unterhaltsam und gut verständlich schreibt und dabei unglaublich viele Informationen in ihre Texte packt, sondern sie reist auch in Gebiete, deren Geschichte ich in der Regel nicht sehr gut kenne. Wobei ich zugeben muss, dass ich zum Beispiel über Indien und Pakistan – dank diverser britischer und indischer Romane, die ich vor einigen Jahren gelesen habe – deutlich mehr wusste als über die -stan-Länder aus „Sowjetistan“ oder die meisten Grenzländer Russlands. So konnte ich beim Lesen viele kleine Wissensinseln (neu) miteinander verknüpfen und habe eine Menge neuer Informationen erfahren und einen relativ aktuellen Eindruck von der Situation in den Orten, die die Autorin bereist hat, bekommen. Daneben gibt es so viele kleine Szenen mit Einheimischen oder anderen Reisenden, die (oft genug) ohne zu werten erzählt werden, was es einem ermöglicht, sich seine eigenen Gedanken zu den wiedergegebenen Dialogen und Meinungen zu machen.

In „Hoch oben“ bereist Erika Fatland den Himalaya – so gut das eben bei einem Gebirge geht, bei dem weder Anfang noch Ende genau definiert sind, und das sich durch einige Länder zieht, bei denen die Einreise für Ausländer ein schwieriges Unterfangen ist. So beginnt die Autorin ihre Reise auch in Pakistan statt in Indien, da die indischen Behörden den Visumprozess so hingezogen hatten, dass daran die gesamte mehrmonatige erste Etappe hätte scheitern können. Insgesamt besuchte Erika Fatland von Juli bis Dezember 2018 (von China ausgehend) Pakistan, verschiedene Gebiete in Indien (inklusive Jammu und Kashmir) und Bhutan, und von April bis Juli 2019 bereiste sie Nepal und China (genauer gesagt Tibet und Yunnan). Ich muss gestehen, dass ich besonders den Anfang und das Ende ihrer Reise sehr bedrückend fand, denn gerade in den Grenzgebieten Chinas wird sehr anschaulich, wie sehr die chinesische Regierung mit all ihren Regeln, Gesetzen und Kontrollsystemen die Menschen unterdrückt.

Dabei finde ich – als relativ unbeteiligte Leserin – die Veränderungen, die die Autorin beobachtet, häufig besonders faszinierend. So weiß ich natürlich von der Situation der Uiguren in China, aber es ist einfach ein Unterschied, davon zu hören, dass die Uiguren verfolgt werden (und zu beobachten, dass die Zahl uigurischer Restaurants in Deutschland in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist), oder zu lesen, dass Erika Fatland 2015 in Xinjiang sah, dass Frauen mit Kopftüchern, Männer mit langen Bärten und der Ruf des Muezzins zum Alltagsbild gehörten, während gerade mal drei Jahre später in Kaschgar (trotz einer berühmten Moschee und einem immer noch sehr großem uigurischen Bevölkerungsanteil) keine einzige Person zu sehen war, die sichtbar dem islamischen Glauben angehörte. Oder wenn die Auswirkungen des Klimawandels bei einem Gespräch deutlich werden, da ihr ein Bergführer erzählt, dass dort, wo jetzt ein kleiner See zu sehen ist, während seiner Kindheit ein Eisgletscher war und dass er vor drei Jahren noch die Touristen auf diesen Gletscher führen konnte. Ich habe bislang nie darüber nachgedacht, wie unfassbar viel Wasser die Gletscher im Karakorum, Himalaya und Hindukusch beinhalteten und wie schnell sie in den letzten Jahren geschmolzen sind. Denn auch wenn mir natürlich klar ist, welche Veränderungen durch den Klimawandel mit den Gletschern vor sich gehen, ist diese katastrophale Entwicklung doch viel besser zu begreifen, wenn mir dabei vor Augen geführt wird, wie viele Millionen Menschen und welche Großstädte von diesem Gletscherwasser abhängig sind.

So erschreckend solche Beobachtungen und Informationen sind, so spannend finde ich es, sie zu lesen, und einzig die Dichte an Daten und Erlebnissen sorgte dafür, dass ich nicht versucht war, das gesamte Buch meinem Mann vorzulesen, obwohl ich ihm sonst gern erzähle, was ich gerade wieder Neues gelernt habe. Da gibt es all die kleinen Länder und Königreiche, die inzwischen zu einem großen Land gehören und doch weiterhin versuchen, eine eigene Identität aufrechtzuerhalten. So sehr ich sonst gespannt all die Informationen über das Leben der gewöhnlichen Menschen verfolge, so glaube ich doch, dass ich von „Hoch oben“ vor allem die Personen in Erinnerung behalten werde, die eine besondere Stellung einnehmen oder einnahmen. Erika Fatland ist meinem Gefühl nach erstaunlich vielen (ehemaligen) Prinzen, Prinzessinnen und Königen begegnet und bei den meisten bekam ich den Eindruck, dass sie ganz froh waren, dass sie diese Last nicht zu heutigen Zeiten tragen müssen, während andere – obwohl es keine offizielle Verpflichtung dazu gab – alles versuchen, um das Leben ihrer Nachbarn zu verbessern. Ich fand es spannend, von den Frauen zu lesen, die in Kindheitstagen als Göttinnen verehrt wurden, nur um dann als Teenager vollkommen unvorbereitet zurück in ein „normales“ Leben gehen zu müssen, und natürlich von all den Mönchen, Schamanen und ähnlichen religiösen Personen und von ihrem Einfluss auf das Leben der Menschen in ihrer Gegend.

Wie immer nach dem Lesen eines der Bücher von Erika Fatland bin ich auch Tag später immer noch erfüllt von all den aufgenommenden Informationen und Eindrücken und würde hier am liebsten ganz viel erzählen. Es gibt so viel Amüsantes, so viel Spannendes und Bedrückendes in „Hoch oben“ zu entdecken, und der Autorin gelingt es, all das Erlebte und Gesehene so zu erzählen, dass es sich – trotz all der ergänzenden Informationen zu Politik und Geschichte einer Region – wirklich flüssig lesen lässt. Wenn ihr also gern einmal mehr Informationen zu den Ländern, durch die sich der Himalaya zieht, haben möchtet, wenn ihr wissen wollte, wie es im Basiscamp des Mount Everest ausschaut, oder wenn ihr einen Blick auf das Leben in Bhutan werfen und euch trotz diverser erschütternder Elemente gut unterhalten fühlen möchtet, kann ich euch „Hoch oben“ nur sehr empfehlen. Erika Fatland hat mich mit „Hoch oben“ genauso überzeugen können wie mit ihren vorhergehenden beiden Bücher – und ich bin sehr gespannt, wohin es sie als Nächstes verschlagen wird.

Roshani Chokshi: Aru Shah and the End of Time (Pandava 1)

„Aru Shah and the End of Time“ von Roshani Chokshi hatte ich mir auf den Merkzettel gepackt, als vor ein paar Jahren die ersten Titel der „Rick Riordan presents“-Veröffentlichungen angekündigt wurden. Überraschenderweise habe ich es sogar geschafft, in all der Zeit keinerlei Meinungen zu dem Titel mitzubekommen, so dass ich wunderbar unvoreingenommen an die Geschichte herangehen konnte. Leider muss ich zugeben, dass ich von Anfang an ein Problem mit Aru Shah hatte, weil ich mit ihrem Verhalten nicht zurechtkam.

Aru ist eine chronische Lügnerin, die nicht nur ihren Mitschülern (die anscheinend alle aus deutlich reicherem Hause kommen) ständig Unwahrheiten erzählt, sondern die grundsätzlich auf alle Herausforderungen des Lebens mit einer Lüge zu reagieren scheint. So sind es auch Arus Lügen, die sie dazu bringen, eine verfluchte Lampe in dem Museum anzuzünden, in dem ihre Mutter arbeitet. Es tut ihr danach zwar leid, dass sie mit dem Anzünden der Lampe das Ende der Welt heraufbeschworen hat, aber auch dieses schlechte Gewissen führt nicht zu einem Überdenken ihres Handelns, sondern eher zu weiteren Lügen.

Auch mit der Darstellung von Mini, Arus „Seelenschwester“ (beide Mädchen sind als Pandavas in gewisser Weise Töchter indischer Gottheiten), hatte ich meine Probleme. Dabei fand ich Mini an sich gar nicht unsympathisch, aber sie wird von Roshani Chokshi dargestellt wie der typische kränkliche, ängstliche Nerd, und ich hasse solch eine Charakterisierung inzwischen wirklich. Mini hat Allergien, sie versucht auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein (was natürlich dazu führt, dass sie diverse absurde Dinge mit sich führt), sie hat vor ihrem eigenen Schatten Angst und verfügt über seltsame Wissensbrocken, für die sie dann von Aru gehänselt wird.

Ich finde es überaus bedauerlich, dass keines der beiden Mädchen anfangs irgendwelche Merkmale aufweist, die sie interessant oder liebenswert machen. Stattdessen musste ich mich an all den – wirklich tollen! – Details über indische Mythologie festhalten, um Interesse für die ersten Kapitel des Buches aufbringen zu können. Erst nach der Hälfte der Geschichte entwickelt Aru sich endlich etwas weiter und denkt nicht mehr ständig an sich selbst, sondern ist auch in der Lage, etwas ehrlicher mit den Personen in ihrer Umgebung umzugehen. Aber bis zu diesem Punkt habe ich den Roman regelmäßig aus der Hand gelegt, weil ich einfach keine Lust auf die Protagonistin hatte.

Nach Arus Weiterentwicklung hingegen mochte ich die Geschichte sehr. Roshani Chokshi führt den Leser durch eine fantastische Welt voller Dämonen, (Halb-)Göttern und anderen großartigen indischen Sagengestalten. Immer wieder kommt es zu wundervollen und überraschenden kleinen Momenten, während sich Aru und Mini den verschiedenen Herausforderungen stellen müssen, um das Ende der Welt zu verhindern. Ich mochte Roshani Chokshis Umgang mit indischer Mythologie, wobei mir nicht nur die göttlichen Reittiere ans Herz gewachsen sind, sondern auch der (fast) vergessene Palast der Pandavas und viele andere Personen. Am Ende finde ich es wirklich bedauerlich, dass ich – dank Arus sperrigem Charakter – so lange nicht in die Geschichte hineingefunden habe. Wenn mir der gesamte Roman so viel Spaß gemacht hätte wie die zweite Hälfte, hätte ich keine Hemmungen, mir sofort die Fortsetzung zu bestellen. So hingegen werde ich erst einmal abwarten.

Nidhi Chanani: Pashmina (Comic)

Ich kann mich überhaupt nicht mehr erinnern, wie ich auf „Pashmina“ von Nidhi Chanani aufmerksam geworden bin, aber mir gefiel, dass sich die Geschichte laut Klappentext um eine indischstämmige Amerikanerin dreht, die gern mehr über das Heimatland ihrer Mutter erfahren würde. Erzählt wird die Handlung aus der Sicht der ca. sechzehnjährigen Priyanka und zu Beginn des Comics kann man als Leser mitverfolgen, wie Pri(yanka) immer wieder mit ihrer Mutter aneinandergerät, weil diese ihr nichts über Pris Vater oder ihr Heimatland Indien erzählen will. Doch nicht nur mit ihrer Mutter hat Pri Probleme, sondern auch mit den Mitschülerinnen, die sich über ihren indischen Namen und ihre Leidschaft für Comics lustig machen.

Als Pri dann eines Tages in einem altem Koffer ihrer Mutter einen magischen Pashmina (ein traditionelles gewebtes Tuch) findet, bekommt sie die langersehnte Gelegenheit, Indien kennenzulernen. Gemeinsam mit ihren „Führern“ Kanta (einem Elefanten) und Mayur (einem Pfau) reist Pri zu allerlei Sehenswürdigkeiten und genießt eine Menge indisches Essen. Doch bei jedem dieser magischen Ausflüge wird Pri von dem Schatten einer Frau verfolgt, der ihr anscheinend etwas sagen möchte. Nachdem ihre Sehnsucht nach Indien durch diese „magischen Reisen“ nur noch mehr angefacht wurde, bekommt Pri überraschend die Möglichkeit, tatsächlich in das Heimatland ihrer Mutter zu fliegen und muss feststellen, dass der Alltag in Indien nicht ganz so bunt und berauschend ist, wie sie es sich vorgestellt hatte.

In vielerlei Hinsicht ist Pri ein typischer Teenager. Während sie in einigen Szenen erstaunlich erwachsen wirkt, gibt es auch immer wieder Momente, in denen sie deutlich zeigt, dass sie nicht alt genug ist, um mit einer ungewohnten Situation umzugehen. Aber insgesamt mochte ich Pri sehr gern, und es hat Spaß gemacht, sie auf ihrem Weg nach Indien zu begleiten. Ich mochte es, wie Nidhi Chanani in ihrem Comic all die kleinen Elemente eingeflochten hat, die deutlich machen, wie schwierig es für Priyanka ist, dass sie keiner ihrer beiden Welten wirklich angehört. Ebenso gefiel mir der Kontrast zwischen dem Bollywood-bunten Traum von Indien und dem Land, das Pri später dann doch noch persönlich kennenlernt. Hier und da hat die Autorin ihre Botschaft vielleicht etwas zu plakativ eingebaut, aber das hat mich bei all den wunderbaren Details und fantastischen Elementen aus der indischen Mythologie nicht gestört

Auch die relativ einfach gehaltenen Zeichnungen mochte ich bei „Pashmina“ sehr gern. Nidhi Chananis Figuren sind angenehm individuell gezeichnet und können sowohl in den schwarz-weißen Passagen, in denen die realistischen Szenen dargestellt werden, als auch auf den kunterbunten Seiten, in denen der Pashmina seine Magie wirkt, überzeugen. Besonders mochte ich Pris Gestik und Mimik, die so liebevoll gezeichnet wurden, dass man auch ohne Text genau sehen kann, wie es dem Mädchen gerade geht und wie sie auf ihre Umgebung reagiert. Insgesamt habe ich „Pashmina“ sehr genossen. Ich habe mich beim Lesen sehr über Priyankas Entwicklung gefreut und mich gern auf die Magie des Pashmina eingelassen.

Vaseem Khan: Ein Elefant für Inspector Chopra (Inspector Chopra 1)

„Ein Elefant für Inspector Chopra“ von Vaseem Khan ist ein wunderbar kurzweiliger Kriminalroman, dessen Geschichte den Leser mitten ins trubelige Mumbai führt. Die Handlung beginnt an dem Tag, an dem Inspector Ashwin Chopra aus gesundheitlichen Gründen aus dem Dienst scheiden muss. Der Inspector hat sein gesamtes bisheriges Leben der Arbeit bei der Polizei gewidmet und gemeinsam mit seinen ergebenen Untergebenen große Erfolge gefeiert. Doch seit einem Herzinfakt vor einigen Monaten steht fest, dass es der Fünfzigjährige ruhiger angehen lassen muss. Während seine geliebte Frau Poppy sich schon sehr darauf freut, endlich mehr Zeit mit ihrem Mann verbringen zu können, trauert Inspector Chopra schon an seinem letzten Arbeitstag seiner Tätigkeit als Polizist hinterher. Der Abschied wird ihm durch die Klage einer Frau erschwert, die auf dem Revier auftaucht und behauptet, dass Chopras Untergebene dem überraschenden Tod ihres Sohnes nicht die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt haben.

Der Fall des „ertrunkenen“ jungen Mannes, dessen Tod von allen Behörden verdächtig schnell als Unfall abgetan wird, lässt den pensionierten Inspector auch in den kommenden Tagen nicht los, und so beginnt er auf eigene Faust zu recherchieren. Erschwert wird seine Tätigkeit dadurch, dass er sich nicht traut, Poppy in seine neue Freizeitbeschäftigung einzuweihen, weil diese ganz gewiss nicht glücklich wäre, wenn er sich weiterhin in Gefahr brächte. Außerdem gibt es zusätzlich eine Menge Trubel rund um den jungen Elefanten, der Chopra überraschenderweise von seinem Onkel geschickt wurde. Schwierig ist dabei nicht nur, dass das arme Tier eindeutig depressiv zu sein scheint, sondern auch, dass in dem Wohnkomplex, in dem Inspector Chopra mit seiner Frau und Schwiegermutter lebt, keinerlei Haustiere erlaubt sind – vom Halten von Elefanten ganz zu schweigen.

Vaseem Khan ist (laut seinem Wikipedia-Eintrag) in Großbritannien geboren und aufgewachsen, hat aber ungefähr zehn Jahre seines bisherigen Berufslebens in Indien bzw. Mumbai verbracht, und so gehe ich davon aus, dass seine liebevollen Beschreibungen dieser lauten, überfüllten, dreckigen, korrupten und doch liebenswerten Stadt auf eigenen Beobachtungen basieren – und so etwas mag ich bei einem Roman sehr. Die Hintergründe rund um den ermordeten jungen Mann, der Inspector Chopra so gar keine Ruhe lässt, sind erschreckend und düster, während die Elemente rund um den Elefanten Ganesha von dem Autor liebevoll überzogen und witzig erzählt werden. Doch vor allem lebt „Ein Elefant für Inspector Chopra“ von den vielen verschiedenen Charakteren und der großartigen Kulisse Mumbais, die Vaseem Khan auch wunderbar nutzt, um sowohl auf die verschiedenen Probleme Indiens als auch auf all die Kreativität, die Vielfalt, die Geschichte und die rasanten Entwicklungen der vergangenen Jahre einzugehen.

Dabei dient Inspector Chopra als leuchtendes Beispiel für die Ehrhaftigkeit und Unbestechlichkeit, indem er unerschütterlich inmitten all der korrupten Behördenmitarbeiter und verbrecherischen Geschäftsleute seinen Weg geht. Was vielleicht anstrengend zu lesen wäre, wenn er nicht auf der einen Seite von einer Handvoll gleichgesinnter Mitarbeiter und Freunde unterstützt wurde und auf der anderen Seite so viele liebenswerte Eigenarten hätte, dass man ihn schnell ins Herz schließt. Doch vor allem mochte ich all die kleinen Beschreibungen rund um das Leben in Mumbai. Inspector Chopra wird von seinen Ermittlungen nicht nur in die Armenviertel geführt, wo die Menschen in selbstgebauten Hütten vor allem dank ihrer unermütlichen Arbeit und ihres Einfallsreichtums überleben, sondern auch in Villengegenden, wo reiche Geschäftsmänner sich mit erfolgreichen Bollywoodstars mischen. So wie Vaseem Khan auf die verschiedenen gesellschaftlichen eingeht, so geht er in den verschiedenen kleinen Szenen auch immer wieder auf die religiösen Konflikte in diesem Land ein. Dabei erlebt man all diese Elemente durch Inspector Chopras Augen, der vor der Gewalt, die bei den religiös begründeten Auseinandersetzungen nicht verschließen kann, der aber auch genügend Menschen unterschiedlichen Glaubens kennt, die nicht nur Hand in Hand zusammenarbeiten, sondern auch tiefe Freundschaften schließen.

Ich mochte diese Ausgewogenheit bei der Darstellung Indiens ebenso wie den Kriminalfall, der all diese atmosphärischen Beschreibungen wie ein roter Faden verbindet. Doch vor allem sind mir beim Lesen die vielen verschiedenen Charaktere (allen voran der Inspector) ans Herz gewachsen, und ich habe mich wunderbar über all die absurden Szenen rund um Chopra und Ganesha amüsiert. „Ein Elefant für Inspector Chopra“ hat mir entspannte Lesestunden beschert, die ich sehr genossen habe. Trotz all dieser lobenden Worte muss ich aber auch zugeben, dass mir das eine oder andere Element an dieser Geschichte etwas zu abwegig war (vor allem, wenn es um Ganesha und seine besonderen Fähigkeiten ging) und ich den Kriminalfall gern noch etwas komplexer gehabt hätte. So werde ich zwar bestimmt den zweiten Band der Krimis rund um den Inspector und seinen Elefanten mitnehmen, wenn ich mal wieder leichte und unterhaltsame Lektüre suche. Ich bin aber nicht so hingerissen von diesem Buch, dass ich gezielt nach weiteren Teilen suchen oder mir die Romane gar anschaffen würde.

Vikram Seth: Eine gute Partie

Mila und ihre 100-Bücher-Liste haben mich auf diesen Titel gebracht, und ich bin wirklich froh darüber, auch wenn die 2000 Seiten manchmal eine Herausforderung waren. Ohne Milas liebevolle Beschreibung von Mrs. Rupa Mehra und ihrer Familie hätte ich vermutlich gar nicht mit „Eine gute Partie“ angefangen, und dann hätte ich nicht nur viel Wissenswertes über Indien, sondern auch eine Menge liebenswerter, ehrbarer, verzweifelter, hilfsbereiter und egozentrischer Figuren verpasst. Oh, und noch ein Tipp für das Lesen eines so umfangreichen Romans: Ich habe mir täglich kleine Portionen vorgenommen, und da die Geschichte in viele Unterkapitel unterteilt ist, klappte das so wirklich gut. Allerdings sollte man zwischen den einzelnen Abschnitten nicht zu viel Zeit verstreichen lassen, weil es sonst irgendwann schwierig wird, die vielen Personen in allen Details auseinanderzuhalten.

Vikram Seth erzählt in „Eine gute Partie“ die Geschichte von vier miteinander verbundenen Familien, wobei das Hauptthema Mrs. Rupa Mehras Versuche sind, ihre neunzehnjährige Tochter Lata mit einem passenden Mann zu verheiraten. Dabei zeichnet der Autor ein detailliertes Bild von der indischen Gesellschaft in den Jahren 1951/52. Indien ist gerade mal seit vier Jahren unabhängig und leidet unter der Abspaltung Pakistans. Während Konflikte zwischen den verschiedenen Religionen schwelen und ein neues Gesetz eine Landreform einleiten soll, schwankt bereits die junge indische Demokratie aufgrund von kurzsichtigen oder bestechlichen Politiker, von Idealen, die in der Realität nicht bestehen können, und vor allem aufgrund von sozialer Ungerechtigkeit in diesem überbevölkerten Land.

Vor diesem Hintergrund kann der Leser die großen und kleinen Wendungen im Leben der verschiedensten Personen verfolgen. Die bereits erwähnte Mrs. Rupa Mehra und ihre Tochter Lata haben zum Beispiel sehr persönliche Probleme. Während die Mutter für ihre Tochter eine gute Partie sucht, möchte Lata die Wahl haben, ob und wen sie heiratet. Sie ist noch mitten in ihrem Studium und sperrt sich gegen den liebevollen (und sehr aufdringlichen) Einfluss ihrer Mutter – auch wenn sie anhand ihrer älteren Schwester Savita und ihrem Mann Pran sieht, dass so eine arrangierte Ehe auch sehr liebevoll sein kann. Prans Vater Maresh Kapoor hingegen beschäftigt sich mit der großen Politik. Er ist federführend für die geplante Enteignung der Großgrundbesitzer verantwortlich und versucht so gerechtere Eigentumsverhältnisse in Indien einzuführen, auch wenn das zum Beispiel bedeuten würde, dass einer seiner besten Freunde – der Moslem Nawab Sahib – einen Großteil seines Besitzes verlieren würde.

Ich muss gestehen, dass ich die politischen Aspekte der Geschichte (die erst gegen Ende wirkliche Tragweite bekommen, wenn man schon so in der Handlung drin ist, dass auch längere Beschreibungen von Gesetzesdiskussionen einen nicht rausreißen) deutlich fesselnder fand, als ich erwartet hatte. Vikram Seth hat ein Händchen dafür, die landesweiten Ereignisse mit den kleinen persönlichen Schicksalen zu verknüpfen, so dass es einfach spannend wird. So wird der Tunichtgut Maan Kapoor aufgrund seiner einnehmenden Persönlichkeit in den Wahlkampf seines Vaters Maresh gezogen und bekommt auf diese Weise hautnah mit, welche verheerende Folgen die sozialistischen Ideale seines Freundes Rasheed auf die Ärmsten in seinem Heimatdorf haben.

Die allgemein aufgeheizte Stimmung (und die Tatsache, dass die Hindus eine Mehrheit im Parlament haben) führt auch immer wieder zu Zwischenfällen auf den Straßen der fiktiven Stadt Brahmpur, bei denen Mitglieder der vier Familien in Gefahr geraten oder sogar einen andersgläubigen Freund vor einem unkontrollierbaren Mob retten müssen. Gerade weil in diesem Roman – trotz der einen oder anderen großen Katastrophe – eher die kleinen Begebenheiten und Schicksalsschläge erzählt werden, finde ich ihn so reizvoll. Zu lesen, dass bei einer religiösen Feierlichkeit hunderte Pilger getötet und verletzt werden, ist erschütternd, aber viel eindrucksvoller ist der Moment, in dem eine junge Mutter spürt, wie ihr in der hysterischen Menge die Hand ihres neunjährigen Sohns entgleitet.

So habe ich 2000 Seiten lang über die Ereignisse, die die Familien Mehra, Kapoor, Khan, Chatterji und ihre Freunde erleben, geschmunzelt, den Kopf geschüttelt und sogar ein paar Tränchen verdrückt. Ich wollte Lata in ihrer ersten Verliebtheit ermutigen, Maan zur Vernunft bringen, seinen Freund Firoz vor einem Unglück bewahren und Latas älteren Bruder regelmäßig schütteln, weil mir seine Arroganz so auf die Nerven fiel. Ich fühlte mich als ein Teil dieser Familien, wollte ihnen Ratschläge erteilen und die freudigen Momente mit ihnen feiern. Und auch wenn ich nur wenige Monate ihres Lebens ganze 2000 Seiten mit ihnen verbracht habe, so habe ich „Eine gute Partie“ am Ende mit großem Bedauern zugeklappt. Diese Charaktere sind für mich während der Tage, in denen ich diesen Roman gelesen habe, erstaunlich real geworden und selbst die, die mir nicht sympathisch geworden sind, lassen mich auch im Nachhinein nicht gleichgültig.

Ich bin mir sicher, dass „Eine gute Partie“ – allein schon aufgrund des Umfangs – nicht für jeden Leser geeignet ist. Aber wer sich gern einmal kopfüber in eine andere Zeit und Kultur stürzen möchte, wer die kleinen und großen Ereignisse im Leben vierer liebenswerter Familien verfolgen mag und wer so wie ich eine Schwäche für indische Romane hat, der soll auf jeden Fall einen Versuch wagen. Wenn man jeden Tag um die hundert Seiten liest, dann ist diese Geschichte viel zu schnell vorbei. Ich hoffe sehr, dass Vikram Seth nach „Eine gute Partie (A Suitable Boy)“ wirklich im Jahr 2013 wie angekündigt die Fortsetzung „A Suitable Girl“ veröffentlicht und dass das Buch dann auch in Deutschland erscheinen wird. Ich würde wirklich gern wieder von Lata und ihren Angehörigen und Freunden lesen und mitverfolgen, wie sie diesmal diejenige ist, die eine passende Partie für ihren Enkel sucht …

Eine Sache noch zur Sprache und Erzählweise: Dieser Roman ist nicht nur, was den Umfang angeht, sondern auch in Bezug auf die Erzählweise sehr üppig. Gerade die etwas emotionaleren Charaktere können sich seitenweise in einem Gespräch über ihre Gefühle auslassen, die Sprache ist blumig, überbordend und doch genau richtig für die Atmosphäre. Ich finde es ja immer wieder faszinierend, dass mir einige Länder sprachlich so viel näher liegen als andere. Bei indischen Romanen stören mich die blumigen Umschreibungen so gar nicht, weil ich das Gefühl habe, dass die Kernaussage immer noch sehr direkt zum Ausdruck gebracht – und der Rest nicht ohne eine gewisse (Selbst-)Ironie formuliert wird. Mit französischen Autoren hingegen habe ich in der Regel Probleme, weil ich da das Gefühl habe, dass die Blumigkeit dazu benutzt wird, etwas so zu umschreiben, dass die eigentliche Aussage möglichst gut versteckt wird. 😉

Farahad Zama: Mister Alis Hochzeitsagentur für hoffnungslose Fälle

Obwohl der Titel „Mister Alis Hochzeitsagentur für hoffnungslose Fälle“ ein wenig irreführend ist, denn für Mister Ali gibt es keinen Menschen, für den er nicht den passenden Ehepartner finden könnte, gefällt er mir deutlich besser als der Originaltitel „The Marriage Bureau For Rich People“. Und weil ich eine Schwäche für Geschichten aus Indien habe und mich der Titel so ansprach, konnte ich es kaum erwarten meine Nase in das Buch zu stecken. Belohnt wurde ich mit einem bezaubernden Roman voller liebenswerter Figuren, humorvoller Szenen und einem kleinen Blick in die indische Kultur.

Mister Ali ist nach einem Arbeitsleben als Beamter in den Ruhestand getreten und könnte nun zusammen mit seiner Frau seinen Lebensabend genießen. Doch die Untätigkeit macht ihn schier verrückt – und seine Unruhe stört das geregelte Leben seiner Angetrauten – und so beschließt er als Hobby ein Heiratsbüro nach westlichem Vorbild aufzubauen. Eine innovative Idee für die sonst so traditionell bestimmte Suche nach einem Ehepartner. Statt die Eltern oder einen professionellen Heiratsvermittler zu beauftragen gezielt die richtige Person zu finden, bietet Mister Ali eine Kartei an, auf die die Klienten zurückgreifen können. Und was als Hobby begann, wird schnell so erfolgreich, dass Mister Ali dringend eine Sekretärin einstellen muss, die ihm bei der Büroarbeit hilft.

Auch die neue Sekretärin Aruna hat Probleme bei der Suche nach einem Ehemann. Ihre Familie ist, nach einer Erkrankung des Vaters, hoch verschuldet, was dazu führt, dass sie sich keine Hochzeit leisten kann. So leicht und heiter die einzelnen Episoden geschildert sind, so nutzt Farahad Zama dieses Buch, um einem die Augen für die großen und kleinen Probleme Indiens zu öffnen. Da gibt es die Putzfrau der Alis, die die lebenswichtige Operation des Enkels nicht finanzieren kann, oder der politisch aktive Sohn Rehmann, der Mister Ali und seiner Frau so manchem Kummer bereitet.

Mister Ali und seine Hochzeitsagentur gehören zu den wenigen Romanen in den letzten Monaten, die fest in meinen Bestand gewandert sind. Ich habe selten eine so bezaubernde und liebevolle Geschichte gelesen, in der humorvoll ein kleines Stückchen Indien beschrieben wird, ohne dass dabei vor den Missständen im Land die Augen verschlossen wird. Hier bekommt man keine Romantik nach Art der Bollywood-Filme präsentiert, kann aber trotzdem eine schöne Liebesgeschichte genießen, über das Geheimnis einer guten Ehe nachdenken und sich mit der fremdartigen Kultur eines faszinierenden Landes auseinandersetzen.

Amulya Malladi: 100 Arten eine Mango zu essen

Die siebenzwanzigjährige Priya Rao ging vor vielen Jahren von Indien nach Amerika, um dort zu studieren. Inzwischen hat sie sich in dem fremden Land ein gutes Leben aufgebaut, arbeitet in der IT-Branche und es gibt auch einen Mann, in den sie sich verliebt hat. Doch von Nick, den sie heiraten will, hat sie ihrer Familie nichts erzählt. Priya ist sich darüber im klaren wie traditionsbewußt ihre Familie ist – und wie sehr ihre Eltern damit rechnen, dass sie standesgemäß heiraten wird. Zum ersten Mal seit vielen Jahren reist die junge Frau nun wieder in ihre Heimat und schnell wird ihr bewußt, wie weit sie sich von dem Leben ihrer Eltern entfernt hat.

Sie ist nicht mehr das kleine Mädchen, das dem Großvater zuhört, wenn er seine Geschichten erzählt. Während sich die ganze Familie zum traditionellen Mangokochen bei den Großeltern versammelt, löst Priyas Haltung gegenüber den Vorgängen in ihrem Umkreis so einige offenen Aussprachen aus. Sie kann nicht mitansehen, wie ihre Tante regelrecht zu einer dritten Schwangerschaft gezwungen wird, damit endlich der ersehnte Sohn geboren wird. Und auch der verächtliche Umgang mit derjenigen von ihren Tanten, die seit zehn Jahren erfolglos auf dem Heiratsmarkt gehandelt wird, erbost die emanzipierte junge Frau.

Amulya Malladi, die selber eine im Ausland lebende Inderin ist, gelingt es ganz hervorragend die Spannungen zwischen den Traditionen und dem modernen Leben aufzuzeigen. Obwohl einige ihrer Charakter ziemlich rassistisch denken und handeln, habe ich die verschiedenen Figuren schnell lieb gewonnen. Keiner von ihnen meint es böse, all diese menschenverachtende Aussagen zeugen eher von Unwissen und einen umgesunden Verhaften an alten Regeln. Denn als Priya ihre Familie dazu zwingt mal über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen, und ihnen aufzeigt, wie sehr sie ihre Lieben durch ihr Verhalten verletzten, sind sie in der Lage zaghaft ihr Denken zu verändern. Dabei bleiben sie immer noch fehlerhafte, dickköpfige – und doch liebenswerte – Personen, die sich eben schwer durch Argumente überzeugen lassen.

Mir hat dieser Roman auf überaus unterhaltsame Weise die Augen für einen kleinen Teil Indiens geöffnet. Gerade diese Gradwanderung zwischen dem Erhalt der altvertrauten Traditionen und dem notwendigen Umdenken, um in einer modernen Welt zu bestehen, ist sehr schön dargestellt. Und neben dem informativen Teil gibt es unglaublich viele kleine humorvolle Szenen, die das Lesen zu einem Vergnügen machen.