Adrian McKinty: Der katholische Bulle (Sean Duffy 1)

Den Roman „Der katholische Bulle“ von Adrian McKinty hatte glencolumbscille auf ihrem Blog rezensiert und mich so auf den Titel neugierig gemacht. Der „Nordirlandkonflikt“ hat meine gesamte Kindheit hindurch einigen Raum in den Nachrichten eingenommen und ich habe früher Filme gesehen und Romane gelesen, in denen es um dieses Thema ging. Allerdings ist das schon lange her und nur selten gab es bei diesen Geschichten eine differenziertere Darstellung der Ereignisse. In der Regel fehlten die Grautöne und stattdessen wurden dem Zuschauer oder dem Lesenden entweder Helden oder Terroristen und keine Menschen mit Stärken und Schwächen oder gar so etwas wie einem Alltag präsentiert.

Adrian McKinty hingegen zeigt in dem ersten Roman rund um Sean Duffy wie es ist, wenn man in einer Stadt lebt, in der Protestanten gegen Katholiken, IRA gegen UVF und Polizisten gegen alle kämpfen. Seine Hauptfigur ist schon für sich ein Angriffsziel, da er trotz seines katholischen Glaubens zur Polizei gegangen ist. Sean Duffy hofft, er könne so etwas dazu beitragen den Terrorismus in Belfast zu stoppen, doch dass das illusorisch ist, ist eigentlich von Anfang an klar. So ist Sean Duffy eigentlich ganz erleichtert, als er den Auftrag bekommt einen Mord aufzuklären, der anscheinend begangen wurde, weil das Opfer schwul war. Doch natürlich ist es nicht einfach herauszufinden, wer den Mann ermordet hat. Vor allem, da Sean Duffy sich doch bald wieder inmitten der verschiedenen politischen Lager findet, da das Opfer angeblich ein niedrigrangiger Handlanger der IRA war, und sich die Ermittlungen dadurch erschweren, dass keine politische Partei überhaupt zugeben mag, dass ein Homosexuelle in ihren Kreisen verkehrte. Schließlich darf man dabei nicht vergessen, dass Homosexualität zu dieser Zeit in Irland noch verboten war. Außerdem wird bald ein zweites Mordopfer gefunden, das mit hoher Wahrscheinlichkeit vom selben Täter getötet wurde, was aber die Sache für Duffy nicht einfacher macht.

Grundsätzlich mochte ich Sean Duffy als Protagonisten, auch wenn ich mir wünsche, dass Autoren nicht immer auf den gebildeten, intelligenten jungen Mann, der aus idealistischen oder persönlichen Gründen trotz anderer Berufsaussichten zur Polizei geht, zurückgreifen würden. Sean Duffy hat ursprünglich Psychologie studiert, liebt Musik und ist stolzer Besitzer eines kleinen Häuschens in einer durch und durch protestantischen Straße im Norden von Belfast. Für ihn gehört es zur morgendlichen Routine sein Auto nach Bomben abzusuchen, bevor er losfährt, oder Umwege zu fahren, wenn auch nur der Verdacht im Raum steht, dass auf der Straße eine Falle lauern könnte. Diese Aspekte hat der Autor sehr schön dargestellt. Für Sean Duffy und seine Kollegen ist der Terror schon so lange Alltag, dass sie manchmal ihre Vorsichtsmaßnahmen vergessen, obwohl sie doch zur Routine gehören, dass sie schon am Klang einer Explosion sagen können, was da hochgegangen ist, und dass sie sich nicht genötigt fühlen ihre Ermittlungen zu unterbrechen, nur weil in einer andere Ecke der Stadt eine Bombe ausgelöst wurde.

Diese Mischung aus „wir haben schon zu viel gesehen“ und „wir kommen gegen die vielen verschiedenen Parteien, die Macht in den Händen halten, nicht an“ führt zu einer harten und desillusionierenden Arbeitsrealität. Trotzdem geben Duffy und seine Kollegen ihr Bestes (auch wenn das im Vergleich zu modernen Vorgehensweise manchmal stümperhaft wirkt oder die verschiedenen Abteilungen nicht besonders gut zusammenarbeiten) und beißen sich mit einer Mischung aus Hartnäckigkeit, Frustration und Gleichgültigkeit gegenüber Gefahren durch die verschiedenen Hindernisse. Die Geschichte ist rau und hart und voller Menschen, die sich gegenseitig beweisen müssen, dass sie das Sagen haben. Auch Sean Duffy ist nicht ohne Fehler, sei es, dass er seine Zeitungen kostenlos bekommt, weil er versprochen hat mit dem lokalen Schutzgelderpresser ein Wörtchen zu reden, oder weil er ohne Durchsuchungs- oder Verhaftungsbefehle bei seinen Ermittlungen vorgeht. Aber er gibt sich Mühe und ihm ist es wichtig herauszufinden, was mit den ermordeten Personen passiert ist. Zum Teil spielt da auch persönlicher Ehrgeiz mit, aber vor allem geht es ihm um so etwas wie Gerechtigkeit in einer Zeit, in der man jederzeit umkommen kann, weil die religiösen und politischen Überzeugungen deines Nachbarn von den eigenen abweichen.

Ein wenig hat mich der Roman an die BBC-Serie „Life on Mars“ (nur halt ohne die Mysteryelemente) erinnert – und das ist nicht die schlechteste Assoziation, die eine Geschichte bei mir auslösen kann. 😉

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