Bei „Yesterday Crumb and the Storm in a Teacup“ von Andy Sagar hat mich als Erstes das Cover angesprochen, und nach dem Lesen der Inhaltsangabe fand ich die Vorstellung von einem magischen Café und einer Teehexe sehr reizvoll. Die Geschichte dreht sich um die zwölfjährige Yesterday Crumb, die fast ihr gesamtes Leben in einem Käfig in einem Zirkus verbracht hat. Dort dient das Mädchen mit den Fuchsohren als Attraktion für die Besucher, und sein einziger Trost ist ein kleines Buch über „Faeries“, das mit ihm zusammen gefunden wurde. Yesterday sehnt sich danach, „normal“ zu sein, weil sie davon ausgeht, dass sie ohne ihre ungewöhnlichen Ohren ein Leben wie jedes andere Mädchen führen könnte. Aber da alles besser ist, als weiterhin in einem Käfig zu existieren, folgt sie eines Tages dem geheimnisvollen unhöflichen weißen Raben Madrigal, der sie zu der Teehexe Miss Victoria Dumpling bringt.
Miss Dumpling ist die Besitzerin des Tea Shops Dwimmerly End, ein magisches Café, das in einem Haus mit Flamingobeinen zu finden ist, und sie bietet Yesterday an, bei ihr eine Ausbildung zur Teehexe zu machen. Außerdem will Miss Dumpling ihr helfen, den Fluch loszuwerden, den der unheimliche Mr. Weep auf ihrem Weg zum Café über Yesterday verhängt hat. In den Wochen nach ihrem Eintreffen in Dwimmerly End erlebt Yesterday also allerlei Abenteuer, während sie ihre Ausbildung zur Teehexe beginnt, seltene Zutaten für ihre magischen Tees sucht und gegen die Anhänger von Mr. Weep kämpft. Es gibt viele rasante und bedrohliche Szenen, aber trotz Yesterdays trauriger Vergangenheit und all der Gefahren, die sie erlebt, ist „Yesterday Crumb and the Storm in a Teacup“ in erster Linie eine Wohlfühlgeschichte voller amüsanter Momente und liebenswerter Figuren.
Als sogenannter Strangeling gehört Yesterday weder in die Menschenwelt, noch wird sie in der magische Welt vollständig anerkannt, und doch findet sie in Dwimmerly End ein liebevolles Zuhause mit Personen, die sie unterstützen und die ihr mehr zutrauen als sie sich selbst. Ich muss zugeben, dass es hier und da Stellen gab, wo ich gern vom Autor mehr Realismus – oder zumindest irgendeine fantastische Erklärung – gehabt hätte. So beinhaltet das Haus, das sich auf Flamingobeinen vorwärtsbewegt und in dessen Erdgeschoss das Café ist, nicht nur mehrere Stockwerke inklusive magischem Entwicklungslabor und Schlafräumen, sondern auch Greifen- und Einhorn-Ställe und ein Gewächshaus, ohne dass groß gesagt wird, wie all diese Räume darin unterkommen, ohne die Beweglichkeit des Gebäudes einzuschränken. Auch wüsste ich gern, wer Yesterday zum Beispiel das Lesen beigebracht hat, wenn sie doch im Zirkus keinerlei Aufmerksamkeit oder Zuwendung erfahren hat. Auf der anderen Seite muss ich zugeben, dass ich für all die magischen Wirkstoffe und Zutaten für Miss Dumplings Tees und Getränke keinerlei Erklärungen erwartet habe, ebensowenig wie für die Existenz des bezaubernden Tea Spirits Pascal oder all der anderen magischen Kreaturen – an diesen fantastischen Dingen konnte ich mich problemlos erfreuen.
Insgesamt fühlte sich „Yesterday Crumb and the Storm in a Teacup“ für mich wie eine zuckersüße, quietschbunte, weniger komplexe und deshalb für eine jüngere Leserschaft geeignete Variante der „Morrigan Crow“-Romane an. Beide Geschichten haben magische Gebäude, die die jeweilige Protagonistin willkommen heißen, eine freundliche und unterstützende erwachsene Person, die sich vor allem im Hintergrund aufhält und darauf vertraut, dass die jugendliche Protagonistin schon ihren Weg findet, und sehr viele ungewöhnliche und fantastische Ideen, mit denen ich sehr viel Spaß habe. Oh, und für diejenigen, die nun Lust auf das Buch bekommen haben, aber lieber auf Deutsch lesen: Der Dressler Verlag hat mit „Faye Fox 1 – Eine Prise Wunder hilft bei jedem Fluch“ eine deutsche Übersetzung veröffentlicht. (Wenn jemand zu dieser Übersetzung greifen sollte, dann seid so nett und klärt mich darüber auf, ob es darin eine Erklärung für den Faye-Fox-Reihentitel gibt – vor allem, da laut Klappentext der Name der Protagonistin weiterhin Yesterday Crumb lautet.)