Manche Geschichten kommen ohne große Höhen und Tiefen aus und doch ist es so schön und befriedigend sie zu lesen – und genau so ein Buch ist „Denn das Glück ist eine Reise“. Ausnahmsweise gehe ich auch mal auf die Aufmachung des Buches ein, denn obwohl ich eigentlich Lila nicht so mag, finde ich diesen Lavendelton (der leider auf dem Foto eher blau aussieht) für den Roman sehr passend. Wenn ich kritisch sein wollte, dann könnte ich behaupten, dass das Cover überhaupt nicht stimmt. Georges und Charles sind in einem modernen Renault Scenic unterwegs – und der ist auch nicht weiß – und die Lavendelfelder sind eigentlich ein Markenzeichen der Provence, die am Mittelmeer liegt, und nicht der Bretagne, die an der Atlantikküste liegt. Aber für mich strahlt das Cover etwas liebevolles, altmodisches und französisches aus – und das passt wiederum perfekt zu dieser Geschichte. 😉
„Denn das Glück ist eine Reise“ von Caroline Vermalle ist der Debütroman der Autorin. In diesem Buch begleitet der Leser den 83-jährigen Georges und seinen sieben Jahre jüngeren Nachbarn Charles auf einer Reise. Die beiden alten Männer haben sich vorgenommen mit einem Auto (welches extra für dieses Vorhaben gekauft wurde) die einzelnen Routen der Tour de France abzufahren. Für Georges ist dies die Erfüllung eines Lebenstraums – und doch hat er so einige Ängste bezüglich dieser Reise. Schon seit Jahren geht es mit seiner Gesundheit bergab, außerdem ist er so in seinem Alltagstrott gefangen, dass ihn die Veränderungen, die mit seinem Plan einhergehen, sehr unsicher machen.
Aber wenn er nicht jetzt, da seine Tochter Françoise für zwei Monate verreist ist und ihn nicht im Auge behalten kann, losreist, dann wird das wohl nichts mehr mit der Fahrt, bevor er stirbt. Nur kommt blöderweise seine Enkelin Adèle hinter das Vorhaben ihres Großvaters, doch solange dieser ihr jeden Abend eine SMS schickt, in dem er schreibt, an welchem Ort er ist und dass es ihm gut geht, verrät sie ihn nicht an die Mutter. So beginnt eine wirklich berührende Geschichte, die ich kaum aus der Hand legen wollte.
Ich habe es genossen zu erleben, dass Georges, der in den letzten Jahren etwas mutlos und depressiv geworden war, wieder entdeckt wie wunderbar das Leben ist. Während Charles am Steuer sitzt, genießt Georges die Schönheit der Bretagne. Gemeinsam erkunden sie die Ortschaften entlang ihres Weges, machen ein Picknick oder genießen einen lustigen Abend in einer Crêperie. So vertieft sich die Freundschaft der beiden älteren Herren, die bislang „nur“ ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis hatten. Dabei kommt es auf dieser Reise auch zu kleineren und größeren Auseinandersetzungen, weil jeder von ihnen einen Dickkopf und ganz genaue Vorstellungen vom Ablauf der Fahrt hat.
Sehr schön ist es auch, dass Georges auf andere Menschen zugehen muss, um die Bedingungen seiner Enkelin Adèle zu erfüllen. Denn der Großvater hat keine Ahnung davon, wie er das Handy bedienen muss, welches er mal von seiner Tochter geschenkt bekommen hatte. Doch eine Rezeptionistin zeigt ihm wie man SMS schreibt und ein Kellner weist ihn in die Geheimnisse der SMS-Sprache ein. Hat Georges sich anfangs nur unwillig auf das verhasste moderne Gerät eingelassen, so genießt er es im Laufe der Zeit, dass er per SMS all seine schönen Erlebnisse mit seiner Enkelin teilen kann. Auch für Adèle werden die SMS ihres Großvaters zu einem Lichtblick, während sie in London einem eher frustrierendem Praktikum nachgeht. Georges Liebe für die Bretagne, all seine Erlebnisse und Erfahrungen, bringen ihr den Großvater (den sie seit zehn Jahren nicht mehr gesehen hatte) deutlich näher.
Ich hatte Georges, Charles und all die anderen Charaktere schnell in mein Herz geschlossen und bin voller Freude mit ihnen auf die Reise gegangen. Obwohl Frankreich nicht gerade an der Spitze meiner Wunsch-Reiseziele steht, hatte ich beim Lesen (und auch nach dem Buch) das Bedürfnis all diese Orte persönlich zu sehen, einen Blick auf einen kleinen Fischerhafen zu werfen, zu erleben wie der Atlantik an die Küste braust und in einem kleinen Restaurant zu essen und dabei den Menschen bei ihrem Alltag zuzuschauen. Dabei beschreibt Caroline Vermalle die Bretagne nicht mit ausufernden Worten, sondern hält sich sehr zurück und reduziert die Landschafts- und Ortsbeschreibungen auf das Nötigste. Für mich wurde der Roman gerade deshalb zu einer wundervoll atmosphärischen Reise, bei der ich viel gelacht und am Ende ein wenig geweint habe. Auf jeden Fall habe ich dieses Buch in vollen Zügen genießen können und kann es jedem von euch, der sich auf eine kleine, feine und wunderschöne Geschichte einlassen mag, nur ans Herz legen.
Wie schon an anderer Stelle angemerkt: ich werde mir dieses Buch auf jeden Fall merken, es hört sich für mich perfekt an.
Es ist zwar eine ganz andere Thematik, aber das Cover erinnert mich an "Ein geschenkter Tag" von Anna Gavalda. Das habe ich als Hörbuch gehört und es hat mich absolut begeistert, weil es eben auch diese wunderbare Stimmung in sich hat, die ich in diesem Buch ebenfalls vermute. Hach ja, Bücher, die in Frankreich spielen, haben einen ganz eigenen Charme (und dabei bin ich wirklich gar nicht frankophil 😉 )
Danke für die schöne Rezension – ich bin schon gespannt auf diese Reise!
Dieses Buch könnte ich mir als Hörbuch auch gut vorstellen – auch wenn dann nicht mehr auffällt wie sehr sich George an die SMS-Sprache gewöhnt. 😉
Lustigerweise kann ich ja normalerweise Bücher die in Frankreich (oder Italien) spielen gar nicht soooo gut leiden. Aber die wenigen Ausnahmen, die mich dann doch packen, die erwischen mich dann richtig. 😉
Das ist ein Buch, das mich thematisch überhaupt nicht interessiert. In der Buchhandlung wär ich definitiv daran vorbeigelaufen, ohne ihm einen Blick zu gönnen, und hätte ich aus irgendwelchen Gründen doch den Klappentext gelesen, hätte ich den Roman sofort wieder weggelegt. Aber deine Rezension … die macht mir richtig richtig Lust auf "Das Glück ist eine Reise"! Ich glaub, wenn mir das Buch mal auf dem Flohmarkt begegnen sollte, werde ich zuschlagen!
Ach, Irina, schön, dass ich dir Lust auf dieses schöne Buch machen konnte. Und wenn du auf dem Flohmarkt nicht fündig wirst, bevor das nächste Paket in deine Richtung geht, dann könnte ich dir den Roman ja auch einfach leihen. 😀 Also, Liste?
Mir würde es beim Titel und dem Cover wie Irina gehen – wenn ich Deine Rezension nicht kennen würde. Diese macht wirklich Lust auf den Roman – und daneben einen Atlas (oder googlemaps *g*) zum "Verfolgen".
Ich seh schon, ihr besorgt euch alle das Buch und hinterher könnt ihr es nicht leiden, weil ihr "normalerweise gar keine Lust darauf hättet" – und ich bin dann Schuld. 😉
Nein, nur das Cover und der Titel hätten mich in der Buchhandlung nicht dazu verführt, das Buch in die Hand zu nehmen und den Klappentext bzw. etwas im Buch zu lesen. So sind mir sicher schon einige schöne Buche durch die Hände gerutscht.
Gut, das kann ich verstehen – mit dem Cover konnte ich mich auch erst während des Lesens anfreunden. 😀
Ja, bitte auf die Liste! 🙂
Und mit der Schuld musste halt dann leben, wenn uns allen das Buch nicht gefällt, weil du uns dazu verführt hast! *hehe*
Erledigt!
Und zum Glück bin ich mir sicher, dass das Buch allgemein leidbar ist. 😉
Ein Jahr und ein paar Tage sind vergangen, aber inzwischen habe ich "Denn das Glück ist eine Reise" gelesen. Jetzt sitze ich hier, schniefe etwas, fühle mich gut. Danke für die Empfehlung.
Ach, es freut mich, dass dir das Buch so gut gefallen hat! 🙂
Der zweite Roman der Autorin geht in eine ähnliche Richtung, kommt aber lange nicht an diese Geschichte ran …
Ist der zweite Roman dem Debut thematisch oder stimmungsmäßig nahe? oder beides? Vielleicht ist der Unterschied zu gering und deswegen kann der zweite Roman nicht die Lesergefühle des ersten erreichen.
Die Grundstimmung ist bei den beiden Romane ähnlich. In beiden geht es um Menschen, die ihm Alter ihre Träume verwirklichen, wobei der zweite Roman den Schwerpunkt eher darauf setzt, dass es nie zu spät ist einen neuen Weg einzuschlagen.
Aber in dem zweiten Roman gibt es Passagen, die mir zu "literarisch" sind, da fehlt einfach die ansprechende Schlichtheit von "Denn das Glück ist eine Reise" und bei dem Ende fühle ich mich veräppelt …
Die Worte waren in "Denn das Glück ist eine Reise" in der Tat schön gesetzt, als würde dem Leser bei einem Glas Wein zum Teil etwas unter dem "Siegel des Vertrauens" erzählt. z.B., dass Charles, was zwischenmenschliche Beziehungen angeht, nicht so den Durchblick hat 😉
Ich bin mir jetzt unsicher, ob ich in den zweiten Roman von Caroline Vermalle hineinlesen sollte
Ich schreib in den nächsten Tagen mal eine Blogrezi zu dem Buch, dann kannst du dir ja eine Meinung bilden. Wenn man die letzten zwei Seiten weglässt, dann ist es – trotz des Schmetterlings 😉 – eine schöne Geschichte. So aber muss ich noch etwas brüten, um mir sicher zu sein, was ich wirklich von dem Roman halte.
Dann warte ich. 🙂