Diana Biller: The Widow of Rose House

In „The Widow of Rose House“ von Diana Biller vermischt die Autorin eine im Jahr 1875 spielende Liebesgeschichte mit Geister-Elementen, wobei die Beziehung der beiden Hauptfiguren definitiv deutlich mehr Raum einnimmt als die Geistergeschichte. Protagonistin in „The Widow of Rose House“ ist die verwitwete Alva, die nach einigen Jahren in Paris zurück nach New York kommt, um dort ein Buch über Innendekoration zu schreiben. Aufhänger der geplanten Veröffentlichung ist das verfallene Anwesen Liefdehuis, das Alva gekauft hat und dessen Renovierung sie dokumentieren will. Doch die einzige Handwerkertruppe, die überhaupt bereit war, das Haus zu betreten, kündigt schon bald wegen all der unheimlichen Vorfälle auf der Baustelle. Nach all den rufschädigenden Nachrichten, die über sie aus Europa nach New York gekommen sind, ist diese Buchveröffentlichung für Alva die einzige Hoffnung auf eine Zukunft, in der sie auf eigenen Beinen stehen kann, und so sucht sie verzweifelt jemanden, der den angeblich im Liefdehuis spukenden Geist vertreiben kann.

Der berühmte Erfinder Sam Moore hingegen fragt sich schon seit einigen Monaten, ob Geister real sind und wenn ja, wie man sie wohl nachweisen oder gar mit ihnen in Kontakt treten könnte. So scheint eine intensivere Auseinandersetzung mit den Geistergeschichten rund um das Liefdehuis nicht nur perfekt zu sein, um seine Neugier bezüglich übernatürlicher Erscheinungen zu befriedigen, sondern auch um Alva näher kennenzulernen, die ihn auf den ersten Blick fasziniert hat. Ich muss gestehen, dass mir Sams Faszination für Alva ein bisschen arg schnell ging, denn es hätte vollkommen gereicht, wenn sich diese erst einmal nur auf ihr Haus erstreckt hätte und er Alva erst im Laufe der Zeit schätzen lernt. Aber da in den folgenden Kapiteln ein langsameres Kennenlernen der beiden inklusive viele intensiverer Gespräche beschrieben wird, konnte ich dann doch gut mit Sams schnell aufflackernden Gefühlen leben. Auch war mir Sam ein bisschen zu freundlich, zu geduldig und zu verständnisvoll (neben seiner Genialität und seinem Hang zur Unordnung), wobei dieses „Zu gut“-Sein von Sam auch dazu geführt hat, dass ich ihn als Leserin schnell ins Herz geschlossen und für ihn und Alva gehofft habe, dass sie am Ende doch zusammenkommen können.

Alva selber hingegen ist glaubwürdiger gestaltet. Dabei meine ich weniger ihre Hintergrundgeschichte als die Art und Weise, wie sie mit all den Traumata umgeht, die ihre Vergangenheit ihr beschert haben. Sie wurde als Kind von ihren (reichen, aber gefühlsarmen) Eltern vernachlässigt und mit gerade mal siebzehn Jahren mit einem deutlich älteren Mann verheiratet, der es auf Alvas Geld abgesehen hatte. Alvas verstorbener Mann hatte sie während der gemeinsamen Jahre nicht nur misshandelt, sondern auch ihren Ruf unrettbar geschädigt, als sie sich endlich von ihm trennte. So ist Alva fest entschlossen, einen Weg zu finden, um doch noch ein erfülltes und angstfreies Leben zu führen. Die Renovierung von Liefdehuis scheint perfekt geeignet zu sein, um dieses Ziel zu erreichen. Ich habe Alvas Perspektive wirklich gern verfolgt, weil sie so entschlossen ist, sich von ihrer Vergangenheit nicht daran hindern zu lassen, eine Zukunft aufzubauen, in der sie von der Arbeit leben kann, für die sie Talent hat und die sie befriedigt. Es gibt so einige Situationen, in denen sie Angst hat oder in denen sie in Gefahr schwebt, aber (fast) die ganze Zeit ist sie wild entschlossen, sich nie wieder unterkriegen zu lassen, und sie ist dickköpfig genug, um Wege zu finden, mit diesen Situationen fertig zu werden.

Neben den Charakteren mochte ich es, wie Diana Biller die Atmosphäre der 1870er Jahre durch eine Mischung von Kleidungs- und Einrichtungsbeschreibungen, durch politische Diskussionen und Ereignisse und durch das Aufzeigen von alltäglichen Dingen in ihrem Buch zum Leben erweckte. Dabei scheut die Autorin nicht vor den düsteren Seiten dieser Zeit zurück, aber da es nun einmal in erster Linie eine Liebesgeschichte ist, liegen die schlimmeren Ereignisse entweder in der Vergangenheit oder werden so erzählt, dass man sich eigentlich die ganze Zeit sicher sein kann, dass schon alles gut ausgehen wird. Ich habe mich von dieser Geschichte sehr gut unterhalten gefühlt, gerade weil ich immer wieder über Elemente stolperte, die ich aus nichtfiktiven Veröffentlichungen kannte. Außerdem hatte ich viel Spaß an all den Gesprächen zwischen Alva und Sam oder den verbalen Kabbeleien innerhalb der Moore-Familie und musste beim Lesen regelmäßig kichern. All das führt dazu, dass ich mich sehr darüber freue, dass Diana Biller vor kurzem auf Twitter eine Andeutung gemacht hat, dass es wohl demnächst einen weiteren Roman von ihr gibt und sich dieser dann um Sams Bruder drehen wird.

2 Kommentare

  1. Ich finde es ja manchmal ganz nett und entspannend, solche „zu guten“ Figuren zu haben – besonders bei Liebesgeschichten. Schön, dass dich der Roman gut unterhalten hat!

    • Konstanze

      Ich muss zugeben, dass mich das beim Lesen auch nicht groß gestört hat, obwohl ich über die eine oder andere Szene mit Sam ein bisschen gestolpert bin. Erst als ich mit dem Roman fertig war und ich noch etwas über die Figuren und die Handlung nachgedacht habe, fiel mir auf, dass Sam wirklich arg gut, geduldig und verständnisvoll ist. *g* Ich habe mich beim Lesen sehr gut unterhalten gefühlt und freue mich wirklich sehr auf den nächsten Band! 🙂

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