Ich finde es immer wieder faszinierend, wie unterschiedlich die Romane von Diana Wynne Jones vom Thema und der Atmosphäre her sind. „The Homeward Bounders“ wird aus der Perspektive von Jamie Hamilton erzählt, der als Zwölfjähriger beim Herumstreunern nach der Schule eine geheimnissvolle Festung in seiner Heimatstadt entdeckt. Als er heimlich durch die Fenster des Gebäudes späht, beobachtet er zwei Kapuzen-tragende Gestalten bei ihrem rätselhaften Tun. Von diesem Moment an lässt ihn die Festung ebensowenig los wie die Frage, was die beiden Personen da wohl getan haben. Doch als er die Antwort auf diese Frage findet, wünscht er sich bald, er hätte seiner Neugier nicht nachgegeben. Denn an diesem Tag findet Jamie heraus, dass die beiden Personen Spieler eines allumfassenden großen Spiels sind, welches auch Auswirkungen auf seine Welt und somit sein Leben hat.
Als jemand, der über das Spiel Bescheid weiß, wird er als „Homeward Bounder“ an die Grenzen des Spielfelds verband, wo er von einer Welt zur nächsten versetzt wird, wann immer ein Spielzug seinen aktuellen Aufenthaltsort beeinflussen könnte. Theoretisch – so wurde er vor seiner Verbannung informiert – gibt es die Möglichkeit, einen Weg nach Hause zu finden, doch dafür muss er erst einmal all die Regeln verstehen, die in diesem unheimlichen Spiel zur Anwendung kommen, und Verbündete finden, die ihm gegen die allmächtigen Spieler zur Seite stehen. Letzteres wird vor allem dadurch erschwert, dass sich unter den Homeward Bounders hartnäckig das Gerücht hält, dass keiner von ihnen mit den anderen über die seltsamen Gestalten reden darf und dass es ihnen nicht erlaubt ist, zusammen zu reisen. So benötigt auch Jamie sehr lange, um genügend Informationen über die unheimlichen Spieler zu sammeln, um überhaupt einen Eindruck vom Gesamtbild zu bekommen, und noch länger, um die ersten Schicksalsgenossen etwas besser kennenzulernen.
Es ist wirklich spannend zu sehen, wie Diana Wynne Jones an eine Geschichte herangeht. Bei „Homeward Bounders“ könnte man grob sagen, dass sie die Handlung aus der Perspektive einer Spielfigur in einem Tabletop-Game erzählt, aber das würde die abstrakten Theorien, die dafür sorgen, dass all die parallelen Welten funktionieren und Teil eines großen Spiels sein können, nicht genügend würdigen. Doch so faszinierend ich die Idee hinter „The Homeward Bounders“ finde und so sehr mich die Geschichte spätestens ab der Hälfte des Romans gepackt hatte, so muss ich zugeben, dass ich es lieber mag, wenn die Autorin weniger den Kopf als vielmehr Herz und Bauch des Lesers anspricht. So hatte ich lange Zeit mit Jamie Probleme, weil er nun einmal ein recht egoistischer Junge ist, der auch aus den Fehlern, die er macht, nicht so schnell zu lernen scheint. Außerdem mochte ich es nicht so gern, dass mir die Geschichte aus der Rückschau und stellenweise sehr gerafft erzählt wurde.
Natürlich kann Jamie nicht von jedem Erlebnis berichten, das er in den vielen hundert Welten hatte, die er besuchte, aber dadurch, dass beim Lesen klar war, dass diese Ereignisse in der Vergangenheit lagen, war ich lange Zeit Jamies Schicksal gegenüber deutlich gleichgültiger, als mir lieb war. Erst nach gut der Hälfte der Geschichte, als Jamie andere Personen kennenlernt und sich – entgegen aller Regeln, die er bis zu diesem Zeitpunkt gelernt hatte – mit ihnen über ihr Schicksal austauscht, wurde ich neugieriger auf die weitere Handlung. Durch die Interaktion mit anderen Homeward Bounders kommt es zu amüsanten kleinen Szenen, und durch die extrem unterschiedlichen Charaktere wurde die Geschichte weniger vorhersehbar. Am Ende hatte mich der Roman dann richtig gepackt – so sehr, dass ich die Handlung und die Figuren sogar mit in meine Träume genommen habe -, was vermutlich auch daran lag, dass der Schluss auf eine Art und Weise bitter(süß) ist, die perfekt für diese Art von Geschichte ist.
Ich habe bisher ja nur ein Buch von Diana Wynne Jones gelesen ("Fire and Hemlock"), aber ich habe noch eine Reihe von ihren Büchern auf meiner Liste. Dieses hier klingt auch spannend, wenngleich aufgrund deiner Kritikpunkte nicht so, dass ich es unbedingt auf meine Liste setzen möchte.
Es hat halt wirklich das halbe Buch gedauert, bis sich das mit den Welten und dem Spiel natürlich angefühlt hat. Ich liebe es, wie sie solche Theorien durchspielt und eine Geschichte daraus macht, aber es ist halt nicht so packend wie eine Geschichte, die gleichzeitig auch meine Emotionen anspricht.