„The Ogre Downstairs“ von Diana Wynne Jones gehört zu den Büchern dieser Autorin, die ich bislang noch nicht kannte. Umso mehr habe ich das Lesen dieser Geschichte genossen. Die Handlung dreht sich um Casper, Johnny und Gwinny, deren Mutter (zu Beginn des Romans) seit einem Monat mit einem neuen Mann verheiratet ist. Für ihre Kinder ist der neue Stiefvater nur The Ogre und sie hassen die Veränderungen, die auf seinen Einzug folgten. Nicht nur, dass er seine beiden Söhne Douglas und Malcolm – die bis zu diesem Zeitpunkt in einem Internat untergebracht waren – mit ins Haus brachte, sondern The Ogre mag auch eindeutig keine Kinder. Er verbietet ihnen, rumzulaufen, Lärm zu machen, Musik zu hören und andere Dinge, die normalerweise zu ihrem Alltag gehören, und wenn sie doch mal gegen seine Regeln verstoßen, dann brüllt und droht er.
Da ist es kein Wunder, dass Johnny und Malcolm ziemlich verwundert sind, als The Ogre ihnen eines Tages Chemiebaukästen schenkt – ich muss vermutlich nicht erwähnen, dass die anderen Kinder sich hingegen gekränkt fühlen, weil sie keine Geschenke bekommen haben. So richtig angetan ist Johnny von dem Geschenk nicht, obwohl man damit wunderbar stinkende Sachen zusammenmixen kann. Doch dann entdecken Johnny, Caspar und Gwinny, dass eine der Zutaten sie fliegen lässt und auch in den anderen Pulvern steckt überraschendes Potenzial für abenteuerliche (und gefährliche) Erlebnisse. Ich gebe zu, dass man meinem Gefühl nach der Geschichte anmerkt, dass sie 1974 erstveröffentlicht wurde. Dabei beziehe ich mich weniger auf das Umfeld, in dem die Kinder leben, als auf die episodenhafte Erzählweise, die ich als sehr typisch für ältere (fantastische) Kinderbücher empfinde. Wobei sich bei der Grundvoraussetzung mit den verschiedenen Mittelchen, die die Kinder ausprobieren, natürlich auch solch eine Erzählweise anbietet, da schließlich jedes ein für sich stehendes Abenteuer birgt.
„The Ogre Downstairs“ bietet nicht nur viele fantastische Ideen rund um den Chemiebaukasten und die Abenteuer, die die Kinder damit erleben, sondern auch eine wunderbare Geschichte über Freundschaft und Familie. Ich mochte es nicht nur, dass ich die Sichtweise der verschiedenen Kinder im Laufe der Geschichte kennenlernte, sondern mir gefielen auch die vielen Szenen, in denen sie sich – wenn auch manchmal eher wiederwillig – gegenseitig halfen. Durch den gemeinsamen „Feind“ und die Notwendigkeit, die Ergebnisse ihrer Experimente geheimhalten zu müssen, ergeben sich tolle Momente, in denen sich unerwartete Verbündete finden, wenn eines der Kinder in Schwierigkeiten steckt. So lernen Caspar, Johnny und Gwinny ihre beiden neuen Brüder Douglas und Malcolm nach und nach besser kennen. Aber da Diana Wynne Jones ein Händchen für realistische Charaktere hat, reicht dies natürlich nicht, um ein harmonisches Zusammenleben zwischen den Kindern zu garantieren, so dass ich einen Teil meiner Zeit nach dem Lesen damit verbracht habe, mir zu überlegen, welches Chaos-Potenzial Johnny und die anderen wohl noch so für die Zukunft mit sich bringen würden.
Allerdings habe ich mich stellenweise beim Lesen auch gefragt, wie ich The Ogre wohl als Kind wahrgenommen hätte. Als erwachsene Leserin sehe ich einen nicht gerade einfach zu nehmenden Mann, der sich aber (zumindest zeitweise) Mühe mit den fünf Kindern gibt und dessen unangenehmere Reaktionen vermutlich vor allem der Überforderung und der Unerfahrenheit im Umgang mit Kindern geschuldet ist. Als Kind hätte ich vermutlich – genauso wie die Protagonisten – nur die beängstigenden Seiten an dem Stiefvater wahrgenommen. Ebenso hätte ich vermutlich die Erschöpfung der Mutter weniger auf die allgemeinen Schwierigkeiten geschoben, die durch den Versuch entstehen, dass die Eltern aus zwei sehr unterschiedlichen Familien eine gemeinsame machen wollen, als auf das Verhalten des neuen Ehemannes. Ich bin mir aber sicher, dass es egal ist, ob man beim Lesen ein gewisses Verständnis für alle Beteiligten aufbringen kann oder nur für die Kinder, aus deren Sicht die Handlung erzählt wird, denn „The Ogre Downstairs“ ist eine wunderschöne und amüsante Geschichte voller fantastischer Elemente, die mich während des Lesens ständig zum Schmunzeln gebracht hat.