„The Woodsman and the Rain“ ist für mich meine Filmentdeckung des vergangenen Jahres. Zu dritt saßen wir damals in einem überfüllten und viel zu heißen Kino und wurden trotz der nicht so günstigen Rahmenbedingungen schnell von dem Film gefangen genommen. „The Woodsman and the Rain“ gehört zu den wenigen Filmen, bei denen man relativ viel über die Handlung verraten kann, denn der Genuss entsteht beim Sehen weniger aus der Entwicklung der Geschichte als aus den vielen kleinen und häufig überaus amüsanten Szenen.
Die eine Hauptfigur ist der sechzigjährige Holzfäller Katsuhiko (gespielt von Koji Yakusho), dessen Leben schon seit langer Zeit in eingefahrenen Bahnen verläuft. Vor ein paar Jahren hat er seine Frau verloren und mit seinem Sohn versteht er sich nicht so gut. Er kann nicht nachvollziehen, dass dieser so antriebslos ist, keiner Arbeit nachgeht und es nicht mal auf die Reihe bekommt, die Wäsche reinzuholen, wenn es anfängt zu regnen. Eines Tages wird Katsuhiko bei seiner Arbeit von einem Mann unterbrochen, der zu einer Filmcrew gehört, die in der Nähe dreht. Torii ist für alles Organisatorische beim Dreh zuständig und soll nun dafür sorgen, dass der Kettensägenlärm des Holzfällers nicht weiter die Aufnahmen stört. Er ist es auch, der in den folgenden Tagen immer wieder die Hilfe von Katsuhiko erbittet.
Begeistert ist der Holzfäller nicht, aber er ist auch zu hilfsbereit, um diese orientierungslosen Städter sich selbst zu überlassen. So ist er zur Stelle, als eines der Crew-Autos feststeckt, oder lässt sich dazu überreden, als Führer auf der Suche nach weiteren Drehorten zu dienen oder sogar bei den Dreharbeiten einzuspringen. Dabei stolpert er immer wieder über einen jungen Mann, der teilnahmslos und passiv mit der Filmcrew rumhängt. Irgendwann platzt Katsuhiko der Kragen, während er zusieht, wie Torii mal wieder alle Arbeiten alleine macht, während der junge Mann abwartet, bis alles erledigt ist. Erst einige Zeit später findet der Holzfäller heraus, dass dieser Taugenichts niemand anderes ist als der vielversprechende Regisseur des Films.
Dabei ist Koichi (gespielt von Shun Oguri) vollkommen überfordert mit all der Verantwortung und unfähig, irgendwelche Entscheidungen zu treffen. Erst durch Katsuhikos erfrischende Sicht auf die Dreharbeiten, durch seine Begeisterung nach dem Lesen des Drehbuchs und seine Fragen zu der Geschichte, entwickelt Koichi so etwas wie Rückgrat und greift aktiver in die Entstehung seines Films ein. Dabei entsteht eine wunderbare und ungewöhnliche Freundschaft zwischen den beiden unterschiedlichen Männern, die zu vielen leisen und doch unglaublich komischen Situationen führt. Katsuhiko lässt sich immer weiter auf die Dreharbeiten ein und zieht auch so nach und nach seine Freunde und Nachbarn als Helfer für den Film heran, was zu weiteren sehr lustigen Momenten führt.
Ich liebe den Humor in diesem Film, gerade weil er nicht so flach ist, sondern von vielen leisen Szenen und Situationskomik getragen wird. Die Schauspieler sind ebenfalls wunderbar. Koji Yakusho spielt den Holzfäller Katsuhiko nicht nur in seinem Alltag sehr überzeugend, sondern zeigt auch durch feine Veränderungen in Mimik und Gestik das wachsende Interesse des Mannes an den Geschehnissen rund um den Filmdreh und die dadurch in ihm vorgehenden Wandlungen. Einfach zu niedlich ist die Szene, in der er seinen Holzfällerkollegen von seinen ersten Erlebnissen als Statist erzählt. Da geht einem einfach das Herz auf, weil er zum ersten Mal richtig offen und fröhlich wirkt.
Shun Oguri hingegen beweist mit seiner Darstellung des Koichi Mut zur … hm … Unattraktivität. Sein Koichi ist so schrecklich antriebslos und schüchtern und lässt sich von jedem herumschubsen. Da kann man nur zu gut verstehen, dass Katsuhiko den jungen Mann anfangs am liebsten schütteln würde, damit er mal in die Gänge kommt. Und auch ihm nehme ich die langsamen Veränderungen ab und freue mich, wenn der kleine Regisseur im Laufe des Films lernt, Entscheidungen zu treffen und weniger auf seine Ängste zu hören. Er ist am Ende kein neuer Mensch, das wäre unglaubwürdig, aber er ist reifer geworden und das ist so schön zu verfolgen.
Bislang gibt es den Film nur auf Japanisch mit englischen Untertiteln, aber so ist es mir auch lieber, da eine Synchronisation in der Regel viel von der Atmosphäre zerstört. Wenn man die Augen aufhält und sich nicht nur auf deutsche Anbieter beschränkt, dann findet man die DVD online zu finanzierbaren Preisen – und die Anschaffung lohnt sich auf jeden Fall. Wir haben „The Woodsman and the Rain“ vor ein paar Tagen mit großer Freunde wieder gesehen und uns über die vielen amüsanten Szenen gefreut. Und ich bin mir sicher, dass der Film in den nächsten Jahren noch sehr oft von uns angeschaut wird.
Wer jetzt neugierig auf den Film geworden ist, kann sich bei Youtube mal den Trailer zu dem Film angucken.
Der Kinobesuch war ja selbst ein Erlebnis: Erst Anstehen, obwohl der Film schon längst hätte beginnen sollen, dann in dem heißen Saal sitzen und weiter warten … wie lange, noch ein halbe Stunde (gefühlt jedenfalls war sie es)? Der Film hat aber wirklich entschädigt, ich stimme zu!.
Ich hatte ja zunächst Sorge, dass ich durch das japanische Original mit englischen Untertiteln der Handlung nicht würde folgen können, ABER da der Film so ruhig erzählt wird, klappte das überraschend sehr gut: Die Bilder selbst erzählen einfach sehr viel.
Ich freue mich schon, wenn die DVD bei mir eintrudelt!
Ich weiß gar nicht mehr wie lange, es war so schwülwarm und so voll und so laut und so …, dass es sich wie eine Ewigkeit anfühlte. *g* Wir hätten uns doch mit Essen und Getränken versorgen sollen, während mein Mann die guten Plätze hätte sichern können. 😉
Vor allem war ich wirklich hingerissen wie gut der Film funktioniert, obwohl ich mich noch an so viele Details erinnern konnte. Du wirst bestimmt viel Spaß mit deiner DVD haben! Im Moment hoffe ich, dass ich sie nächste Woche endlich mal auf den Weg schicken kann. Leider bin ich gerade erschreckend unorganisiert und alles braucht dreimal so lange wie geplant …
Stimmt, das hätten wir eigentlich so regeln können. 🙂 Ich erinnere mich auch noch an den "Ausgang", wo man durch so eine schmale Stiege musste – und natürlich dauerte auch das lange, während die nächsten Kinobesucher schon von oben in den Saal kamen. 😀 Es war trotz allem ein gelungener Abend.
Ich warte einfach ab. Das erhöht die Vorfreude. 🙂
Dieses Jahr sollten die Örtlichkeiten professioneller sein, aber da bislang immer noch kein Programm einzusehen ist, weiß ich noch nicht, ob wir die Filmtage wieder mitnehmen werden. Diese Treppe war gruselig und das nach dem langen Sitzen in der Hitze! Aber hey, so werden wir den Abend nie vergessen! 😀
genau! 😀