Einfach ungnädig?

Nachdem ich ein paar wirklich schöne Romane gelesen habe, kämpfe ich nun seit Tagen mit meinen Bibliotheksbüchern. Erst erwischte es Isabel Abedi mit „Whisper“, die Geschichte hat mich einfach nicht gepackt, die Charaktere waren schablonenhaft und uninteressant und bis Seite 146 (von 275) habe ich mich nur hingeschleppt. Dann war ich doch so weit in der Handlung drin, dass ich es auch zum Ende bringen wollte. Doch nun steh ich da und frage mich, ob das Lesen dieses Buches mir irgendetwas gebracht hat. Ich kann detailliert den Inhalt erzählen, ich kann die Figuren beschreiben und sogar das geprägte Cover und die spezielle Bibliotheksbindung hat sich mir eingeprägt. Aber am Ende des Buches war ich weder zufrieden, noch unzufrieden. Ich habe es gelesen und fertig. Das ist wie bei einer Schullektüre, die man durcharbeitet, um eine Klausur darüber zu schreiben – und sie danach zu verdrängen.

Nun gut, so was passiert, manche Bücher oder Autoren liegen einem nicht und auf Geistergeschichten muss ich auch wirklich Lust haben. Also habe ich mir „Heaven“ von Christoph Marzi geschnappt und mich auf eine schöne Urban-Fantasy-Geschichte gefreut. Darauf habe ich eigentlich immer Lust und all die positiven Kritiken bezüglich der Sprache und der Handlung haben mich optimistisch gestimmt. Tja, und nun hänge ich ganz am Anfang an einem Absatz, der mich ärgert …

„Oben am Firmament zog eine Sternschnuppe ihre Bahn und fiel mitten nach Bloomsbury hinein. Ihr glänzender Schweif, zart wie die gerade geborenen Worte, die ein Federkiel auf Pergament schreibt, glühte kurz über den Dächern auf und schien in dem Augenblick, bevor er gänzlich verschwand, zu den Schwingen eines bunten Vogels zu werden, der hinüber zum Regent’s Park flog.“

Bis zu diesem Punkt war mir die Sprache nicht groß aufgefallen, aber diesen Absatz finde ich übertrieben, schwülstig und absolut nicht stimmungsfördernd. Im Gegenteil, seit diesem Absatz grumpfe ich vor mich hin und ärgere mich, dass mir der Autor damit erst einmal die Neugierde auf die Geschichte genommen hat. Mein innerer Lektor fragt sich beim Lesen die ganze Zeit, was dieser Absatz soll. Als „poetischen“ Einschub ist es mir zu viel, zu lang, zu verschwurbelt ausgedrückt – und vor allem erzeugt es bei mir keine schöne Stimmung, sondern eher ein genervtes Aufseufzen. Vielleicht liegt es ja an mir, vielleicht sollte ich mal für ein paar Tage die Bücher aus der Hand legen und mich mit etwas anderem beschäftigen, bis ich etwas weniger ungnädig bin. Oder gibt es unter euch auch jemanden, der diesen Absatz sprachlich überladen findet?

12 Kommentare

  1. Hallo Winterkatze!
    Zu "Whisper" kann ich leider noch nichts sagen, aber als Hörbuch ist es bei mir ja demnächst an der Reihe. Bei "Heaven" weiß ich noch, dass ich damit auch erst nicht richtig warm geworden bin, aber ich fand die Sprache schön, weil sie den Stil von Marzi ausmacht. In meinen Augen ist die von dir zitierte Stelle eher märchenhaft als schwülstig 😉 Ich schätze mal, dass es einfach nicht der richtige Moment für das Buch war.

    Viele liebe Grüße
    Katrin

    PS: Ich hoffe du hast bei der nächsten Lektüre mehr Glück!

  2. Auch ich kann zu "Whisper" nichts sagen …

    Auch Marzis "Heaven" kenne ich nicht, aber das Zitat hat mich etwas an den Stuhl geplättet. Zum einen habe ich ja ein kleines Bandwurmsatztrauma, berufsbedingt 🙂 Wenn das Buch dann auch noch dieses "Schwelgen" weiterführt, würde ich auch genervt sein … Von Marzi kanne ich die ersten drei Teile der Uralten Metropole-Serie und kann nur sagen, daß mich dort spätestens ab der zweiten Hälfte von Band zwei seine Wiederholungen in Sprache und Stil genervt haben (ging mir ähnlich ab dem 3. Teil der Ramses-Bücher von Jacq). Andere Leser schätzen dies dagegen als Charakteristikum. Nun ja, jedem das seine 🙂

    Gut, daß es Biblio-Bücher sind, nicht wahr?
    Liebe Grüße
    Natira

  3. umblaettern

    Ich glaube, Marzis Stil mag man oder mag man nicht. Ich hab schon gestelzteres gelesen als Marzi, wenn ich ehrlich bin. Dass Bücher keinen EIndruck auf mich machen, kommt in letzter zZit bei mir auch häufiger vor. Das sind dann auch die, wo ich in Rezensionen nichts richtiges schreiben kann und mir dann verzweifelt was aus den Fingern sauge. ^^

  4. Oo und beides subbt bei mir ganz weit oben! Aber bei Marzis Schreibstil kann ich Holly nur zustimmen. Den mag man, oder man mag ihn nicht. ich liebe ihn, wobei der zitierte Abschnitt natürlich sehr triefend ist ^^

  5. Halli hallo,

    Whisper subbt bei mir auch noch, aber Heaven hab ich innerhalb weniger Stunden verschlungen. Mir hats total gut gefallen. Aber ich habe auch schon gemerkt, das man Marzi entweder mag oder nicht 😉 Und gott sei dank mögen wir nicht alle das gleiche. Wär mit der Zeit auch langweilig.

    Lg
    Melli

  6. Ich habe letzte Woche mit Marzi angefangen, das Buch habe ich auf der BuCon in die Finger bekommen. Leider kam ich nicht sonderlich weit bisher, was einerseits an neuen Büchern lag, die mir dazwischen kamen (kennt jemand Julie Leto?) und andererseits an eben der Sprache, die Du da so schön zitiertst. Vergleiche sind ja ok, aber bitte in Maßen und nicht in Massen.
    Vielleicht bin ich auch schon zu alt dafür oder lese zu viel von dem Kram? Wer weiß 🙂
    Ich hoffe, ich kann mich noch mal aufraffen, aber wann das sein wird?

  7. @Katrin: Ich bin wirklich gespannt auf deine Meinung zu "Whisper", wobei das Hörbuch allein durch den Sprecher schon besser oder schlechter sein kann. 😉

    Das Bild, das Marzi mit diesem Absatz erzeugt, kann ich auch irgendwie würdigen, aber die Sprache … Bei Korrekturlesen würde er dafür von mir eine fette Markierung und die Bemerkunge "Umformulieren!" bekommen. >g<

    @Natira: "An den Stuhl geplättet" ist ein wunderbarer Ausdruck dafür! 🙂 Die zehn Seiten davor waren nicht so überfrachtet und "bandwurmsatzig", aber der Absatz hat mich wirklich rausgerissen.

    Und ja, es ist sehr gut, dass es Bibliotheksbücher sind, allerdings macht es mich immer grummelig, wenn ich die ungelesen zurückbringen muss. Naja, noch habe ich zwei Tage Zeit, vielleicht kommte ich ja über den Absatz hinweg. >g<

    @Holly: Nur gut, dass ich das Buch nicht rezensieren muss! 😀 Auch wenn andere Blogger vielleicht diesen Anspruch an sich haben, so gönne ich mir doch die freie Wahl bezüglich meiner Buchrezis. >g<

    Bei Kritiken, die ich schreiben muss, hilft mir mein geplagter Mann immer ganz brav. Spätestens, wenn ich ihm erzählt habe, warum das Buch nicht zu rezensieren ist, habe ich genügend Material für einen Text. 😉

    @Kari: Dann mach dich mal an die Arbeit und sag mir, ob du auch damit Probleme hast. >g< "Triefend" ist auch ein passender Ausdruck … >seufz< Naja, ich stürze mich jetzt mal auf den Staubsauger und gucke, ob ich danach "Heaven" noch eine Chance geben werde. Eigentlich bin ich ja schon neugierig darauf, ob mir die Geschichte gefällt …

  8. @Melli: Schön, dich hier zu lesen. 🙂 Jupp, es wäre wirklich langweilig, wenn wir alle die gleichen Bücher mögen würden. Aber stört dich ein solcher Absatz wirklich nicht? Oder anders gefragt: Was gefällt dir denn so an "Heaven", dass du es in einem Zug verschlingen konntest?

    @Soleil: Ich hoffe sehr, dass wir nicht langsam zu alt werden … O_o Andere Bücher wollte ich nicht vorziehen, kann aber wirklich gut verstehen, dass dir die dazwischen kamen (nein, Julie Leto ist mir noch nicht untergekommen). Bis zu diesem Absatz war mir die Sprache nicht so ins Gesicht gesprungen, vielleicht schaffe ich es ja später, den zu ignorieren und weiterzulesen … >uff<

  9. Es ist ja häufig so, dass Marzi seine Geschichten mit einem sehr langen Satz beginnt. Bisher fande ich die auch immer sehr schön – vor allem in "Somnia" das ist einfach… himmlisch! Aber du hast recht, was bei "Heaven" da eingeleitet wird klingt nicht so schön und 'etwas' überzogen *lach*

  10. Ich hatte "Heaven" vor einer Weile auch schon mal angefangen und dann weggelegt, weil es so gar nicht zu meiner Stimmung gepasst hat und ich mich überhaupt nicht drauf konzentrieren konnte. Der Grund war die Sprache, die mir zu überladen und zu metaphorisch war und mir einfach bei Weitem zu viel Vorstellungsvermögen abverlangte, für das ich in meiner Situation keinen Kopf hatte. Aber unabhängig davon finde ich das von dir zitierte Beispiel auch ziemlich daneben – als wär ne Sternschnuppe nicht schon bedeutungsvoll genug! Nein, man nimmt ihr die eigentlich Bedeutung, indem man ihr solche Vergleiche an die Seite stellt, und auch noch gleich zwei! Vergleiche, die übrigens meines Erachtens alles nicht unbedingt sehr passend sind; da hätte ein Lektor den Autor m.E. schon ein wenig bremsen können, auch wenn eine bildhafte Sprache natürlich Marzis Stil ausmacht.

  11. @Diane: Es ist gar nicht mal der erste Satz, der lautet nämlich "Die Nacht, in der Heaven ihr Herz verlor, war mondlos und kalt". Und den finde ich vielversprechend! Über den zitierten Absatz bin ich auf Seite 16 gestolpert und danach ging es einfach nicht weiter. Morgen starte ich einen zweiten Versuch!

    @Irina: Mich ärgert an dem Sternschnuppenbeispiel allein schon das Bild mit der Feder auf Pergament. Finde ich total unpassend für einen jungen Mann, der in unserer Zeit lebt. Bildhafte Sprache ist ja schön und gut, aber alles zu seiner Zeit und im passenden Rahmen!

    Ich hätte nie gedacht, dass ich mich beim privaten Lesen so an einem Satz aufhängen könnte. >g< Aber ich finde es sehr beruhigend, dass ich nicht allein mit meiner Meinung bin! 🙂

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