Nachdem mir „Whisper“ ja so gar nicht zugesagt hatte, haben mir mehrere Leute „Imago“ und „Isola“ von der Autorin ans Herz gelegt – und da „Imago“ bei der Bibliothek vormerkbar war, habe ich beschlossen, dass ich dem Buch eine Chance geben. Anfangs hat mich die Namensgebung der Hauptfigur Wanja etwas irritiert. Denn für mich ist dieser Name eindeutlich ein Männername und so musste ich doch etwas umdenken, um in „Wanja“ ein zwölfjähriges Mädchen mit dunklen Locken und runden Augen zu entdecken.
Wanja lebt mit ihrer Mutter Jo und dem alten dicken Kater Schröder zusammen. Wer ihr Vater ist, weiß Wanja nicht, denn ihre Mutter hat sich schon immer geweigert über ihn zu reden. Auch von Flora, der besten Freundin von Jo, und ihrer Großmutter bekommt das Mädchen keine Informationen – abgesehen davon, dass ihre Großmutter ihr immer wieder „Ganz wie der Vater“ vorwirft, wenn Wanja mal wieder etwas falsch gemacht hat.
Doch eines Tages erhält Wanja eine geheimnisvolle Einladung zu der Ausstellung „Vaterbilder“ – und mit ihr finden sich zu diesem Zeitpunkt mehrere Jugendliche in der Kunsthalle ein, um diese geheime Ausstellung zu besuchen. Die „Vaterbilder“ bieten den Kindern die Möglichkeit durch ein Bild, das ihnen besonders zusagt, in eine andere Welt zu treten. Für Wanja ist dies die Welt Imago, wo sie auf den zauberhaften Zirkus Anima und den freundlichen Trapezkünstler Taro trifft. Doch das Mädchen betritt diese Welt nicht allein, denn auch Mischa, ein Junge von ihrer Schule, wird von dem Zirkus angezogen.
Mischa gilt an der Schule als Außenseiter – und vor allem Wanjas Freundinnen lästern gern über sein abgerissenes Aussehen und seine Problemfamilie. Doch das Mädchen fühlt sich von dem Jungen angezogen, es scheint sie mehr zu verbinden, als nur ihre gemeinsamen Erlebnisse während der Besuche der „Vaterbilder“. Für die beiden werden die Figuren, die sie im Zirkus Anima kennengelernt haben immer wichtiger – und vor allem Taro scheint einen Platz in ihrem Leben auszufüllen, der sonst eine schmerzliche Leere hinterlässt. Doch nicht alles in diesem fantastischen Land ist wunderschön, denn ein riesiger schwarzer Vogel bedroht Taro und seine Freunde.
Ich muss zugeben, dass ich anfangs noch etwas skeptisch war, da ich das Gefühl hatte, ich wüsste genau, worauf die Handlung hinausläuft (womit ich auch richtig lag *g*). Aber Isabel Abedi hat ihre Geschichte sehr schön erzählt und mir haben nicht nur der Zirkus Anima gut gefallen, sondern auch die Passagen, die in der realen Welt spielen und in denen sich Wanja mit ihren Alltagsproblemen rumschlagen muss. Denn zwischen den einzelnen Besuchen der „Vaterbilder“ liegen oft Wochen und in denen muss sich Wanja nicht nur Gedanken, um das Schicksal von Taro und den anderen aus dem Zirkus machen, sondern sich auch mit Schulproblemen, ihrer (für mich nervigen) Mutter und ihren Freundinnen auseinandersetzen.
Aber ich muss auch sagen, dass mich die Handlung lange Zeit nicht richtig gepackt hat. „Imago“ ist nett und es hat Spaß gemacht das Buch zu lesen, aber wenn man es mir weggenommen hätte, dann wäre es auch okay gewesen. Ich war nicht allzu neugierig auf das Ende, sondern habe lieber einzelne Szenen genossen oder die Stimmung, die sie in mir hervorgerufen haben. Erst am Schluss war ich gespannt darauf, wie Isabel Abedi die Geschichte abschließen würde. Insgesamt habe ich also nicht das Gefühl, dass ich meine Zeit mit dem Roman vergeudet habe, aber so großartig, dass ich ihn noch einmal lesen oder gar besitzen müsste, fand ich ihn auch nicht.