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Christoph Marzi: Heaven – Stadt der Feen

Als David auf einem seiner Botengänge für die Buchhandlung „The Owl and the Pussycat“ seinen Weg über die Dächer Londons abkürzt, begegnet er dem Mädchen Heaven. Verstört sitzt sie auf einem Dach und behauptet, dass gerade zwei böse Männer ihr Herz gestohlen hätten. Obwohl David am Verstand des schönen Mädchens zweifelt, ist ihm klar, dass er sich um sie kümmern muss. Kurz darauf bestätigt ein Arzt im Krankenhaus, dass Heavens Herz fehlt und als die beiden Männer wieder auftauchen, die ihr Herz stahlen, flüchtet die beiden. Zusammen versuchen sie herauszufinden, warum Heaven noch am Leben ist – und was es mit den beiden unheimlichen Gestalten auf sich hat, die Jagd auf das Mädchen ohne Herz machen.

„Heaven“ hinterlässt bei mir sehr zwiespältige Gefühle, was vor allem an Christoph Marzis Sprache liegt. Ich hatte ja schon geschrieben, dass ich damit so meine Probleme habe. Der Autor verwendet sehr viele Be- und Umschreibungen, nimmt sich sehr viel Raum für Vergleiche, die poetisch sein sollen – und es nicht immer sind. Und so reißt er mich mit seiner Sprache immer wieder aus der Geschichte heraus. Ein Beispiel hatte ich schon mal hier gezeigt, ein weiteres ist ein Satz wie „Warmes Licht schimmerte in den Fenstern und beleuchtete die klassische alte Holzverkleidung, als glühe dort eine Seele, die aus den Geschichten der früheren und heutigen Besucher geboren worden war.“, denn der macht mich wütend.

Ich weiß, dass einige von euch das märchenhaft finden – und auch, dass es höllischen Spaß macht solche Sätze zu schreiben! 😉 – , aber während mir „Warmes Licht schimmerte in den Fenstern und beleuchtete die klassische alte Holzverkleidung.“ ein schönes Bild vermittelt, Stimmung schafft und dennoch Raum für meine eigene Fantasie lässt, fühle ich mich von dem angehängten Vergleich veralbert (um mal ein härteres Wort zu vermeiden 😉 ). Eine einfache und klare Ausdruckweise kann meiner Meinung nach so viel mehr Stimmung schaffen, als so eine überladene Sprache, die voller verquerer Vergleiche und unstimmiger Bilder ist.

So habe ich auf Seite 17 angefangen dieses Buch auf eine Art zu lesen, die ich mir eigentlich seit Jahren eher abtrainiere. Auf diese Weise bekomme ich die Handlung mit, aber keine stilistischen Feinheiten. Bei „Heaven“ gab es trotzdem noch genügend Schachtelsätze mit blumig-aufgeblasenen Beschreibungen, die mir ins Auge fielen, aber immerhin habe ich mich nicht mehr damit aufgehalten, mich darüber zu ärgern. 😉 Denn inhaltlich fand ich die Geschichte wirklich nett.

Die Grundidee ist nicht schon hundertmal ausgelutscht worden und die Mischung zwischen dem heutigen London und dem Rätsel um das fehlende Stück Himmel über der Stadt und die Vorgänge rund um Heaven wurden schön gemischt. Auch fand ich die Charaktere ganz sympathisch mit all ihren Eigenheiten. Doch vor allem haben mich Nebenfiguren und kleine Elemente am Rande angesprochen. Natürlich gefiel mir als Buchmensch die Buchhandlung „The Owl and the Pussycat“, aber auch der Geist von Sarah Jane Cavendish und der Buchsammler Mr. Merryweather haben mich gerührt.

Von der zum Teil unglaublich übertriebenen Sprache abgesehen habe ich mich gut unterhalten gefühlt und konnte gegen Ende auch die märchenhafte Geschichte genießen. Für mich ist der Roman kein Augenöffner – und auch kein Grund weitere Bücher von dem Autoren zu suchen –, aber ich habe auch nicht das Gefühl meine Zeit mit „Heaven“ vergeudet zu haben. 😉

Einfach ungnädig?

Nachdem ich ein paar wirklich schöne Romane gelesen habe, kämpfe ich nun seit Tagen mit meinen Bibliotheksbüchern. Erst erwischte es Isabel Abedi mit „Whisper“, die Geschichte hat mich einfach nicht gepackt, die Charaktere waren schablonenhaft und uninteressant und bis Seite 146 (von 275) habe ich mich nur hingeschleppt. Dann war ich doch so weit in der Handlung drin, dass ich es auch zum Ende bringen wollte. Doch nun steh ich da und frage mich, ob das Lesen dieses Buches mir irgendetwas gebracht hat. Ich kann detailliert den Inhalt erzählen, ich kann die Figuren beschreiben und sogar das geprägte Cover und die spezielle Bibliotheksbindung hat sich mir eingeprägt. Aber am Ende des Buches war ich weder zufrieden, noch unzufrieden. Ich habe es gelesen und fertig. Das ist wie bei einer Schullektüre, die man durcharbeitet, um eine Klausur darüber zu schreiben – und sie danach zu verdrängen.

Nun gut, so was passiert, manche Bücher oder Autoren liegen einem nicht und auf Geistergeschichten muss ich auch wirklich Lust haben. Also habe ich mir „Heaven“ von Christoph Marzi geschnappt und mich auf eine schöne Urban-Fantasy-Geschichte gefreut. Darauf habe ich eigentlich immer Lust und all die positiven Kritiken bezüglich der Sprache und der Handlung haben mich optimistisch gestimmt. Tja, und nun hänge ich ganz am Anfang an einem Absatz, der mich ärgert …

„Oben am Firmament zog eine Sternschnuppe ihre Bahn und fiel mitten nach Bloomsbury hinein. Ihr glänzender Schweif, zart wie die gerade geborenen Worte, die ein Federkiel auf Pergament schreibt, glühte kurz über den Dächern auf und schien in dem Augenblick, bevor er gänzlich verschwand, zu den Schwingen eines bunten Vogels zu werden, der hinüber zum Regent’s Park flog.“

Bis zu diesem Punkt war mir die Sprache nicht groß aufgefallen, aber diesen Absatz finde ich übertrieben, schwülstig und absolut nicht stimmungsfördernd. Im Gegenteil, seit diesem Absatz grumpfe ich vor mich hin und ärgere mich, dass mir der Autor damit erst einmal die Neugierde auf die Geschichte genommen hat. Mein innerer Lektor fragt sich beim Lesen die ganze Zeit, was dieser Absatz soll. Als „poetischen“ Einschub ist es mir zu viel, zu lang, zu verschwurbelt ausgedrückt – und vor allem erzeugt es bei mir keine schöne Stimmung, sondern eher ein genervtes Aufseufzen. Vielleicht liegt es ja an mir, vielleicht sollte ich mal für ein paar Tage die Bücher aus der Hand legen und mich mit etwas anderem beschäftigen, bis ich etwas weniger ungnädig bin. Oder gibt es unter euch auch jemanden, der diesen Absatz sprachlich überladen findet?