Frances Hodgson Burnett: The Secret Garden

„The Secret Garden“ von Frances Hodgson Burnett habe ich für die „Bücher, die man gelesen haben muss“-Challenge gelesen. Die Geschichte begleitet mich zwar schon seit meiner Kindheit, aber dieses Mal habe ich das Buch zum ersten Mal auf Englisch gelesen. Ich muss zugeben, dass ich dabei froh war, dass ich inzwischen beim Lesen auf Englisch – dank der English-Challenge – fitter bin, denn die (wenigen) Sätze, in denen Dialekt gesprochen wird, hätten mich sonst wohl deutlicher gestört. So hingegen war ich eher belustigt über das Weglassen und Zusammenziehen der Wörter.

Die Handlung dürfte eigentlich allgemein bekannt sein, aber ich liefere trotzdem noch eine kurze Zusammenfassung. Protagonistin dieser Geschichte ist die zehnjährige Mary Lennox, die in Indien geboren wurde. Weder ihr Vater, der als Kolonialbeamter in Indien tätig ist, noch ihre vergnügungssüchtige Mutter kümmern sich um ihre Tochter, und so wird das Mädchen von einer indischen Ayah aufgezogen. Diese lässt Mary von Geburt an ihren Willen, und so ist es kein Wunder, dass sich das Mädchen zu einem egozentrischen, verwöhnten und unsympathischen Gör entwickelt.

Nachdem ihre Eltern (sowie die Ayah und diverse andere indische Dienstboten) aufgrund einer Choleraepidemie sterben, wird Mary zu ihrem Onkel nach England gebracht. Archibald Craven kümmert sich genauso wenig um das Mädchen, wie es dessen Eltern taten, außerdem fehlt in seinem Herrenhaus jegliches Spielzeug für das Kind, und so muss sich Mary irgendwie selbst beschäftigen. Das Hausmädchen Martha bringt Mary dazu, in den Gärten zu spielen, und erzählt ihr auch von einem „geheimen Garten“, der vor zehn Jahren verschlossen und seitdem von niemandem betreten wurde.

Als Kind habe ich die Bücher von Frances Hodgson Burnett einfach nur genossen, wobei „Der geheime Garten“ meine Lieblingsgeschichte war – vielleicht auch deshalb, weil Mary nicht so schrecklich perfekt ist wie Lord Fauntleroy oder „Prinzessin“ Sara. Als erwachsene Leserin bin ich fasziniert davon, wie die Autorin Marys Leben in Indien beschreibt und die Reaktionen des Hausmädchens Martha auf Marys Erzählungen aus dieser Zeit. Obwohl es gar nicht so viele Passagen zu diesem Thema gibt, klingt doch immer wieder eine gewisse Kolonialherren-Haltung durch. Doch vor allem ist es Mary, die dafür sorgt, dass ich auch heute noch das Buch gerne lese. So eine kleine, hässliche und dickköpfige Hauptfigur müsste ja eigentlich unsympathisch sein, doch die Autorin macht von Anfang an deutlich, dass das Kind nichts für seine Charakterentwicklung konnte.

Auch wenn Mary viel zu schnell – dank einer großen Portion Einsamkeit, der guten englischen Luft und etwas Gartenarbeit – zu einem „normalen“ netten, kleinen Mädchen wird, gibt es im Laufe der Geschichte immer wieder genügend Momente, in denen ihr Trotz und ihre Dickköpfigkeit zum Ausdruck kommen. Besonders schön wird es, als sie ihren Cousin Colin kennenlernt und zu diesem Zeitpunkt zwei verwöhnte Egozentriker aufeinanderknallen. Aber auch der abweisende Gärtner Ben bietet genügend Ecken und Kanten, so dass Mary schnell klar wird, dass sie ihm nicht mit ihrer früheren Hochmütigkeit kommen kann. Ich mag es einfach, wenn Ben Mary mitten ins Gesicht sagt, dass sie nicht gerade liebenswert sei, oder wenn Mary und Colin sich gegenseitig beweisen, dass der jeweils andere ganz schrecklich unsensibel und egoistisch ist. Diese Szenen mag ich so viel lieber als den perfekten Dickon (Marthas Bruder, der einfach alles über Pflanzen und Tiere weiß und für Mary und Colin zu einem „großer Bruder“ wird) oder das unvermeidbare glückliche Ende dieser Geschichte.

23 Kommentare

  1. Dieses Buch muss ich auch endlich mal lesen. Bisher kenne ich nur einen Film, der zwar sehr schön ist, aber gleich mit Marys Ankunft in England beginnt und sicher auch sonst sehr viel weggekürzt hat.

  2. Eine Verfilmung habe ich davon nie gesehen. Allein schon das Fehlen von Marys Kindheit in Indien, die zwar schnell abgehandelt wird, aber eben entscheidend für ihre Entwicklung ist, würde mich stören. Der Roman ist auf jeden Fall ein Wohlfühlbuch und perfekt für ein gemütliches Wochenende! 🙂

  3. Ach, das Buch hab ich auch immer geliebt. Sollte ich mal wieder aus dem Regal ziehen und mir zu Gemüte führen … ich schätze, ich habs vor 30 Jahren das letzte Mal gelesen.

    Irgendeine Verfilmung hab ich auch mal gesehen; die fand ich sehr gelungen, obwohl viele Elemente aus dem Buch gefehlt haben.

  4. Ich kann mich noch ganz dunkel daran erinnern, dass ich das Buch als Kind gelesen und sehr gern gemocht habe. Auch die grobe Handlung weiß ich noch. Für die Challenge hab ich mir das auch vorgenommen – inzwischen will ich es natürlich im Original lesen, dann hat der Re-Read einen zusätzlichen Reiz. Ich freu mich auch schon drauf!

  5. Nein, Mila, das würde ich nie behaupten! Aber ich mag das Buch inzwischen vor allem wegen der sperrigen Charaktere und ihren Ecken und Kanten, während ich als Kind die "schöneren" Aspekte und Figuren bevorzugt habe. Als kleines Mädchen habe ich für Dickon geschwärmt und inzwischen ist er mir einfach zu gut, um wirklich interessant zu sein. 😉

  6. Also, ich habe das Buch letztes Jahr zum ersten Mal gelesen, und mir ging es genauso wie dir – nur dass ich eben keine Kindheitserinnerungen hatte, die das auffangen konnten. Ich mochte das Buch echt gern, aber eben auch eher an den Stellen, wo die Charaktere ihre Ecken und Kanten haben, und nicht beim perfekten Ende und der *hustkitschigenhust* Wandlung Marys und Colins zu fröhlichen, selbstlosen, nahezu perfekten Kindern.

    Mein liebster Charakter war ja übrigens fast das Rotkehlchen. Das fand ich toll geschrieben.

  7. Ich glaub, meinen Kommentar hat das System vorhin verschluckt …

    Ich hatte geschrieben, dass ich mich dunkel daran erinnern kann, das Buch als Kind gelesen zu haben. Es hat mir gut gefallen. Für die Challenge habe ich es mir auch vorgenommen (bzw. will ich die Liste ja eh komplett abarbeiten). Diesmal werde ich es aber auf Englisch lesen, da freu ich mich schon drauf!

    Viele Grüße
    Ariana

  8. Mal testen, ob ich heute wieder kommentieren kann … gestern gab's ständig eine Fehlermeldung bzw. einen roten Balken über dem Kommentarfeld. 🙁

  9. Ah! Es scheint zu gehen … Also:

    Ich kann mich noch erinnern, dass ich das Buch als Kind sehr gern mochte. Für die Challenge bzw. für das Ablesen der kompletten 100 Bücher hab ich es ja noch vor mir. Diesmal lese ich es allerdings auf Englisch. Ich freu mich schon sehr auf das Buch – und nach dieser Rezi umso mehr. 🙂

  10. Ich habe das Buch leider erst als Erwachsene entdeckt (was für ein Verlust in meiner Kindheit,seufz) und ich liebe es. Diese Beschreibungen des Gartens… LG Mila

  11. @Birthe: Immerhin ist es doch toll, dass das Buch auch für Erwachsene noch so viel beinhaltet, dass man es auch in dem Alter noch neu entdecken und mögen kann. 🙂 Robin mag ich auch, vor allem, da der Vogel nicht vermenschlicht wird, auch wenn häufig ein wenig zu passend am richtigen Ort ist.

  12. @Ariana: Ohje, mein Blog hat dich ja richtig geärgert! Für deine ersten Kommentare hatte ich keine Benachrichtung bekommen, aber sie waren im System gespeichert und warteten auf ihre Freigabe. Der rote Balken bedeutet meistens, dass Google/Blogspot mal wieder an irgendeiner Ecke ihrer Angebote rumbasteln und dass deshalb das ganze System leidet und immer mal wieder kleine Ausfälle hat. 🙁

    Auf Englisch hat das Buch auf jeden Fall wieder einen ganz besonderen Reiz! Der Yorkshire-Dialekt gibt einigen Figuren viel mehr Charakter und lässt sie runder wirken als in der Übersetzung. In meiner deutschen Ausgabe reden diese Figuren zwar nicht gerade Hochdeutsch, aber trotzdem kommen ihre Eigenarten nicht so klar durch wie im Original.

    Dass du dir die ganze Liste vorgenommen hast, finde ich bewundernswert. Ich habe einige Titel für mich von vornherein aussortiert, weil ich auf die Themen keine Lust habe oder weil ich den Hype um das Buch nicht verstehen kann. Aber dir wünsche ich viel Spaß und viele Neuentdeckungen! 🙂

  13. @Mila (von den Seitenspinnerinnen): Ich bin immer ganz verwundert, wenn jemand das Buch nicht als Kind gelesen hat. Für mich gehören die drei Bücher der Autorin so zu meinen ersten Leseerfahrungen dazu, dass ein Teil von mir nicht begreifen kann, dass jemand die nicht als Kind gelesen hat. 😉

    Die Gartenbeschreibungen sind wirklich wunderschön und liebevoll und motivieren mich gerade ein bisschen, um meinen jährlichen Kampf gegen das Gestrüpp am Ende des Gartens aufzunehmen. 🙂 Statt eines Rotkehlchens werden mir dabei allerdings die Nachbarskatzen zusehen …

  14. @ Winterkatze: Na immerhin könnt ihr jetzt gleich dreimal lesen, dass mir das Buch als Kind gefallen hat. 😉

    Ich bin auch mal gespannt, wie es mir mit der Liste so ergeht, ein paar Titel sind mir auch ein bisschen suspekt, aber das meiste davon interessiert mich schon … Na ja, außer Dickens, den ich eigentlich nicht mag (und der ja nur schlappe 5 Mal draufsteht). Und "Ulysses", den ich eigentlich nie ganz lesen wollte … Aber abgesehen davon … 😉

    Yorkshire-Dialekt? Oh, super! Jetzt freu ich mich gleich noch mehr auf das Buch! Ich hatte im Übersetzer-Aufbaustudium ein Seminar zu den Varietäten des Englischen, da kam der Yorkshire-Dialekt auch vor. Bin mal gespannt, was bei mir davon hängen geblieben ist. 😉

  15. @Ariana: Und das ist eine Aussage, die man gar nicht genug betonen kann! 😀

    Dickens interessiert mich persönlich mehr als Follett oder García Márquez, aber ich brauche immer so lange, um in seine Bücher reinzukommen, dass es bei Bibliotheksausleihen immer verflixt knapp wird mit der Rückgabe. *g* Wenn du Dickens und Ulysses streichst, dann hättest du mit den restlichen 94 Titeln immer noch eine ganz schöne Aufgabe vor dir! 🙂

    Oh, dann kannst du ja auch beurteilen, ob die Autorin den Dialekt gut wiedergegeben hat oder nicht. Das fände ich nämlich spannend, da ich das überhaupt nicht beurteilen kann. Ich hoffe, du wirst irgendwann in einer Rezension darauf eingehen – und vorher viel Spaß mit dem Buch haben! 🙂

  16. Windfänger

    Also, deine Rezension und die vielen Kommentare haben mich jetzt schon sehr neugierig gemacht. Das Buch kenne ich bisher (leider?) gar nicht, aber ich erinnere mich ganz dunkel an einen halb-gesehenen Film, in dem zwei Kinder und ein geheimer Garten vorkamen *grübel* Aber an viel mehr kann ich mich aus dem Film auch nicht mehr erinnern *hihi*
    Auf jeden Fall wandert das Buch auf meine Wunschliste (*seufz*)!

  17. @Windfänger: Das freut mich! "Der geheime Garten" ist wirklich ein schönes (und sehr britisches) Kinderbuch. Ich hoffe, du hast sehr viel Spaß damit, wenn es denn dann bei dir einzieht! 🙂

  18. Beate Sauer

    Liebe Winterkatze,

    der "Geheime Garten" gehört unbedingt zu meinen Lieblingsbüchern. Und das "Happy End" finde ich einfach ganz wunderbar 😉 . Ich habe das Buch vor sieben oder acht Jahren – als ich gerade anfing, wieder mehr für mein Englisch zu tun – zum ersten Mal auf Englisch gelesen (ich kannte es vorher schon auf Deutsch) und ich fand das Englisch dafür, dass "Der geheime Garten" ja ein Kinderbuch ist, wirklich nicht ohne. Ach, und wie der vernachlässigte Garten wieder zum Leben erwacht, finde ich jedes Mal, wenn ich das Buch lese, einfach hinreißend.

    Liebe Grüße

    Beate

  19. @Beate: Das Happy End ist auch nach all der Zeit immer wieder schön zu lesen, aber nicht mein Höhepunkt der Geschichte. 😀 Den Dialekt fand ich zum Teil auch etwas herausfordernder, wobei er so viel zur Geschichte beiträgt, dass ich es schade gefunden hätte, wenn er keine Verwendung gefunden hätte. Die Vorstellung von solch einem Garten finde ich auch immer wieder wunderschön!

  20. Beate Sauer

    Liebe Winterkatze,

    Dein Post hat mich dazu angeregt, mir nun mal endlich die von Mila Lippke sehr geliebte Penguin-Sonderausgabe von "The Secret Garden" – die mit dem bestickten Einband – zuzulegen 😉 .

    Liebe Grüße

    Beate

  21. Liebe Beate,

    dann hoffe ich, dass du sehr viel Freude damit hast! Wunderhübsch ist sie ja! 🙂

    Ich habe mir vor vielen Jahren eine sehr liebevoll gestaltete deutsche Ausgabe gegönnt, die mit lauter Bleistiftzeichnungen illustriert wurde, die ich auch heute immer noch toll finde und immer wieder gern betrachte.

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