P.D. James: Tod im weißen Häubchen

„Tod im weißen Häubchen“ war mir von Beate Sauer empfohlen worden, nachdem ich meinte, dass ich mit meinen bisherigen Versuchen mit der Autorin – die allerdings schon ein paar Jahre her sind – nicht ganz so glücklich war. Da das Buch in der Bibliothek vorhanden war, konnte ich es passend zu den „7 Days – 7 Books“ ausleihen und lesen.

Die Geschichte spielt in einer Krankenpflegeschule, die an ein Krankenhaus angeschlossen ist. Während die Schülerinnen vor den Augen einer Inspektorin demonstrieren wie eine künstliche Ernährung vorgenommen wird, kommt die „Patientin“ auf grauenhafte Weise ums Leben. Schnell sind sich alle Beteiligten sicher, dass das kein Unfall gewesen sein kann, aber so richtig kommt die örtliche Polizei auch nicht mit ihren Ermittlungen vorwärts. Als es dann zu einem zweiten Mord kommt, wird Inspektor Adam Dagliesh von Scotland Yard auf den Fall angesetzt.

Letztendlich habe ich auch noch Tage nach dem Lesen ein etwas zwiespältiges Verhältnis zu diesem Roman. Auf der einen Seite fand ich es faszinierend wie detailliert P.D. James die Figuren beschrieben hat und wie schnell man einen Eindruck von einem Charakter bekam, auf der anderen Seite hatte ich oft das Gefühl, dass diese Beschreibungen etwas zu ausufernd und ausführlich vorgenommen wurden. Auch bei den Örtlichkeiten, dem Alltag in der Krankenpflegeschule und den verschiedenen Dingen, die sich um übliche Vorgänge in einem Krankenhaus oder bei der Schwesternausbildung drehten, wurde ich häufig „überinformiert“.

Das half mir zwar beim „mitermitteln“, hat aber auch zu so einigen Längen in der Handlung geführt. Sogar bei den Gesprächen mit den verschiedenen Verdächtigen wurde ich regelmäßig ungeduldig, dabei mag ich diesen Teil von Kriminalgeschichten sonst sehr gern und habe viel Geduld damit. Ich habe zum Beispiel überhaupt kein Problem mit den „Miss Daisy“-Romanen von Carola Dunn, obwohl die Geschichten sich auch sehr langsam aufbauen und nach dem (ersten) Mord sehr intensive und gehäufte Verhöre stattfinden, was einigen anderen Lesern anscheinend zu langweilig ist.

So fand ich auch den Kriminalfall nicht wirklich spannend, dafür habe ich den Einblick in die Zeit genossen. Die Geschichte spielt anscheinend Ende der 60er-Jahre – ausdrücklich gesagt wird es nicht, aber das Verhalten der verschiedenen Figuren und die gesellschaftlichen Themen passen – und ich fand es spannend wie mit verschiedenen Problemen umgegangen wurde. Auch der Krankenhausalltag war (trotz ein paar Längen) faszinierend beschrieben, ich fand es fesselnd wie viel sich da in wenigen Jahrzehnten getan hat und wie zu dieser Zeit mit Personal und Patienten umgegangen wurde.

Ein wenig schade war es für mich, dass man im Laufe der Geschichte nicht noch häufiger mit der anfangs erwähnten Inspektorin zu tun hatte. Diese Frau war mir schnell ans Herz gewachsen und ihre genaue Beobachtungsgabe hätte der Handlung vielleicht gut getan. Dabei hat sich Inspektor Dagliesh nicht dumm angestellt, er ist mir – obwohl er eine interessante Figur ist – nur nicht so richtig sympathisch gewesen. Überhaupt habe ich zu vielen Charakteren ein sehr ambivalentes Verhältnis entwickelt, was aber auch dafür sorgte, dass mich „Tod im weißen Häubchen“ nach dem Lesen noch einige Zeit beschäftigt hat.

Da „Ein makelloser Tod“ noch auf meinem SuB sitzt, werde ich P.D. James auf jeden Fall noch eine weitere Chance geben. Ich kann verstehen, warum die Autorin so geschätzt wird und sich mit ihren Romanen so einen Ruf erworben hat, aber ich bin mir nicht sicher, dass ihre ausführliche Art eine Geschichte zu erzählen und meine Art einen Kriminalroman zu lesen, wirklich gut zusammen passen.

4 Kommentare

  1. Irgendwie reizt mich das Buch schon, gerade wegen dem Krankenhausalltag der 60er Jahre. Aber der Krimi hört sich nicht so sehr spannend an. *grübel*

    Ich habe gerade gesehen, das es das Original auch für den Kindle gibt – vielleicht teste ich mal eine Leseprobe.

  2. Man bekommt schon mehr über die Schwesternausbildung als über den Krankenhausalltag mit, aber ich fand das Ganze spannend. Da merkt man schon, dass die Autorin lange Zeit in dem Bereich gearbeitet hat (so was mag ich eh gern bei Romanen).

    Guck dir die Leseprobe mal an, da bekommst du bestimmt schon einen ganz guten Eindruck von der Erzählweise. 🙂

  3. Beate Sauer

    Liebe Winterkatze,

    schön, dass Dich "Tod im weißen Häubchen", wenn auch nicht gerade rundum begeistert, so doch beschäftigt hat 😉 . Ja, dass Du P.D. James´ Beschreibungen teilweise recht ausufernd fandest, kann ich schon verstehen. Ich mag sie – zumindest in ihren älteren Büchern. Aber man merkt daran schon, dass P.D. James einer "älteren" ErzählerInnengeneration angehört. Ich bin gespannt, wie Dir "Ein Makellloser Tod" gefällt. Nach ein paar Büchern von ihr, die ich nicht so mochte – wie z.B. "Tod an heiliger Stätte", da fand ich die Handlung recht wirr – hat mir "Ein Makelloser Tod" dann wieder richtig gut gefallen.

    Liebe Grüße

    Beate

  4. @Beate: In den letzten Tagen habe ich eher nicht gelesen, deshalb sitzt "Ein makelloser Tod" noch auf dem Wohnzimmertisch und guckt mich vorwurfsvoll an. 😉 Aber ich bin sehr neugierig darauf, wie es mir mit meinem zweiten P.D. James ergeht. Lustigerweise hatte die Inspektorin bei mir einen deutlich tieferen Eindruck hinterlassen als der Inspektor Dagliesh – was mich selber ein bisschen verwirrt, hatte er doch viel mehr Raum in der Geschichte. Ausufernde Beschreibungen stören mich sonst nur sehr selten, aber hier hatte ich oft das Gefühl, dass sie nicht am richtigen Platz zum Einsatz kamen. Wenn der Inspektor einen Schritt über die Schwelle macht, um zu einem anderen Handlungsort zu gehen, dann bin ich gespannt darauf, was dort passieren wird und was er dort erfahren wird – und möchte nicht im Detail alles über den Flur wissen, durch den er gehen muss, um dorthin zu kommen. 😉

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