Isabel Yap: Hurricane Heels

Auf der Rückseite des Romans wird „Hurricane Heels“ von Isabel Yap als „series of interconnected short stories“ bezeichnet, doch ich bezweifle, dass die ersten Geschichten ohne die folgenden funktionieren können, weshalb dieses Buch für mich ein Roman ist, der in fünf Teilen erzählt wird. Genau genommen bekommt der Leser die Handlung aus der Sicht der „magical girls“ Alex, Ria, Aiko, Natalie und Selena erzählt und obwohl jede von ihnen auf den Tag eingeht, an die fünf Mädchen einer Göttin begegneten, die sie bat, für das Gute zu kämpfen, lernt man durch die unterschiedlichen Perspektiven auch verschiedene Aspekte dieses Lebens als „magical girl“ kennen.

Zu dem Zeitpunkt, an dem die aktuelle Handlung beginnt, kämpfen die fünf Frauen, die mittlerweile Mitte 20 sind, schon seit fast zwölf Jahren für die Göttin gegen „Greystones“. Zwölf Jahre, in denen sie ständig verletzt werden, zwölf Jahre, in denen sie ihre Familien und Freunde belügen müssen, um ihre Identität als „magical girl“ geheim zu halten, zwölf Jahre, in denen sie immer und immer wieder zusehen müssen, wie ihre Mitstreiterinnen verletzt werden und gerade noch mit dem Leben davonkommen. Diese zwölf Jahre haben in allen fünf Protagonistinnen ihre Spuren hinterlassen, und selbst diejenigen, die anfangs begeistert von der Aussicht auf ein Leben als Kämpferin für das Gute waren, sind inzwischen des Kämpfens müde.

Da nur die anderen „magical girls“ von diesem geheimen Leben wissen, ist es ganz natürlich, dass die fünf Mädchen – trotz ihrer unterschiedlichen Neigungen und Persönlichkeiten – enge Freundinnen werden. Einfach ist diese Freundschaft nicht, denn obwohl die Freundinnen Schutz und Stärke bedeuten, gehören sie auch zu den Schwachstellen der Kämpferinnen. Und natürlich gibt es bei dieser besonderen Freundschaft auch all die Kompromisse, die man schließen muss, um für die anderen da sein zu können oder um diese wichtige Beziehung nicht zerbrechen zu lassen, obwohl man doch so sehr aufeinander angewiesen ist. Dieser Wechsel zwischen Dankbarkeit für die Freundschaft, Neid darauf, dass eine der anderen anscheinend besser mit dem Leben als „magical girl“ fertig wird als die Erzählerin selbst, Angst um das Leben der Freundinnen und Frustration, weil man als Kriegerin für das Gute nicht einfach aufhören kann, weil einfach zu viele andere auf einen angewiesen sind, fand ich sehr berührend.

Es war für mich sehr stimmig, wie Isabel Yap die Freundschaft zwischen den fünf Mädchen/Frauen beschrieben hat. Obwohl Natalie und Selena schon vor dem entscheidenden Tag Freundinnen waren, bin ich mir sicher, dass sich die fünf Mädchen nie miteinander angefreundet hätten, wenn sie nicht diese Begegnung mit der Göttin gehabt hätten. So ist es für mich auch richtig und überzeugend, dass ihre Freundschaft bei aller Innigkeit und Dankbarkeit, dass es die anderen gibt, aus unterschiedlichen Gründen nicht immer einfach ist. Jede einzelne verschweigt den anderen etwas, sei es, weil es einfach etwas zu Privates ist, um darüber zu reden, oder weil sie Angst hat, dass die anderen sie nicht verstehen könnten, oder weil sie sich sicher ist, dass sie, wenn sie erst einmal ihre Gedanken aussprechen würde, die Harmonie zwischen den Kämpferinnen und somit die Hoffnung auf einen Sieg gegen das Böse gefährden würde.

Da die Autorin selbst diverse Male Sailor Moon und andere Geschichten mit „übernatürlichen Kämpfern für das Gute“ erwähnt, liegt es natürlich nahe, „Hurricane Heels“ (vor allem) mit dem Manga von Naoko Takeuchi zu vergleichen. Was mir bei „Hurricane Heels“ so gut gefallen hat, war der Realismus, den der Roman trotz aller „magical girl“-Elemente beinhaltet. Auch wenn es deprimierend zu lesen ist, wie müde die fünf Kämpferinnen nach all den Jahren sind und wie viel Angst sie davor haben, dass Selenas bevorstehende Hochzeit etwas an ihrer Freundschaft ändern wird, oder gar, dass Selenas Mann nicht damit leben kann, dass seine Frau ein geheimes Leben führt, von dem er nichts mitbekommen darf, so ist es eben auch stimmig, dass so viele Jahre voller Kämpfe und Schmerzen ihre Spuren hinterlassen haben. Somit konzentriert sich Isabel Yap mit ihrer Geschichte meiner Meinung nach vor allem auf die herausfordernden Elemente, die bei „Sailor Moon“ eher zwischen den Zeilen stehen und meinem Gefühl nach so gut wie nie von Sailor Moons Mitstreiterinnen ausgesprochen werden.

Das macht „Hurricane Heels“ zwar nicht zu einem locker-flockigen Roman, aber zu einer reizvollen Lektüre, die eine „erwachsenere“ Sicht auf das Leben als „magical girl“ wirft. Ich habe mich darüber gefreut, die fünf Protagonistinnen besser kennenlernen zu können und ihre jeweilige Sicht auf die Freundinnen mitzuerleben. Die Entschlossenheit der vier Freundinnen, dafür zu sorgen, dass Selenas Hochzeit – trotz der drohenden Gefahr durch das Böse – zu einem unvergesslichen Erlebnis wird, fand ich wunderbar rührend, und natürlich hatte ich kein Problem damit, dass es am Ende so etwas wie ein Happy End gab. Doch vor allem haben mich all die Jahre berührt, in denen die fünf Mädchen kämpften, ohne zu wissen, wie lange das noch so weitergeht und ob sie jemals ihre Träume verwirklichen könnten.

2 Kommentare

  1. Das klingt echt ziemlich cool. Allein diese Idee! "Was wäre, wenn Sailor Moon auch mit 30 noch gegen das Böse kämpft?" Da habe ich mir vorher noch nie Gedanken drüber gemacht. Das Buch kommt auf meine Wunschliste, vielen Dank 😀

  2. Ich fand die Grundidee auch sehr cool und die Umsetzung überraschend stimmig. 🙂 Gern geschehen! Ich freu mich ja immer über solche unerwarteten Entdeckungen und wenn ich dann noch jemanden damit anstecken kann … 😉

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