„Windjäger“ von Jim Butcher ist einer meiner Neuzugänge aus dem März. Eigentlich wollte ich mir das Buch noch ein bisschen aufheben, aber dann konnte ich einer neuen Jim-Butcher-Reihe doch nicht widerstehen und musste es „nur kurz anlesen“. 😉 „Windjäger“ spielt in einer ungewöhnlichen Welt, in der die Menschen oberhalb einer tödlichen Nebelschicht, die die Erde bedeckt, in Türmen leben. Um in diesem Umfeld zu überleben, gibt es verschiedene Entwicklungen wie zum Beispiel Luftschiffe, die für den Handel zwischen den Türmen, aber auch für kriegerische Auseinandersetzungen eingesetzt werden. Die Luftschiffe basieren ebenso wie alle anderen technischen Geräte auf den Einsatz von Kristallen, die in einem mühsamen und Generationen andauernden Prozess gezüchtet werden.
Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive von mehreren Personen, die alle aus dem Turm Albion stammen. Doch vor allem kann man als Leser die Sicht von Gwen(dolyn) Lancaster, Bridget Tagwynn, Rowl und Kapitän Grimm verfolgen. Gwen und Bridget sind beide noch sehr unerfahrene Kadetten der Garde, wobei die Mädchen aus sehr unterschiedlichen Familien stammen. Während Gwens Familie für die größte Züchtung von Kristallen verantwortlich ist und dementsprechend über Macht, Reichtum und Einfluss verfügt, ist Bridgets Vater der letzte Abkömmling einer ehemals großen Familie und gezwungen seinen Lebensunterhalt mit dem Züchten von Fassfleisch zu bestreiten. Rowl hingegen ist der Sohn des Anführers des Clans der Leisen Pfoten – und ein Kater. Da sein Vater der Meinung ist, dass die Menschen endlich die Katzen als gleichwertige Bewohner der Türme anerkennen müssen, hat er Rowl zusammen mit Bridget losgeschickt, um den Kadettendienst anzutreten. Kapitän Grimm hingegen ist ein ehemaliger Soldat, der unehrenhaft aus dem Dienst entlassen wurde und in den letzten Jahren für das Handelsschiff „Raubtier“ verantwortlich war. Jeder, der jemals unter seiner Führung gearbeitet hat, zweifelt an, dass diese unehrenhafte Entlassung etwas anderes als ein politischer Zug gewesen sein könnte, doch natürlich haftet dieser Makel an Kapitän Grimm und seinem Schiff.
Diese Personen – plus ein paar weitere Charaktere, die erst im Laufe der Geschichte dazu kommen – geraten in einen Angriff des Turms Aurora und müssen alles geben, um ihrer Heimat vor den Eindringlingen zu beschützen. Jim Butcher hat all diese Figuren nicht ganz klischeefrei, aber wirklich sympathisch angelegt, so dass ich ihr Tun und ihre Gedanken gern verfolgt habe. Sogar einer der Bösewichte, dessen Perspektive man ab und an mitbekommt, war mir nicht so ganz unsympathisch, weil er zwar seine Befehle ausgeführt hat, sich aber nicht wohl mit dem fühlte, was er tun musste. Doch vor allem der Weltenbau hat mich bei „Windjäger“ gepackt. So viel erklärt Jim Butcher nicht, was ich ja immer mag, weil ich davon ausgehe, dass die beteiligten Personen eben nicht ständig über das Funktionieren all der alltäglichen Dinge in ihrem Leben nachdenken. Das führt dazu, dass man nach und nach immer mehr Aspekte dieses Turmlebens entdecken und sich ganz viele Gedanken um das Leben dort machen kann. Dazu kommt, dass Jim Butcher bei der Handlung wieder auf seine bewährte Mischung aus Actionszenen und ruhigen Momenten setzt, was mir – ebenso wie sein Humor – ja immer zusagt.
Mein einziger Kritikpunkt dreht sich um die Szenen, die man aus der Sicht des Katers Rowl zu lesen bekommt. Denn da wird meiner Meinung wieder deutlich, dass es für einen Menschen fast unmöglich ist die Perspektive einer Katze einzunehmen, ohne dass es unstimmig wirkt. Trotzdem mochte ich Rowl und wie er mit Bridget zusammengearbeitet hat, um sie und den Rest des Turms vor den Eindringlingen zu beschützen.
Ich habe Windjäger auch gerade erst gelesen und bin sehr gemischter Meinung. Ich mochte den Weltenbau und seine Steampunk-Einflüsse und ich mochte Rowl und die Ätheriker. Und ich mochte, dass Grimm prinzipientreu dargestellt wird, ohne dabei steif zu wirken. Auch Bridget fand ich ganz in Ordnung. Aber ich hatte auch ein paar Schwierigkeiten. Benedict bleibt einfach zu blass und flach. Gwen ist eine echt ätzende hochnäsige Figur, dann kamen viele Phrasen- und Wortwiederholungen dazu und dazu auch einige haarige Logikfehler, die ein ungutes Gefühl hinterließen. Grundsätzlich war das Buch aber durchaus unterhaltsam und vor allem alles was mit den Ätherikern und den Luftschiffen zu tun hatte, gefiel mir sehr. Schade auch, dass es nicht mehr zu den Katzen gegeben hat. Alles in Allem also gutes Popcorn(buch)kino und ich werde die Reihe wohl auch weiter verfolgen, trotzdem war ich nicht ganz so begeistert, wie ich es anfänglich erhofft hatte.
Bei dem Weltenbau, dem Steampunk und den Ätherikern sind wir einer Meinung. Rowl hatte ich ja schon kritisiert – ich finde ihn einfach nicht durchgehend stimmig, auch wenn er grundsätzlich schon sympathisch ist. Dass Benedict relativ flach bleibt, ist meiner Meinung nach in Ordnung. Er wird eigentlich nur aus der Sicht der beiden jungen Frauen beschrieben und keine von ihnen ist objektiv. Ich hätte gern mal Passagen, die aus seiner Sicht erzählt werden, gelesen.
Mit Gwen kann ich leben, Logikfehler sind mir nicht so sehr ins Auge gefallen – ich war hingegen hingerissen, dass das Thema Belüftung angesprochen wurde (wäre allerdings auch sehr gespannt, wie das in den Türmen mit der Kanalisation laufen soll) – vielleicht, weil ich das Buch fast in einem Schwung gelesen habe. Sprachlich gehe ich davon aus, dass die Übersetzung da auch ihren Einfluss hatte.